OGH 14Os183/13p

OGH14Os183/13p28.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mascha als Schriftführer in der Strafsache gegen Bilal A***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Oktober 2013, GZ 064 Hv 52/13d-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bilal A***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 21. April 2013 in Wien Muhammad F***** fremde bewegliche Sachen, nämlich 400 Euro und einen Schlüsselbund mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch weggenommen, dass er mit der flachen Hand in sein Gesicht und mit der Faust gegen seinen Rücken und seinen Bauch schlug, wodurch Muhammad F***** eine Rissquetschwunde im Bereich des linken Ohres sowie Rötungen und Schwellungen im Bereich der linken Gesichtshälfte und der Unterlippe erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Vorauszuschicken ist, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher der unternommenen Anfechtung entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588, RS0099419, RS0099649, RS0099668). Dabei handelt es sich um beweiswürdigende Erwägungen, die - wenn nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) - nur Gegenstand einer gegen kollegialgerichtliche Entscheidungen unzulässigen Schuldberufung sein könnten. Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit stellen, nichts anderes als eine erhebliche Tatsache dar, deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung in Frage zu stellen, auf eine Bekämpfung der Beweiswürdigung hinausläuft.

Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann allerdings unter dem Gesichtspunkt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Der Bezugspunkt besteht jedoch nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431 f).

Davon ausgehend erweist sich das mit der Kritik, das Urteil wäre undeutlich, unvollständig, widersprüchlich und mit den logischen Denkgesetzen nicht in Einklang zu bringen (Z 5 erster, zweiter, dritter und vierter Fall), verknüpfte Vorbringen der Mängelrüge insgesamt als unzulässige Schuldberufung.

Indem nämlich unwesentliche Feststellungen zu einem „gespannten Verhältnis“ zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Muhammad F***** zufolge „Problemen mit den wechselseitigen Abrechnungen der Kosten der gemeinsamen Wohnung“ vermisst werden und behauptet wird, durch solche Konstatierungen wäre der Nachweis einer der freiwilligen Herausgabe geschuldeter 400 Euro vorangegangenen Rauferei zu erbringen gewesen und es hätte die Möglichkeit einer Wegnahme des Geldes durch den Angeklagten zur Abdeckung der Schulden des Tatopfers „überprüft“ werden können, wird kein Begründungsmangel aufgezeigt, sondern bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft, die auf Basis der für glaubwürdig befundenen Angaben des genannten Zeugen nicht nur die vom Angeklagten zugestandenen Schläge sondern auch die darauffolgende - von auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz getragene - Sachwegnahme als erwiesen angenommen haben.

Mit Widersprüchen in der Aussage des Muhammad F***** im Ermittlungs- und im Hauptverfahren hat sich das Erstgericht auseinandergesetzt und war dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht verhalten, die im Rechtsmittel isoliert herausgegriffenen - den Angeklagten auch gar nicht entlastenden - Passagen der Angaben des Zeugen in der Hauptverhandlung anzuführen. Soweit auf Basis dieser Angaben der Schluss gezogen wird, Muhammad F***** wäre zufolge der körperlichen Attacke des Angeklagten und nicht auf Grund einer widerrechtlichen Sachwegnahme erzürnt gewesen, wird einmal mehr ein unzulässiger Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung unternommen. Dies gilt ebenso für den Einwand fehlender Logik grundlosen Einschlagens durch den Angeklagten im angeblichen Wissen um den Aufbewahrungsort des Geldes und die Behauptung, eine Wegnahme des Schlüsselbundes wäre „widersinnig“.

Dem Vorwurf einer Scheinbegründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zuwider ist deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882).

Schließlich ist dem Urteil eine Feststellung zu grundlosem Stürmen der von Muhammad F***** bewohnten Wohnung durch den Angeklagten nicht zu entnehmen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Freispruch gibt zur Bemerkung Anlass, dass er, weil er keine selbständige Tat betrifft, verfehlt ist. Korrekt wäre das bloße Unterbleiben der Nennung des Gegenstands (ein Mobiltelefon), dessen Diebstahl nicht angenommen wurde, im Urteilsspruch (Lendl, WK-StPO § 259 Rz 3; RIS-Justiz RS0117261).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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