OGH 2Ob107/12t

OGH2Ob107/12t14.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Fiebinger Polak Leon & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei (nunmehr) K***** GmbH, *****, vertreten durch SchneideR'S Rechtsanwalts-KG in Wien, wegen 82.990,10 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. April 2012, GZ 2 R 62/12y-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, das durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetz oder die aufgehobene Verordnung weiterhin auf Tatbestände anzuwenden, die sich vor dem Außerkrafttreten des aufgehobenen Gesetzes oder der aufgehobenen Verordnung konkretisiert haben, sofern der Verfassungsgerichtshof nichts anderes ausgesprochen hat (vgl 10 Ob 31/12z; RIS-Justiz RS0054186). Dies gilt auch für feststellende Erkenntnisse, in denen der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass ein Gesetz (oder eine Verordnung) verfassungs- bzw gesetzwidrig war (vgl 2 Ob 11/10x; RIS-Justiz RS0053996). Soweit nach diesen Grundsätzen ein Gesetz (oder eine Verordnung) weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes (der Verordnung) durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen (10 ObS 206/03x; RIS-Justiz RS0053996 [T2]). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl etwa VfGH vom 15. 12. 2011, V 127/11, zur auch hier streitgegenständlichen Systemnutzungstarife-Verordnung [SNT-VO] 2010 [Novelle 2011]).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit dieser Rechtsprechung im Einklang, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird insoweit nicht dargetan. Ein Anwendungsfall des § 879 ABGB liegt nicht vor.

2. Der Oberste Gerichtshof hat sich jüngst in der Entscheidung vom 4. 3. 2013, 8 Ob 7/13g, in einem gleich gelagerten Fall unter Berücksichtigung des einschlägigen Schrifttums eingehend mit den unionsrechtlichen Argumenten der (auch hier) klagenden Partei auseinandergesetzt und ist dabei zu folgendem Ergebnis gelangt:

„Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art 47 Abs 1 GRC garantiert, dass einem Betroffenen ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung steht. In den Schutzbereich dieses Grundrechts fällt die Verletzung von (subjektiven) Rechten oder von Freiheiten, die durch Unionsrecht garantiert werden. Art 47 GRC ist akzessorisch zur Geltendmachung der Verletzung eines entsprechenden materiellen Rechts. Die Rechtsverletzung muss in Form einer materiellen Rüge schlüssig behauptet werden. Eine solche Rüge kann sich auf die materielle Unionsrechtswidrigkeit oder auf die Ungültigkeit des unionsrechtlichen Rechtsakts beziehen. Der effektive Rechtsschutz bezieht sich auf die effektive Durchsetzung der materiellen Rüge.“

Da die klagende Partei keine materielle Rüge erhoben hatte, blieb es bei der Anwendbarkeit der (auch hier) maßgebenden SNT-VO 2010 (Novelle 2011).

3. Die Grundsätze der referierten Entscheidung gelten auch im vorliegenden Fall. Auch in diesem hat die klagende Partei keine materielle Rüge erhoben. Im Hinblick auf die bereits entschiedene Rechtsfrage sind die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht mehr erfüllt (vgl RIS-Justiz RS0112921, RS0112769).

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