OGH 11Os57/13m

OGH11Os57/13m28.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alois H***** und Aloisia A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 dritter Fall, 12 dritter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Februar 2013, GZ 45 Hv 33/12v-52, und die Beschwerde der Aloisia A***** gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche der Angeklagten enthält, wurde Alois H***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 dritter Fall, 12 dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./A./1./2./ und I./B./3./ sowie II./) und Aloisia A***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall, 12 dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./A./1./ und I./B./1./ und 2./ sowie III./) schuldig erkannt.

Danach haben Alois H***** und Aloisia A***** in Wien

I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen, Aloisia A***** gewerbsmäßig, Alois H***** auch in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

A./ weggenommen, und zwar

1./ Alois H***** und Aloisia A***** am 7. Oktober 2011 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Franz B***** einen Bargeldbetrag von 200 Euro;

2./ Alois H***** am 17. Juli 2012 Rosa S***** Schmuck im Gesamtwert von 5.600 Euro;

B./ wegzunehmen versucht, indem sie sich durch einen Vorwand Zutritt zur Wohnung verschaffen wollten, um sodann Schmuck, Bargeld und sonstige Wertgegenstände an sich zu nehmen, und zwar

1./ Aloisia A***** am 8. März 2012 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter (§ 12 StGB) Helma P***** durch die Behauptung, das WC überprüfen zu müssen;

2./ Aloisia A***** am 20. September 2012 Leopoldine R***** durch die Behauptung, das WC überprüfen zu müssen;

3./ Alois H***** am 8. Dezember 2012 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit der abgesondert verfolgten Natascha A***** Gertrude S*****, wobei ihnen die Türe nicht geöffnet wurde;

II./ Alois H***** zu der unter I./B./2./ bezeichneten Tat beigetragen, indem er Aloisia A***** und die abgesondert verfolgte Natascha A*****, welche „Schmiere stand“, zum Tatort brachte und mit dem Fluchtwagen auf sie wartete;

III./ Aloisia A***** zu der unter I./B./3./ beschriebenen Tat beigetragen, indem sie im Fluchtwagen verblieb und (tatplangemäß) die Umgebung ausspähte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die in einem Schriftsatz undifferenziert für beide Angeklagten ausgeführten und aus Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten. Diese gehen fehl.

Mangels eines Schuldspruchs ist der Angeklagte Alois H***** zur Bekämpfung des Urteilsfaktums I./B./1./ nicht legitimiert. Dasselbe gilt für Aloisia A*****, soweit sie sich auch gegen I./A./2./ wendet.

Wenn die Mängelrüge (Z 5) die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugen Franz B***** (Faktum I./A./1./) und Manuela W***** (I./B./1./) als unzureichend begründet bekämpft, verlässt sie den Anfechtungsrahmen (RIS-Justiz RS0106588).

Mit dem weiters gerügten Umstand, wonach der Zeuge Franz B***** (Faktum I./A./1./) den Täter zunächst nicht beschreiben, den Angeklagten später aber identifizieren konnte, hat sich der Schöffensenat auseinandergesetzt (vgl US 11; Z 5 zweiter Fall).

In Bezug auf das Schuldspruchfaktum I./A./2./ reklamiert Alois H***** zu Unrecht das Fehlen einer Begründung (Z 5 vierter Fall) der Annahme einer Wegnahme von Schmuckstücken im Wert von 5.600 Euro, weil die Tatrichter logisch und empirisch nachvollziehbar darlegten, dass sie das Übersteigen der Wertgrenze von 3.000 Euro aus den Depositionen der Geschädigten Rosa S***** ableiteten (US 13). Soweit die Mängelrüge die Angaben der Zeugin zum Wert der Schmuckstücke in Zweifel zieht und einwendet, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre von einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert auszugehen gewesen, argumentiert sie lediglich nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Soweit damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsforschung behauptet wird, unterlässt es die Rüge (dSn Z 5a) darzutun, wodurch der durch einen Verteidiger vertretene Angeklagte Alois H***** an einer gerade darauf abzielenden Antragstellung gehindert war (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480; RIS-Justiz RS0115823, RS0114036).

Dem Vorbringen der Undeutlichkeit zuwider (Z 5 erster Fall) leiteten die Tatrichter die zu den Urteilsfakten I./B./3./ und III./ getroffenen Urteilsannahmen unmissverständlich aus einer vernetzten Betrachtung mehrerer Umstände ab (US 8 f).

Indem die Mängelrüge einzelne Argumente der Tatrichter referiert und isoliert betrachtet, statt von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe auszugehen, wird sie den Anfechtungskriterien nicht gerecht (RIS-Justiz RS0116504, RS0119370).

Eine logisch zwingende Begründung der Täterschaft ist nicht möglich und daher auch nicht erforderlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449). Verstöße der Entscheidungsgründe gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze zeigt die Mängelrüge mit dem Einwand, wonach nicht klar sei, warum die Täter gerade an der Tür zur Wohnung von Gertrude S***** geläutet hätten und es nicht ersichtlich sei, woher die ermittelnden Beamten wussten, dass nur das Opfer im Haus anwesend war, nicht auf. Vielmehr bekämpft sie einmal mehr unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0111358, RS0118317).

Als Aufklärungsrüge (Z 5a) verfehlt sie die Anfechtungskriterien, weil sie nicht darlegt, weshalb die Verteidigung an einer entsprechenden Fragestellung an die als Zeugen vernommenen Beamten gehindert war (RIS-Justiz RS0115823 [T8]).

Nach den zum Schuldspruchfaktum I./B./1./ getroffenen Feststellungen ließ Aloisia A***** lediglich deshalb von ihrem Diebstahlsvorhaben ab, weil Helma P***** nicht alleine in der Wohnung war (US 6).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit b) diese Sachverhaltsannahmen zwar referiert, gleichzeitig aber Feststellungen zu einem der Durchführung entgegen stehenden Hindernis vermisst, wird sie den Anfechtungskriterien nicht gerecht (vgl im Übrigen Haager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 141, 148 f).

Dass bei festgestelltem Wegnahme- und Bereicherungsvorsatz das ebenfalls konstatierte Misstrauen des Tatopfers und die dadurch bedingte Unmöglichkeit der Angeklagten, zu den begehrten Wertgegenständen zu gelangen, für die Strafbarkeit des Versuchs nicht ausreiche, wird in der gegen die Urteilsfakten I./B./2./ und II./ gerichteten Rüge (Z 9 lit b) lediglich behauptet.

Der Vollständigkeit halber ist hiezu festzuhalten, dass bei einem durch Scheitern beendeten Versuch ein strafbefreiender Rücktritt schon begrifflich nicht in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0090229 [T1]; Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 157; Kienapfel/Höpfel/Kert AT14 Z 23 Rz 21).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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