OGH 6Ob77/09f

OGH6Ob77/09f2.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Dr. Valerie S*****, vertreten durch Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei Dipl-Ing. Vadim S*****, vertreten durch Dr. Daniel Charim und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2009, GZ 23 R 13/09y-80, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Tulln vom 10. November 2008, GZ 1 C 253/06i, 1 C 18/07g-75, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 447,88 EUR (darin 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (vgl § 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig:

1. Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit Beweisanträge, die nicht unmittelbar verfahrensrelevante Fragen betreffen, sondern nur mittelbar darauf abzielen, die Glaubwürdigkeit unmittelbarer Zeugen in Frage zu stellen, im Zivilprozess, insbesondere in einem Ehescheidungsverfahren, zulässig sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Frage, ob zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen oder Parteien ein Kontrollbeweis erforderlich ist, ebenso Sache der freien Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (RIS-Justiz RS0040246) wie die Frage, ob ein mittelbarer Beweis (Indizienbeweis) erbracht wurde oder nicht (RIS-Justiz RS0040278).

Mangels Revisibilität der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage kann darauf vom Obersten Gerichtshof somit nicht näher eingegangen werden.

2. Die Klägerin hält in ihrem Rekurs die Auffassung des Berufungsgerichts für verfehlt, wonach die vom Erstgericht gemäß § 275 Abs 2 ZPO als verspätet zurückgewiesenen Beweisanbote tatsächlich nicht verspätet gewesen seien.

Haben beide Tatsacheninstanzen übereinstimmend Vorbringen (§ 179 ZPO) oder Beweisanbote (§ 275 ZPO) einer Partei als verspätet angesehen, ist damit über deren Zurückweisung endgültig abgesprochen (RIS-Justiz RS0036890, RS0036739). Hat jedoch entweder das Berufungsgericht erstmals diese Auffassung vertreten (stRsp, etwa 1 Ob 263/01k; 3 Ob 61/07b) oder haben - wie im vorliegenden Verfahren - die Vorinstanzen diesbezüglich divergierende Auffassungen vertreten, dann kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zwar in dritter Instanz überprüft werden; eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich aber regelmäßig insoweit nicht, weil es ganz von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob die Voraussetzungen der §§ 179, 275 ZPO als gegeben angesehen werden können (1 Ob 263/01k; 3 Ob 61/07b).

3. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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