OGH 13Os93/13w

OGH13Os93/13w19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ostojic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dorin B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dorin B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 11. Juni 2013, GZ 40 Hv 8/13z-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Dorin B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant - Dorin B***** des Verbrechens des schweren im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter Fall StGB (A) sowie der Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (B I) und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (B II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) am 18. Mai 2012 in H***** gemeinsam mit bekannten und unbekannten Tätern fremde bewegliche Sachen, nämlich Zigaretten im Wert von cirka 2.000.000 Euro, Gewahrsamsträgern eines belgischen Speditionsunternehmens mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei er den Diebstahl als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung beging;

(B) durch die gegenüber Beamten des Landeskriminalamts Niederösterreich, nämlich am 19. Mai 2012 in M***** gegenüber Gerald D***** und am 30. Juli 2012 in S***** gegenüber Franz L*****, abgegebene wahrheitswidrige Behauptung, unbekannte Täter hätte ihm und Christian F***** mit Gewalt einen von ihnen gelenkten Lastkraftwagen samt Ladung mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz unter Verwendung eines Elektroschockers weggenommen,

I) als Zeuge bei seiner Vernehmung zur Sache in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei falsch ausgesagt und

II) zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, wissentlich vorgetäuscht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Dorin B***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Mängelrüge ist vorauszuschicken, dass ein nach dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO geltend gemachter Begründungsmangel den Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen betreffen muss; das sind solche, die für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend sind und entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben (RIS-Justiz RS0106268).

Ob der Mitangeklagte F***** auch den Rechtsmittelwerber schon vorweg in den Tatplan einweihte, den Angeklagten Handfunkgeräte und Wertkartenhandys zur Verfügung gestellt wurden, der Mitangeklagte P***** die Kontaktperson unter anderem zum Beschwerdeführer war, der Beschwerdeführer und der Mitangeklagte F***** „zwecks Ausschaltung der GPS-Ortung die im LKW-Zug angebrachte Go-Box und die GPS-Ortungsgeräte“ entfernt haben, ist für die rechtliche Beurteilung des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers (US 8) jedoch ohne Belang, womit die gegen diese Feststellungen gerichteten Einwände von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) und von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ins Leere gehen.

Im Übrigen haben sich die Tatrichter mit den den Beschwerdeführer teils entlastenden Angaben des Angeklagten F***** auseinandergesetzt (US 10) und ihre Überzeugung von der Täterschaft des Rechtsmittelwerbers keineswegs bloß auf die Vermutung fehlender Professionalität im Falle von dessen Unkenntnis, sondern vielmehr - dem weiteren Vorbringen zuwider - mit den für glaubwürdig befundenen belastenden Angaben eines Mitangeklagten und zweier Zeugen zureichend begründet, wobei sie entgegen der weiteren Argumentation auch Abweichungen dieser Aussagen voneinander ins Kalkül gezogen haben (US 10 ff).

Der zu dieser Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der den leugnenden Beschwerdeführer belastenden Personen aufgrund des persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang ist als solcher einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (RIS-Justiz RS0106588). Demnach läuft der Versuch des Beschwerdeführers, die Bejahung der Glaubwürdigkeit durch das Erstgericht in Frage zu stellen und seiner leugnenden Verantwortung im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde zum Durchbruch zu verhelfen, auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus.

Dem Vorwurf, das „Erstgericht bediene sich einer floskelhaften Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall), zuwider ist die Ableitung der subjektiven Tatseite unter anderem aus dem objektiven Geschehen (vgl US 13) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Indem der Beschwerdeführer aktenkundige Beweisergebnisse nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache, sondern gegen den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Unglaubwürdigkeit seiner Verantwortung, er sei Opfer eines Raubüberfalls geworden, ins Treffen führt, verkennt er die Reichweite des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0106588 [T7]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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