OGH 3Ob90/13a

OGH3Ob90/13a19.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. I*****, vertreten durch Dr. Herbert Gschöpf, Dr. Marwin Gschöpf, Rechtsanwälte in Velden, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 7. März 2013, GZ 3 R 25/13f-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 11. September 2012, GZ 3 C 224/12h-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.651,56 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 275,26 EUR USt) und die mit 1.383,44 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 194 EUR Barauslagen und 198,24 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin als Werkunternehmerin hat im Auftrag einer Eigentümergemeinschaft als Bauherrin auf Basis des Leistungsverzeichnisses und der Ausschreibung der beklagten Architektin im Jahr 2005 zum Zweck der Sanierung einer Tiefgarage Abdichtungsarbeiten und den Oberflächenschutz ausgeführt.

In einem im Jahr 2007 eingeleiteten Vorprozess machte die Bauherrin gegen die Werkunternehmerin als beklagte Partei Ansprüche wegen mangelhafter Werkleistung geltend, dem diese entgegenhielt, dass sie unter der Bauaufsicht der Architektin mängelfrei geleistet habe; das alleinige, zumindestens aber überwiegende Verschulden an einem Misslingen des Werks habe die Architektin zu verantworten. Diese trat nach Streitverkündung als Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Bauherrin bei. In seinem Urteil vom 30. Mai 2011 ging das Erstgericht von einer Verschuldensteilung von 1:1 zwischen der Werkunternehmerin und der Architektin aus, verpflichtete die Werkunternehmerin zur Zahlung von 15.168,15 EUR sA und stellte ihre Haftung für weitere Sanierungskosten/Schäden im Ausmaß von 50 % fest. Dagegen erhoben sowohl die beklagte Werkunternehmerin als auch die Architektin eine Berufung. Jene der Architektin vom 17. August 2011 enthielt ua den Rechtsmittelantrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung der Klage mit 28.271 EUR und eines Auftrags an die beklagte Werkunternehmerin, „die Verfahrenskosten einschließlich der Kosten dieses Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Nebenintervenientenvertreter zu bezahlen“ (Beilage 1). Das Berufungsgericht gab der Berufung der Werkunternehmerin nicht Folge, der Berufung der Architektin jedoch Folge und änderte das Ersturteil im Sinne des teilweisen Klagestattgebung (Zuspruch von 28.271 EUR samt 4 % Zinsen seit 4. Juli 2007 und 20.943,06 EUR an Verfahrensksoten sowie Feststellung der Haftung der Werkunternehmerin) ab; den Entscheidungsgegenstand bewertete es mit 30.000 EUR übersteigend; die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig. Die Feststellungen des Erstgerichts zu Planungs- und Ausschreibungsfehlern der Architektin beurteilte das Berufungsgericht als überschießend und deshalb für die rechtliche Beurteilung unbeachtlich; der bauausführende Werkunternehmer könne bei Fehlern der Bauaufsicht durch den Architekten gegenüber dem Werkbesteller kein seine Haftung minderndes Mitverschulden geltend machen; das Alleinverschulden am Misslingen des Werks habe die Werkunternehmerin zu verantworten. Mit der Kostenentscheidung im Berufungsurteil vom 2. Mai 2012 wurde die Werkunternehmerin verpflichtet, der Architektin 16.148,72 EUR an Prozesskosten erster Instanz sowie weitere 3.656,62 EUR an Kosten des Berufungsverfahrens (in Summe also 19.805,34 EUR) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Zustellung des Berufungsurteils an die Parteienvertreter erfolgte am 29. Mai 2012 (Beilage B).

Mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 5. Juni 2012 machte der Vertreter der Werkunternehmerin gegenüber den Vertretern der Architektin geltend, diese sei wegen ihrer vom Erstgericht festgestellten Fehler zumindest zu 50 % schadenersatz- und regresspflichtig, weshalb die Werkunternehmerin ua die Bezahlung folgender Beträge begehre: die Hälfte des im Vorprozess zugesprochenen Klagebetrags samt bis 15. Juni 2012 berechneter Zinsen, also 14.135,50 EUR und 2.795,43 EUR, zusammen 16.930,93 EUR; weiters 50 % jener Kosten des Vorprozesses, die die Werkunternehmerin der Bauherrin bezahlen müsse und ihr selbst entstanden seien (22.302,12 EUR und 28.387,79 EUR, zusammen 50.689,91 EUR), also 25.344,96 EUR. Der Forderung von insgesamt 42.275,89 EUR stehe die Prozesskostenforderung der Architektin von 19.805,34 EUR aufrechnungsweise gegenüber, weswegen diese aufgefordert werde, den Differenzbetrag von 22.470,55 EUR anzuweisen. Von einer (bereits erfolgten) Zahlung der Werkunternehmerin an die Bauherrin ist in diesem Schreiben keine Rede (Beilage C).

Mit Schreiben vom 12. Juni 2012 entgegneten die Vertreter der Architektin ua, eine Aufrechnung der behaupteten Regressforderung mit den Verfahrenskosten scheitere, insbesondere wegen des anwaltlichen Kostenpfandrechts.

Mangels Zahlung beantragte die Architektin am 11. Juli 2012 aufgrund des am 27. Juni 2012 vollstreckbar gewordenen Berufungsurteils zur Hereinbringung der Kostenforderung von 19.805,34 EUR sA die Fahrnisexekution wider die Werkunternehmerin, die ihr mit Beschluss vom 12. Juli 2012 bewilligt wurde.

Dagegen brachte die Werkunternehmerin als Klägerin die am 2. August 2012 eingelangte Oppositionsklage ein, die sie auf eine mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erklärte Aufrechnung stützt. Im Vorprozess hätten die Fehler der Architektin, insbesondere bei der Bauaufsicht sowie den Planungs- und Ausschreibungsbedingungen, nach der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts nicht als Mitverschulden gegenüber der Bauherrin eingewendet werden können. Dennoch habe das Erstgericht festgestellt, dass die Architektin als Planerin und als für die Bauaufsicht zuständig (näher bezeichnete) Fehlleistungen zu verantworten habe. Ausgehend von den von der Werkunternehmerin zu verantwortenden Fehlern und dem von der Architektin schuldhaft und rechtswidrig verursachten Fehler sei sie im Ausmaß von zumindest 50 % schadenersatz- und regresspflichtig. Demnach sei sie für die Hälfte des im Vorprozess der Gegenseite zugesprochenen und von der Werkunternehmerin bezahlten Kapitalbetrags von 14.135,50 EUR zuzüglich der halben, bis 15. Juni 2012 berechneten Zinsen von 2.795,43 EUR schadenersatzpflichtig. Nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen seinen auch Prozesskosten regressfähig, weil die Beklagte schlecht erfüllt und ihre Verantwortung dafür beharrlich negiert habe, sodass der Werkunternehmerin auch 50 % der Kosten des Vorprozesses, die die Werkunternehmerin der Bauherrin ersetzen müsse (22.302,12 EUR) und ihr selbst entstanden seien (28.387,79 EUR, zusammen 50.689,91 EUR), zumindest also 25.344,96 EUR, zustünden. Der Kostenforderung der Architektin von 19.805,34 EUR stehe daher eine Gesamtforderung der Werkunternehmerin von 42.275,89 EUR gegenüber. Die Aufrechnung sei mit Schreiben vom 5. Juni 2012 wirksam vor jenem Zeitpunkt erfolgt, als der Vertreter der Architektin die Zahlung der Prozesskosten zu seinen Handen gefordert habe. Der Berufungsantrag der Architektin im Vorprozess ändere daran nichts, weil darin keine Berufung auf § 19a Abs 4 RAO erfolgt sei und die Kostenentscheidung nichts davon enthalte, dass die Kostenzahlung mit befreiender Wirkung nur an den Vertreter der Architektin erfolgen könne.

Die Architektin als Beklagte bestritt und wendete ein, ihre Vertreter hätten bereits mit der Berufung vom 17. August 2011, sohin lange vor der Aufrechungserklärung vom 15. Juni 2012, die Zahlung sämtlicher Kosten zu ihren Handen gefordert. Diese Aufforderung nach § 19a Abs 4 RAO sei an keine Form oder Frist gebunden, sondern es müsse nur klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Zahlung der Kosten zu Handen der Rechtsvertreter zu erfolgen habe. Da eine wirksame Aufrechnung nach § 1438 ABGB Gleichartigkeit, Gegenseitigkeit und Fälligkeit zum Zeitpunkt der ausdrücklichen Aufrechnungserklärung voraussetze, habe die gegenständliche, mit dem Kostenpfandrecht nach § 19a RAO behaftete Kostenforderung durch die (verspätete) Aufrechnungserklärung der Klägerin mit den ohnehin bestrittenen Forderungen nicht getilgt werden können.

Das Erstgericht wies die Klage ab und begründete dies damit, die bereits rechtskräftige Kostenforderung der Beklagten könne nicht mehr durch Aufrechnung einer - allenfalls später entstandenen - Gegen-forderung getilgt werden, sobald der Rechtsanwalt die Zahlung der Kosten an seine Partei verlangt habe; das sei durch das Verzeichnen am Schriftsatz und Legung der Kostennote erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Beklagte habe nur nachgewiesen, dass der Beklagtenvertreter in der Berufung im Vorprozess die Bezahlung der „Kosten dieses Berufungsverfahrens“ zu seinen Handen begehrte; somit liege nur für den Kostenbetrag von 3.656,34 EUR (richtig: 3.656,62 EUR) ein Zahlungsbegehren nach § 19a Abs 4 RAO vor, zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz des Vorprozesses jedoch nicht. Das gesetzliche Pfandrecht nach § 19a RAO habe also für die Prozesskosten erster Instanz in der betriebenen Höhe von 16.148,72 EUR gar nicht in der eine Kompensation hindernden Weise wirksam werden können, sodass dagegen die aufrechnungsweise Geltendmachung von Gegenforderungen zulässig sei. Das Verlangen iSd § 19a Abs 4 RAO für die Kosten des Berufungsverfahrens habe der Vertreter der Klägerin zu einem Zeitpunkt gestellt, als das Gericht über das Kostenersatzbegehren im Berufungsverfahren noch nicht abgesprochen gehabt habe, sodass eine konkretisierte (titulierte) Kostenersatzforderung damals noch nicht bestanden habe. Das reiche aus, um das gesetzliche Pfandrecht für die später mit 3.656,62 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens in Wirksamkeit zu setzen. Folge man der Judikatur, wonach die Kostenforderung erst mit Rechtskraft der Gerichtsentscheidung entstehe, sei die Kostenentscheidung des am 29. Mai 2012 zugestellten Berufungsurteils erst Ende Juni 2012 rechtskräftig geworden. Die von der Klägerin kompensando geltend gemachten Schadenersatzforderungen und Regressansprüche seien mangels eines gesetzlich vorgesehenen oder vereinbarten Fälligkeitszeitpunkts grundsätzlich erst mit deren Bekanntgabe an den Schuldner bzw einer Zahlungsaufforderung fällig geworden (§ 1334 ABGB), im vorliegenden Fall daher mit Zugang des Schreibens vom 5. Juni 2012 spätestens am 12. Juni 2012 (Antwort), mit dem gleichzeitig auch die Aufrechnung erklärt worden sei. Am 12. Juni 2012 sei die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts noch nicht rechtskräftig gewesen und daher noch nicht „entstanden“. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin die erhobenen Gegenforderungen auch gegen die (erst danach entstandene) Kostenforderung der Beklagten von 3.656,34 EUR aus dem Berufungsurteil aufrechnungsweise geltend machen könne. Im fortgesetzten Verfahren werde daher unter Zugrundelegung des Vorbringens der Parteien der Rechtsbestand der Gegenforderungen bis zur Höhe der betriebenen Forderung von 16.148,72 EUR zu prüfen sein.

Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil unterschiedliche Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, wann ein prozessualer Kostenersatzanspruch entstehe, und zwar entweder erst mit Rechtskraft der Kostenentscheidung oder bedingt durch den Prozesserfolg mit der Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen. Folgte man hier der zweiten Variante, wäre die Kostenersatzforderung der Architektin von 3.656,62 EUR aus dem Berufungsurteil im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bereits entstanden gewesen, sodass die Gegenforderungen dieser Kostenforderung nicht mehr entgegengehalten werden könnten.

Dagegen erhob die Beklagte einen Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Das Berufungsgericht sei entgegen der Aktenlage (Berufung der Architektin im Vorprozess ./1) zur Auffassung gelangt, ihre Vertreter hätten nur die Zahlung der Kosten des Berufungsverfahrens zu ihren Handen verlangt; vielmehr sei die gesamte betriebene Forderung von dem Zahlungsverlangen in der Berufung erfasst. Es entspreche nicht der herrschenden Meinung, dass das anwaltliche Kostenpfandrecht erst mit Rechtskraft der Kostenentscheidung entstehe. Abgesehen davon entstehe der Regressanspruch des Solidarschuldners erst mit Bezahlung; da nicht anzunehmen sei, dass die Klägerin in vorauseilendem Gehorsam vor Rechtskraft des Urteils bezahlt habe, sei im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung am 5. Juni 2012 noch keine Regressforderung entstanden und die Aufrechnungserklärung daher ungültig.

Die Klägerin tritt dem in ihrer Rekursbeantwortung entgegen, in der sie sowohl dessen Zurückweisung (in eventu mit dem Teilbetrag von 16.148,72 EUR) begehrt als auch beantragt, ihm nicht Folge zu geben. Das Berufungsgericht habe den Rekurs nur für den Teilbetrag von 3.656,34 EUR zugelassen, sodass ein Rekurs im Übrigen absolut unstatthaft sei. Der Oberste Gerichtshof judiziere in ständiger Rechtsprechung, dass das anwaltliche Kostenpfandrecht erst mit Rechtskraft der Kostenentscheidung entstehe, sodass keine erhebliche Rechtsfrage vorliege. Zwar könne der Rechtsanwalt bereits vor Entstehung der Kostenforderung ein Zahlungsverlangen wirksam erheben, doch entstehe die Kostenforderung gegenüber dem Prozessgegner erst mit Rechtskraft der Entscheidung, womit auch erst das Kostenpfandrecht entstehe. Die davor erklärte Aufrechnung sei daher rechtzeitig erfolgt, zumal ein Zahlungsverlangen des Vertreters der Beklagten erst im Antwortschreiben vom 12. Juni 2012 zu finden sei; das Verzeichnen von Kosten in Schriftsätzen stelle kein wirksames Verlangen iSd § 19a RAO dar. Die Klägerin habe durch die Aufrechnung vom 5. Juni 2012 noch vor Ablauf der Leistungsfrist im Berufungsurteil bezahlt. In der Sache habe die Beklagte für ihre bei der Planung, Ausschreibung und Bauaufsicht unterlaufenen Fehler einzustehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils berechtigt, weil das Berufungsgericht zu Unrecht unterstellt hat, die Klägerin habe ausreichend schlüssig den Bestand aufrechenbarer Gegenforderung im Zeitpunkt ihrer Aufrechnungserklärung vom 5. Juni 2012 behauptet.

1. Die von der Klägerin reklamierte teilweise absolute Unzulässigkeit des Rekurses liegt nicht vor:

Der Streitwert der Oppositionsklage richtet sich nach der Höhe der betriebenen Geldforderung, eine Bewertung durch das Berufungsgericht hat nicht zu erfolgen (RIS-Justiz RS0001618; RS0001622). Die Forderungen, zu deren Hereinbringung der betreibende Gläubiger die Exekution beantragte, sind dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0002304). Ein solcher ist hier zu bejahen, weil zwei Kostenforderungen aus ein und demselben Zivilprozess betrieben werden, die in einer Entscheidung tituliert wurden und für die eine einheitliche Exekutionsbewilligung erteilt wurde; der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts betrug daher 19.805,34 EUR. Bei einem einheitlichen Anspruch als Entscheidungsgegenstand kommt aber nur ein einheitlicher Ausspruch über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Rechtsmittels in Betracht (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 13; RIS-Justiz RS0042349).

2. Vorweg ist klarzustellen, dass die Anfechtung der berufungsgerichtlichen Entscheidung nur möglich ist, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer in diesem Sinn erheblichen Rechtsfrage geltend macht. Das ist hier insoweit der Fall, als der Rekurs die wesentliche Frage des Entstehens der von der Klägerin behaupteten und zur Aufrechnung verwendeten Regressforderung anspricht. Aus Anlass des Rekurses hat der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht in jeder Richtung zu überprüfen und dabei auch die in der Rekursbeantwortung vorgebrachten rechtlichen Argumente zu beachten. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts nicht gebunden und nicht auf jene Rechtsfragen beschränkt, die das Berufungsgericht zur Begründung seines Ausspruchs angeführt hat (RIS-Justiz RS0048272).

3. Die Klägerin macht als Oppositionsgrund die Aufrechnung mit insgesamt vier Gegenforderungen gegen die beiden Kostenersatzforderungen der Beklagten aus dem Vorprozess geltend.

Die Aufrechnung als wechselseitige Schuldtilgung ohne tatsächlichen Leistungsaustausch setzt nach §§ 1438, 1439 ABGB voraus, dass die gegenüber stehenden Forderungen richtig, fällig, gleichartig und gegenseitig sind und eine Aufrechnungserklärung abgegeben wurde; die Voraussetzungen für die Aufrechnung müssen im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung vorliegen. Richtig heißt rechtsbeständig (also wirksam entstanden und nicht untergegangen), klagbar und unbedingt (also nicht aufschiebend bedingt); die Voraussetzungen der Richtigkeit und Fälligkeit gelten jedenfalls für die Gegenforderung (Griss in KBB³ § 1439 ABGB Rz 1 mwN).

Den Rechtsgrund ihrer Gegenforderungen sieht die Klägerin (erkennbar) sowohl im Regress, der nach hA eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt (Kodek in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 896 Rz 2; P. Bydlinski in KBB³ § 896 ABGB Rz 4 je mwN), als auch im Schadenersatzrecht, sodass deren Bestand in beide Richtungen zu prüfen ist.

4. Die Klägerin behauptete, über Regressforderungen gegen die Beklagte im Ausmaß der Hälfte des im Vorprozess zugesprochenen und von ihr bezahlten Kapitals von 14.135,50 EUR zuzüglich der halben, bis 15. Juni 2012 berechneten Zinsen von 2.795,43 EUR zu verfügen, weil sie zur Zahlung an die Bauherrin wegen mangelhafter Ausführung des Werks von 28.271 EUR sA verpflichtet worden sei, obwohl auch die beklagte Architektin schuldhaft und rechtswidrig Fehler bei der Planung, Ausschreibung und Bauaufsicht begangen habe.

Ohne dies näher darzustellen, geht die Klägerin offenbar davon aus, dass beide Streitteile (die Klägerin wegen schuldhaft mangelhafter Werkerfüllung; die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung ihrer Pflichten aus dem mit der Bauherrin geschlossenen Vertrag) als ungewollt zusammenwirkende, fahrlässig handelnde Nebentäter anzusehen sind, deren Anteil am Gesamtschaden nicht bestimmbar sind; denn nur für diesen Fall ergibt sich in der vorliegenden Konstellation aus § 1302 ABGB eine Solidarhaftung der Streitteile (vgl 3 Ob 55/12b; 6 Ob 197/98h; Schacherreiter in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 §§ 1301, 1302 Rz 14 und 18), die Voraussetzung für einen Regressanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 896 ABGB hinsichtlich des bei der Bauherrin eingetretenen Schadens ist (RIS-Justiz RS0017514; Karner in KBB³ § 1302 ABGB Rz 14 mwN). Der Rückersatzanspruch nach § 1302 ABGB entsteht erst, wenn und soweit der Ersatzpflichtige (hier die Klägerin) wirklich Ersatz geleistet hat (RIS-Justiz RS0017519; RS0028394; RS0017390).

Der Oppositionsklage ist zwar die Behauptung zu entnehmen, die Klägerin habe das im Vorprozess der Bauherrin zugesprochene Kapital samt bis zum 15. Juni 2012 berechneter Zinsen bezahlt, der Zeitpunkt der Zahlung wurde jedoch nicht ausdrücklich angegeben. Die Berechnung der Zinsen bis zum 15. Juni 2012 fordert aber die zwingende Schlussfolgerung, dass die Zahlung erst zu diesem Zeitpunkt oder unmittelbar davor vorgenommen wurde (das Ende der 14-tägigen Leistungsfrist fiel auf den Ablauf des 12. Juni 2012), weshalb eine Zahlung spätestens am 5. Juni 2012, also bei Abgabe der Aufrechnungserklärung, nach dem Klagevorbringen nicht angenommen werden kann. Dem entsprechend findet sich in der - ihrem Inhalt nach unstrittigen und deshalb verwertbaren (RIS-Justiz RS0121557 [T3]) - Aufrechnungserklärung (./C) kein Hinweis auf eine bereits erfolgte Zahlung an die Bauherrin. Daran anknüpfend ist davon auszugehen, dass bei Abgabe der Aufrechnungserklärung die von der Klägerin angenommene Regressforderung noch gar nicht entstanden war, sodass zu diesem Zeitpunkt mangels Wirksamkeit der Gegenforderung eine gültige Aufrechnung nicht erklärt werden konnte.

Regress als Rechtsgrund jener Forderungen, mit denen die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juni 2012 gegen die Hauptforderung wirksam aufgerechnet haben will, scheidet somit zur Gänze aus.

5. Zum ebenfalls nicht näher ausgeführten Rechtsgrund Schadenersatz kommt als Folge der Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Bauherrin (an Kapital, Zinsen und Kosten) sowie wegen der der Klägerin selbst entstandenen Kosten nur der Eintritt eines Schadens in ihrem Vermögen in Frage. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Verursachung eines Vermögensschadens nur dann ersatzpflichtig macht, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung eines absoluten Rechts, aus der Übertretung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB oder aus einem sittenwidrigen Verhalten des Schädigers ableiten lässt (RIS-Justiz RS0022813; RS0022462).

5.1. Zwischen den Streitteilen besteht keine unmittelbare Vertragsbeziehung, weshalb die Verletzung von daraus entspringenden Pflichten ausscheidet.

Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben in einem Vertrag zwischen dem Bauherrn und einem Beauftragten vereinbarten Leistungen wie Herstellung der Ausschreibungsunterlagen, Mitwirkung bei der Vergabe und Bauaufsicht ganz eindeutig dem Interesse des Bauherrn und nicht jenem der einzelnen Werkunternehmer dienen. Dies wäre aber erforderlich, um vom allgemeinen Grundsatz abgehen zu können, dass das bloße Vermögen dritter Personen nicht in den Schutzbereich von Verträgen einbezogen wird. Die allgemeine Pflicht, Rechte des Dritten nicht zu verletzen, genügt für die Annahme eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem Gläubiger (hier der Bauherrin) und dem Dritten (hier der Klägerin) nicht (2 Ob 128/09a mwN; vgl RIS-Justiz RS0108535). Daher kann die Klägerin das der beklagten Architektin zum Vorwurf gemachte, aus dem Vertrag mit der Bauherrin abgeleitete Fehlverhalten nicht zur Grundlage eines „eigenen“ Schadenersatzanspruchs gegen die Beklagte machen.

5.2. Welche absoluten Rechte der Klägerin durch die Beklagte verletzt worden sein sollen und gegen welche Schutzgesetze sie verstoßen haben soll, trägt die Klägerin auch nicht ansatzweise vor; Derartiges ist auch nach dem Akteninhalt nicht erkennbar.

5.3. Zu den Prozesskosten, die Gegenstand eines Schadenersatzanspruchs sein können (RIS-Justiz RS0022827; RS0023619), wirft die Klägerin der Beklagten die „beharrliche Negierung jeder Verantwortung“ vor, macht ihr also die Bestreitung der behaupteten Planungs-, Ausschreibungs- und Bauaufsichtsfehler zum Vorwurf.

Dazu vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass derjenige, der bei gehöriger Aufmerksamkeit seinem Rechtsstandpunkt zwar vielleicht nur geringe, aber immerhin doch noch vernünftigerweise beachtliche Chancen einräumen kann, in der Lage sein muss, die Zweifel durch Anrufung der Behörden zu klären, wenn er darauf Wert legt; dazu sind diese da; nur wenn die konkrete Rechtslage bei Aufwendung der gehörigen Aufmerksamkeit selbst für die interessierte, gewiss nicht objektive Sicht eines Betroffenen so klar ist, dass sein gegenteiliger Standpunkt schlechthin aussichtslos erscheinen muss, wird ein Verfahren missbraucht, wenn seine Möglichkeiten in Anspruch genommen werden, obwohl in Wahrheit nichts Zweifelhaftes zu klären ist; diese Erwägungen gelten auch für die Beurteilung von Handlungen in der Phase der Vorbereitung eines Verfahrens (RIS-Justiz RS0022804; RS0022840). Ein entsprechender Sachverhalt wurde von der Klägerin jedoch nicht geltend gemacht.

5.4. Aus dem Vorbringen der Klägerin kann somit auch nicht der Bestand einer Schadenersatzforderung gegen die Beklagte schlüssig abgeleitet werden, weshalb auch dieser Rechtsgrund für die aufgerechneten Gegenforderungen zu verneinen ist.

6. Zusammenfassend lässt sich aus dem Vorbringen in der Oppositionsklage der Bestand der zur Aufrechnung in Anspruch genommenen Gegenforderungen der Klägerin, also deren Richtigkeit iSd §§ 1438, 1439 ABGB, nicht schlüssig ableiten, sodass die mit der Aufrechnung angestrebte Schuldtilgung der Hauptforderung gar nicht eintreten konnte.

7. Zwar berührt die für Oppositionsklagen nach § 35 Abs 3 EO geltende Eventualmaxime nicht die materielle Prozessleitungspflicht des Gerichts und seine Pflicht, den den Klagegrund bildenden Sachverhalt nach allen möglichen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen; deshalb steht die Eventualmaxime auch einer notwendig erscheinenden Klarstellung und Vervollständigung des Sachverhalts nicht entgegen (RIS-Justiz RS0001433). Daher sind im Oppositionsprozess nachträgliche Ergänzungen des Vorbringens zulässig, aber nur soweit sie die vorgebrachten Tatsachen verdeutlichen oder präzisieren beziehungsweise richtig stellen, ergänzen oder erläutern, wobei aber ein strenger Maßstab anzulegen ist (RIS-Justiz RS0001307 [T4]). Eine Schlüssigstellung erfordert jedoch zwingend neues Tatsachenvorbringen über das Maß einer bloßen Verdeutlichung oder Präzisierung des bisherigen Vorbringens hinaus (3 Ob 66/12w; vgl RIS-Justiz RS0001369). Unzulässig ist neues Vorbringen auch dann, wenn es als Klageänderung zu beurteilen wäre (3 Ob 94/92). Ebensowenig ist Gelegenheit zu geben, einen bisher nicht einmal ansatzweise geltend gemachten Rechtsgrund (etwa: nützliche Geschäftsführung ohne Auftrag) im Wege der Anleitung des Klägers durch das Gericht in das Verfahren einzuführen (3 Ob 202/12w).

8. Die dargestellten Mängel des Klagevorbringens würden zur Erreichung der Schlüssigkeit sowohl eine Änderung (zum Zeitpunkt der Zahlung der Kapitalforderung an die Bauherrin) der Tatsachenbehauptungen als auch im Übrigen eine umfangreiche Erweiterung des Vorbringens erfordern. Es ist aber ausgeschlossen, dass die Klägerin in einem zweiten Rechtsgang ihr Klagebegehren durch zulässige bloße Verdeutlichungen und Präzisierungen noch schlüssig machen könnte. Es wurde daher schon aus diesem Grund vom Erstgericht - im Ergebnis - zu Recht abgewiesen, weshalb die vom Berufungsgericht und der Beklagten als erheblich angesehenen Rechtsfragen zum anwaltlichen Kostenpfandrecht nach § 19a RAO mangels Präjudizialität nicht zu beantworten sind. Die von der Beklagten (zu Recht) gerügte Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils, zum Thema des Verlangens des Ersatzes der gesamten Verfahrenskosten zu Handen des Rechtsanwalts ist nicht entscheidungswesentlich.

Nach § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO war somit vom Obersten Gerichtshof in der Sache selbst durch Wiederherstellung des Ersturteils samt der unbeanstandet gebliebenen Kostenentscheidung zu erkennen.

9. Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Pauschalgebühr für den Rekurs war auf 194 EUR zu korrigieren, weil die Bemessungsgrundlage im Oppositionsverfahren gemäß § 16 Abs 1 Z 1 lit d GGG unabhängig vom Streitwert 750 EUR beträgt.

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