Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Revisionsrekurskosten der betreibenden Parteien werden mit 483,63 EUR (darin 57,14 EUR USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Begründung
Aufgrund der einstweiligen Verfügung des Landesgerichts Salzburg vom 1. Oktober 2012, AZ 9 Cg 21/12g, bewilligte das Erstgericht den Betreibenden gegenüber dem Verpflichteten wegen des Verstoßes vom 14. Dezember 2012 die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte über den Verpflichteten ‑ ohne ihn vorher zur Höhe der zu verhängenden Geldstrafe angehört zu haben ‑ eine Geldstrafe von 2.000 EUR.
Über Rekurs des Verpflichteten hob das Rekursgericht die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Exekutionsantrag nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und gegen diesen Beschluss der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage, ob seit der Einführung der Möglichkeit der Erhebung eines Widerspruchs nach § 358 Abs 2 EO die Verletzung des rechtlichen Gehörs in Bezug auf die Bemessung der Geldstrafe nicht mehr mit Rekurs geltend gemacht werden könne, Rechtsprechung fehle.
Eine Abweisung des Exekutionsantrags wegen Unbestimmtheit komme nicht in Betracht, die Betreibenden hätten konkret und schlüssig behauptet, der Verpflichtete habe am 14. Dezember 2012 dem Exekutionstitel zuwider gehandelt. Ob die Behauptungen der Betreibenden über den Verstoß des Verpflichteten inhaltlich richtig seien, könne anlässlich der Exekutionsbewilligung nicht geprüft werden. Behaupte der Verpflichtete, die Voraussetzungen für die Exekutionsbewilligung träfen nicht zu, weil er nicht gegen den Titel verstoßen habe oder ihn daran kein Verschulden treffe, verbleibe ihm nur die Erhebung der Impugnationsklage. Darüber hinaus unterliege der Rekurs des Verpflichteten dem Neuerungsverbot.
Da aus dem Exekutionsantrag aber nicht hervorgehe, dass Gefahr in Verzug bestehe, wäre das Erstgericht gemäß § 358 Abs 2 EO verpflichtet gewesen, dem Verpflichteten vor der Verhängung der Geldstrafe Gelegenheit zur Äußerung zu den Strafzumessungsgründen zu geben. Auch wäre der Exekutionsantrag einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen gewesen, weil die Betreibenden nicht vermerkt hätten, dass sie den Exekutionsantrag dem Verpflichteten übermittelt hätten. Vor der neuerlichen Entscheidung über den Exekutionsantrag werde das Erstgericht dem Verpflichteten daher Gelegenheit zur Äußerung zu den Strafzumessungsgründen zu geben haben. Die im Rekurs enthaltenen Ausführungen könnten wegen des Neuerungsverbots nicht berücksichtigt werden. Nach den Ergebnissen der Verfahrensergänzung werde die Strafe ‑ in überprüfbarer Weise ‑ zu bemessen sein.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Betreibenden, mit dem sie die Behebung des Aufhebungsbeschlusses anstreben, ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.
1. Wenn der Exekutionsantrag nach dem 29. Februar 2008 bei Gericht einlangt (§ 410 Abs 3 EO idF EO‑Novelle 2008) hat der betreibende Gläubiger gemäß § 358 Abs 1 EO den Antrag auf Bewilligung der Exekution und jeden Strafantrag zugleich dem Verpflichteten direkt zu übersenden; diese Übersendung ist auf dem dem Gericht überreichten Stück des Schriftsatzes zu vermerken. Bei unrichtigen Angaben hat das Gericht dem betreibenden Gläubiger eine mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls zu bemessende Mutwillensstrafe aufzuerlegen.
Dadurch soll der Verpflichtete auf die Einhaltung des Titels aufmerksam gemacht werden. Diese Neuregelung verhilft dem Beugezweck der Unterlassungsexekution zum Durchbruch, weil der Verpflichtete nunmehr vom ersten Antrag des betreibenden Gläubigers an von den drohenden Strafen weiß und sein Verhalten dementsprechend titelgemäß einrichten wird (kann). Ein Verstoß des betreibenden Gläubigers gegen die Verständigungspflicht ist dabei indirekt zu sanktionieren: Eine unterlassene Verständigung des Verpflichteten kann bei der Strafzumessung zu Gunsten des Verpflichteten berücksichtigt werden und wenn der betreibende Gläubiger wahrheitswidrig eine nicht erfolgte Verständigung behauptet, ist über ihn eine Mutwillensstrafe zu verhängen (Klicka in Angst² Rz 1 zu § 358 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien).
Da der Verpflichtete mittlerweile durch die zugestellte Exekutionsbewilligung in Kenntnis des Exekutionsantrags der Betreibenden ist, erübrigt sich mittlerweile eine Vorwegverständigung vom Exekutionsantrag. Ob die unterbliebene Verständigung im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen ist, ist im Rahmen der Gesamtabwägung aller dafür maßgeblichen Umstände zu überlegen.
2. Sofern nicht Gefahr im Verzug ist, hat das Gericht vor der Verhängung von Geldstrafen dem Verpflichteten Gelegenheit zu einer Äußerung zu den Strafzumessungsgründen zu geben, wenn nicht bereits eine Äußerung zu einem im Wesentlichen gleichen Antrag notorisch ist. Gegen die Höhe einer Strafe kann der Verpflichtete, falls er nicht bereits vor der Beschlussfassung einvernommen wurde, Widerspruch erheben. Auf den Widerspruch sind die §§ 397 f EO sinngemäß anzuwenden (§ 358 Abs 2 EO idF EO‑Novelle 2008).
Die Einvernahme ist nicht zwingend vorgeschrieben; sie bleibt dem Ermessen des Gerichts anheimgestellt (3 Ob 8/12s ua; RIS‑Justiz RS0113232 [T1]). Das Unterbleiben der Einvernahme begründet keine Nichtigkeit (3 Ob 65/12y mwN). Zwar enthält der Gesetzestext eine Formulierung („... hat das Gericht ...“), die die Anhörung des Verpflichteten zu den Strafzumessungsgründen zwingend erscheinen lässt, auch sprechen die Erläuterungen zur Novellierung (295 BlgNR 23. GP, 24 f) von einer „Muss“‑Bestimmung (vgl Klicka , ecolex 2012, 1076), dennoch bleibt die Anhörung im Hinblick auf die vom Gesetz genannten Negativvoraussetzungen (keine Gefahr im Verzug einerseits und keine Äußerung zu im Wesentlichen gleichen Antrag andererseits) von einer Ermessensentscheidung abhängig. Wurde der Verpflichtete aber ‑ aus welchen Gründen immer ‑ zu den Strafzumessungsgründen nicht gehört, steht ihm der Widerspruch im Sinn der §§ 397 f EO offen.
3. Auch im Exekutionsverfahren gilt für den Rekurs das Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0002371). Zum Ausgleich für die im grundsätzlich einseitigen Exekutionsverfahren (nach alter Rechtslage) fehlende Möglichkeit des Verpflichteten, im Verfahren zur Strafhöhe Neuerungen vorzubringen, anerkannte die Rechtsprechung ausnahmsweise die Zulässigkeit von Neuerungen im Rekurs in Ansehung für die Strafbemessung wesentlicher Umstände (etwa die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten betreffend; RIS‑Justiz RS0085144, RS0110233). Das nunmehr eingeführte Widerspruchssystem lässt das Bedürfnis für diese Durchbrechung des Neuerungsverbots entfallen ( Klicka in Angst ² Rz 2 zu § 358, Rz 22a zu § 355 EO und in ecolex 2012, 1076). Will der Verpflichtete, der bisher dazu nicht gehört wurde, zur Frage der Strafhöhe neue, bisher nicht aktenkundige Umstände vorbringen, steht hiefür der Widerspruch zur Verfügung. Entsprechendes Rekursvorbringen unterfällt hingegen dem Neuerungsverbot. Die in den Entscheidungen 3 Ob 8/12s und 3 Ob 35/12m auch noch zur geänderten Rechtslage fortgeschriebene Durchbrechung des Neuerungsverbots im Rekursverfahren betreffend die Strafhöhe kann daher nicht aufrecht erhalten werden.
4. Verbindet der Verpflichtete den Widerspruch gegen die Strafe mit dem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung oder den Strafbeschluss, ist ‑ analog zum Sicherungsverfahren (RIS‑Justiz RS0005889, RS0005869, vgl auch RS0005538) ‑ mangels Reihung des Verpflichteten zunächst über den Rekurs zu entscheiden. Hat dieser keinen Erfolg, bedarf es der erstinstanzlichen Prüfung des Widerspruchs. Beantragt der Verpflichtete die vorrangige Prüfung des Widerspruchs (zulässig, vgl 1 Ob 225/01x, 6 Ob 646/93), etwa weil er allein die Berücksichtigung der von ihm vorgebrachten neuen Tatsachen zur Strafbemessung für aussichtsreich hält, ist dem zu entsprechen.
5. Macht der Verpflichtete ‑ wie hier ‑ von der Widerspruchsmöglichkeit nicht Gebrauch, sondern zeigt lediglich in dem von ihm auch gegen die Strafhöhe gerichteten Rekurs auf, aufgrund welcher (neuen) Tatsachen eine geringere Strafe zu verhängen wäre, kann darauf im Hinblick auf das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot nicht eingegangen werden.
Es bedarf aber auch ‑ entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung ‑ keiner Erneuerung/Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Verpflichtete hat sich vielmehr infolge Unterlassung des nach § 358 Abs 2 zweiter Satz EO zulässigen Widerspruchs der Möglichkeit begeben, bei Beurteilung der berechtigten Strafhöhe neue Umstände einzubeziehen.
6. Die verhängte Geldstrafe ist daher unter Zugrundelegung der im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Umstände (unter Außerachtlassung der im Rekurs vorgetragenen Neuerungen) zu überprüfen. Sie ist im Hinblick auf die absehbare fortgesetzte Weigerung des Verpflichteten, der titelgemäßen Duldungspflicht zu entsprechen (Berufung auf Rechte Dritter), selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Betreibenden die gesetzlich vorgeschriebene Verständigung des Verpflichteten vom Exekutionsantrag unterließen (siehe oben 1.), der Höhe nach angemessen.
7. Die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung ist daher wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.
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