OGH 7Ob51/13w

OGH7Ob51/13w23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. W***** K*****, vertreten durch Dr. Christian Riesemann M. B. L. Rechtsanwalts GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pfarrkirche B*****, vertreten durch Dr. Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung und Herausgabe, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2013, GZ 2 R 7/13m‑15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die außerordentliche Revision beruft sich darauf, die Erbschaftsklage sei nicht verjährt, weil der Oberste Gerichtshof „in neuerer Rechtsprechung“ den Standpunkt vertrete, dass die Verjährung erst beginne, sobald der Geltendmachung des Anspruchs kein rechtliches Hindernis mehr im Weg stehe und verweist dazu auf die Entscheidung „10 Ob 200/06b“ (= 1 Ob 200/06b). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beginne die Frist des § 1487 ABGB erst zu laufen, wenn der Anspruchsteller über anfechtungsrelevante Sachverhalte entsprechend informiert sei. Außerdem habe die Beklagte den Nachlass verwirkt, indem sie das Grab verkleinerte.

Rechtliche Beurteilung

Damit wird keine nach § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:

Nach Lehre und Rechtsprechung unterliegt die Erbschaftsklage dann der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB, wenn der Kläger ‑ wie hier ‑ zugleich eine letztwillige Verfügung „umstoßen“ muss (5 Ob 116/12p [P 3.4.1 mwN]). Diese kurze Verjährungsfrist soll dem Testamentserben so schnell wie möglich Gewissheit darüber verschaffen, ob und wie weit der letzte Wille von einer Anfechtung durch Dritte unberührt bleibt (RIS‑Justiz RS0013139). Unter den in § 1487 ABGB gebrauchten Begriff „eine Erklärung des letzten Willens umstoßen“ fällt nicht nur die Geltendmachung von Willensmängeln des Erblassers, sondern auch die Geltendmachung einer Beschränkung der freien letztwilligen Verfügungsmacht des Erblassers durch einen Erbvertrag oder des Mangels der Testierfähigkeit (vgl RIS-Justiz RS0034342 [insbesondere T1]; R. Madl in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 1487 Rz 5 mwN).

Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung die Regelung des § 1487 ABGB, dass das Recht, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen, binnen drei Jahren geltend gemacht werden muss und nach Verlauf dieser Zeit verjährt ist, nicht angewendet werden, wenn die Unterschiebung und Fälschung eines letzten Willens behauptet wird (RIS‑Justiz RS0034363). Hier macht der Kläger jedoch geltend, dass das Testament mangels Testierfähigkeit des Testators ungültig sei, sodass der letztgenannte Ausnahmefall nicht vorliegt.

Zum Beginn der Verjährungsfrist wurde bereits zu 4 Ob 602/79 festgehalten, dass sie ab dem Tag der ersten Möglichkeit zur gerichtlichen Geltendmachung läuft (vgl auch RIS-Justiz RS0034342), spätestens aber ab Einantwortung des Nachlasses. In der Entscheidung 8 Ob 537/91 wurde ausgeführt, dass zur Frage, wann diese Verjährungsfrist zu laufen beginne, in der Rechtsprechung verschiedene Standpunkte vertreten worden seien. Nach Ansicht des dort erkennenden Senats beginnt die dreijährige Frist des § 1487 ABGB ‑ sofern nicht widerstreitende Erbserklärungen vorliegen ‑ zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem klar ist, dass man klagen muss, um die Erbschaft zu erlangen (vgl RIS‑Justiz RS0106004, RS0034312 [T1]).

Die im Rechtsmittel zitierte Entscheidung 1 Ob 200/06b stellt insoweit klar, dass vor Beendigung aller (dort geführten) Erbrechtsstreitigkeiten hinsichtlich der dem Testament nachfolgenden fünf weiteren letztwilligen Verfügungen eine Pflichtteilsergänzungsklage nicht nur nach subjektiven wirtschaftlichen Erwägungen, sondern (angesichts der nicht leicht vorhersehbaren Ergebnisse dieser Rechtsstreitigkeiten) auch nach objektiven Gesichtspunkten unvernünftig wäre (RIS‑Justiz RS0106004 [T2]).

Für den Standpunkt des Klägers ist aus dieser „jüngeren“ Rechtsprechung nichts zu gewinnen: Auch danach knüpft der Beginn der Verjährungsfrist nämlich grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung an und subjektive oder nur in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse haben in der Regel auf den Beginn der Verjährung keinen Einfluss (RIS-Justiz RS0034248; zuletzt 9 ObA 46/12y). Außer bei arglistiger Verhinderung der Kenntnisnahme ist der Verjährungsbeginn von der Kenntnis des Berechtigten also unabhängig ( Dehn in KBB³ § 1487 Rz 2 aE mwN; R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 1487 Rz 3 mwN in FN 9). Die Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten ist ‑ soweit das Gesetz keine Ausnahmen macht (wie etwa im § 1489 ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen) ‑ für den Beginn der Verjährung vielmehr bedeutungslos (vgl RIS‑Justiz RS0034248 [T7, T9, T12]; vgl auch 1 Ob 139/12s mwN [zur Verjährung des Anspruchs auf Pflichtteilsergänzung, weil „die Verjährungsfrist des § 1487 ABGB nach herrschender Meinung als objektive, von der subjektiven Einschätzung des Noterben der Berechtigung seines Anspruchs unabhängige Frist konzipiert ist“]).

Die Beurteilung, die kurze Frist des § 1487 ABGB (zur Umstoßung eines letzten Willens [s dazu Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 1487 ABGB Rz 8]) habe hier ‑ unabhängig von der Kenntnis des Berechtigten ‑ spätestens mit der Einantwortung zu laufen begonnen, liegt im Rahmen ständiger Rechtsprechung, wonach dies nur dann anders ist, wenn der Schuldner die Kenntnisnahme des Berechtigten arglistig verhindert oder das Gesetz ausdrücklich Kenntnis des Anspruchs als Voraussetzung für den Lauf der Verjährung festsetzt (vgl RIS-Justiz RS0034211). Feststellungen zum Zeitpunkt der subjektiven Kenntnis des Klägers von allfälligen Anfechtungsgründen sind entbehrlich, weil die Einantwortung im Jahr 1982 erfolgte und daher jedenfalls mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung (am 13. 4. 2012) liegt.

Auch hinsichtlich der von den Vorinstanzen verneinten Verwirkung zeigt der Rechtsmittelwerber keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung auf. Einerseits ist der Verfügung des Erblassers nämlich nicht zu entnehmen, dass das Grab nicht verkleinert werden dürfe; andererseits hindert eine Verkleinerung des Grabes die ordnungsgemäße Erfüllung der Grabpflege nicht. Entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers ist die Rechtsbeurteilung der Vorinstanzen nicht zu beanstanden, weshalb insgesamt kein (weiteres) Beweisverfahren erforderlich ist.

Die Zurückweisung der außerordentlichen Revision bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

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