OGH 5Ob584/77

OGH5Ob584/776.12.1977

SZ 50/158

Normen

Bundesstraßengesetz §18 Abs1
Bundesstraßengesetz §20
Bundesstraßengesetz §21
Bundesstraßengesetz §18 Abs1
Bundesstraßengesetz §20
Bundesstraßengesetz §21

 

Spruch:

Dem Enteigneten gebührt im Rahmen der Entschädigung nach § 18 Abs. 1 BStG 1971 auch der Ersatz jener Kosten, die er im Enteignungszeitpunkt zur Beschaffung eines gleichwertigen Grundstückes aufwenden muß. Dazu gehören Vertragserrichtungskosten und Eintragungsgebühr, nicht aber Gründerwerbssteuer Auswirkung eines befristeten Bauverbotes auf den Verkehrswert eines Grundstückes

Die Entschädigung der Wertminderung des Restgrundstückes zufolge Verbauungsverbotes nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 (Schutzzone beiderseits der Autobahn) ist nicht im Entschädigungsverfahren nach § 20 BStG 1971, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 21 Abs. 3 BStG 1971 durchzusetzen

OGH 6. Dezember 1977, 5 Ob 584/77 (LG Linz, 13 R 563/76; BG Linz, 2 Nc 12/75)

Text

Mit Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. März 1974, BauR-4345/4-1974 Ha/He, bestätigt mit Bescheid des Bundesministeriums für Bauten und Technik vom 25. April 1974, Zl. 534 132-II/16/74, wurde für den Neubau der Mühlkreisautobahn A 7 von dem im Miteigentum der Antragsteller stehenden Grundstück Nr. 872/5 Acker der EZ 1045 KG K ein 1010 m2 großes Teilstück enteignet. Den Antragstellern wurde von der Verwaltungsbehörde eine Entschädigung von 400 S pro m2 für den Grund und von 2200 S für den Bewuchs zuerkannt.

Mit ihrem am 6. Feber 1975, also innerhalb Jahresfrist nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides, beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrten die Antragsteller die Neufestsetzung der Entschädigungssumme. Sie beantragten

1. die ihnen zustehende Entschädigung für die enteignete Grundfläche mit einem angemessenen Preis von zumindest 800 S pro m2 festzusetzen und ihnen für jene Grundflächen, die zwar nicht enteignet wurden, aber in die 40 m breite Schutzzone nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 fallen, zumindest 400 S pro m2 als Entschädigung zuzuerkennen.

2. die ihnen zukommende Entschädigung für Grund und Boden so zu bemessen, daß ihnen ein 10%iger Zuschlag (8% Gründerwerbssteuer, 1% Eintragungsgebühr, 1% Vertragserrichtungskosten zur Beschaffung von Ersatzgrundstücken) zu der zunächst zu entrichtenden Entschädigung zuerkannt werden und

3. der Antragsgegnerin im Sinne des § 33 Abs. 2 EisenbEntG neben der Leistung der Entschädigung die Zahlung der gesetzlichen Verzugszinsen vom Tag der Zustellung der Entscheidung über diesen Antrag an aufzuerlegen.

Das Erstgericht setzte den Entschädigungsbetrag für den enteigneten Teil des Grundstückes 872/5 der EZ 1045 KG K im Ausmaß von 1010 m2 samt Zubehör mit insgesamt 709 200 S fest und erkannte die Antragsgegnerin schuldig, den Antragstellern diesen Betrag binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen (Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses). Mit ihrem Antrag, die Entschädigungssumme mit 800 S pro m[2] zuzüglich eines 10%igen Zuschlages neu festzusetzen, verwies es die Antragsteller auf diese Entscheidung (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses).

Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß der ursprüngliche Zustand der enteigneten Grundfläche anläßlich des durchgeführten Lokalaugenscheines infolge der inzwischen provisorisch erfolgten Aufschüttung der Autobahntrasse nicht mehr sichtbar war. Der enteignete Grund liegt unmittelbar an der X-Straße, wobei sich an der Ortsgrenze ein Kanalstrang befindet. Das enteignete Grundstück liegt fast zur Gänze im Bereich des Teilbebauungsplanes NO 104/II, der zum Enteignungszeitpunkt allerdings nicht in Kraft war. Zu diesem Zeitpunkt war eine Bausperre nach Art. XI Abs. 2 LBO Nov. 1946 wirksam, doch ist diese Sperre inzwischen abgelaufen und der Teilbebauungsplan NO 104/II unverändert wieder in Kraft. Ein kleines Teilstück der Enteignungsfläche ist durch einen Wassergraben abgetrennt und östlich der Hauptfläche gelegen. Da der Wassergraben die Grenze des Teilbebauungsplanes NO 104/II darstellt, liegen die östlichen Flächenteile außerhalb des Bereiches der Bausperre nach Art. XI Abs. 1 LBO Nov. 1946.

Für das enteignete Grundstück ist (lt. Sachverständigengutachten) ein Quadratmeterpreis von 700 S angemessen; daraus ergibt sich für 1010 m2 ein Grundwert von 707 000 S; als Wert für den Bewuchs erscheint ein Betrag von 2200 S angemessen.

Der Grundstücksteil östlich des Wassergrabens hat ein Ausmaß von rund 260 m2 und ist selbständig nicht nutzbar.

Das den Antragstellern verbliebene Restgrundstück,hat nicht an Wert verloren, weil die Frontlänge von 145 m nur um 35 m auf zirka 110 m verringert wurde.

Auch die Einbeziehung des Wassergrabens als Wertminderungsfaktor würde keine erhebliche Veränderung im Preis hervorrufen, da sich dadurch der Wert der Parzelle nur um zirka 6 S pro m2 verringern würde, was im Hinblick auf eine Toleranzgrenze von 700 S bis 714 S pro m2 unberücksichtigt bleiben könne.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß durch den Vergleich von Verkaufspreisen annähernd gleicher Grundstücke ein Verkehrswert von 700 S pro m2 errechnet worden sei. Dieser Verkehrswert gebühre den Antragstellern als Enteignungsentschädigung.

Zwischen den enteigneten Grundstücksteilen östlich und westlich des Wassergrabens sei nicht zu differenzieren. Der östlich des Wassergrabens gelegene enteignete Grundstücksteil habe nur ein Ausmaß von rund 260 m2, umfasse also rund ein Viertel der gesamten enteigneten Fläche. Dieser Grundstücksteil sei nicht selbständig nutzbar; ein Kaufwilliger hätte entweder nur die gesamte Liegenschaft oder überhaupt nichts erworben. Es würde daher auch niemand die Grundstücksteile östlich des Wassergrabens billiger verkaufen als die westlich des Wassergrabens gelegenen Teile. Daher sei vom Verkehrswert der Liegenschaft westlich des Wassergrabens auszugehen und deshalb für die enteignete Gesamtfläche eine Entschädigung von 700 S pro m2 zuzusprechen.

Ein weiterer Vermögensnachteil sei den Antragstellern durch die Enteignung nicht entstanden. Das Bebauungsverbot nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 sei hier nicht zu berücksichtigen, weil die Errichtung der Autobahn nicht die Enteignung darstelle. Folgebeeinträchtigungen seien nur insoweit zu berücksichtigen, als sie Folge der Enteignung selbst seien.

Diese Entscheidung blieb hinsichtlich des Zuspruches einer Enteignungsentschädigung von 200 000 S an die Antragsteller unangefochten. Im übrigen gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß den Rekursen beider Parteien Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß für das Grundstück 872/5 der KG K in der Zeit vom 11. Mai 1970 bis 11. Mai 1974 eine Bausperre nach Art. XI Abs. 2 LBO Nov. 1946 bestanden habe. Im Zeitpunkt der Enteignung habe ein vom Planungsamt erstellter Bebauungsplanentwurf NO 104/II/1 auch für dieses Grundstück bestanden. Nach diesem Bebauungsplanentwurf sei das Grundstück teilweise für eine Straße in Anspruch genommen worden; für die restliche Fläche sei keine Verbauung vorgesehen gewesen. Vor dieser Bausperre habe der Teilbebauungsplan NO 104/II gegolten, der nach dem Ende der Bausperre wiederum in Kraft getreten sei. Nach diesem Teilbebauungsplan sei das Grundstück bebaubar gewesen.

Daraus folge, daß entgegen der Auffassung der Sachverständigen bei der Beurteilung des enteignungsbetroffenen Grundstückes die zeitweilige Bausperre nicht als wertbeeinflussender Faktor vernachlässigt werden könne, da die vom Autobahnbau unabhängigen Planungsabsichten eine Nutzung des enteignungsbetroffenen Grundstückes als Bauland jedenfalls verhindert hätten. Selbst wenn eine Bausperre nicht unbedingt das Fallen der Grundstückspreise auf jenen Wert zur Folge haben müsse, den die beabsichtigte Änderung zulasse, sondern viel eher ein Zuwarten der potentiellen Verkäufer bis zur endgültigen Klärung der künftigen Verwendbarkeit, so könne diese Bausperre bei der Ermittlung der Vergleichspreise nicht a priori unberücksichtigt bleiben. Die Sachverständigen würden daher vorerst darzulegen haben, ob trotz Bausperre im betroffenen Gebiet Verkäufe von Grundstücken stattgefunden hätten, für die keine Ausnahmegenehmigung für Bauten vorgelegen sei und welche Quadratmeterpreise hier erzielt worden seien und sodann, die Vergleichsgrundstücke unter diesem Aspekt zu ordnen haben. Es werde zu erheben sein, ob im Falle der Berücksichtigung der Bausperre eine Änderung am Ergebnis des Gutachtens und somit eine Änderung des im Gutachten mit 700 S errechneten Quadratmeterpreises eintrete. Aus Anlaß der Verfahrensergänzung werde aber auch mit den Sachverständigen das übrige Rekursvorbringen der Antragsgegnerin zu erörtern sein, so insbesondere die Fragen der kostenlosen Abtretungsverpflichtung hinsichtlich eines Teiles der betroffenen Parzelle und des Einflusses der Geschoßflächenzahl auf den Grundpreis. Auch würden sich die Sachverständigen mit dem Einfluß der von der Antragsgegnerin erst im Rekurs angegebenen zwei Kaufverträge auf den errechneten Quadratmeterpreis zu befassen haben.

Hingegen könne die Breite des Wassergrabens die Berechnung des Wertes der enteignungsbetroffenen Parzelle nicht maßgeblich beeinflussen, weil der Wert der ganzen Parzelle als Einheit bestimmt werden solle und der Graben nicht selbständig, sondern gemeinsam mit dieser Parzelle zu bewerten sei. Die vorliegenden Teilbebauungspläne hätten kein Bauwerk direkt über dem Wassergraben vorgesehen ein Baugrund verliere aber nicht deshalb an Wert, weil etwa neben dem Haus ein Graben verlaufe oder das Haus nicht direkt an der Grundgrenze errichtet werden könne. Der Begriff des "Baugrundes" müsse nicht mit dem der "verbauten Fläche" ident sein. Der Verkehrswert der Liegenschaft werde daher durch die Existenz dieses Wassergrabens sicherlich nicht geminder.

Das Gutachten der Sachverständigen sei auch nicht deswegen unschlüssig, weil sie bestimmte Verträge (Arrondierungskäufe, Verkäufe, die einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedurften) in das Vergleichswertverfahren einbezogen hätten, andere Verträge hingegen nicht. Bei rund 100 im Gutachten angeführten Vergleichspreisen schade es nicht, wenn ein geringer Prozentsatz von Arrondierungskäufen zu Vergleichszwecken herangezogen wurde, da sie bei weitem in der Minderzahl seien. Die Vollständigkeit des Gutachtens bezüglich der Anführung aller in Betracht kommender Vergleichswerte könne und müsse nicht gefordert werden und werde auch von den Sachverständigen nicht behauptet.

Das von den Antragstellern gestellte Zinsenbegehren nach § 33 Abs. 2 EisenbEntG sei vom Erstgericht übergangen worden; auch das Rekursgericht habe Verzugszinsen von dem unangefochten gebliebenen Betrag von 200 000 S nicht zusprechen können, weil nicht geklärt sei, welchen Betrag die Antragsteller bereits in Händen hätten.

Der Nachteil, den der Eigentümer eines Grundstückes im Bereich der 40 m breiten Schutzzone neben einer Bundesautobahn erleide, werde nicht erst durch die Umgestaltung der enteigneten Fläche zu einer Straße verursacht, sondern ergebe sich bereits unmittelbar aus der Enteignung selbst, denn diese habe bereits das Verbauungsverbot nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 zur Folge. Das Erstgericht werde daher Ausmaß und Lage des betroffenen Restgrundstückes innerhalb der 40 m breiten Schutzzone festzustellen und den Sachverständigen eine Gutachtensergänzung über die Wertminderung des Restgrundes aus dem Verbauungsverbot nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 abzuverlangen haben.

Eine auf einen späteren Zeitpunkt abgestellte Valorisierung des im Zeitpunkt der Enteignung gebührenden Entschädigungsbetrages könne mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht begehrt werden.

Auch das Begehren der Antragsteller nach einem 10%igen Zuschlag zu der ihnen zustehenden Enteignungsentschädigung zur Abgeltung ihrer Kosten beim allfälligen Erwerb eines Ersatzgrundstückes sei unbegrundet. Abgesehen davon, daß für den Erwerb eines Ersatzgrundstückes nach einer Enteignung Steuererleichterungen vorgesehen seien, gehe es bei der Enteignungsentschädigung nicht um Naturalrestitution, sondern um Geldersatz für den Verlust des enteigneten Rechtes. Die Meinung, die Entschädigung müsse so hoch sein, daß sich der von der Enteignung Betroffene im Zeitpunkt ihrer Auszahlung ein gleichartiges Grundstück kaufen könne, finde im Gesetz keine ausreichende Stütze.

Das Erstgericht werde aber durch die Sachverständigen erheben lassen müssen, ob nicht durch die Verformung und Verkleinerung des Restgrundstückes eine Wertminderung des restlichen Gründes eingetreten sei.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen beider Parteien nicht Folge, erkannte aber der Bekämpfung der überbundenen Rechtsauffassungen teilweise Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung

Für die Höhe, der Enteignungsentschädigung ist nicht die augenblickliche Verwendung der enteigneten Sachen im Enteigungszeitpunkt, sondern die in diesem Zeitpunkt bestehende wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit maßgebend (RZ 1969, 107; RZ 1973/88 u. v. a.). Nun ist es sicher richtig, daß eine im Enteignungszeitpunkt für das enteignete Grundstück bestehende Bausperre den Verkehrswert dieses Grundstückes erheblich drücken wird, weil es nicht als Bauland verwendet werden kann. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß für den westlich des Wassergrabens gelegenen Teil des Grundstückes 872/5 zunächst der Teilbebauungsplan Nr. NO 104/II galt. Dann trat im Hinblick auf den (niemals beschlossenen) Teilbebauungsplanentwurf Nr. NO 104/II/1 mit 11. Mai 1970 für den fraglichen Grundstücksteil die Bausperre nach Art. XI Abs. 2 LBO- Nov. 1946 in Kraft; sie dauerte bis 11. Mai 1974 und nach Ablauf dieser

Bausperre galt für diesen Grundstücksteil wieder der Teilbebauungsplan Nr. NO 104/II, nach dem eine Verbauung dieses Grundstücksteiles vorgesehen war.

Zieht man in Betracht, daß eine Bausperre nach Art. XI Abs. 2 LBO Nov. 1946 gemäß Art. XI Abs. 4 LBO Nov. 1946 höchstens vier Jahre dauern darf und daß dieser Zeitraum im Zeitpunkt der Rechtskraft des Enteignungserkenntnisses (25. April 1974) schon nahezu zur Gänze abgelaufen war, ohne daß der Teilbebauungsplanentwurf Nr. NO 104/II/1 zum Beschluß erhoben worden wäre, dann kann der Standpunkt der Antragsgegnerin, daß diese Bausperre und die damit verbundene rechtliche Unmöglichkeit, Baugenehmigungen in einem die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplanes erschwerenden oder verhindernden Umfang zu erhalten (Art. XI Abs. 2 LBO Nov. 1946), den Verkehrswert des Grundstückes der Antragsteller drücken mußte, nicht geteilt werden. Denn unter diesen Umständen war bereits im Enteignungszeitpunkt für jeden Kaufinteressenten mit Sicherheit absehbar, daß das Erlöschen der Bausperre nach Art. XI Abs. 2 LBO Nov. 1946 und das uneingeschränkte Wiederinkrafttreten des Teilbebauungsplanes Nr. NO 104/II unmittelbar bevorstand, so daß eine tatsächliche Auswirkung dieser Bausperre auf den Verkehrswert der Liegenschaft der Antragsteller im Zeitpunkt der Enteignung überhaupt nicht zu erwarten war. In diesem Sinne ist es zu billigen, wenn die Sachverständigen die Ansicht vertraten, daß für die Bewertung des enteigneten Grundstückes der Teilbebauungsplan Nr. NO 104/II maßgebend sei und das Erstgericht dieser Ansicht folgte.

Die Antragsgegnerin befaßte sich schließlich in umfangreichen Ausführungen mit der Frage, wie der Umstand, daß der enteignete Grundstücksteil von einem Wassergraben durchschnitten wurde und daß für den östlich dieses Wassergrabens liegenden Grundstücksteil von rund 260 m2 eine Bausperre nach Art. XI Abs. 1 LBO Nov. 1946 bestand, die Bewertung des gesamten enteigneten Grundstücksteiles beeinflussen müsse.

Auch hier ist wieder davon auszugehen, daß die im Enteignungszeitpunkt bestehende wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit maßgebend für die Höhe der Enteignungsentschädigung ist. Der Antragsgegnerin ist sicher zuzugestehen, daß ein an sich als Bauland geeignetes Grundstück durchschneidender Graben den Verkehrswert dieses Grundstückes in der Regel ebenso senken wird wie der Umstand, daß für einen Teil dieses Grundstückes ein Bauverbot besteht. Die Antragsgegnerin vernachläßigt aber den von den Vorinstanzen festgestellten Umstand, daß diese Grundstücksteile selbständig nicht nutzbar und nur gemeinsam mit dem (zum großen Teil nicht enteigneten) Restgrund verwertbar waren. Die im Rechtsmittel der Antragsgegnerin zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen (EvBl. 1974/66; 5 Ob 145, 155/73) betrafen Fälle, in denen von der Enteignung ausschließlich gegenüber dem verbleibenden Restgrundstück geringerwertige Grundstücksteile betroffen wurden; sie sind schon aus diesem Grund auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn hier umfaßte die Enteignung nicht nur den Wassergraben und den kleinen östlich davon gelegenen Grundstücksteil, sondern auch noch sehr wesentliche Teile des westlich des Wassergrabens gelegenen Grundstückes. Dazu kommt aber noch, daß der Wassergraben und der östlich davon gelegene Grundstücksteil für sich allein gar nicht, sondern nur im Zusammenhang mit dem übrigen Grundstück verwertbar waren. Wenn unter diesen Umständen die Sachverständigen den Verkehrswert der enteigneten Fläche so ermittelten, daß sie den durch den Wassergraben und die östlich davon befindliche Teilfläche bedingten Minderwert auf die Fläche des ganzen Grundstückes der Antragsteller umlegten, so zu einem Durchschnittswert (auch der enteigneten Fläche) von 700 S je m2 kamen (ON 28, S. 375) und die Vorinstanzen dem folgten, kann darin ein Akt unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht erblickt werden.

Mit Recht wendet sich die Antragsgegnerin hingegen gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß den Antragstellern eine Enteignungsentschädigung für die Wertminderung ihres Restgrundstückes infolge des Verbauungsverbotes nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 gebühre (Punkt 5 der Rechtsmittelausführungen).

Der OGH hatte sich mit dieser Frage vor längerer Zeit im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses zu befassen und gelangte dort im wesentlichen zu dem Ergebnis, daß die Zuerkennung einer Enteignungsentschädigung dafür, daß Restgrundstücke, bedingt durch das im § 21 Abs. 1 BStG 1971 normierte Verbot, nur teilweise verbaut werden dürfen, nicht offenbar gesetzwidrig sei (SZ 46/76).

Im vorliegenden Fall kommt es aber nicht auf die Frage der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG an.

Gemäß § 18 Abs. 1 BStG 1971 gebührt dem Enteigneten Schadloshaltung für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile. Es ist also bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung nur auf jene Nachteile Bedacht zu nehmen, die sich unmittelbar aus dem Entzug des Eigentumsrechtes durch den Enteigungsakt ergeben (Brunner in ÖJZ 1972, 477). Daß aber die im § 21 Abs. 1 BStG 1971 normierte Schutzzone von 40 m beiderseits der Bundesautobahnen nicht durch die Enteignung eines Grundstückes für Zwecke des Straßenbaues im Sinne des § 17 dieses Gesetzes begrundet wird, ergibt sich aus der einfachen Überfegung, daß sie auch auf den an eine Bundesautobahn angrenzenden Grundstücken entsteht, von denen keine Teile für Zwecke des Straßenbaues enteignet wurden. Im übrigen begrundet dieses im § 21 Abs. 1 BStG 1971 normierte Bauverbot in der Schutzzone beiderseits der Bundesautobahnen sicher einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Anrainer; diesbezüglich findet sich aber eine ausdrückliche besondere Entschädigungsbestimmung in der Vorschrift des § 21 Abs. 3 BStG 1971.

Aus all dem folgt, daß es sich bei der gesetzlichen Beschränkung der Eigentumsrechte des Anrainers an eine Bundesautobahn gemäß dem § 21 Abs. 1 BStG 1971 nicht um einen durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteil im Sinne des § 18 Abs. 1 BStG 1971 handelt, der im Enteignungsverfahren nach § 20 BStG 1971 zu ersetzen wäre, sondern um eine nicht durch die Enteignung begrundete Legalservitut (siehe dazu Grünhut, Enteignungsrecht, 104). Die Entschädigungsansprüche des durch sie Belasteten sind im § 21 Abs. 3 BStG 1971 ausschließlich und abschließend normiert und nach dieser Gesetzesstelle in einem gesonderten Verfahren, nicht aber im Enteignungsverfahren nach § 20 BStG 1971, durchzusetzen.

In der Frage der von den Antragstellern beanspruchten Ersatzbeschaffungskosten von 10% des Grundwertes vermag der OGH der vom Rekursgericht vertretenen Rechtsansicht nicht vorbehaltlos zu folgen.

Nach der Bestimmung des § 18 Abs. 1 BStG 1971 gebührt dem Enteigneten Schadloshaltung im Sinne des § 1323 ABGB. Darunter kann, da eine Naturalrestitution hier nicht in Betracht kommt, nur - bezogen auf den Zeitpunkt der Enteignung - die Schaffung einer wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzlage verstanden werden. Diese setzt aber voraus, daß der Enteignete in die Lage versetzt wird, ein gleichwertiges Grundstück zu erwerben. Es geht daher nicht an, die notwendigen Aufwendungen für den Erwerb eines solchen Grundstückes aus der Enteignungsentschädigung auszuklammern. Soll also die Entschädigung für die aus der Enteignung hervorgegangenen Nachteile eine vollständige sein, so bedarf es auch eines Ersatzes jener Kosten, die der Enteignete - im Enteignungszeitpunkt - aufwenden muß, um ein dem enteilmeten gleichwertiges Grundstück gleicher Art wieder zu erwerben (Grünhut, Enteignungsrecht, 105; ähnlich ZVR 1965/234; EvBl. 1976/49; 5 Ob 609/76). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Allerdings ermöglicht die Vorschrift des § 3 Z. 6 Gründerwerbssteuergesetzes dem Enteigneten den grunderwerbssteuerfreien Erwerb gleichwertiger Ersatzgrundstücke; daraus folgt, daß dem Enteigneten bei Schaffung einer wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzlage - und auf mehr hat er keinen Anspruch - keine Belastung durch den von ihm zu entrichtende Gründerwerbssteuer entsteht. Sie kann ihm daher im Rahmen der Enteignungsentschädigung nicht zugesprochen werden. Wohl aber hat er Anspruch auf Abgeltung der zu erwartenden Vertragserrichtungskosten und der Eintragungsgebühr. Im Sinne des § 273 ZPO besteht kein Einwand dagegen, diese Kosten mit je 1% des ermittelten Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft abzugelten.

Was letztlich die von den Antragstellern begehrte Valorisierung der Enteignungsentschädigung betrifft (Punkt c der Rechtsmittelausführungen), so hat der OGH in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht vertreten, daß eine auf einen späteren Zeitpunkt abgestellte Valorisierung des im Zeitpunkt der Enteignung gebührenden Entschädigungsbetrages mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht begehrt werden kann (SZ 34/119; JBl. 1974, 202; 5 Ob 229/73; 5 Ob 4/74; 3 Ob 509/76; 3 Ob 637/76). Die davon abweichende Entscheidung 1 Ob 621/76. Veröffentlicht in EvBl. 1976/255.) betraf einen Extremfall, in dem zwischen Enteignungsbescheid und Festsetzung der Enteignungsentschädigung durch das Gericht nahezu 9 Jahre lagen; sie ist überdies vereinzelt geblieben (1 Ob 566/77). Der erkennende Senat sieht sich unter diesen Umständen nicht veranlaßt, von der oben wiedergegebenen einheitlichen Rechtsprechung abzugehen und kommt, ihr folgend, zu dem Ergebnis, daß eine gesetzliche Möglichkeit, die auf den Entscheidungszeitpunkt abzustellende Enteignungsentschädigung unter Bedachtnahme auf eine bis zu ihrer gerichtlichen Festsetzung eingetretene Geldentwertung zu valorisieren, nicht besteht.

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