OGH 15Os77/13g

OGH15Os77/13g26.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 13. Februar 2013, GZ 41 Hv 30/12w-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) sowie des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. Dezember 2012 in D***** Lisa K*****

I./ mit Gewalt, indem er ihren Widerstand durch Körperkraft überwand, sie fast bis zur Ohnmacht würgte und ihr einen Faustschlag gegen ihre linke Gesichtshälfte versetzte, zur Vornahme und Duldung zweier dem Beischlaf gleichzusetzender Handlungen, nämlich zum Vollzug des Oralverkehrs an ihm sowie dem Einführen zweier Finger in ihre Scheide, wobei er mit den Fingern ein bis zwei Minuten lang Stoßbewegungen ausführte, genötigt;

II./ durch die Äußerung, wenn sie die Türklinke nicht loslasse, werde er ihr das Genick umdrehen, wobei er mit der einen Hand ihren Hals und mit der anderen ihr Genick ergriff und eine Drehbewegung andeutete, somit durch gefährliche Drohung mit dem Tod zum Verbleib in der Wohnung genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Die Mängelrüge (Z 5) orientiert sich nicht an den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Dieser zielt auf Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall), Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall), fehlende oder offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) sowie Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) der angefochtenen Entscheidung. Dabei ist unter dem Aspekt der gesetzeskonformen Darstellung stets an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß zu nehmen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Indem die Rüge (zu den Schuldsprüchen I./ und II./) einzelne Elemente der - logisch und empirisch einwandfreien - Argumentationskette der Tatrichter (US 7 bis 12) isoliert bekämpft und aus einigen darin gewürdigten Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweis-werterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, verlässt sie den dargelegten Anfechtungsrahmen.

Dem Beschwerdevorbringen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Erstgericht ausführlich (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428) mit den Depositionen des Angeklagten (US 10, 11) und der Zeugin K***** auseinandergesetzt (US 7 bis 9), die vorliegenden Widersprüche in beiden Aussagen erwogen und begründet, weshalb es dem Angeklagten die Glaubwürdigkeit versagte. Indem der Beschwerdeführer bloß die eigene Verantwortung in den Vordergrund stellt und die dem Opfer attestierte Glaubwürdigkeit unter isolierter Betrachtung einzelner Punkte, mit denen sich das Erstgericht ohnehin auseinandersetzte, anzweifelt, verkennt er, dass der aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431). Mit der Kritik an den Erwägungen des Erstgerichts zu den Geschehnissen nach den Taten (Kauf von Zigaretten, Anrufe des Angeklagten) sowie den Hinweisen auf die Persönlichkeit und allgemeine Situation der Zeugin wird gar kein formales Begründungsdefizit im Sinn der Z 5 geltend gemacht. Insgesamt unternimmt der Beschwerdeführer bloß den Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen.

Die im Rahmen der Ausführungen zur Z 5 mehrfach angedeutete Aufklärungsrüge (der Sache nach Z 5a) scheitert an der Darlegung, aus welchem Grund der Beschwerdeführer an einer darauf (Auskünfte des Arbeitgebers, gerichtsmedizinische Befundung der Kratzspuren [ON 30 S 4], Erhebung der Öffnungszeiten eines Gasthauses [ON 30 S 5] und Ermittlungen am Tatort [ON 30 S 7]) abzielenden Antragstellung gehindert war (RIS-Justiz RS0115823).

Die gegen Schuldspruch II./ gerichtete Rüge (Z 10, der Sache nach auch Z 9 lit a) orientiert sich nicht (RIS-Justiz RS0099810; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581) an den erstrichterlichen Konstatierungen (US 5). Indem bloß argumentiert wird, eine Handbewegung sei keine Morddrohung, die subjektive Tatseite liege insgesamt nicht vor und die „qualifizierten Umstände des § 106 Abs 1 Z 1 StGB“ seien „nicht vom Vorsatz umfasst“ erweist sich die Subsumtionsrüge als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Der Zweifelsgrundsatz schließlich kann weder Gegenstand einer Rechts- bzw Subsumtionsrüge (RIS-Justiz RS0099756) noch einer Mängelrüge (RIS-Justiz RS0102162) sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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