OGH 7Ob68/13w

OGH7Ob68/13w19.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei KR A***** P*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1.531.307,46 EUR sA und 2.595.221,98 CHF sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. Februar 2013, GZ 2 R 14/13w‑15 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. März 2013, GZ 2 R 14/13w‑17), mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 15. November 2012, GZ 12 Cg 217/11h‑9, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die hinsichtlich der Stattgebung von 200.000 EUR samt 4 % Zinsen pA seit 23. 12. 2008 erhobene außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung von 100.000 EUR sA unbekämpft blieben, werden hinsichtlich der Abweisung von weiteren 1.231.307,46 EUR sA und 2.595.211,98 CHF sA und der Kostenentscheidungen als Teilurteil bestätigt.

Im Übrigen (hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens von 6 % pA aus 200.000 EUR seit dem 1. 10. 2011) wird das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.838,29 EUR (darin enthalten 1.139,71 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin gewährte der G***** GmbH Kredite. Der Beklagte war vom 29. 4. 2004 bis zum 19. 1. 2011 neben einem weiteren Geschäftsführer selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer dieser GmbH. Der Beklagte, der sich in zahlreichen Unternehmen engagiert, beteiligte sich nicht am operativen Geschäft der GmbH, sondern stellte seine Kontakte und sein Netzwerk zur Verfügung, äußerte seine Meinung, ob die vom weiteren Geschäftsführer vorgeschlagenen Projekte verwirklicht werden sollten und betrachtete sein Engagement bei der GmbH im Wesentlichen als Finanzinvestition. Mittelbar (durchgerechnet) hielt er über die S***** GmbH, bei welcher er Alleingesellschafter ist, 0,5 % des Stammkapitals der G***** GmbH.

Als Bedingung für die Gewährung der von der GmbH für den Kauf und Ausbau eines Kaufhauses beantragten Kredite verlangte die Klägerin neben anderen Sicherheiten auch eine persönliche Kreditgarantie des Beklagten über 300.000 EUR. Zu diesem Zweck unterfertigte der Beklagte am 31. 1. 2005 eine von der Klägerin erstellte Garantieerklärung über den Betrag von 300.000 EUR „zuzüglich aller sich ergebenden Zinsen und wie immer Namen habenden Nebengebühren ab Garantieübernahme“. In der Garantieerklärung ist ausdrücklich festgehalten, dass der Beklagte auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Klägerin verzichtet. Wie die in der Garantieerklärung genannten Zinsen und Nebengebühren zu berechnen sind, wurde zwischen dem weiteren Geschäftsführer, der die Verhandlungen führte, und der Klägerin nicht besprochen. Nicht festgestellt werden kann, an welchen Parametern sich diese Zinsen und Nebengebühren orientieren.

Auf der Grundlage der vereinbarten Sicherheiten gewährte die Klägerin der G***** GmbH mit Kreditvertrag vom 27. 1. 2005 einen Einmalbarkredit in Höhe von 2.750.000 EUR, mit Vertrag vom selben Tag einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken im Gegenwert von 2.750.000 EUR und mit Vertrag vom 17. 11. 2005 einen weiteren Fremdwährungskredit in Schweizer Franken im Gegenwert von 1 Mio EUR. Im letztgenannten Kreditvertrag ist festgehalten, dass sich die vom Beklagten gestellte Garantie im Jänner 2011 von 300.000 EUR auf 200.000 EUR reduziert.

Im Jahr 2007 entsprachen die Mieteinnahmen aus dem Einkaufszentrum nicht den Erwartungen, weshalb der weitere Geschäftsführer der GmbH die Klägerin um eine Stundung des Kapitalanteils der Ratenzahlungen für das vierte Quartal 2007 ersuchte und die Bedingungen, unter welchen diese gewährt werden sollte, ausverhandelte. Der Beklagte war in diese Verhandlungen nicht eingebunden. Nach bankinterner Genehmigung des Verhandlungsergebnisses verfasste die Klägerin am 14. 9. 2007 ein Schreiben („Ratenstundung Projekt G*****“), in welchem sie ihre Bedingungen für die Stundung festhielt. Darin wird festgehalten, dass die GmbH mit den monatlichen Pauschalraten im vierten Quartal 2007 aussetzt und mit der Rückzahlung wieder im ersten Quartal 2008 beginnt und die Höhe der jeweiligen Pauschalrate noch gesondert vereinbart wird. Alle übrigen bisher getroffenen Vereinbarungen, insbesondere vereinbarte Sicherheiten, sollten bis auf weiteres aufrecht bleiben. Dieses Schreiben brachte der weitere Geschäftsführer der GmbH dem Beklagten und bat ihn, es zu unterzeichnen. Da der Beklagte kurze Zeit vorher aus einer Haftungserklärung zu 100 % in Anspruch genommen worden war, obwohl nach seinem Verständnis sein dortiger Vertragspartner zu 50 % ebenfalls haftbar gewesen wäre, setzte er am 10. 10. 2007 neben seiner Unterschrift und seinem Geburtsdatum den handschriftlichen Vermerk „für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantievertrag“. Damit beabsichtigte der Beklagte keinesfalls, die bestehende Haftung auszuweiten, sondern er wollte sie auf 50 % der Garantiesumme einschränken. Eine Ausweitung der persönlichen Haftung des Beklagten war bis zu diesem Zeitpunkt von der Klägerin nicht verlangt worden und niemals Thema der Gespräche zwischen dem weiteren Geschäftsführer und den Sachbearbeitern der Klägerin.

Nach Erhalt des unterschriebenen Gegenbriefs kontaktierte die Klägerin den Beklagten im Hinblick auf den handschriftlichen Zusatz nicht. Auch sie verstand den handschriftlichen Zusatz nicht als freiwillige Ausweitung der Haftung des Beklagten. Als der Beklagte eine Saldenbestätigung zum 31. 12. 2008 begehrte, erstellte die Klägerin unter anderem auch eine Auflistung der Sicherheiten und vermerkte hinsichtlich der für die drei Kreditkonten gegebenen Garantie des Beklagten eine Nominale von 300.000 EUR.

Mit Schreiben vom 1. 2. 2011 an die GmbH stellte die Klägerin das gesamte per 1. 2. 2011 aushaftende Obligo zur sofortigen Zahlung fällig und begehrte hinsichtlich der drei Kredite 2.297.332,28 EUR, 3.761.325,55 CHF und 1.231.729,71 CHF zuzüglich der Zinsen und Spesen bis zum Zahlungstag (spätestens 15. 2. 2011). Eine Kopie dieses Schreibens erging auch an den Beklagten.

Mit Schreiben vom 26. 9. 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die Fälligstellung der Finanzierungslinie der GmbH vom 1. 2. 2011 auch an ihn ergangen sei und hielt fest, dass noch keine Obligoabdeckung erfolgt sei. Ihr bleibe nichts anderes übrig, als ihn als Sicherheitengeber für 50 % des aushaftenden Kapitals auf den drei Kreditkonten in Anspruch zu nehmen. Sie forderte den Beklagten auf, 50 % des aushaftenden Kapitals abzudecken.

Nachdem der Beklagte um Aufklärung der rechtlichen Grundlage für die behauptete Forderung ersuchte, antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 17. 10. 2011, dass die GmbH im Herbst 2007 um eine Ratenstundung gebeten habe und der Beklagte in diesem Zusammenhang erklärt habe, für 50 % des aushaftenden Kapitals persönlich einzustehen.

Am 21. 12. 2011 wurde über das Vermögen der G***** GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Tag wiesen die drei Kreditkonten der GmbH offene Salden von 2.462.614,93 EUR, 3.783.421,78 CHF und 1.407.022,18 CHF auf.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten 1.531.307,46 EUR sA und 2.595.221,98 CHF sA und brachte zusammengefasst vor, sie habe der G***** GmbH Kredite eingeräumt. Der Beklagte hafte auf Grund seiner Garantieerklärung vom 31. 1. 2005 für die Zahlung von 300.000 EUR samt Zinsen seit 1. 2. 2005. Weiters habe er die Haftung für 50 % des aushaftenden Kapitals auf drei Kreditkonten übernommen. Der Beklagte sei seit 1985 beim Bau von Immobilien unternehmerisch tätig. Er habe den Gegenbrief zum Schreiben der Klägerin vom 14. 9. 2007 nicht nur unterfertigt, sondern durch einen entsprechenden handschriftlichen Beisatz erklärt, Sicherheitengeber für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantienvertrags zu sein. Damit habe er klargestellt, dass er als Sicherheitengeber für 50 % des gesamten aushaftenden Kapitals laut Garantievertrag hafte. Der Beklagte sei Unternehmer und als Geschäftsführer der GmbH sowohl bei der Aufnahme der Kredite wie auch bei der Unterzeichnung der Garantieerklärung und des Gegenbriefs samt handschriftlichem Zusatz unternehmerisch tätig gewesen. Die Garantieerklärung des Beklagten sei von ihr stillschweigend angenommen worden.

Der Beklagte wendete zusammengefasst ein, der Garantievertrag sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, weil die Klägerin hinsichtlich seines Garantieanbots keine Annahmeerklärung abgegeben habe. Selbst wenn sein Garantieanbot vom 31. 1. 2005 rechtzeitig angenommen worden wäre, sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit der G***** GmbH vereinbart habe, dass sich die persönliche Garantie im Jänner 2011 auf 200.000 EUR reduziere. Aus seinem handschriftlichen Zusatz auf dem Gegenbrief vom 10. 10. 2007 zum Schreiben der Klägerin vom 14. 9. 2007 lasse sich weder eine persönliche Haftungszusage noch eine Haftungserweiterung ableiten. Hinsichtlich der mehr als drei Jahre rückständigen Kreditzinsen werde der Einwand der Verjährung erhoben.

Das Erstgericht erkannte der Klägerin 200.000 EUR samt 4 % Zinsen per anno seit 23. 12. 2008 zu. Das Mehrbegehren von 1.331.307,45 EUR samt gestaffelten Zinsen, von 2.595.221,98 CHF sA und von 6 % (Zinsen pA) aus 200.000 EUR seit 1. 10. 2011 wies es ab. Es billigte dem Beklagten Konsumenteneigenschaft zu. Er sei zwar selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH, allerdings nur Minderheitsgesellschafter gewesen, der seine Gesellschaftsbeteiligung als Finanzinvestition gesehen habe. Zudem habe er sich aus dem operativen Geschäft zur Gänze herausgehalten. Ihm sei kein dominierender Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH zugekommen. Der Beklagte habe auf eine Annahmeerklärung seiner Garantieerklärung verzichtet und sich mit einer konkludenten Annahme zufrieden gegeben. Diese sei durch die Entgegennahme der unterzeichneten Garantieerklärung des Beklagten und nachfolgende Gewährung der Kredite an die GmbH erfolgt. Somit sei von einem rechtswirksamen Garantievertrag zwischen den Parteien auszugehen. Im Kreditvertrag vom 17. 11. 2005 sei eine Reduzierung der persönlichen Garantie des Beklagten von 300.000 EUR auf 200.000 EUR mit Jänner 2011 vereinbart worden, sodass der Beklagte ab Jänner 2011 nur noch für 200.000 EUR hafte. Im Zusatz des Beklagten vom 10. 10. 2007, wonach er „für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantievertrag“ hafte, sei ein Anbot des Beklagten zu erblicken, welches jedoch nur dann Rechtswirksamkeit entfalten könnte, wenn zwischen den Parteien hierüber eine Willensübereinstimmung erzielt und das Angebot von der Klägerin angenommen worden wäre. Beide Voraussetzungen seien nicht gegeben. Es habe nicht dem Willen des Beklagten entsprochen, freiwillig und ohne Verlangen der Klägerin seine Haftung für die Schulden der GmbH auszuweiten, was die Klägerin auch erkannt habe, weil ihrerseits keine Reaktion erfolgt sei. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, höhere als die gesetzlichen Zinsen zu bezahlen, weil die im von der Klägerin verfassten Formblatt enthaltene Zinsenvereinbarung unklar sei und keine Rückschlüsse auf Parameter zulasse, die eine nachvollziehbare Berechnung ermöglichen würden. In seiner Garantieerklärung habe sich der Beklagte verpflichtet, Zinsen ab Garantieübernahme (31. 1. 2005) zu bezahlen. Sein Verjährungseinwand hinsichtlich dieser Zinsen sei insofern berechtigt, als der Klägerin nur die drei Jahre vor der Einbringung der Klage am 22. 12. 2011 angefallenen gesetzlichen Zinsen von 4 % per anno aus 200.000 EUR zustünden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung beider Parteien nicht Folge und wies mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluss den Beweisantrag der Klägerin auf Vorlage einer Kontoverdichtung zum Beweis für die Richtigkeit des Zinsenbegehrens wegen Verspätung zurück. Dazu führte es aus, der Beklagte habe das gestaffelte Zinsenbegehren der Klägerin ausdrücklich bestritten, sodass dieser bewusst sein hätte müssen, dass sie die Art der Zinsenberechnung, insbesondere die Höhe der jeweils verrechneten Zinssätze, gesondert unter Beweis zu stellen habe. Es wäre an ihr gelegen gewesen, ihrer diesbezüglichen Beweispflicht unaufgefordert nachzukommen. In der Tagsatzung vom 19. 9. 2012, in der die Rechtssache entscheidungsreif gewesen sei, habe sie diese Kontoverdichtung nicht vorlegen können, sodass die Stattgebung des Beweisantrags zumindest eine neuerliche Streitverhandlung zum Zweck der Erörterung notwendig gemacht hätte. Damit würden die Voraussetzungen des § 179 ZPO vorliegen.

In der Hauptsache führte das Berufungsgericht rechtlich aus, dass der Beklagte als Verbraucher im Sinn des KSchG zu qualifizieren sei. Er sei als Gesellschafter über die S***** GmbH an der 50 % Gesellschafterin der G***** GmbH nur mit 1 % beteiligt, sodass er keinen beherrschenden Einfluss in der kreditnehmenden Gesellschaft erreichen habe können. Zum händischen Vermerk des Beklagten „für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantievertrag“ sei festzuhalten, dass der Erklärungsempfänger in seinem Vertrauen nur dann schutzwürdig sei, wenn er die Erklärung so verstanden habe, wie sie ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger verstehen habe dürfen. Die Klägerin habe selbst den handschriftlichen Zusatz des Beklagten nicht als freiwillige Haftungserweiterung verstanden, womit ihr Verständnis mit der Absicht des Beklagten, keinesfalls die bestehende Haftung auszuweiten, übereingestimmt habe. Hätten beide Teile einen gleich gerichteten Willen, werde dieser, unabhängig von der objektiven Erklärungsbedeutung, Inhalt des sogenannten natürlichen Konsenses. Dieser natürliche Konsens und das übereinstimmende Verständnis beider Parteien habe zumindest darin bestanden, den bestehenden Haftungsumfang des Beklagten nicht auszudehnen. Für die von der Klägerin angenommene Schuldbeitritts‑ oder Bürgschaftserklärung des Beklagten bestehe kein Raum, sodass die Zahlungsverpflichtung des Beklagten auf den reduzierten Garantiebetrag von 200.000 EUR sA beschränkt bleibe.

Da die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringe, gebe es keinen Grund, auf Seiten des Begünstigten besonders strenge Anforderungen an das Zustandekommen des Garantievertrags zu stellen. Der Oberste Gerichtshof habe in 4 Ob 2330/96t die Auffassung vertreten, dass im Schweigen des Garantieempfängers eine Zustimmung erblickt werden könne, weil die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringe. Dem Beklagten sei bei Unterfertigung der Garantieerklärung am 31. 1. 2005 bekannt und bewusst gewesen, dass die für die GmbH gewünschten Kredite seitens der Klägerin nur unter der Bedingung gewährt würden, dass beide Geschäftsführer die persönliche Haftung über einen Betrag von (je) 300.000 EUR übernehmen. Es seien zwar auch zwei Kreditverträge bereits vier Tage vorher zwischen der GmbH und der Klägerin unterfertigt worden, doch sei in beiden Kreditverträgen an Sicherheiten unter anderem auch die vom Beklagten (damals noch nicht unterfertigte) Kreditgarantie ausdrücklich festgehalten. Wenn daher die Klägerin der GmbH unter ausdrücklicher Berufung auf die Garantieerklärung des Beklagten zwei Kredite eingeräumt und der Beklagte gewusst habe, dass diese Krediteinräumung nur unter der Bedingung seiner Garantieerklärung erfolgte, so habe es unter diesen Umständen keiner ausdrücklichen Annahme der Garantieerklärung durch die Klägerin bedurft, weil der Beklagte mit deren Abgabe ohnehin nur der vereinbarten Bedingung für die Kreditgewährung entsprochen habe.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil zu den lösenden Rechtsfragen eine einheitliche oberstgerichtliche Judikatur vorliege.

Rechtliche Beurteilung

I. Außerordentliche Revision des Beklagten:

1. Voranzustellen ist, dass der Beklagte davon ausgeht, dass er Verbraucher ist. Sollte er aber tatsächlich Unternehmer (siehe dazu die Erwägungen in Punkt II.5.) sein, gehen seine Ausführungen zu § 6 Abs 1 Z 2 KSchG ins Leere.

Er hat sich in erster Instanz lediglich darauf berufen, dass der formularmäßige Verzicht auf eine ausdrückliche Annahme seiner Garantieerklärung im Ergebnis eine ähnliche Wirkung habe wie eine unangemessen lange Frist. Es liege daher ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG vor. Nunmehr stützt sich der Beklagte jedoch auf § 6 Abs 1 Z 2 KSchG. In dieser Bestimmung geht es aber um das Schweigen des Verbrauchers und nicht um jenes des Unternehmers, sodass diese Gesetzesstelle für die hier relevante Rechtsfrage nicht einschlägig ist.

Es ist daher auf 4 Ob 2330/96t (= RIS‑Justiz RS0107060) zu verweisen, wonach im Schweigen des Begünstigten unter Umständen eine Zustimmung zur Garantieerklärung erblickt werden kann, wenn diese nicht ohnehin allein deshalb gilt, weil die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringt.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der gegenständliche Garantievertrag zwischen den Parteien (schlüssig) rechtswirksam zustandekam, ist daher jedenfalls vertretbar.

2. Die Ausführungen des Beklagten zur Zahlung der gesetzlichen Verzugszinsen sind als Neuerungen unbeachtlich (§ 482 Abs 1, § 504 Abs 2 ZPO).

3. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

II. Revision (samt „Rekurs“) der Klägerin:

Die vom Beklagten nach Freistellung der Revisionsbeantwortung beantwortete Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Das Berufungsgericht wies (erstmals) mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluss einen Beweisantrag der Klägerin zurück.

Haben beide Tatsacheninstanzen übereinstimmend Vorbringen (§ 179 ZPO) oder Beweisanbote (§ 275 ZPO) einer Partei als verspätet angesehen, ist damit über die Zurückweisung endgültig abgesprochen (RIS‑Justiz RS0036890). Hat jedoch das Berufungsgericht ‑ wie hier ‑ erstmals diese Auffassung vertreten, dann kann nach der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0036739; vgl RS0036890 [T1]; kritisch dazu Zechner in Fasching/Konecny ² § 519 ZPO Rz 11) die Entscheidung des Berufungsgerichts zwar in dritter Instanz überprüft werden; eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich aber regelmäßig insoweit nicht, weil es ganz von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob die Voraussetzungen der §§ 179, 275 ZPO als gegeben angesehen werden können (6 Ob 77/09f mwN; 4 Ob 34/05m; 2 Ob 315/00p). Eine Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die den Beweisantrag der Klägerin auf Vorlage einer Kontoverdichtung zum Beweis für die Richtigkeit des Zinsenbegehrens wegen Verspätung zurückwies, liegt nicht vor und wird auch von der Klägerin nicht aufgezeigt.

2. Die Klägerin bekämpft nicht die Abweisung des Mehrbegehrens von 100.000 EUR sA infolge Reduzierung der Kreditgarantie von 300.000 EUR auf 200.000 EUR seit Jänner 2011. Die Revision enthält diesbezüglich nur Ausführungen zur Berechtigung des auf „§ 352 UGB“ gestützten Zinsenmehrbegehrens für den bereits zugesprochenen Betrag von 200.000 EUR sA. Ansonsten beschäftigt sich die Revision mit der behaupteten Haftung des Beklagten aus dem von ihm am 10. 10. 2007 unterfertigten Gegenbrief an die Klägerin mit dem von ihm angefügten Beisatz „für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantievertrag“.

3. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz ‑ wie die Beischaffung des Konkursakts der Gemeinschuldnerin und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis für deren Überschuldung ‑ können nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963). Die behaupteten sekundären Feststellungsmängel sind mangels rechtlicher Relevanz nicht bedeutsam.

4. Bei Verkehrsgeschäften gilt die Vertrauenstheorie. Unter der gemäß § 914 ABGB zu erforschenden Absicht der Parteien ist nicht die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter oder nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jede der vertragschließenden Parteien redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss. Die Bedeutung einer Willenserklärung richtet sich daher danach, wie sie unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden wird. Der objektive Erklärungswert verliert allerdings seine Bedeutung, wenn sich die Parteien in der Sache einig sind. Es gilt dann ihr übereinstimmender Wille („natürlicher Konsens“), gleichgültig, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben. Soweit ein übereinstimmender Wille vorliegt, legt er den Inhalt des Vertrags fest und geht dem objektiven Erklärungswert vor (10 Ob 529/87 mwN; RIS‑Justiz RS0014005; RS0014160 [T17, T18, T22]; RS0014167; RS0017915 [T38]).

Zutreffend sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass es sich beim Vermerk des Beklagten „für 50 % des aushaftenden Kapitals bzw Garantievertrag“ weder um eine Schuldbeitrittserklärung, noch um eine Bürgschaftserklärung gehandelt hat. Eine Ausweitung der persönlichen Haftung des Beklagten (über die vereinbarte Garantie hinaus) wurde von der Klägerin anlässlich der Stundung der Ratenzahlung nicht verlangt und war auch nie Thema der Gespräche zwischen dem weiteren Geschäftsführer der GmbH und den Sachbearbeitern der Klägerin. Die Klägerin selbst verstand den handschriftlichen Zusatz des Beklagten auch nicht als freiwillige Ausweitung seiner Haftung. Damit stimmt ihr Verständnis mit der Absicht des Beklagten, keinesfalls die bestehende Haftung auszuweiten, überein. Die Parteien hatten einen gleich gerichteten Willen, der ‑ unabhängig von der objektiven Erklärungsbedeutung ‑ Inhalt des natürlichen Konsenses wurde. Dieser natürliche Konsens und das übereinstimmende Verständnis beider Parteien bestand darin, den bestehenden Haftungsumfang des Beklagten nicht auszudehnen. Dass die Klägerin knapp vier Jahre später (mit Schreiben vom 26. 9. 2011) versuchte, den Beklagten als Sicherheitengeber der GmbH für 50 % des aushaftenden Kapitals in Anspruch zu nehmen, führt nicht nachträglich zu einem zuvor auch von der Klägerin nicht angenommenen Schuldbeitritt oder zu einer Bürgschaft.

5. Teilweise berechtigt ist das von der Klägerin auf „§ 352 UGB“ gestützte Zinsenmehrbegehren aus dem bereits zugesprochenen Garantiebetrag von 200.000 EUR. Zwar ist gemäß Art XXXII Abs 1 HaRÄG, BGBl I 2005/120, auf vor dem 1. 1. 2007 abgeschlossene Rechtsgeschäfte weiterhin § 1333 Abs 2 ABGB idF des ZinsRÄG, BGBl I 2002/118, und demzufolge hier noch nicht die Bestimmung des § 352 UGB anzuwenden; für den vorliegenden Fall ändert sich dadurch allerdings nichts, weil diese Bestimmungen dem Wortlaut nach im Wesentlichen einander entsprechen (9 ObA 49/09k).

Nach den Feststellungen ist der Beklagte seit Jahrzehnten „Unternehmer“. Er betrachtete sein Engagement bei der G***** GmbH im Wesentlichen als Finanzinvestition. Nicht näher festgestellt wurde, welche konkrete unternehmerische Tätigkeit der Beklagte ausübte. Die Feststellung des Erstgerichts, dass „der Beklagte seit Jahrzehnten Unternehmer“ sei, wurde vom Beklagten in der Berufungsbeantwortung mit Beweisrüge bekämpft. Das Berufungsgericht ging auf diese Beweisrüge nicht ein, weil es den Beklagten allein mangels beherrschendem Einfluss auf die kreditnehmende GmbH als Verbraucher qualifizierte.

Der Unternehmerbegriff des § 1 UGB spielt hier noch keine Rolle, weil der Garantievertrag im Jahr 2005 zustandekam und damals das UGB (BGBl I 2005/120) noch nicht in Kraft war. Der Sachverhalt fällt noch in die Zeit, zu der das HGB galt.

Der Verbraucherschutz gilt gemäß § 1 KSchG für Rechtsgeschäfte, die Personen abschließen, die nicht Unternehmer sind (Verbrauchergeschäfte). Letztere werden deshalb vom Verbraucherschutz ausgenommen, weil einem Unternehmer zugesonnen werden kann, dass er die Tragweite auch langfristiger vertraglicher Bindungen richtig einschätzt (6 Ob 135/05d). Der Unternehmerbegriff des KSchG deckt sich nicht mit jenem des HGB und ist vor allem nicht mit dem Kaufmannsbegriff identisch (RIS‑Justiz RS0061157). Für den Unternehmerbegriff des KSchG ist kein bestimmtes Mindestmaß an geschäftlicher Tätigkeit erforderlich, sondern es ist nur die Regelmäßigkeit und Methodik der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich (vgl RIS‑Justiz RS0065380). Eine bestimmte Betriebsgröße der Unternehmen des § 1 KSchG, ein Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation sind nicht erforderlich. Maßgeblich ist nur, dass sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur vom funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS‑Justiz RS0065309). Es muss zur Beurteilung der Anwendbarkeit der Vorschrift über das Verbrauchergeschäft konkret geprüft werden, ob sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit einer Person in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft mit einer bestimmten Person wegen der auch dazu erforderlichen dauernden Organisation als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur vom funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS‑Justiz RS0065241). Nach der (auch analog anzuwendenden) Zweifelsregel des § 344 Abs 1 HGB wird die Zugehörigkeit zum Betrieb des Unternehmers angenommen. Der Unternehmer hat den Beweis zu erbringen, dass ein Privatgeschäft vorliegt (3 Ob 317/04w mwN). Ob der berufliche Zweck des Geschäfts tatsächlich nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, hängt ausschließlich von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0065326 [T5]). Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 135/01h ausgesprochen, dass ein Geschäft zur Gänze als Unternehmensgeschäft zu werten ist, wenn es teils zur privaten, teils zur unternehmensbezogenen Sphäre gehört.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt es nicht ‑ wie die Vorinstanzen meinten ‑ allein darauf an, ob der Beklagte als Geschäftsführer der G***** GmbH und mittelbarer Minderheitsgesellschafter, der keinen beherrschenden Einfluss in der kreditnehmenden Gesellschaft erreichen konnte, als Verbraucher im Sinn des KSchG zu qualifizieren ist. Diese Beurteilung ist zwar ausgehend von der Entscheidung 2 Ob 169/11h zutreffend, vernachlässigt aber die weiteren getroffenen Feststellungen. Da der Beklagte „Unternehmer“ ist und sein Engagement bei der GmbH als Finanzinvestition betrachtete, wäre nach der (auch analog anzuwendenden) Zweifelsregel des § 344 Abs 1 HGB bei der Begründung des Garantievertrags im Jahr 2005 von einem unternehmensbezogenen Geschäft auszugehen. Diese Feststellung wurde aber einerseits vom Beklagten in der Berufungsbeantwortung bekämpft und sie beheinhaltet andererseits einen Rechtsbegriff, sodass dem Berufungsgericht aufzutragen ist, sich mit der Beweisrüge zu beschäftigen und (erforderlichenfalls) zusätzliche Feststellungen zur vom Beklagten konkret ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit zu treffen. Erst auf der Grundlage dieser Feststellungen kann geklärt werden, ob der Beklagte als „Unternehmer“ im Sinn des § 1 KSchG und auch des § 1333 Abs 2 ABGB idF ZinsRÄG den Garantievertrag abschloss.

Sollte der Beklagte ausgehend von seiner im Jahr 2005 ausgeübten Tätigkeit Unternehmer sein und die Garantieerklärung im Unternehmensinteresse abgegeben haben, stünden der Klägerin gesetzliche Zinsen nach § 1333 Abs 2 ABGB aF zu. In der Garantieerklärung vom 31. 1. 2005, die von der Klägerin schlüssig angenommen wurde, hat sich der Beklagte verpflichtet, Zinsen ab der Garantieübernahme zu zahlen. Nicht festgestellt werden konnte, an welchen „Parametern“ sich diese Zinsen orientieren. Der Beklagte erhob hinsichtlich der mehr als drei Jahre rückständigen Kreditzinsen den Einwand der Verjährung.

Das Erstgericht, bestätigt durch das Berufungsgericht, sprach der Klägerin 4 % Zinsen per anno aus 200.000 EUR seit dem 31. 12. 2008 (Zeitpunkt drei Jahre vor der Klagseinbringung) zu. Die von der Klägerin begehrten Zinsen nach § 1333 Abs 2 ABGB aF setzen aber zumindest objektiven Verzug voraus. Die Zinsen beginnen erst mit der Mahnung durch den Gläubiger zu laufen (§ 1334 letzter Satz ABGB; RIS‑Justiz RS0017614; 4 Ob 149/06z mwN = SZ 2006/168). Die Fälligstellung erfolgte erst durch das Schreiben der Klägerin vom 26. 9. 2011. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass dieses Schreiben dem Beklagten vor dem 1. 10. 2011 zuging. Damit stünden der Klägerin, sofern der Beklagte Unternehmer ist, gesetzliche Verzugszinsen gemäß § 1333 Abs 2 ABGB aF von 8 % pA über dem Basiszinssatz seit dem 1. 10. 2011 zu. Zugesprochen wurden ihr aber ab diesem Zeitpunkt nur 4 %, obwohl sie nach Modifikation des Zinsenbegehrens (ON 8, S 43) insgesamt 10 % begehrte.

6. Der Revision der Klägerin ist daher hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens von 6 % Zinsen per anno aus 200.000 EUR seit 1. 10. 2011 Folge zu geben und das angefochtene Urteil in diesem Umfang zur Entscheidung durch das Berufungsgericht aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 52 ZPO. Das von der Aufhebung in die zweite Instanz betroffene und noch offene Verzugszinsenbegehren stellt nur eine Nebenforderung dar. In der Kostennote des Beklagten war ein Rundungsfehler zu korrigieren.

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