OGH 8Ob62/13w

OGH8Ob62/13w30.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj J***** S*****, geboren am *****, wohnhaft bei seiner Mutter U***** S*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Steiermark als Jugendwohlfahrtsträger (Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung, Bereich Jugendwohlfahrt), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters S***** R*****, geboren am *****, vertreten durch Mag. Franz Steiner, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Februar 2013, GZ 1 R 30/13h‑23, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 22. November 2012, GZ 2 FAM 79/12z‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00062.13W.0730.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Vater hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Begründung

Mit Eingabe vom 27. 6. 2012 stellte das Kind den Antrag, den Antragsgegner als Vater festzustellen und ihn zur Leistung des gesetzlich vorgesehenen Unterhaltsbeitrags zu verpflichten. Mit Beschluss vom 22. 11. 2012 (ON 14) stellte das Erstgericht den Antragsgegner als Vater des Kindes fest. Zudem verpflichtete es den Antragsgegner zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 320 EUR für die Zeit ab der Geburt des Kindes bis 31. 12. 2006 sowie von 350 EUR ab 1. 1. 2007. Zur Unterhaltsleistung, die noch Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, ermittelte das Erstgericht das monatliche Durchschnittseinkommen des Vaters und berechnete davon ausgehend nach der Prozentsatzmethode und unter Berücksichtigung der Transferleistungen den monatlichen Unterhaltsbeitrag, wobei es die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab der Geburt des Kindes festsetzte.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Den Einwand der Verjährung habe der Vater im erstinstanzlichen Verfahren nicht erhoben. Die Zulässigkeit von Neuerungen sei zu behaupten und schlüssig darzulegen. Allein der Umstand, dass das Erstgericht den Antragsgegner zur Erhebung des Verjährungseinwands nicht angeleitet habe, reiche zur Annahme einer entschuldbaren Fehlleistung nicht aus.

Über Antrag des Vaters nach § 63 AußStrG sprach das Rekursgericht nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, der auf eine Abweisung des Unterhaltsantrags des Kindes abzielt.

Eine Revisionsrekursbeantwortung liegt nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1.1 Der Vater hat den Einwand der Verjährung der Unterhaltsansprüche des Kindes für die Jahre 2006 bis 2009 (4. 4. 2006 bis 26. 6. 2009) erstmals im Rekurs erhoben. Damit stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit von Neuerungen. Dementsprechend hat das Rekursgericht die Erheblichkeit der Rechtsfrage auf § 49 Abs 2 AußStrG bezogen.

Der Vater führt auch in seinem Revisionsrekurs neuerlich ins Treffen, dass das Erstgericht gegen die erweiterte richterliche Anleitungspflicht gemäß § 14 AußStrG verstoßen habe. Dazu vertritt er die Auffassung, das Erstgericht hätte ihn anleiten müssen, den Verjährungseinwand zu erheben; zumindest hätte das Erstgericht ein entsprechendes Problembewusstsein schaffen müssen.

1.2 Auf die Verjährung auch von Unterhaltsansprüchen ist nur infolge einer im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich zu erhebenden Einwendung der Partei Bedacht zu nehmen. Diesen Einwand hat der Vater im erstinstanzlichen Verfahren unterlassen. Im außerstreitigen Verfahren sind zwar Einwendungen, die schon vor Erlassung des Beschlusses hätten vorgebracht werden können, auch dann zu berücksichtigen, wenn es sich bei der Verspätung um eine entschuldbare Fehlleistung handelt (§ 49 Abs 2 AußStrG). Die Zulässigkeit der neuen Einwendungen ist nach ständiger Rechtsprechung aber zu behaupten und schlüssig darzulegen (RIS‑Justiz RS0120290; 3 Ob 134/10t). Der Vater hätte sich auf die Nichtberücksichtigung der im Rekurs enthaltenen Neuerungen durch das Rekursgericht berufen und damit einen Mangel des Rekursverfahrens geltend machen müssen (vgl RIS‑Justiz RS0006820).

Auf eine in dieser Hinsicht bestehende entschuldbare Fehlleistung nimmt der Vater im Revisionsrekurs aber nicht Bezug. Die vom Rekursgericht angesprochene erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht ausgeführt. Auch dann, wenn das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs zulässt, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen, wenn es nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS‑Justiz RS0102059).

1.3 Mit seiner Ansicht, die Entscheidung 3 Ob 134/10t hätte sich auf ein Scheidungsverfahren bezogen, ist der Vater nicht im Recht. Gegenstand des zitierten Verfahrens war der Unterhaltserhöhungsantrag zweier minderjähriger Kinder. Ergänzend wird angemerkt, dass nach dieser Entscheidung allein der Umstand, dass das Erstgericht den Antragsgegner zur Erhebung des Verjährungseinwands nicht angeleitet hat, zur Bejahung einer entschuldbaren Fehlleistung nicht ausreicht (vgl auch 6 Ob 148/05s). Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Reichweite der Anleitungspflicht auch gegenüber einer unvertretenen Partei von der Zweckbestimmung des Außerstreitverfahrens abhängt, das vom Rechtsfürsorgegedanken und vom Schutz der Schwächeren getragen ist.

2. Mit seinen Ausführungen im Revisionsrekurs macht der Vater tatsächlich einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend (vgl RIS‑Justiz RS0037095; RS0037300). Diesen von ihm gerügten Verfahrensmangel der unterlassenen Anleitung über den möglichen Verjährungseinwand hat das Rekursgericht ausdrücklich verneint.

Nach ständiger Rechtsprechung können die in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Mängel auch dann in einem Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie vom Rekursgericht verneint wurden (RIS‑Justiz RS0121265). Eine sonstige vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz kann aufgrund der klaren gesetzlichen Anordnung in § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG hingegen nicht mehr im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0030748; 3 Ob 73/12z). Der hier geltend gemachte Verfahrensmangel fällt nicht unter § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der Revisionsrekurs des Vaters somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 iVm § 101 Abs 2 AußStrG, wonach im Verfahren über die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder ein Kostenersatz nicht stattfindet (8 Ob 93/11a).

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