OGH 10ObS54/13h

OGH10ObS54/13h16.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Günther Fornara, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2013, GZ 7 Rs 8/13w-33, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der an das Berufungsgericht gerichtete Antrag der Klägerin, den Entscheidungsgegenstand zu bewerten und den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gemäß § 508 Abs 3 ZPO in eine Zulassung der ordentlichen Revision abzuändern ist verfehlt, weil die Absätze 2 und 3 des § 502 ZPO für Streitigkeiten in Arbeits- und Sozialrechtssachen nicht gelten (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO):

1.1. Wenn das Berufungsgericht - wie hier - im Berufungsurteil nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, kann eine außerordentliche Revision erhoben werden, ohne dass es einer Bewertung des Entscheidungsgegenstands oder einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf.

1.2. Da sich die Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO inhaltlich mit der Zulassungsbeschwerde gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu decken hat, ist dieser mit einer ordentlichen Revision verbundene Antrag der Klägerin in eine außerordentliche Revision umzudeuten (RIS-Justiz RS0110049; 7 Ob 145/12t; 10 ObS 64/12b jeweils mwN), die jedoch mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig ist.

2. Die Zulassungsbeschwerde beruft sich - im Wesentlichen - allein darauf, dass das Berufungsgericht die aufgezeigte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz zu Unrecht verneint habe. In der entscheidenden Frage der Ergänzung des Gerichtsgutachtens sei es „nicht ausreichend“ von den neuen Beweismitteln ausgegangen.

3. Ob ein schon in der Berufung behaupteter angeblicher Mangel des Verfahrens erster Instanz (hier die nicht ausreichende Gutachtensergänzung angesichts vieler „Privaturkunden“ zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin) vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurde, ist jedoch vom Revisionsgericht auch in Sozialrechtssachen nicht mehr zu prüfen (RIS-Justiz RS0043061; jüngst: 10 ObS 33/13w und 10 ObS 37/13h mwN).

3.1. Da dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf die von der Rechtsmittelwerberin weiterhin geltend gemachte angebliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verwehrt ist (10 ObS 37/13h mwN), ist auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (10 ObS 33/13w mwN).

3.2. Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei (wie die Klägerin meint) deshalb mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (RIS-Justiz RS0042963 [T58]; RS0043061 [T18]; 10 ObS 37/13h; 7 Ob 145/12t mwN).

4. Nur dann, wenn das Berufungsgericht wegen unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte, würde dies nicht gelten (10 ObS 33/13w mwN; 10 ObS 37/13h mwN; RIS-Justiz RS0043166). Auch diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

5. Davon abgesehen gehört die Frage, ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, zur Beweiswürdigung und kann daher im Revisionsverfahren nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0043320 [T12]). Eine Anfechtung der Ergebnisse von Sachverständigengutachten, welche die Tatsacheninstanzen ihren Entscheidungen zugrunde legten, kann unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels somit gar nicht erfolgen (RIS-Justiz RS0043168), und mittels Rechtsrüge wären die Gutachtensergebnisse nur bekämpfbar, wenn dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze, (sonstige) Erfahrungssätze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0043168; RS0043404; 7 Ob 85/12v mwN). Auch einen solchen Verstoß zeigt die außerordentliche Revision der Klägerin aber nicht auf:

5.1. Die hier allein angesprochene Frage, ob dem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann oder ob ein weiteres eingeholt werden soll, ist nämlich eine solche der nicht revisiblen Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043163; RS0043320; RS0043414; 7 Ob 145/12t) und wurde hier von den Tatsacheninstanzen - unanfechtbar - dahin beantwortet, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit des eingeholten Gutachtens zu erwecken.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte