OGH 10Ob16/13w

OGH10Ob16/13w23.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, Deutschland, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.000 EUR sA, über die Revisionen beider Parteien (Revisionsinteresse 4.000 EUR sA hinsichtlich klagender Partei und 16.000 EUR sA hinsichtlich beklagter Partei) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. November 2012, GZ 2 R 235/12m-46, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. August 2012, GZ 34 Cg 129/10t-40, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters 601,04 EUR (darin enthalten 100,14 EUR USt) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu den auch in zahlreichen Parallelverfahren bedeutsamen Rechtsfragen der Auswirkungen von Ausschüttungen, die A*****-Anleger aus der SICAV-Liquidationsmasse bereits erhalten haben oder noch zu erwarten haben, auf den Anspruch der Anleger gegen die beklagte Anlegerentschädigung, einer quotenmäßigen Befriedigung der Anleger bei Unzulänglichkeit des gemäß § 76 Abs 6 WAG 2007 gebildeten Treuhandvermögens und einer Zug-um-Zug-Abtretung von Ansprüchen der Anleger gegenüber der SICAV-Liquidationsmasse an die beklagte Partei noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 32 mwN; E. Kodek in Rechberger³ § 502 ZPO Rz 18; RIS-Justiz RS0112921, RS0112769). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zwischenzeitig bereits geklärt wurde (7 Ob 196/12t; RIS-Justiz RS0112921 [T5]). Dies ist hier der Fall. Die von beiden Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist daher entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO kurz zu begründen ist:

A Zur Revision der beklagten Partei:

1. Die beklagte Partei macht die mangelnde Fälligkeit der Klagsforderung geltend, weil eine Prüfung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs nicht bereits auf Grundlage des Anlegerzertifikats vorgenommen werden könne, die Prüfung der vom Kläger geltend gemachten Investition nicht teilbar sei und die vom Berufungsgericht zugestandene Prüffrist von nur drei Monaten der ständigen Rechtsprechung widerspreche.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass nach der hier maßgeblichen Bestimmung des § 23b Abs 2 dritter Satz WAG 1996 die Entschädigungseinrichtung zu gewährleisten hat, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß § 93 Abs 2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat mittlerweile in einer Reihe jeweils vergleichbare Fälle betreffender Entscheidungen (9 Ob 50/09g; 6 Ob 235/09s; 9 Ob 62/11z; 8 Ob 110/11a; 1 Ob 240/11t; 7 Ob 222/11i; 8 Ob 65/12k; 5 Ob 63/12v; 8 Ob 73/12m) bekräftigt, dass die Feststellung der Forderung gemäß § 23b Abs 2 und § 23c Abs 4 WAG 1996 auf einer selbständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung beruht und die Prüftätigkeit der Entschädigungseinrichtung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur das schlichte Verlangen des Anlegers, sondern zusätzlich dessen Legitimierung voraussetzt.

Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung (1 Ob 240/11t; 8 Ob 110/11a; 9 Ob 62/11z; 6 Ob 94/12k ua) reicht dafür die Bekanntgabe des Namens, der Depotnummer und der Forderungshöhe nicht aus. Der Anspruchsteller hat zunächst nachzuweisen, welche Gesellschaft seine Vertragspartnerin war, welchen Betrag er tatsächlich investiert hat, wann und auf welches Konto er die Überweisung(en) vorgenommen hat und gegebenenfalls ob und in welchem Ausmaß er aus einem Fondsvermögen bereits Befriedigung erlangt hat. Für die beklagte Entschädigungseinrichtung als am Geschäft nicht beteiligte Dritte muss die Grundlage der Haftung nachgewiesen sein, damit ihre Pflicht zur inhaltlichen Prüfung einsetzt (8 Ob 110/11a; 8 Ob 65/12k; 8 Ob 73/12m). Mit welchen konkreten Unterlagen dieser Nachweis zu führen ist, ist vom Obersten Gerichtshof nicht in genereller Weise für § 23b Abs 2 dritter Satz WAG 1996 vorzugeben, weil es dafür maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (9 Ob 55/12x).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das vom Kläger mit Schriftsatz vom 6. 5. 2008 vorgelegte Anlegerzertifikat vom 10. 6. 2002, in dem das Wertpapierdienstleistungsunternehmen A*****-A den Eingang von 15.000 EUR auf Depotnummer ***** bestätigte, und die in der Tagsatzung am 1. 12. 2010 vom Kläger vorgelegten Kopien zweier Kontoauszüge, aus denen hervorgeht, dass er auf dasselbe Depot am 7. 10. 2002 und 2. 12. 2002 insgesamt weitere 10.000 EUR überwiesen hat, reichten als Nachweis für die grundsätzliche Haftung der beklagten Partei aus, um eine inhaltliche Prüfung vornehmen zu können, stellt jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung dar (vgl auch 9 Ob 55/12x; 2 Ob 171/12d ua). Der Kläger hat mit den angeführten Urkunden hinreichend nachgewiesen, jedenfalls den gesicherten Betrag von 20.000 EUR investiert zu haben.

Zur Frage der Länge der Prüffrist wurde jüngst in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 4. 4. 2013, 2 Ob 171/12d, die europarechtlich (Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. 3. 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger) gebotene Notwendigkeit der raschen Entschädigung und die deshalb zu verlangende unverzügliche Prüfung der Anmeldungen hervorgehoben. Die hier vom Berufungsgericht als angemessen erachtete Prüffrist von drei Monaten ist - gemessen an bereits vorliegender Rechtsprechung - eine nicht korrekturbedürftige Einzelfallbeurteilung (vgl 5 Ob 63/12v; 2 Ob 171/12d; 4 Ob 182/12m; 1 Ob 31/13k). Es liegt hier kein besonders komplexer Sachverhalt vor, der weitreichende Überprüfungshandlungen der beklagten Partei erfordert hätte. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 9 Ob 50/09g ausgeführt hat, sind fristgerechte Anmeldungen jedenfalls unverzüglich zu prüfen und gegebenenfalls Entschädigungen binnen der für jede Forderung jeweils neu laufenden Dreimonatsfrist auszubezahlen. In der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Fälligkeit der Forderung sei im gegenständlichen Fall unter Berücksichtigung einer angemessenen dreimonatigen Prüffrist und der anschließenden dreimonatigen Zahlungsfrist (§ 23b Abs 2 WAG) in Ansehung des Betrags von 15.000 EUR am 6. 11. 2008 und hinsichtlich des weiteren Betrags von 10.000 EUR am 1. 6. 2011 eingetreten, kann daher keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

2. Zum Einfluss der Ansprüche von Anlegern im Konkurs des SICAV-Fonds in Luxemburg wurde bereits in der Entscheidung 2 Ob 171/12d ausgeführt, dass die Entschädigungsforderung des Anlegers nach dem WAG ohne Rücksichtnahme auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungsunter-nehmens, aber auch des SICAV-Fonds zur Zahlung fällig sei. Ein Abwarten des Ergebnisses des Insolvenzverfahrens, das letztlich zur sicheren Kenntnis der Höhe der Forderung gegen die Entschädigungseinrichtung nötig wäre, wenn die Konkursquote abzuziehen wäre, unterliefe die von der Richtlinie mehrfach betonte Raschheit der Entschädigung. Die bloße Aussicht auf den künftigen Erhalt einer nach wie vor nicht genau bestimmbaren, prozentuellen Quote auf Basis der nachgewiesenen Investition sei einer hier und jetzt bestehenden Zugriffsmöglichkeit auf Gelder oder Instrumente nicht gleichzuhalten.

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei zwar behauptet, dass der Kläger im Umfang von 70 % seiner Investition einen direkten Anspruch und damit Zugriff auf das Vermögen des SICAV-Fonds habe und in diesem Ausmaß Befriedigung daraus erlange. Nicht anders als im Verfahren 2 Ob 171/12d hat sie allerdings nicht behauptet, dass der einzelne Anleger über ein ihm zustehendes Einzelkundenkonto in Luxemburg oder ein ihm zustehendes Finanzinstrument frei verfügen könne. Wie dargelegt, kann aber das bloße Forderungsrecht auf eine künftige Quote am Liquidationsvermögen des insolventen Fonds keine Berücksichtigung finden. Danach liegen aber auch die von der beklagten Partei behaupteten sekundären Feststellungs- bzw Verfahrensmängel bezüglich des Anspruchs des Klägers gegenüber dem SICAV-Fonds nicht vor (9 Ob 55/12x).

3. Zu der von der beklagten Partei wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds begehrten kridamäßigen Verteilung des Treuhandvermögens wurde mittlerweile vom Obersten Gerichtshof ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen, dass dafür eine gesetzliche Grundlage fehlt (ausführlich 2 Ob 171/12d; jüngst auch 1 Ob 21/13i). Mangels gesetzlicher Sonderregelung gilt auch für die Zahlungspflichten der beklagten Partei das Prioritätsprinzip, weshalb dem Einwand der beklagten Partei, es habe zu einer kridamäßigen Verteilung wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds zu kommen, nicht zu folgen ist.

4. Zu der von der beklagten Partei begehrten Beschränkung ihrer Haftung auf das Treuhandvermögen „gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I 107/2007“ und der entsprechenden Präzisierung des Urteilsspruchs wurde in der Entscheidung 9 Ob 50/09g ausgeführt, dass in Fällen wie dem vorliegenden der Rechtsgrund (das Gesetz) für die Haftung der beklagten Partei derselbe sei. Die mit BGBl I 2007/107 eingeführte Änderung habe gerade darauf abgezielt, die beklagte Partei durch den in Form eines Treuhandvermögens neu definierten Haftungsumfang auch hinsichtlich bereits geltend gemachter Ansprüche vor dem Insolvenzrisiko zu schützen. Damit liege eine durch den Gesetzgeber ausreichend determinierte Haftungsregelung vor, die keiner weiteren Konkretisierung im Klagebegehren bedürfe. Schon deshalb musste die Haftung „bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der beklagen Partei“ auch im vorliegenden Fall nicht weiter beschränkt oder präzisiert werden. In der Entscheidung 1 Ob 21/13i wurde überdies bereits ausgesprochen, dass für die Haftung der beklagten Partei auch nach der WAG-Novelle 2009, BGBl I 2009/39, nicht zwei getrennte Treuhandfonds, sondern nur ein einheitliches Treuhandvermögen existiert, das auch für davor entstandene „Altfälle“ zur Verfügung steht. Auch insoweit besteht zur Entscheidung des Berufungsgerichts kein Korrekturbedarf.

5. Auch für eine Einschränkung der Zahlungspflicht nur Zug um Zug gegenüber der SICAV-Liquidationsmasse besteht kein Anlass. Ein gesetzlicher Forderungsübergang ist dem Zessionsgrundstatut unterstellt, also jener Rechtsordnung, die die Leistungspflicht des Drittzahlers verfügt und damit den Zessionsgrund geliefert hat (RIS-Justiz RS0077439 [T1]; RS0083638). Die Zahlungspflicht der beklagten Partei gründet sich auf österreichisches Recht, das damit auch für den Forderungsübergang maßgeblich ist. Die Anwendung österreichischen Zessionsrechts wird auch von der beklagten Partei nicht in Frage gestellt.

§ 1358 ABGB geht - entgegen seinem Wortlaut - über die Regelung des Bürgenregresses hinaus und findet ganz allgemein auf jeden Anwendung, der eine fremde Schuld begleicht, für die er dem Gläubiger - aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder kraft Gesetzes - haftet (Gamerith in Rummel³ § 1358 ABGB Rz 1; P. Bydlinski in KBB³ § 1358 Rz 1; vgl RIS-Justiz RS0112742). Zahlt etwa ein beklagter Anlageberater - auch im Wege des Schadenersatzes - eine fremde Schuld, tritt er nach der Legalzessionsnorm des § 1358 ABGB in die Rechte des Gläubigers ein, die (unter anderem) in einem Teilnahmeanspruch im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Emittentin samt Anspruch auf Auszahlung einer allfälligen Quote bestehen können (4 Ob 140/12k = RIS-Justiz RS0112742 [T9]). Die Zahlung führt ipso iure zum Übergang der Forderung auf den Zahler, ohne dass es eines besonderen Übertragungsakts bedarf (vgl Gamerith in Rummel³ § 1358 ABGB Rz 5 mwN; 2 Ob 171/12d). Die beklagte Partei haftet geschädigten Anlegern kraft eines österreichischen Gesetzes für eine fremde Schuld, nämlich für Verpflichtungen ihrer Mitgliedsinstitute. Im Fall einer Zahlung tritt sie daher nach der Legalzessionsnorm des § 1358 ABGB ipso iure und ohne weiteren Übertragungsakt in die Rechte des Gläubigers ein (vgl auch dazu schon 2 Ob 171/12d). Für eine Einschränkung ihrer Zahlungspflicht nur Zug um Zug gegen Abtretung allfälliger Ansprüche des Klägers gegenüber der SICAV-Liquidationsmasse bleibt damit kein Raum (5 Ob 215/12x; 4 Ob 40/13f).

6. Soweit sich die beklagte Partei schließlich noch gegen den Zuspruch von Zinseszinsen durch die Vorinstanzen wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach § 1000 Abs 2 zweiter Satz ABGB der Gläubiger, sofern fällige Zinsen eingeklagt werden, vom Tag der Streitanhängigkeit an Zinseszinsen fordern kann. Es können somit Zinseszinsen jedenfalls ab dem Tag der Streitanhängigkeit verlangt werden (vgl Aichberger - Beig in Kletecka/Schauer, ABGB-ON § 1000 Rz 4). Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Lauf der Zinseszinsen nicht auch nach Streitanhängigkeit (das heißt Zustellung der Klage an die beklagte Partei - § 232 ZPO) beginnen können sollte, wenn die Voraussetzungen dafür - fällige Zinsen, die eingeklagt werden - erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Der Kläger ist somit ab dem nach Streitanhängigkeit gelegenen Zeitpunkt der Fälligkeit berechtigt, Zahlung der gesetzlichen Zinseszinsen zu begehren (vgl 5 Ob 215/12x). Dem entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichts.

B Zur Revision des Klägers:

Der Kläger strebt einen Zuspruch von weiteren 4.000 EUR sA an, weil das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern sei, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgt sei.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auch in diesem Punkt im Einklang mit der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 1 Ob 21/13i, 4 Ob 243/12g) steht. Es wurde dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, wie Teilausschüttungen zu behandeln sind und welchen Einfluss sie auf die Höhe der gesetzlichen Entschädigung haben, bereits im Zusammenhang mit der Einlagensicherung nach dem BWG auseinandergesetzt hat (7 Ob 98/02s; 7 Ob 106/02t). Danach ist grundsätzlich von jener Anlegerforderung gegen das betreffende Mitgliedsinstitut auszugehen, die dem Anleger zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung zustand. Die Frage, wie dem Anleger später zukommende Teilausschüttungen zu behandeln sind, und welchen Einfluss sie auf die Höhe der gesetzlichen Entschädigung haben, wurde im Zusammenhang mit der Einlagensicherung nach dem BWG dahin beantwortet, dass die berechtigten Forderungen des Einlegers gegen die Einlagensicherungseinrichtung unabhängig davon, ob sie vor oder nach Quotenausschüttung im Konkursverfahren geltend gemacht werden, gleich hoch sein müssen. Insbesondere soll der Anspruch nach § 93 Abs 2 BWG nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Begünstigung des Einlegers führen. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallende Quote ausbezahlt, so ist diese daher auf den Höchstbetrag anzurechnen, da ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Es ist daher der zu ermittelnde Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgt ist (RIS-Justiz RS0116893). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Gesetz den Sparer bzw Anleger lediglich mit einem bestimmten „Sockelbetrag“ vollständig sichern will und dieser bei einem darüber hinausgehenden Gesamtschaden im Übrigen auf die Konkursquote beschränkt ist.

Diese Erwägungen treffen gleichermaßen auf die Ansprüche nach § 23b Abs 2 WAG 1996 zu, sodass auch der nach dieser Bestimmung gesicherte Betrag von 20.000 EUR um jenen Prozentsatz zu mindern ist, der der ausgeschütteten Quote entspricht. Berücksichtigt man, dass dem Kläger aus dem Fondsvermögen bereits 20 % seiner Gesamtforderung erstattet wurden, ist dem Berufungsgericht kein Rechtsirrtum vorzuwerfen, wenn es den gesetzlichen Höchstbetrag von 20.000 EUR im konkreten Fall um (tatsächlich) 20 % vermindert hat, wurde durch die Teilausschüttung doch eben auch der „Sockelbetrag“, also die „ersten“ 20.000 EUR mit 4.000 EUR getilgt. Damit erhält der Kläger bei dieser Berechnungsweise (jedenfalls) den Mindestbetrag von 20.000 EUR aus seiner Anlage zur Gänze und vorweg, was dem Zweck der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie und des WAG entspricht. Dass er im Übrigen einen Verlust erleiden kann, ist angesichts der bloßen Mindestdeckung nicht zu vermeiden, sofern er einen höheren als den gesicherten Betrag von 20.000 EUR investiert hat (1 Ob 21/13i; 4 Ob 243/12g).

Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene quotenmäßige Kürzung des Anspruchs des Klägers entspricht daher der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Da die Entscheidung des Berufungsgerichts somit in allen in den Revisionen der beiden Parteien angesprochenen Rechtsfragen im Einklang mit der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht, waren die Rechtsmittel beider Parteien mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die von den beiden Parteien erstatteten Revisionsbeantwortungen dienten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Es kann den Parteien kostenmäßig nicht zum Nachteil gereichen, dass sie ihre Rechtsmittelbeantwortungen zu einem Zeitpunkt erstattet haben, als die im Rechtsmittel der Gegenseite aufgeworfenen erheblichen Rechtsfragen noch nicht durch andere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs geklärt waren. Beide Parteien haben daher ihrem jeweiligen Prozessgegner dessen Revisionsbeantwortungskosten zu ersetzen, wobei eine Saldierung den aus dem Spruch ersichtlichen Zuspruch an den Kläger ergibt.

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