OGH 7Ob39/13f

OGH7Ob39/13f4.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Mag. B***** A*****, vertreten durch Dr. Maximilian Schaffgotsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Bund (Republik Österreich), vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, 1010 Wien, Rotenturmstraße 5, diese vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, unter Beteiligung der Nebenberechtigten auf Seiten des Antragstellers G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Friedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. Oktober 2012, GZ 14 R 62/12h‑105, womit der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 23. Jänner 2012, GZ 26 Nc 4/07t‑98, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen. Die Kosten des Revisionsrekurses des Antragstellers sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer eines land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs nördlich von Wolkersdorf.

Mit Verordnung vom 12. 5. 2005 wurde vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie der Straßenverlauf der A5 Nordautobahn, Abschnitt E***** im Bereich der Gemeinden G*****, W*****, U*****, H*****, B***** und G***** gemäß § 4 Abs 1 Bundesstraßengesetz (BStG) bestimmt.

Mit Bescheid vom 7. 9. 2007 des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie wurde eine im Eigentum des Antragstellers stehende Grundfläche von 9.239 m², und zwar Teilflächen der Grundstücke ***** dauerhaft und lastenfrei zu Gunsten der Republik Österreich enteignet. Die gleichzeitig mit 9.183,20 EUR festgesetzte Entschädigung wurde dem Antragsteller bereits überwiesen.

Der Antragsteller beantragte zuletzt die Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung mit 7.315.158,89 EUR samt Zinsen und Kosten von 177.287,89 EUR. Die Trasse verlaufe über einen Teil seiner Liegenschaft, auf dem von 1966 bis zur Enteignung durch die Nebenberechtigte, an der er selbst beteiligt sei, ein Sportschießplatz betrieben worden sei. Durch die Enteignung der bescheidmäßig vorgeschriebenen Sicherheitszone sei der Betrieb des Schießplatzes unzulässig geworden, weshalb er habe geschlossen werden müssen. Das gesamte als Schießplatzgelände genutzte Grundstück sei nicht wie bisher verwertbar und daher entsprechend zu entschädigen.

Dem Antragsteller stehe auch ein Anspruch auf Grund der Wertminderung des Restbesitzes durch die Autobahn, die seine Liegenschaft durchschneide, zu. Sämtliche Folgeschäden für den Wald durch Bau und Betrieb der Autobahn seien zu berücksichtigen. Das Ausmaß dieser Immissionsschäden ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass die Behörde zunächst einen Emissionsschutzwall geplant, dann jedoch nicht ausgeführt habe. Bemühungen des Antragstellers, einen solchen selbst anzulegen, seien vereitelt worden. Zu den Schäden wäre es auch nicht gekommen, wäre ein Liegenschaftsteil nicht enteignet worden. In diesem Fall wäre die A5 in einer Entfernung von 550 m in einer 26 Höhenmeter tiefer gelegenen Senke verlaufen. Weder der Schießplatz noch der Waldbesitz hätten dann Enteignungsschäden erlitten.

Die geforderte Entschädigungssumme setze sich zusammen aus:

‑ Verkehrswertminderung des Forstbesitzes und Forstbetriebs 2.493.028 EUR

‑ erhöht um 25 % wegen Eliminierung des Schutzdamms 623.257 EUR

‑ Mehrkosten in Land‑ und Forstwirtschaft, Verwaltung und Jagdwertminderung 1.710.568 EUR

‑ Kosten für Ausgleichsmaßnahmen wegen der höheren Immissionsschäden 800.000 EUR

‑ Ansprüche wegen Enteignungsschäden am Schießplatz:

‑ Wertverlust der Fläche 1.422.000 EUR

‑ Anlagen des Schießplatzes 70.000 EUR

‑ Schließungskosten 19.000 EUR

‑ Verfahrenskosten und Gutachter 147.287,89 EUR

Verfahren Dammgenehmigung

(Schadensminderungsbemühungen) 30.000 EUR.

Weiters beantragte der Antragsteller den Zuspruch von Zinsen gemäß § 352 UGB in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12. 9. 2007 zuzüglich 20 % USt aus den Zinsen. Die Entschädigung sei eine Ersatzleistung für eine Entgeltpflicht der Antragsgegnerin aus einem Unternehmergeschäft, nämlich dem Grundeinlösevertrag zu Gunsten des „unbefristet und daher eigentumsgleich fruchtgenussberechtigten“ Unternehmens der ASFINAG, den abzuschließen die Antragsgegnerin grob schuldhaft nicht angeboten habe.

Die G***** GmbH schloss sich auf Seiten des Antragstellers als Nebenberechtigte dem Verfahren an. Sie brachte vor, dass sie seit Jahrzehnten den Schießplatz betrieben habe. Durch die Enteignung seien ihr (zuletzt) 212.000 EUR an Kosten der Wiederbeschaffung inklusive Übersiedlungskosten entstanden. Dieser Betrag sei ebenfalls bei der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen.

Die Antragsgegnerin bestritt und brachte vor, dass die Wertminderung des Restbesitzes des Antragstellers sowie Folgeschäden für den Wald nicht abzugelten seien; es handle sich, wenn überhaupt, um Projektfolgen, nicht aber um Enteignungsfolgen. Die Enteignungsentschädigung gebühre nur für unmittelbare Schäden, das seien solche, die mit der Enteignung im Zusammenhang stünden. Nicht zu ersetzen seien Schäden, die mit der Realisierung der Errichtung der Autobahn zusammenhingen. Dies betreffe insbesondere die behauptete Verkehrswertminderung des Forstbesitzes und des Betriebs. Auch die geltend gemachten Mehrkosten in Land‑ und Forstwirtschaft, Verwaltung und Jagdminderung im Forstbetrieb einschließlich der Maßnahmen zur Abwehr bzw zum Ausgleich der Immissionsschäden seien keine Enteignungsfolgen und nicht zu ersetzen. Der Wertverlust des Schießplatzes sei außer Acht zu lassen.

Das Erstgericht setzte die Enteignungsentschädigung mit 2.324.287,89 EUR fest. Es verpflichtete die Antragsgegnerin, dem Antragsteller restliche 2.315.104,69 EUR zu zahlen, die mit 60.508,21 EUR bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen und im Verzugsfall 4 % Verzugszinsen ab Zustellung der Entscheidung aus dem noch aushaftenden Betrag zu leisten. Die Antragsgegnerin wurde weiters verpflichtet, der Nebenberechtigten Kosten von 18.115,44 EUR zu ersetzen.

Das „Mehrbegehren, die Antragsgegnerin sei schuldig, dem Antragsteller weitere 5.000.054,20 EUR samt gesetzlichen Zinsen gemäß § 352 UGB in der Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12. 9. 2007 und zusätzlich 20 % USt aus den Zinsen und den Kosten von 177.287,89 EUR zu ersetzen“, wies es ab.

Da die Schießstätte auf Grund des erforderlichen Sicherheitsabstands nicht teilweise verlegt werden könne, gebühre eine Entschädigung für die Verlegung des gesamten Schießplatzes. Die Nebenberechtigte habe über eine aufrechte Betriebsanlagengenehmigung und eine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügt. Ein Schwarzbau liege nicht vor. Es sei daher nicht nur der Verkehrswert/Wertverlust von 1.299.000 EUR, sondern es seien auch die Wiederbeschaffungskosten von 123.000 EUR zu ersetzen. Zusätzlich seien Wiederbeschaffungskosten von 9,5 % angemessen, weil das Auffinden eines Ersatzgrundstücks besonders schwer sein werde. Zu ersetzen seien auch die Betriebsverlegungs‑ und Übersiedlungskosten, der Ertragsausfall während der Verlegung, Anlaufverluste und die Einbußen wegen Verlustes von Standortvorteilen. Daher seien auch der Wert der Objekte zur Wiedererrichtung in gleicher Form und Qualität von 70.000 EUR und die Schließungskosten von 19.000 EUR zu berücksichtigen. Auch in Bezug auf die forstwirtschaftlichen Liegenschaften seien die Verkehrswertminderung und die weiteren Mehrkosten im Gesamtbetrag von 666.000 EUR zu ersetzen. Nach § 44 EisbEG seien die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten. Damit stünden auch die Kosten des Enteignungsverfahrens, 147.287,89 EUR, zu.

Die geltend gemachte Erhöhung des Anspruchs hinsichtlich der Verkehrswertminderung wegen Eliminierung des Damms sowie die Verfahrenskosten im Verfahren zur Dammgenehmigung seien als „Immissionsschäden“ auf Grund erhöhter Immissionen durch den Nichtbau des Damms zu beurteilen. Solche Ansprüche nach § 364a ABGB seien im streitigen Rechtsweg geltend zu machen. Zinsen könnten erst bei Zahlungsverzug nach Zustellung der gerichtlichen Entschädigung letzter Instanz begehrt werden, und zwar nur in Höhe von 4 %.

Das Rekursgericht hob über Rekurse des Antragstellers und der Antragsgegnerin den Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück.

Als Enteignete seien nur die dinglich Berechtigten zu behandeln. Bei der Ermittlung der Entschädigung sei aber auch auf die Nachteile Rücksicht zu nehmen, die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer durch die Enteignung erleiden. Die Schadloshaltung dieser Nebenberechtigten obliege dem Enteigneten, der die Sonderentschädigung der obligatorisch Berechtigten gegen den Enteigner geltend zu machen und sie sodann den Nebenberechtigten zu überlassen habe. Der auf die Vergütung dieser Nachteile entfallende Betrag sei im Entschädigungserkenntnis besonders zu bestimmen.

Von den zu einem einheitlichen Wirtschaftsbetrieb gehörenden Liegenschaften des Antragstellers sei nur ein geringfügiger Teil enteignet worden. Die dort situierte Schießstätte könne aber auf Grund der Enteignung eines Teils dieser Sicherheitszone nicht teilweise auf den verbliebenen Grund verlegt werden. Damit sei die Enteignung kausal für die Schließung des Standorts gewesen. Werde vom Enteigneten auf der Liegenschaft ein Gewerbe betrieben, sei aber das Unternehmen nicht Gegenstand der Enteignung, sei bei der Entschädigung der Grundfläche der Gewerbebetrieb nicht zu berücksichtigen. Als „unmittelbarer Folgeschadenersatz“ aus der Enteignung gebühre indessen ‑ über den Wert der entgangenen Grundfläche hinaus ‑ ohne Rücksicht darauf, ob von der Möglichkeit einer Betriebsverlegung Gebrauch gemacht werde, Entschädigung bis zum Betrag des Aufwands, der erforderlich sei, um eine andere Grundfläche in gleicher Weise wie die enteignete zur (gedachten) Fortführung des Betriebs zu nutzen.

Im vorliegenden Fall stelle sich allerdings die zusätzliche Problematik, dass das Unternehmen nicht vom Enteigneten selbst betrieben worden sei. Damit seien gesondert mögliche Entschädigungsfolgen des Antragstellers und der Nebenberechtigten zu bewerten und auch im Spruch gesondert auszuweisen.

Der Schaden des Antragstellers bestehe darin, dass er einerseits eine Teilfläche seiner Liegenschaft verloren habe. Darüber hinaus sei ihm ein Schaden dadurch entstanden, dass er diese Fläche und einen weiteren Liegenschaftsteil nicht mehr durch Verpachtung als Schießplatz nutzen könne. Dass eine eigene Unternehmensführung angedacht sei, sei nicht behauptet worden. Der Schaden des Antragstellers als Verpächter könne nur darin liegen, dass ihm ein Mehrwert der Nutzung durch die Verpachtung entgehe. Zu berücksichtigen sei auch, inwieweit auf den verbliebenen Grundflächen durch die Beendigung des Pachtvertrags die objektive Nutzungsmöglichkeit im Rahmen des Forstbetriebs einen dem Antragsteller nunmehr wieder zur Verfügung stehenden Wert darstelle. Um diesen Betrag wäre ein allfälliger Schaden zu mindern. Jedenfalls könne eine Bewertung nicht auf dieselbe Weise erfolgen, wie wenn der Antragsteller das Unternehmen selbst betreiben würde. In diesem Umfang sei daher auch das offenbar von dieser Prämisse ausgehende Gutachten nicht verwertbar.

Hinsichtlich des Schadens des Pächters sei der Pachtvertrag zunächst dahin zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Zeitrahmen eine Kündigung möglich gewesen wäre. Der Bestandnehmer sei nämlich nur insoweit zu entschädigen, als ihm eine gesicherte Rechtsposition entzogen werde. Bei frei kündbaren Verträgen sei dagegen nur die ordentliche Kündigungsfrist entschädigungsbestimmend. Gehe man davon aus, dass es sich um einen befristeten Pachtvertrag handle, so bestehe ein Entschädigungsanspruch in Ansehung von Verlegungskosten und Verlegungsschäden, verlorenem Adaptierungsaufwand und wertlos gewordener besonderer Geschäftsausstattung des Bestandnehmers nur insoweit, als der Aufwand früher entstehe als bei vertragsgemäßem Ende der Bestandzeit. Es seien Feststellungen zum Pachtvertrag erforderlich.

Es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass Gegenstand der in den verschiedenen, eine Enteignung vorsehenden Gesetzen geregelten Enteignungsentschädigung immer nur der durch die Enteignung verursachte vermögensrechtliche Nachteil sei, nicht aber etwa die durch den Bau oder späteren Betrieb der vorgesehenen Anlage entstehenden Einbußen. Mittelbare Enteignungsfolgen, wie etwa Immissionen durch Arbeiten auf dem enteigneten Grundstück zur Realisierung des Enteignungszwecks, Nachteile durch den Straßenverkehr, durch Wartungsarbeiten und dergleichen, die nicht dem bloßen Eigentumswechsel entspringen, seien nicht ersatzfähig. Die Feststellung der enteignungsbedingten Nachteile habe mit Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Enteigneten unter Heranziehung eines objektiven Maßstabs bei Wertermittlung (objektiv konkret) zu erfolgen.

Soweit der Antragsteller daher einen Ersatz für Projektfolgen fordere, stehe dieser nicht zu. Auf der anderen Seite sei der Antragsgegnerin darin Recht zu geben, dass auch bei zuerkannten Ersatzbeträgen für die Wertminderung der forstwirtschaftlichen Liegenschaften keine ausreichende Differenzierung zwischen Enteignungs- und Projektfolgen vorgenommen worden sei. Das Erstgericht werde daher ein weiteres Beweisverfahren durchzuführen und Feststellungen dazu zu treffen haben, inwieweit die hier angenommenen Erschwernisse und die damit verbundenen Umbauten, Umwege und Verlegungen sowie Wertminderungen darauf zurückzuführen seien, dass dem Antragsteller der enteignete Grund nicht mehr zur Verfügung stehe oder darauf, dass im Bereich des enteigneten Grundes eine Autobahn errichtet worden sei und nunmehr betrieben werde.

Nach § 44 Abs 1 EisbEG seien die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen worden seien, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten. Der Ersatzanspruch bestehe auf Grundlage des ersiegten Entschädigungsbetrags (§ 44 Abs 2). Aus § 30 EisbEG ergebe sich eindeutig, dass das Gericht nur über die Kosten des gerichtlichen Entschädigungsverfahrens abzusprechen habe. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahrens seien nach den dort anzuwendenden Vorschriften zu bestimmen (nunmehr ausdrücklich § 7 Abs 3 EisbEG). Auch die Kosten des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung unterlägen den dortigen Verfahrensvorschriften und seien nicht Teil eines gerichtlichen Enteignungsentschädigungsverfahrens.

Da die Entschädigungszahlung vom Gericht erst festgesetzt werde, sei eine Fälligkeit zu einem früheren Zeitpunkt als der gerichtlichen Festsetzung faktisch ausgeschlossen. Verzugszinsen seien grundsätzlich immer erst ab Verzug mit einer Zahlung gerechtfertigt. Da keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 33 EisbEG bestünden, sehe sich das Rekursgericht zu einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs nicht veranlasst.

Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, da zur Frage, wie bei Verpachtung einer Liegenschaft der Ersatzbetrag des Verpächters bzw nebenberechtigten Pächters zu bemessen sei, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliege. Zur Nichtberücksichtigung von Projektfolgeschäden gebe es zwar eine Vielzahl älterer Entscheidungen. In 6 Ob 548/91 sei aber die Frage der Entschädigung von Immissionsschäden im Enteignungsverfahren ausdrücklich offen gelassen worden. Im Zusammenhang mit Tunnelservituten werde eine Parallelverschiebung, wie sie auch die Judikatur des BGH kenne, vertreten (2 Ob 595/89, 8 Ob 630/90). In der Literatur bestünden nach wie vor Gegenmeinungen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entschädigung mit 3.777.544,89 EUR festzusetzen und Verzugszinsen von 4 % seit 12. 7. 2007 zuzusprechen; hilfsweise den Entschädigungsbetrag ab diesem Zeitpunkt nach dem VPI 2005 wertgesichert zu halten.

Die Nebenberechtigte beteiligte sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Die Antragsgegnerin begehrt, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Als Enteigneter gilt nach der ausdrücklichen Anordnung des § 18 Abs 2 BStG derjenige, welchem der Gegenstand der Enteignung gehört oder dem ein dingliches Recht zusteht. Die Entschädigung obligatorisch Berechtigter als sogenannte „Nebenberechtigte“, etwa der Bestandnehmer, ist von dem Enteigneten gemäß der sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 5 EisbEG selbst zu leisten. Er hat im Entschädigungsverfahren Ersatz für die vermögensrechtlichen Nachteile zu begehren, die als Folgeschäden des Entzugs der enteigneten Sache Personen erwachsen, welchen obligatorische Nutzungsrechte an der enteigneten Sache zustehen. Der auf die Vergütung dieser Nachteile entfallende Betrag ist nach der Anordnung des § 25 Abs 2 EisbEG gesondert zu ermitteln und nach § 30 Abs 1 EisbEG im die Entschädigung festsetzenden Beschluss des Gerichts gesondert zu bestimmen.

Die vom Antragsteller bemängelte Rechtsansicht des Rekursgerichts, die Ansprüche der Nebenberechtigten seien gesondert zu ermitteln und zu bestimmen, entspricht dem Gesetz.

2.1 Dem Enteigneten gebührt nach § 18 Abs 1 BStG Schadloshaltung für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile im Sinn des § 1323 ABGB. Bei Bemessung der Entschädigung haben jedoch der Wert der besonderen Vorliebe und die Werterhöhung außer Betracht zu bleiben, den die Liegenschaft durch die straßenbauliche Maßnahme erfährt. Hingegen ist auf die Verminderung des Werts eines etwa verbleibenden Grundstücksrestes Rücksicht zu nehmen. Wird dennoch nur ein Teil eines Grundbesitzes enteignet, gebührt dem Enteigneten auch eine Entschädigung für die Entwertung des Restgrundes. Eine solche kann vor allem in einer Verformung, Durchschneidung oder Verkleinerung des Restgrundes auf eine unwirtschaftliche Größe liegen. Sie kann etwa dadurch entstehen, dass durch den enteigneten Teil die Kommunikation des Restgrundstücks mit einem öffentlichen Weg erschwert oder aufgehoben wird, dass der verbleibende Teil seine Eigenschaft als Baugrundstück oder seine sonstige charakteristische Eigenschaft verliert und dergleichen (5 Ob 512/83, 7 Ob 523/92, 4 Ob 544/95 uva).

In der Regel ist, wenn nur die Standortliegenschaft Ziel der Enteignung ist, bei der Entschädigung der Gewerbebetrieb nicht zu berücksichtigen (5 Ob 609/76, 3 Ob 523/82). Die durch die Enteignung hervorgerufenen Nachteile können über den Substanzverlust und die Verkehrswertminderung hinaus aber auch in weiteren Vermögensfolgeschäden bestehen. Die Feststellung der enteignungsbedingten Nachteile hat konkret unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Enteigneten unter Heranziehung eines objektiven Maßstabs bei der Wertermittlung (objektiv‑konkret) zu erfolgen. Enteignungsfolgeschäden, die durch den Wertersatz des enteigneten Objekts allein noch nicht abgegolten sind, können dem Enteigneten insbesondere daraus erwachsen, dass er infolge der Enteignung genötigt ist, ein auf dem von der Enteignung betroffenen Grundstück betriebenes Unternehmen zu verlegen. In diesem Fall ist auf die Betriebsverlegungs‑ und Übersiedlungskosten, den Ertragsausfall, die Anlaufverluste und auf die Einbußen von Standortvorteilen Bedacht zu nehmen (1 Ob 505/82; 3 Ob 523/82; 6 Ob 789/83; 6 Ob 530/85; 6 Ob 669/85; 1 Ob 574/86; 8 Ob 507/88).

2.1.1 Die Nebenberechtigte brachte vor (ON 50), dass sie seit 1968 Bestandnehmerin der im Eigentum des Antragstellers stehenden Liegenschaft sei und sie seither den Schießplatz betreibe. Der Antragsteller trat diesem Vorbringen ausdrücklich nicht entgegen (ON 51). Das Vorliegen einer Unternehmenspacht wurde demnach nicht behauptet. Die Schießstätte kann auf dem verbleibenden Restgrundstück nicht mehr betrieben werden; dass eine Verlegung des Betriebs an sich nicht möglich sei, wurde weder vom Antragsteller noch von der Nebenberechtigten behauptet.

Da nicht vom Vorliegen einer Unternehmenspacht auszugehen ist, besteht der Schaden des Antragstellers ‑ wie bereits vom Rekursgericht richtig ausgeführt ‑ weder im Verkehrswert der Gesamtliegenschaft, auf der der Schießplatz betrieben wurde, noch in den Kosten der Wiederbeschaffung eines zum Betrieb eines Schießplatzes geeigneten Grundstücks, sondern darin, dass der Antragsteller seine bisherige Verwertungsmöglichkeit, nämlich die Liegenschaft zum Betrieb einer Schießstätte in Bestand zu geben, verloren hat.

2.1.2 Die sich aus der Einschränkung der Verwendungsmöglichkeit ergebende Wertminderung des Restgrundstücks des Antragstellers kann entweder gesondert durch Wertvergleich des Restgrundes vor und nach der Enteignung oder durch Wertvergleich der gesamten Liegenschaft (einschließlich enteignetem Grund) mit dem Wert des Restbesitzes ermittelt werden ( Brunner , Enteignung 145; RIS‑Justiz RS0053491 [T9]; 8 Ob 132/70). Dabei ist zu beachten, dass sich der Verkehrswert nicht aus der augenblicklichen Verwendung der enteigneten Sache im Enteignungszeitpunkt, sondern aus der in diesem Zeitpunkt bestehenden wirtschaftlichen Verwendungsmöglichkeit ergibt (1 Ob 644/57; 6 Ob 206/59; 5 Ob 162/62; 5 Ob 100/70; 5 Ob 584/77; 1 Ob 756/78; 6 Ob 798/80; 6 Ob 517/90; 6 Ob 161/10k). Künftige Möglichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung als zusätzliches werterhöhendes Moment angesehen werden, sind zu beachten (1 Ob 576/78). Das heißt, dem Verlust der Möglichkeit, die Liegenschaft zum Betrieb einer Schießstätte in Bestand zu geben, steht die wiedergewonnene Möglichkeit der Eigennutzung gegenüber. Verwendungsmöglichkeiten, die in irgendeiner unbestimmten Zukunft liegen, haben bei der Bewertung außer Betracht zu bleiben (1 Ob 644/57; 6 Ob 206/59).

2.2 Der Nebenberechtigten (hier Bestandnehmerin) steht wie dem Eigentümer selbst gemäß § 5 EisbEG iVm § 20 Abs 5 BStG ein Anspruch auf Ersatz aller vermögensrechtlichen Nachteile zu. Voraussetzung für einen derartigen Entschädigungsanspruch ist freilich, dass dem Bestandnehmer als Folge der Enteignung eine bestehende Rechtsposition als Bestandnehmer entzogen wird (5 Ob 577/81 mwN). Der Mieter verliert etwa bei einem jederzeit kündbaren Mietverhältnis durch eine Enteignung höchstens einen Mietzinsvorteil für die restliche Bestanddauer und hat durch die Vorverlegung der Räumung auf Grund der Enteignung allenfalls höhere Übersiedlungskosten, die im Entschädigungsverfahren zu berücksichtigen sind. Auch hat ein Bestandverhältnis, das schon aufgekündigt wurde oder dessen rechtswirksame Aufkündigung mit Sicherheit in Kürze eintreten wird, keinen Marktwert, weshalb bei einer zuvorkommenden Enteignung keine Entschädigung zusteht (3 Ob 185/07p mwN). Bei einem befristeten Bestandverhältnis besteht der Entschädigungsanspruch in Ansehung von Verlegungskosten und Verlegungsschäden, verlorenem Adaptierungsaufwand und wertlos gewordener besonderer Geschäftsausstattung des Bestandnehmers nur insoweit, als er früher eintritt als bei vertragsgemäßem Ende. Die Entschädigung beschränkt sich daher auf den Ersatz der kapitalisierten Zinsen von diesen Kosten und Schäden für die Dauer der restlichen Bestandzeit ( Brunner aaO 228).

2.3 Zutreffend ging das Rekursgericht davon aus, dass auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen weder die Entschädigung für den Verlust des Antragstellers, die Liegenschaft zum Betrieb einer Schießstätte in Bestand zu geben, noch die der Nebenberechtigten gebührende Entschädigung ermittelt werden können, zumal unbeachtet blieb, dass nicht der Antragsteller das Unternehmen betrieb und er daher auch nicht gezwungen ist, ein solches zu verlegen. Noch dazu wurde der Verkehrswert der Restliegenschaft der Wertminderung gleichgesetzt, ohne zu beachten, dass dem Antragsteller das Eigentum an der Restliegenschaft verblieb.

3. Der Antragsteller begehrt weiters eine Entschädigung für die Minderung des Jagd‑ und des Verkehrswerts der Liegenschaften infolge von Lärm‑, Licht‑ und Feinstaubeinwirkungen, die von der Autobahn ausgehen.

Vorweg wird die bisherige Rechtsprechung und Lehre dargestellt:

3.1 Projektschäden/Unternehmensschäden sind solche Schäden, die durch den Bau oder Betrieb der auf der enteigneten Fläche errichteten Anlage, wie etwa einer Bundesstraße entstehen ( Kerschner , Enteignungsentschädigung bei Jagdschäden [2010] 35, Rummel , Die Bemessung der Entschädigung in Korinek/Pauger/Rummel , Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 259). Darunter fällt vor allem bei Teilenteignung die Wertminderung des Restgrundstücks durch vermehrte Lärm‑, Geruchs‑ und Staubimmissionen und Verschlechterung oder Entzug der Zufahrtsmöglichkeit, Sichtbehinderung usw ( Rummel aaO 259).

3.2 Klang (in Klang , II² [1950] 195) meint, dass der persönliche Schaden nur bei Verursachung im Zusammenhang mit der Enteignung, das heißt, wenn er sich als Folge der Entziehung eines subjektiven Rechts darstelle, zu ersetzen sei.

Nach Randa (Das Eigentumsrecht [1993] 183) sind weder Werterhöhungen noch Wertminderungen, die das enteignete Grundstück durch das Projekt erfährt, zu beachten. Gleiches gilt in Bezug auf das Restgrundstück.

Den Gesetzeserläuterungen von Kautsch (Das Gesetz vom 18. Februar 1878 betreffend die Enteignung zum Zwecke der Herstellung und des Betriebs von Eisenbahnen [1895] 24) ist zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Gewähr einer Entschädigung ein kausaler Zusammenhang zwischen dem vermögensrechtlichen Nachteil und der Enteignung ist. Der vermögensrechtliche Nachteil muss sich als direkte Folge der Enteignung ergeben. Verhältnisse, die nicht direkt durch die Enteignung berührt werden, sondern etwa durch den Bau der Eisenbahn bzw durch ihren künftigen Bestand selbst schon in schädigender Weise in Mitleidenschaft gezogen werden (wie etwa Wirtschafts‑ und Schankgeschäfte, Transportunternehmen), sind nicht zu berücksichtigen. Der Schaden, der durch den Eisenbahnbau, nicht aber durch die Enteignung veranlasst wird, ist nach § 10 lit b Eisenbahn-Concessionsgesetz 1854 zu entschädigen. Vorteile ‑ als solche werden Werterhöhungen des Restgrundes auf Grund des Baus der Eisenbahn oder der Art der Ausführung der Anlage aufgezählt ‑ sollen angerechnet werden. Dies gilt aber nur für jene Vorteile, welche gerade für den Enteigneten, nicht aber für andere Grundbesitzer infolge der örtlichen Lage ihrer durch die Enteignung betroffenen Grundstücke entstehen. Der eintretende Vorteil muss mit der Enteignung im direkten und kausalen Zusammenhang stehen. Dieser Vorteil darf jedoch nur mit den Wertminderungen des Restgrundstücks verrechnet werden, nicht aber mit der Entschädigung für das enteignete Grundstück.

Brunner (Enteignung für Bundesstraßen [1983] 147) sprach aus, dass die Beurteilung, welche Nachteile durch die Enteignung verursacht würden, nicht anhand der für das Schadenersatzrecht entwickelten Adäquanztheorie erfolgen könne. Die Enteignungsentschädigung stelle keinen Schadenersatzanspruch dar, sondern Entgelt für die Aufhebung des enteigneten Rechts ( Brunner , Zum Begriff des Enteignungsschadens, ÖJZ 1972, 478; ders , Die zivilgerichtliche Rechtsprechung zur Enteignungsentschädigung, JBl 1975, 580 [582]). Somit seien nur jene nachteiligen Folgen zu ersetzen, die sich aus der Aufhebung des enteigneten Rechts ergäben und damit unmittelbare Folge der Enteignung seien. Nachteile, die sich erst aus dem Bau und künftigen Bestand und Betrieb der Anlage ergäben, seien jedoch nicht zu beachten. Nicht zu berücksichtigende Folgeschäden seien Immissionen durch Bauarbeiten, Nachteile durch den Bestand der errichteten Anlage bzw solche durch den normalen Betrieb und zuletzt Nachteile durch Wartungsarbeiten.

Die weitaus überwiegende Rechtsprechung verneint die Einbeziehung von Projektschäden in die Berechnung der Entschädigung. Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung sei nur auf jene Nachteile Bedacht zu nehmen, die sich unmittelbar aus dem Entzug des Eigentumsrechts durch den Enteignungsakt ergäben (5 Ob 241/62; 5 Ob 242/62; 8 Ob 47/63; 2 Ob 144/65; 1 Ob 155/66; 5 Ob 100/70; 5 Ob 110/72; 5 Ob 584/77; 1 Ob 756/78; 6 Ob 559/79; 7 Ob 770/79; 6 Ob 624/88; 5 Ob 584/90; 4 Ob 544/95; 8 Ob 227/97h; offen lassend hingegen 6 Ob 548/81). Nicht zu entschädigen seien mittelbare Folgen, zu denen auch die Unternehmensschäden zählten. Bei letzteren handle es sich um jene Schäden, die durch den Bau und Betrieb des Unternehmens, zu dessen Errichtung die Enteignung erfolge, entstünden (5 Ob 242/62; 5 Ob 241/62; 8 Ob 47/63; 2 Ob 144/65; 5 Ob 110/72; 6 Ob 559/79; 7 Ob 770/79; 4 Ob 544/95; 8 Ob 227/97h). Als Begründung wird zum Teil angeführt, dass sich dies aus der einfachen Überlegung ergebe, dass die anderen Nachteile auch auf dem an eine Landesstraße angrenzenden Grundstücken entstünden, von denen keine Teile für Zwecke des Straßenbaus enteignet würden (5 Ob 242/62; 5 Ob 241/62; 7 Ob 770/79; 6 Ob 624/88). Als weitere mittelbare Nachteile werden die Erschwernis, eine neu angelegte Straße überqueren zu müssen, woraus Wartezeiten auf Grund der zunehmenden Verkehrsdichte beim Überqueren entstünden und weshalb zum Viehtrieb zusätzliche Arbeitskräfte benötigt würden, Wertminderungen auf Grund des Heranrückens einer Straße und eine gemäß § 21 Abs 1 BStG einzuhaltende Schutzzone gesehen (5 Ob 584/77; 1 Ob 756/78; 4 Ob 544/95). Darüber hinaus wurde ausgesprochen, dass Schäden nur bei einem Ursachenzusammenhang mit der Enteignung zu ersetzen seien (2 Ob 144/65). Vereinzelt wurden Wertminderungen der Restliegenschaft auf Grund erhöhter Lärm‑, Staub‑ und Geruchsbelästigung durch die Heranrückung der Straße bei der Entschädigungsbemessung berücksichtigt (5 Ob 230/75). Zum Teil wird die Heranrückung (7 Ob 43/58; 5 Ob 351/64; 5 Ob 98/67; 5 Ob 95/68; 7 Ob 770/79; RIS‑Justiz RS0053346; RS0053568) bzw die Herabsenkung der Straße (5 Ob 351/64; 5 Ob 98/67; 5 Ob 98/68; RIS‑Justiz RS0053568) als unmittelbarer Schaden gesehen, die Lärm‑ und Staubentwicklung aber als mittelbarer Schaden (7 Ob 43/58; 5 Ob 351/64; 5 Ob 98/67; 5 Ob 98/68; 7 Ob 770/79).

Im Zusammenhang mit der zwangsweisen Begründung von Servituten wird der Ersatz von kausalen Projektschäden in manchen Entscheidungen zugesprochen. So sprach der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 595/89 aus, dass der Tunnelservitutsverpflichtete nicht zusätzliche Immissionen entschädigungslos hinnehmen müsse, die nur dadurch entstünden, dass sein Grundstück untertunnelt und die Bahntrasse nicht entlang seiner Grundstücksgrenze geführt werde. Hiebei handle es sich um einen durch die Enteignung hervorgerufenen zusätzlichen unmittelbaren Nachteil, für die der Grundeigentümer Entschädigung nach § 4 EisbEG begehren könne. In der Entscheidung 8 Ob 630/90 bestätigte der Oberste Gerichtshof diese Rechtsansicht. Anders in 4 Ob 544/95: Diese Entscheidung hatte die Duldung einer Starkstromleitung zum Gegenstand. Wenn die Enteignung nicht durch die Entziehung des Eigentumsrechts, sondern bloß durch Einräumung einer Zwangsservitut verwirklicht werde, hätten die gleichen Grundsätze zu gelten. Der durch die Dienstbarkeit Belastete habe somit Anspruch auf Ersatz all jener Vermögensnachteile, die er infolge der ihm auferlegten Beeinträchtigungen und Pflichten erleide. Hingegen stehe ihm nicht der Ersatz für Nachteile zu, die keine unmittelbare Folge der ihn belastenden Dienstbarkeit seien, sondern allein aus der Existenz der Leitungsanlage entstünden. Dies treffe unabhängig von der Belastung durch eine Servitut jeden Anrainer. Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung zeige auch ein Größenschluss. Hätte der dauernde Bestand der elektrischen Leitungsanlage die Enteignung eines Streifens der Liegenschaft des Antragstellers im Sinn des Eigentumsentzugs erfordert, dann hätte der Antragsteller nur Anspruch auf Ersatz des Werts des enteigneten Grundstücksteils sowie einer allfälligen Entwertung des Restgrundes, nicht aber auf Ersatz der Nachteile, die durch die Bauführung auf dem enteigneten Grundstück und den Bestand der Leitung eintrete. Werde zur gelinderen Form der Enteignung, nämlich bloß zur Einräumung einer Dienstbarkeit gegriffen, dann könne dem dadurch Belasteten nicht mehr Ersatzanspruch zugesprochen werden als im Fall des völligen Eigentumsentzugs.

Die Entscheidung 2 Ob 282/05t betraf eine Servitut, die in der Verpflichtung zur Duldung einer das Grundstück in Hochlage überquerenden U‑Bahn‑Anlage und ihrer Benutzung bestand. Eine generelle Absage an die Beachtlichkeit von Projektschäden erfolgte hier nicht. Der Oberste Gerichtshof sprach aus, dass Schäden des Eigentümers durch das Enteignungsprojekt, die auch eingetreten wären, wenn nicht enteignet worden wäre, nicht zu ersetzen seien. Die Verkehrswertminderung der restlichen Liegenschaft auf Grund der U‑Bahn‑Servitut sei zu beachten. In der Entscheidung 7 Ob 145/11s wurde ausgesprochen, dass eine durch die Duldungspflicht eines 10 m hohen Tragwerks der Hochtrasse der U‑Bahn entstehende Wertminderung des Restgrundstücks bei der Entschädigungsbemessung zu beachten sei.

3.3 Nach Kühne/Hofmann/Nugent/Roth (Eisenbahnenteignungsgesetz [1982] 38) sind auch mittelbare Schäden zu ersetzen.

Rummel (in Korinek/Pauger/Rummel , Enteignungsrecht 260; ders Rechtsfragen der Bewertung land‑ und forstwirtschaftlicher Grundstücke im Enteignungsfall, in Rummel/Gurtner/Sagl , Enteignungsentschädigung in der Land‑ und Forstwirtschaft [1984] 64) führt aus, dass das in § 4 EisbEG normierte Kausalitätserfordernis dazu führe, jene Schäden, die auch ohne Enteignung eingetreten wären, vom Ersatzanspruch auszunehmen. Der Kausalzusammenhang sei aber jedenfalls dann gegeben, wenn das Enteignungsprojekt ohne die fragliche Enteignung überhaupt nicht oder an anderer Stelle mit geringerer Schadenseinwirkung durchgeführt worden wäre. Dem § 4 EisbEG sei nicht zu entnehmen, dass nur unmittelbare (direkte), aber nicht mittelbare (indirekte) Folgeschäden zu ersetzen seien. Dass andere Normen den Ersatz von bestimmten Folgeschäden vorsähen, wie etwa § 364a ABGB, hindere nicht die Entschädigung im Rahmen des Enteignungsverfahrens, sondern sei im Rahmen der Anspruchskonkurrenz zu lösen. Dem Gleichbehandlungsargument hält Rummel entgegen, dass erst die Enteignung der Liegenschaft die Durchführung des Enteignungsprojekts ermöglicht habe. Die Ungleichbehandlung sei in der Regel auch gering, wenn man genau prüfe, welche Schäden auch ohne Enteignung eingetreten wären. Kausalität könne insbesondere dann nicht geleugnet werden, wenn eine Verlegung des Projekts mangels passender Grundstücke gar nicht möglich sei. Der von der Enteignung Betroffene sei durch den Teilentzug seines Eigentums schwerer als alle nicht Enteigneten betroffen, weil gerade die Inanspruchnahme seiner Güter das Projekt ermögliche. Ab einer gewissen Schwere der Beeinträchtigung solle der Betroffene für seine Einbußen voll entschädigt werden und zwar „ohne wenn und aber“, insbesondere dann, wenn eine Verschiebung der Straße konkret nicht möglich sei, der Einwand Parallelverschiebung somit rein hypothetisch sei und an der Kausalität keine Zweifel blieben.

Winner (Wert und Preis im Zivilrecht [2008] 346) vertritt die Ansicht, dass sowohl Wertminderungen der Restliegenschaft durch das Projekt als auch Werterhöhungen zu berücksichtigen seien. Dies hält er auch dem Gleichbehandlungsargument entgegen. Dem Enteigneten müssten anders als den benachbarten Eigentümern die Nachteile ersetzt werden; er müsse sich aber auch ‑ ebenfalls anders als die Nachbarn ‑ die Vorteile anrechnen lassen. Auch aus rechtsökonomischer Sicht sei ausschlaggebend, dass zumindest beim Enteigneten die Kosten‑Nutzen‑Rechnung in die richtige Richtung gelenkt werde. Ebenfalls könne, wenn das Gesetz die Berücksichtigung aller durch die Enteignung entstandenen Nachteile anordne, nur die Kausalität der Enteignung für den Schaden gemeint sein. Das Projekt könne ja erst auf Grund der Enteignung durchgeführt werden.

Kerschner (Zur Enteignungsentschädigung für Wertminderung der Restliegenschaft in JBl 2009, 555; ders , Ausgewählte Fragen der Enteignungsentschädigung, Sachverständige 2011, 6 [6]; ders , Landwirtschaftliche Nebenschäden bei der Enteignungsentschädigung, Sachverständige 2012, 9 [13]; ders , Verkehrsimmissionen‑ Haftung und Abwehr [2007] 90; ders , Enteignungsentschädigung bei Jagdschäden [2010] 39) spricht sich für die Beachtlichkeit von durch die Enteignung kausal verursachten Projektschäden aus. Sagerer (Die Enteignungsentschädigung bei Jagdeingriffen, Jahrbuch Agrarrecht 2011, 207) folgt dem mit gleicher Begründung. Die §§ 18 Abs 1 Satz 3 BStG und 6 EisbEG würden aussprechen, dass bei Teilenteignung bei der Bemessung der Entschädigung auf die Wertminderung des verbleibenden Grundstücks Rücksicht zu nehmen sei. Der Wortlaut der Bestimmung beschränke sich somit nicht auf „reine Enteignungsschäden“. Relevant sei lediglich, dass die Enteignung kausal für die Wertminderung gewesen sei. Wolle die neue Judikatur reine Projektschäden ausnehmen, so nehme sie in Wahrheit eine teleologische Reduktion der Bestimmung vor. Weiters wird ausgeführt, dass § 7 Abs 2 EisbEG, der dem § 6 EisbEG unmittelbar benachbart sei, nur Werterhöhungen durch das Projekt ausschließe, nicht jedoch Nachteile. Daraus sei als Gegenschluss von der Beachtlichkeit solcher Nachteile auszugehen. § 6 EisbEG differenziere nicht zwischen verschiedenen Arten der Wertminderung. In Bezug auf § 18 BStG sei dies noch deutlicher. Werterhöhungen durch die straßenbaulichen Maßnahmen sollten nicht, Wertminderungen jedoch sehr wohl zu berücksichtigen sein. Die historische Interpretation lasse die Frage der Berücksichtigung von Projektschäden zumindest offen. Die oft zitierten Materialien würden sich einerseits nur auf die §§ 4, 5 EisbEG beziehen, weil § 6 EisbEG in der ursprünglichen Regierungsvorlage noch nicht aufgeschienen sei. Andererseits sei den Materialien nur zu entnehmen, dass sich die Entschädigungspflicht nicht auf solche Unternehmen beziehe, die gar nicht formell enteignet worden seien, sondern nur faktisch durch den Bau und Betrieb der Eisenbahn Nachteile erlitten. Als weiteres Argument wird § 9 EisbEG ins Treffen geführt. Danach könne eine Nachveranlagung der in der Zwischenzeit erkennbaren Schäden erfolgen. Als Beispiel werde in den Materialien explizit der Wertverlust durch Trockenlegung genannt, wobei es sich um einen typischen Projektschaden handle. Die Verlegung des Fristbeginns vom Vollzug der Enteignung zur Aufnahme des Betriebs solle dem Enteigneten ermöglichen, auch die aus dem Betrieb erwachsenen und vorerst nicht absehbaren Nachteile aufzunehmen. Dem Argument der Gleichbehandlung wird das bereits von Rummel erwähnte Argument, dass nämlich die Enteignung die Projektverwirklichung in der konkreten Form erst ermögliche und ab einer gewissen Schwere der Beeinträchtigung der Betroffene für seine Einbußen voll entschädigt werden solle, entgegengehalten. Zudem kämen Projektvorteile dem nicht betroffenen Nachbarn im Gegensatz zum Enteigneten zugute. Ohnedies seien nur die kausalen Projektschäden zu ersetzen. Erst durch den Parallelverschiebungsansatz werde völlige Gleichbehandlung mit den Nachbarn erreicht. Ausgleichende Gerechtigkeit herrsche erst bei Ersatz von Projektschäden im Rahmen des Eingriffszusammenhangs.

Dieser Argumentation schließen sich auch Kisslinger (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ ABGB § 305 Rz 64) und Wimmer (Die Entschädigung im öffentlichen Recht [2009] 160) an.

Der deutsche Bundesgerichtshof (III ZR 138/71; III ZR 67/80; III ZR 18/00) vertritt, dass dem Eigentümer im Grundsatz eine Entschädigung auch für nachteilige Folgen zu gewähren sei, die das Restgrundstück durch das Unternehmen, für das eine Teilfläche enteignet oder abgetreten worden sei, erfahre. Dabei sei folgende Einschränkung zu beachten: Nachteile, die den Eigentümer getroffen hätten, falls er nicht enteignet worden wäre, wenn also die Verkehrseinrichtung statt über die abgetretene Teilfläche an der Grenze des ungeteilten Grundstücks entlang geführt worden wäre, könnten im Enteignungsverfahren nicht geltend gemacht werden. Soweit solche Nachteile ohne die Teilenteignung des Restgrundstücks ihn zwar auch, aber nur in geringerem Maße getroffen hätten, könne eine Entschädigung lediglich insoweit beansprucht werden, als die jetzt eingetretenen Nachteile größer seien als diejenigen, die auch ohne die Abtretung der Teilfläche entstanden wären. Der Enteignete könne eine Entschädigung dann nicht verlangen, wenn er von den Immissionen in gleicher Weise betroffen werde wie andere Grundeigentümer, denen nicht ein Grundstücksteil für die Errichtung einer Straße enteignet worden sei und die deshalb die Wertminderung ihres Grundstücks entschädigungslos hinnehmen müssten. Dabei sei von einem hypothetischen Verlauf der Straße parallel zu der tatsächlich angelegten Trasse auszugehen (sogenannte Parallelverschiebung). Ob auch die Möglichkeit, die Straßenanlage außerhalb des Grundstücks zu errichten, tatsächlich bestanden habe, sei gleichgültig.

3.4 Die sich auf die jüngere Lehre beziehenden Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, von der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung abzugehen. Richtig ist, dass die §§ 4, 6 EisbEG, § 18 BStG nicht zwischen Enteignungsfolgen und Projektfolgen unterscheiden. Der Wortlaut der Bestimmungen ließe den Schluss zu, dass unter „sämtliche Folgen der Enteignung“ auch Nachteile aus dem Bau und dem Betrieb der Anlage fallen, sofern die Enteignung kausal war. Vorrangig stellt sich aber die Frage nach dem Zweck der Enteignungsentschädigung.

Wenn es das allgemein Beste erheischt, muss ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigentum an einer Sache abtreten (§ 365 ABGB).

Enteignung ist der gänzliche oder teilweise Entzug des Eigentums oder sonstiger subjektiver Privatrechte, wie Servituten, absolute Rechte, Urheberrechte oder Schuldforderungen im öffentlichen Interesse (6 Ob 105/01m). Eine Enteignung ohne Entschädigung ist zwar grundsätzlich nicht verfassungswidrig, kann aber im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des sogenannten „Sonderopfers“ unzulässig sein (Klicka in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 365 Rz 17 mwN).

Das Wesen der Enteignungsentschädigung besteht in der Ersatzleistung für das dem Enteigneten durch den besonderen Hoheitsakt abgenötigte Sonderopfer an seinem Vermögen. Zweck der Enteignungsentschädigung ist es, diesen Vermögensnachteil des Enteigneten auszugleichen. Der Entschädigungsanspruch ist zwar privatrechtlicher Natur, aber kein Schadenersatzanspruch im Sinn des 30. Hauptstücks des ABGB, er gewährt nicht Ersatz für einen rechtswidrig verursachten Verlust, sondern entschädigt für einen rechtmäßigen, auf Grund höherer Interessen gerechtfertigten Eingriff in das Eigentum. Vor diesem Hintergrund liegt der Zweck der den §§ 4 Abs 1 und 6 EisbEG nachgebildeten Regelung des § 18 BStG, wonach für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung gebührt, darin, den Enteigneten für das Sonderopfer des gänzlichen oder teilweisen Entzugs von Eigentum zu entschädigen. Die Enteignungsschädigung ist damit Entgelt für die Aufhebung des enteigneten Rechts. Als durch die Enteignung verursacht und damit als entgeltrelevant können daher nur solche Nachteile angesehen werden, die sich aus dieser ergeben. Auf solche Nachteile, die sich aus dem Eigentumsrecht des enteignenden Unternehmens, dessen Nachbarschaft weniger angenehm ist als die eines anderen, und aus dessen Dispositionen über den enteigneten Grund ergeben, ist nicht Bedacht zu nehmen.

3.5 Nicht zu berücksichtigen sind daher mittelbare Enteignungsfolgen, wie etwa Immissionsschäden durch Bau, künftigen Bestand und Betrieb der Anlage. Da der Enteignete durch die Entschädigung Ausgleich für das gebrachte Sonderopfer der Eigentumsentziehung erhält, ist er bezüglich der weiteren Folgen nicht anders zu behandeln als seine Umwelt. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung von Enteigneten und nicht enteigneten Nachbarn soll der Enteignete, dessen Sonderopfer ausgeglichen ist, nicht etwas (Schäden aus Projekterrichtung und Betrieb) ersetzt bekommen, was alle nicht enteigneten Nachbarn ersatzlos hinzunehmen haben. Bestehen hingegen selbständige Ansprüche wegen Immissionen, so ist der Enteignete gehalten, gleich wie der nicht enteignete Nachbar diese auf dem dafür vorgesehenen Weg durchzusetzen. Der Umstand, dass die Enteignung für die Verwirklichung des Projekts notwendig ist, kann nicht dazu führen, dass der Enteignete, der dafür ohnedies Ersatz über die Eigentumsentschädigung erhält, günstiger gestellt wird, weil er im Enteignungsentschädigungsverfahren Ersatz für etwas erhält, wofür der nicht enteignete Nachbar entweder keinen oder einen erst auf anderem Weg durchsetzbaren Ersatz geltend machen kann.

3.6 Gemäß § 7 Abs 2 EisbEG hat bei der Berechnung der Entschädigung unter anderem eine Werterhöhung außer Betracht zu bleiben, die der Gegenstand der Enteignung infolge der Anlage der Eisenbahn erfährt; eine inhaltsgleiche Regelung findet sich in § 18 Abs 1 BStG. Diese Bestimmungen ordnen somit für den Fall werterhöhender Vorwirkungen die Vorverlegung des für die wertbestimmenden Eigenschaften des Grundstücks maßgeblichen Zeitpunkts an. In der Regel wird daher von der Qualität des Grundstücks auszugehen sein, die es besaß, bevor die eingeleitete Planung ihre werterhöhende Funktion wirksam werden ließ. Dies folgt schon aus dem Zweck der Enteignungsentschädigung, den Vermögensnachteil des Enteigneten bloß auszugleichen, nicht aber dessen Bereicherung herbeizuführen (RIS‑Justiz RS0010844 [T2]). Zur Frage der Vorteilsausgleichung, also der Berücksichtigung der vermögenswerten Vorteile, die dem Enteigneten durch das Enteignungsprojekt zukommen, hat sich der Oberste Gerichtshof (2 Ob 282/05t, 1 Ob 230/10w) bereits dem Ansatz Rummels angeschlossen, wonach § 7 Abs 2 EisbEG (§ 18 Abs 1 BStG) nur die Projektvorteile im engsten Sinn des Worts betrifft. Die „allgemeinen Planungsgewinne“ aus der Erschließung eines gesamten Gebiets sollen dem Enteigneten so wie allen seinen Nachbarn verbleiben. Damit überzeugt auch das Argument nicht, dass nur der Nachbar, nicht aber der Enteignete von der Erschließung des Gebiets profitiere, weshalb dem Enteigneten im Gegenzug die Mehrbelastung aus Projektschäden im Enteignungsentschädigungsverfahren zu ersetzen sei.

3.7 Nach § 18 Abs 1 BStG (§ 6 EisbEG) ist auf die Wertverminderung eines etwa verbleibenden Grundstücks Rücksicht zu nehmen. Aus dieser Bestimmung lässt sich die Berücksichtigung einer Wertminderung infolge Projektschäden nicht zwingend ableiten. Gleiches gilt für § 9 Abs 1 EisbEG. Insoweit ein zu bestimmender Kapitalsbetrag nicht vollständig ermittelt werden kann, weil sich der abzuschätzende Nachteil nicht von vornherein bestimmen lässt, können Parteien in angemessenen Zeitabständen von mindestens einem Jahr die Feststellung weiterer Entschädigungen für die in der Zwischenzeit erkennbar gewordenen Nachteile beantragen. Nach § 9 Abs 2 EisbEG kann die endgültige Festsetzung des zu leistenden Kapitalbetrags nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren ab der Aufnahme des Betriebs der Eisenbahn oder nach Aufhören einer vorübergehenden Enteignung begehrt werden. Die Bestimmung stellt eine Verfahrensvorschrift dar, deren Zweck darin bestand, Ersatz für die ‑ zum Zeitpunkt ihrer Einführung ‑ fehlende Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens zu bieten ( Brunner , Enteignung für Bundesstraßen [1983] 112 f). Da die Praxis zeigte, dass die Frist des § 9 Abs 2 EisbEG 1954 für die endgültige Festsetzung in Einzelfällen nicht genügte, wurde die Frist verlängert, indem ihr Beginn nicht wie bisher an den Vollzug der Enteignung sondern an die Aufnahme des Betriebs geknüpft wurde (RV 225 GP XXII). Sie ist demnach keine materielle Bestimmung und definiert die Nachteile, für die eine Enteignungsentschädigung gebührt, auch nicht abweichend von den oben angeführten Regelungen. Ihr lässt sich nicht entnehmen, dass unter den genannten, nicht von vornherein erkennbaren Nachteilen auch Projektschäden und nicht bloß Enteignungsfolgen zu verstehen sind.

3.8 Die Entscheidungen im Zusammenhang mit Enteignungsentschädigungsansprüchen im Fall der Begründung einer Servitut (2 Ob 595/89; 8 Ob 630/90; 2 Ob 282/05t; 7 Ob 145/11s) berücksichtigen, dass die Nachteile aus der grundbücherlich sichergestellten dauernden Duldungspflicht und somit unmittelbar aus der Enteignung (Einschränkung des Eigentumsrechts) resultieren.

3.9 Zusammengefasst hält der erkennende Senat an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach persönliche Nachteile des Grundeigentümers oder solche in Bezug auf seine Restliegenschaft, die durch die Errichtung und den Betrieb der Straßenanlage auf dem enteigneten Grundstück bewirkt werden, insbesondere Wertminderungen der Restliegenschaft durch Immissionen aus dem enteigneten Grundstücksteil, die in Zukunft zu erwarten sind oder welche bereits wirksam wurden, im Rahmen der Enteignungsentschädigung nicht zu vergüten sind.

3.10 Die dem Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der Ersatzfähigkeit von Projektschäden zu Grunde liegende Rechtsansicht des Rekursgerichts ist ebenfalls richtig. Auch wenn vom Obersten Gerichtshof grundsätzlich nicht zu überprüfen ist, ob sich die vom Rekursgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RIS‑Justiz RS0042179), so ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die zutreffend vom Rekursgericht aufgezeigten Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten des eingeholten Sachverständigengutachtens und die in wesentlichen Punkten fehlenden Sachverhaltsgrundlagen im derzeitigen Verfahrensstadium eine weitergehende Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht in Betracht kommt. Es bedarf hier daher auch keiner weiteren Erörterung, für welche der einzelnen Ansprüche allenfalls als unmittelbare Enteignungsfolge Ersatz gewährt werden könnte.

5. Soweit der Antragsteller argumentiert, das Rekursgericht verneine zu Unrecht seinen Anspruch auf Ersatz des vermehrten Verwaltungsaufwands, der im Vorfeld der späteren Enteignung (Vorwirkung) aufgelaufen sei, ist dies unrichtig. Das Rekursgericht zeigt hier lediglich auf, dass wegen Fehlens von Feststellungen eine Beurteilung nicht möglich ist.

6. Zur Ansicht des Antragstellers, die ihm entstandenen Kosten des verwaltungsgerichtlichen Enteignungsverfahrens und des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung seien ihm als Teil der Enteignungsentschädigung zu ersetzen, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

7. Derzeit steht nicht fest, ob überhaupt ein Entschädigungsbetrag festgesetzt werden wird. Daher ist die Frage, ob § 33 EisbEG, wonach der Beginn der Verzinsung des Entschädigungsbetrags (erst) mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigung beginnt, einen verfassungswidrigen Eingriff in das Recht auf Eigentum darstellt, für diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht präjudiziell. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher zumindest derzeit nicht veranlasst, entsprechend den verfassungsmäßigen Bedenken des Antragstellers gegen diese Bestimmung und seinem Antrag auf Zuspruch von Zinsen bereits ab Zustellung des Enteignungsbescheids zuzuerkennen, einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 89 Abs 2 B‑VG (Art 140 Abs 1 B‑VG) an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Diese Frage steht derzeit nicht zur Klärung an.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 44 EisbEG. Da die Kosten des Revisionsrekurses nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten des Antragstellers hervorgerufen wurden, bedeutet dies, dass die Antragsgegnerin die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen hat. Dagegen bilden die dem Antragsteller im Revisionsrekursverfahren entstandenen Kosten weitere Verfahrenskosten, weil über deren Ersatz erst mit der Entscheidung ausgesprochen werden kann.

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