OGH 4Ob118/12z

OGH4Ob118/12z18.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Deixler Mühlschuster Rechtsanwälte OG in Wels, gegen die beklagte Partei M***** S*****, vertreten durch Mag. Christian Schönhuber, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen Herausgabe und Löschung (Streitwert 20.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. März 2012, GZ 6 R 26/12d-26, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 29. November 2011, GZ 26 Cg 112/10i-22, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Versicherungsgesellschaft hatte mit einer Personengesellschaft einen „Generalagenturvertrag“ geschlossen, diese wiederum mit dem Beklagten einen „Partneragenturvertrag“. Der letztgenannte Vertrag enthielt folgende Bestimmung:

„Alle Geschäftsunterlagen - insbesondere auch Adressenmaterial (Karteien, elektronisch gespeicherte Dateien usw.) sind Eigentum der [Klägerin] und sind bei Auflösung des PartnerAgenturvertrages unaufgefordert an den GeneralAgenten zurückzugeben. EDV-Programme und darin enthaltene Daten sind bei Beendigung des Vertragsverhältnisses unaufgefordert zu löschen.“

Der Vertrag zwischen dem Beklagten und der Generalagentin wurde am 6. April 2010 aufgelöst. Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte gegenüber der Klägerin zur Herausgabe von Unterlagen und zur Löschung von Programmen und Daten auf seinem Laptop verpflichtet ist.

In ihrer Klage beantragte die Klägerin, dem Beklagten aufzutragen,

1. der Klägerin „sämtliche Unterlagen und Akten betreffend die bei Beendigung des zwischen der [Generalagentin] und dem Beklagten bestehenden Partneragenturvertrages am 6. April 2010 zum Kundenstock des Beklagten gehörigen Kunden, insbesondere Adressenmaterial, Antragskopien, Polizzenkopien, Kopien von Schadenfällen und die Korrespondenz herauszugeben“;

2. das von der Klägerin „zur Verfügung gestellte EDV-Programm VIP-Kundensystem und die im Zusammenhang damit stehenden Daten im Zusammenwirken mit der klagenden Partei zu löschen“.

Punkt 1 dieses Begehrens blieb während des Verfahrens unverändert; Punkt 2 änderte die Klägerin zweimal ab, wobei die letzte Fassung darauf gerichtet ist, den von der Klägerin

„zur Verfügung gestellten 'U*****-Arbeitsplatz' und die im Zusammenhang damit stehenden Daten und Programme im Zusammenwirken mit der Klägerin zu löschen“.

Die Klägerin stützt ihre Begehren einerseits auf ihr „Eigentum“ an den begehrten Unterlagen und den zu löschenden Programmen und Daten, andererseits darauf, dass ihr die Generalagentin die entsprechenden Ansprüche aus dem Vertrag mit dem Beklagten abgetreten habe. Das Herausgabebegehren sei durch den Hinweis auf den Kundenstock zu einem bestimmten Zeitpunkt und die sich darauf beziehenden Unterlagen ausreichend bestimmt. Das Löschen des „VIP-Kundensystems“ sei nur mit einem Administrator-Passwort der Klägerin möglich. Ein konkretes Vorbringen zum „U*****-Arbeitsplatz“ und zu den damit in „Zusammenhang“ stehenden „Daten und Programmen“ erstattete die Klägerin nicht.

Der Beklagte wendet ein, das Klagebegehren sei zu unbestimmt. Die Klägerin müsse die Unterlagen und Programme durch Merkmale beschreiben, die sie von „ähnlichen Sachen gleicher Gattung“ unterschieden. Ein EDV-Programm sei nur durch die Lizenznummer ausreichend bestimmt. Wenn überhaupt, sei er nur gegenüber der Generalagentin zur Herausgabe verpflichtet. Das „VIP-Kundensystem“ habe er sofort nach seinem Ausscheiden gelöscht. Mitgenommen habe er nur persönliche Unterlagen, insbesondere Beratungsprotokolle, die ihm zur Absicherung gegen Schadenersatzforderungen von Kunden dienten. Die Herausgabe dieser Unterlagen habe die Klägerin nicht konkret begehrt. Zudem stünden ihm ohnehin alle strittigen Unterlagen zu, da sie sich auf „ihm zugehörige“ Kunden bezögen. Zum geänderten Begehren auf Löschung des „U*****-Arbeitsplatzes“ und der damit im „Zusammenhang“ stehenden „Daten und Programme“ brachte der Beklagte vor, dass er „mit den ihm von der klagenden Partei zur Verfügung gestellten Computerprogrammen im weitesten Sinne, insbesondere der gesamten Software“ nicht mehr arbeiten könne, insbesondere könne er keine Daten mehr abrufen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, dass die Generalagentin den Vertrag am 6. April 2010 aufgrund von Malversationen des Beklagten fristlos beendet habe, der Beklagte habe dies akzeptiert. Am 8. April 2010 habe der Beklagte aus dem Büro der Generalagentin etwa fünfzehn bis zwanzig „im Eigentum der Klägerin stehende“ Ordner mit Unterlagen zu seinem bisherigen Kundenstock mitgenommen. Dabei habe es sich um „Kundendaten“ und „kundenbezogene Unterlagen“ wie Originalvollmachten, Fremdpolizzen, Schadensformulare, Karteikarten, Beratungsprotokolle, Durchschläge von „Handanträgen“, Kündigungsschreiben an Mitbewerber und Ähnliches gehandelt. Weiters habe der Beklagte Schulungsunterlagen und „persönliche Mitschriften“ mitgenommen. Das von der Klägerin erstellte „VIP-Kundensystem“ habe er nicht von seinem Laptop löschen können, da er dafür ein Administrator-Passwort der Klägerin gebraucht hätte. Online könne der Beklagte dieses Programm nicht mehr nutzen, wohl aber könne er auf lokal gespeicherte Daten der Klägerin zugreifen. Weiters befänden sich auf seinem Computer Programme, deren Lizenzrechte bei der Klägerin lägen. Auf dieser Grundlage sei der Beklagte zur Herausgabe der Unterlagen und zur Löschung der Programme verpflichtet. Bei lebensnaher Betrachtung seien seine Begehren ausreichend bestimmt.

In seiner Berufung bekämpfte der Beklagte sämtliche Feststellungen des Erstgerichts. In der Rechtsrüge hielt er daran fest, dass die Begehren zu unbestimmt seien.

Das Berufungsgericht wies beide Begehren ab. Es sprach aus, dass sein Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zunächst nicht zu.

Die mit einer Herausgabeklage begehrten Sachen seien so genau wie möglich zu bezeichnen, um sie im Fall einer Zwangsvollstreckung identifizieren zu können. Dabei sei das Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können und Sicherheit in Bezug auf die Entscheidungswirkungen zu haben, mit dem Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz abzuwägen. Ein Klagebegehren auf Herausgabe eines Kundenakts sei nach 8 ObA 29/09w nur dann schlüssig, wenn der Kläger damit die Herausgabe eines physischen Akts anstrebe. Soweit zwischen den Parteien aber strittig sei, ob ein Akt vollständig sei oder ob weitere Unterlagen eines Kunden herauszugeben seien, oder soweit die Klägerin überhaupt die Herausgabe bestimmter, auch nicht in einem physischen Akt befindlicher Unterlagen anstrebe, reiche die Bezugnahme auf einen Kundenakt nicht aus, weil unter dieser Voraussetzung ein auf die Herausgabe eines Kundenakts gerichtetes Klagebegehren nicht vollstreckbar wäre. Vielmehr sei es in diesem Fall erforderlich, die begehrten Urkunden oder Unterlagen näher zu bezeichnen. Dies habe die Klägerin nicht getan. Daher fehle dem Vollstrecker jeder konkrete Anhaltspunkt, welche Urkunden er dem Beklagten wegzunehmen hätte. Da die Klägerin Vertragspartnerin der vom Beklagten vermittelten Versicherungsnehmer sei, hätte sie die Urkunden problemlos individuell beschreiben können. Das Löschungsbegehren sei unbestimmt, weil nicht erkennbar sei, worin die darin genannte Mitwirkung der Klägerin liegen solle. Weiters habe die Klägerin nicht konkretisiert, welche Daten und Programme mit dem von ihr zur Verfügung gestellten „U*****-Arbeitsplatz“ in Zusammenhang stünden. Dies führe zur Abweisung beider Begehren, ohne dass es auf das weitere Berufungsvorbringen ankomme. Darin liege keine unzulässige Überraschungsentscheidung, weil der Beklagte schon in erster Instanz auf die Unbestimmtheit der Begehren hingewiesen habe.

In ihrer mit einem Zulassungsantrag verbundenen Revision macht die Klägerin geltend, dass beide Begehren ausreichend bestimmt gewesen seien. Zudem sei das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht die Klägerin mit seiner Entscheidung überrascht habe.

Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 2 Ob 244/99t niedrigere Anforderungen an die Bestimmtheit eines Herausgabebegehrens gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Das Berufungsgericht hat die Grundsätze zur Bestimmtheit von Klagebegehren an sich zutreffend dargestellt.

1.1. Bei nicht auf Geldleistung gerichteten Klagen ist das Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO erfüllt, wenn dem Urteilsantrag unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauchs und nach dem Verständnis des Verkehrs entnommen werden kann, was begehrt ist (4 Ob 127/51 = EvBl 1952/229; RIS-Justiz RS0037874; zuletzt etwa 4 Ob 93/10w = ÖBl 2011, 221 - Sternzeichen). Dabei ist das Begehren so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist; versehentlich unrichtig formulierte Klagebegehren hat das Gericht richtig zu fassen (RIS-Justiz RS0037440; zuletzt etwa 4 Ob 176/10a). Maßgebend ist also nicht allein der Wortlaut des Klagebegehrens, sondern auch der Inhalt der Prozessbehauptungen (RIS-Justiz RS0041078; RS0041165; RS0041254).

1.2. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist das Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können und Sicherheit in Bezug auf die Entscheidungswirkungen zu haben, mit dem Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz abzuwägen (4 Ob 86/07m = ÖBl-LS 2007/211, 212; RIS-Justiz RS0037874 [T33]). Ein Klagebegehren ist in der Regel unbestimmt, wenn ein stattgebendes Urteil nicht Grundlage einer Exekution sein könnte (10 Ob 60/05d = AnwBl 2005, 522 mwN; RIS-Justiz RS0000799, RS0037452).

1.3. Von der Frage der Bestimmtheit des Begehrens ist jene nach dessen materieller Berechtigung zu unterscheiden (4 Ob 17/91 = ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; RIS-Justiz RS0037518; zuletzt etwa 4 Ob 93/10w - Sternzeichen). Die diesbezüglichen Entscheidungen sind zwar jeweils zu Unterlassungsgeboten ergangen; sie gelten aber in gleicher Weise auch für andere nicht auf Geldleistung gerichtete Begehren. Auch hier kann es vorkommen, dass eine abstrakt gehaltene Formulierung durchaus bestimmt ist, weil sie die geforderte Leistung eindeutig beschreibt, etwa die Herausgabe „aller“ Urkunden mit einem bestimmten Merkmal oder die Löschung „aller“ Programme auf einem bestimmten Computer. Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob dieses Begehren nach dem anzuwendenden materiellen Recht auch berechtigt ist, ob also das bestimmte (weite) Begehren zur Gänze von einem materiellen Anspruch gedeckt ist.

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf das hier strittige Herausgabebegehren führt zu folgendem Ergebnis:

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein auf Herausgabe „sämtlicher Geschäftsunterlagen“ gerichtetes Klagebegehren ausreichend bestimmt ist (1 Ob 1052/52 SZ 26/8; RIS-Justiz RS0037512, RS0037874 [T12]). In der von der Revisionswerberin genannten Entscheidung 2 Ob 244/99t (= RdW 1999, 785) sah er ein (Sicherungs-)Begehren auf Hinterlegung „sämtlicher Kundenakten und Kundendaten sowie Kundenaufzeichnungen gemäß Punkt 7.4“ eines bestimmten Vertrags als unproblematisch an. Nach dieser Bestimmung hatte sich der Beklagte verpflichtet,

„mit dem Tag der Beendigung der Tätigkeit ... jedenfalls seinen Kundenstock und die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsunterlagen an den Nachfolger bzw an die Stammfirma [= Klägerin] weiterzugeben. Unter Kundenstock sind sämtliche Rechte und alle geführten Aufzeichnungen, Kundenakten, Daten etc zu verstehen, welche über Kunden oder potentielle Kunden angelegt wurden“.

2.2. Der hier zu beurteilende Fall ist damit vergleichbar. Die Klägerin begehrt die Herausgabe „sämtlicher“ Unterlagen und Akten „betreffend“ die bei Beendigung des Vertrags zum Kundenstock des Beklagten gehörenden Kunden; dies wird durch eine Insbesondere-Formulierung konkretisiert, die etwa jener entspricht, die sich in 2 Ob 244/99t aus dem Verweis auf eine Vertragsklausel ergab. Da der Beklagte als Vermittler nur für eine Versicherung tätig war, ist der Hinweis auf die zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seinem Kundenstock gehörenden Kunden eindeutig; das Begehren erfasst damit alle Urkunden, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind und Versicherungsangelegenheiten von Kunden des Beklagten betreffen. An der Durchsetzbarkeit eines stattgebenden Urteils bestehen keine Zweifel, da dieses Kriterium auch für ein Vollstreckungsorgan leicht nachvollziehbar ist. Einsicht in Urkunden müsste der Vollstrecker auch bei einer konkreteren Beschreibung nehmen; seine Tätigkeit wäre dann sogar aufwändiger, weil sie mit einer umfangreicheren inhaltlichen Prüfung verbunden wäre.

2.3. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 8 ObA 26/09w steht dem nicht entgegen. Im Vordergrund stand dort die materielle Berechtigung des Begehrens, die aus verschiedenen Gründen zweifelhaft war (Punkt II.4). Die Frage der Bestimmtheit (Punkt II.5) stellte sich nach Auffassung des 8. Senats deswegen, weil der Kläger die Herausgabe von „Kundenakten“ zu bestimmten Kunden begehrt hatte. Zwischen den Parteien war strittig gewesen, welche Urkunden zu diesen Akten gehörten; zudem hatte die Klägerin nach dem (ebenfalls maßgebenden, oben 1.1.) Klagevorbringen offenkundig auch die Herausgabe von Urkunden angestrebt, die sich nicht in den (physischen) Kundenakten befanden. Damit gab das Begehren das vom Kläger tatsächlich Gewollte nicht in bestimmter Weise wieder. Demgegenüber besteht am Inhalt des hier zu beurteilenden Begehrens kein Zweifel, da es nicht auf bestimmte „Akten“ eingeschränkt, sondern umfassend formuliert ist.

2.4. Eine andere Frage ist, ob und wieweit dieses Begehren berechtigt ist.

(a) Dem Grund nach besteht kein Zweifel am Herausgabeanspruch der Klägerin. Sie hat eine Abtretung des vertraglichen Anspruchs durch die Generalagentin behauptet, das Erstgericht hat diese Abtretung festgestellt. Der Beklagte hat zwar auch diese Feststellung in der Berufung (formal) mit Beweisrüge bekämpft; inhaltlich bezieht sich sein dazu erstattetes Vorbringen aber ausschließlich auf eine bloß im räumlichen Zusammenhang damit stehende - für den Prozess aber unerhebliche - Feststellung zum Abwerben von Kunden. Damit hat der Beklagte die Feststellung zur Abtretung des Herausgabeanspruchs in Wahrheit nicht bekämpft. An der Abtretbarkeit dieses Anspruchs besteht kein Zweifel (§ 1393 ABGB). Auf die Frage des „Eigentums“ an diesen Unterlagen kommt es angesichts der vertraglichen Anspruchsgrundlage nicht an.

(b) Strittig ist allerdings die Reichweite des Anspruchs, und zwar in zwei Richtungen.

Zum einen bestreitet der Beklagte, über bestimmte der „insbesondere“ genannten und damit von der Klägerin jedenfalls begehrten Urkunden zu verfügen. Trifft das zu, so wäre das Begehren insofern abzuweisen (8 ObA 26/09w mwN). Die insofern erhobene Beweisrüge des Beklagten ist daher nicht von vornherein unerheblich. Zum anderen behauptet der Beklagte, dass „persönliche“ Unterlagen, insbesondere Beratungsprotokolle, nicht vom Herausgabeanspruch erfasst seien. Diese Unterlagen „betreffen“ zweifellos die Kunden des Beklagten, sodass sie unter das weit gefasste Begehren fallen. Trifft der Einwand des Beklagten zu, was durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln ist, wäre das Begehren insofern abzuweisen. Spruchreife besteht insofern nicht, weil die dafür maßgebende Auslegung der Vertragsklausel bisher nicht einmal ansatzweise erörtert wurde.

2.5. Damit ist eine abschließende Erledigung des Herausgabebegehrens noch nicht möglich. Der Beklagte wird im fortgesetzten Verfahren im Einzelnen darzulegen haben, welche - vom weiten Begehren erfasste - Urkunden aufgrund welcher Erwägungen nicht vom Herausgabeanspruch der Klägerin erfasst sind. Soweit dies nach Erörterung strittig bleibt, wird das Erstgericht darüber zu entscheiden haben. Erweist sich der Standpunkt des Beklagten als berechtigt, wird eine Teilabweisung erforderlich sein.

3. Das Begehren auf Löschung von EDV-Programmen und Daten ist ebenfalls noch nicht spruchreif.

3.1. Das Berufungsgericht begründet seine Auffassung, dass das Begehren auch insofern unbestimmt sei, mit zwei Erwägungen. Einerseits sei nicht klar, worin das im Begehren genannte „Zusammenwirken“ mit der Klägerin bestehen solle, andererseits ergebe sich daraus nicht, welche Daten und Programme konkret gelöscht werden sollten. Beides trägt die Abweisung nicht.

3.2. Nach dem Vorbringen der Klägerin erfordert das Löschen der von ihr zur Verfügung gestellten Programme die Eingabe eines nur ihr bekannten Administrator-Passworts. Da dem Vorbringen keine anderen Handlungen zu entnehmen sind, die von der Klägerin beim Löschen zu setzen wären, besteht kein Zweifel, dass ihr Mitwirken (nur) in der Eingabe dieses Passworts bestehen soll. Zwar ist es angebracht, dies auch im Spruch klarzustellen. Das hätte aber, wenn nur dieser Punkt einer Bestätigung des Ersturteils entgegengestanden wäre, ohne weiteres auch durch das Berufungsgericht - allenfalls nach Erörterung in einer Berufungsverhandlung - erfolgen können.

3.3. Richtig ist, dass sich weder aus dem (geänderten) Begehren noch aus dem übrigen Vorbringen der Klägerin ergibt, worin der „Zusammenhang“ zwischen dem „U*****-Arbeitsplatz“ und den zu löschenden „Daten und Programmen“ besteht. Insofern ist das Begehren daher tatsächlich unbestimmt. Auch das konnte aber eine sofortige Abweisung nicht tragen.

(a) Zwar hat die Klägerin die Änderung des Klagebegehrens in der Verhandlung vom 11. Mai 2011 in keiner Weise begründet. Weder brachte sie vor, wie sich der „U*****-Arbeitsplatz“ vom „VIP-Kundensystem“, das in den früheren Fassungen des Begehrens genannt war, unterscheide, noch konkretisierte sie, welche „Daten und Programme“ mit diesem „Arbeitsplatz“ im „Zusammenhang“ stünden. Allerdings erfolgte diese Klageänderung, nachdem das Gericht den Laptop des Beklagten in Augenschein genommen hatte. Aufgrund dieses Augenscheins war offenkundig allen Beteiligten klar, worauf sich das neue Begehren bezog. Denn auch der Beklagte behauptete nicht, dass das neu gefasste Begehren zu unbestimmt sei; er brachte nur vor, dass er „mit den ihm von der klagenden Partei zur Verfügung gestellten Computerprogrammen im weitesten Sinne, insbesondere der gesamten Software“ nicht mehr arbeiten, insbesondere keine Daten mehr abrufen könne. Zum Beweis beantragte er die Einholung eines Gutachtens.

(b) Damit ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, die Abweisung wegen Unbestimmtheit sei keine Überraschungsentscheidung, verfehlt. Denn der Beklagte hat zwar zur ersten Fassung des Begehrens mangelnde Bestimmtheit eingewendet. Er hat diesen Einwand aber nach der Klageänderung nicht wiederholt, sondern diese nur inhaltlich bestritten. Auch das Erstgericht nahm ausreichende Bestimmtheit an. Damit hatte die Klägerin keine Veranlassung, ihr Begehren weiter zu präzisieren. Hält das Berufungsgericht das Begehren unter diesen Umständen - hier sachlich durchaus zutreffend - für unbestimmt, hat es das Urteil des Erstgerichts aufzuheben und es anzuweisen, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens aufzutragen, oder selbst bei der mündlichen Berufungsverhandlung die Frage der richtigen Fassung des Begehrens zu erörtern und den Kläger zur Verbesserung seines Begehrens aufzufordern (3 Ob 258/09a = JBl 2010, 663 mwN; RIS-Justiz RS0036871).

(c) Weist das Berufungsgericht das Begehren unter diesen Umständen ohne Erörterung ab, ist sein Verfahren mangelhaft. Um die Relevanz dieses Mangels aufzuzeigen, muss der Kläger in der Revision darlegen, was er im Fall einer Erörterung vorgebracht hätte (RIS-Justiz RS0037325 [T5]; RS0120056 [T2, T8]). Dieses Erfordernis hat die Klägerin hier gerade noch erfüllt, indem sie - wenngleich im Rahmen der Rechtsrüge - ausführte, der „U*****-Arbeitsplatz“ sei ein „Oberprogramm“, unter welchem individuelle Daten und Programme gespeichert seien. Lösche man den Arbeitsplatz, lösche man gleichzeitig alle damit zusammenhängenden Daten und Programme; eine Präzisierung sei nicht möglich, weil die gespeicherten Programme vom einzelnen Anwender abhingen.

3.4. Zum Mangel des Berufungsverfahrens tritt ein sekundärer Feststellungsmangel. Die Klägerin hat sich auch für das Löschungsbegehren darauf berufen, dass ihr die Generalagentin den im Vertrag mit dem Beklagten begründeten Anspruch abgetreten habe. Das Erstgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Dies wird im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.

3.5. Damit ist auch beim Löschungsbegehren eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung erforderlich. Das Erstgericht wird mit der Klägerin die mangelnde Bestimmtheit dieses Begehrens zu erörtern haben und nach dessen Konkretisierung auch Feststellungen zur Abtretung des dem Begehren zugrunde liegenden Anspruchs zu treffen haben.

4. Aus diesen Gründen sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, und die Rechtssache ist zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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