Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
1. Das angefochtene Urteil, das in der Abweisung des Klagebegehrens auf Auskunftserteilung hinsichtlich der Kundin G***** GmbH sowie in der Abweisung des gesamten Klagebegehrens betreffend die Kunden:
H***** B*****/E***** G*****
***** C***** C*****
M***** D*****
H***** und M***** E*****
R***** E*****
B***** F*****
(*****)
„Firma“ W*****
R***** H*****
J***** H*****
R***** H*****
A***** J*****
E***** K*****
A***** K*****
R***** K*****
B***** K*****
„*****-G*****“
H***** und H***** K*****
M***** K*****
T***** K*****
K***** K*****
B***** und F***** L*****
M***** M*****
***** N***** M*****
K***** und R***** M*****
J***** M*****
M***** B*****
A***** und B***** R*****
C***** R*****
V***** R*****
F***** R*****
F***** S*****
S***** B*****
***** A***** GmbH
„T*****“ (*****)
T***** S*****
***** G***** und M***** V*****
R***** W*****
S***** W*****
***** L*****
unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass das Ersturteil, das in der Stattgebung des Klagebegehrens auf Herausgabe zweier Versicherungsurkunden der A*****-AG betreffend die Kundin ***** B***** P***** unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, in der Abweisung des Klagebegehrens, der Beklagte sei schuldig, die von ihm in seiner Zeit als Geschäftsführer der Klägerin (zwischen 22. 4. 2003 und 7. 12. 2005) angelegten Kundenakten gesamtumfänglich herauszugeben, hinsichtlich der Kunden
C***** A*****
M***** B*****
A***** E*****
***** G***** A*****
P***** G*****
E***** H*****
A***** und H***** J*****
H***** J*****
N***** K*****
***** F***** K*****
F***** K*****
H***** K*****
B***** K*****
E***** K*****
S***** L*****
K***** L*****
D***** M*****
***** B***** P*****
A***** und M***** R*****
J***** R*****
S***** GmbH
G***** W*****
D***** W*****
J***** und M***** W*****
T***** und H***** B*****
„H*****“
G***** GmbH
als Teilurteil wiederhergestellt wird.
Die hierauf entfallende Entscheidung über die Verfahrenskosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
2. Im Übrigen, daher im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens auf Herausgabe von Kundenakten betreffend die Kunden L***** und A***** E*****, E*****gmbH, ***** M***** GmbH, E***** K*****, P***** K***** - C***** sowie ***** A***** Z*****, sowie im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens, der Beklagte sei schuldig, Auskunft darüber zu erteilen in welchen Angelegenheiten er die in den Punkten I.a) und I.c) des Urteils des Berufungsgerichts genannten Kunden und den Kunden K***** L***** beraten und welche Geschäftsfälle er für diese abgeschlossen und/oder vermittelt hat, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die auf diesen Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin wurde am 22.4. 2003 gegründet. Der Beklagte und ***** M***** K***** sind Mitgesellschafter, sie wurden bereits mit der Satzung zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt. Der Beklagte war Minderheitsgesellschafter und Angestellter der Klägerin. Am 7. 12. 2005 erklärte der Beklagte als Angestellter seinen Austritt und legte im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung seine Funktion als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder. In dieser Generalversammlung wurde vereinbart, dass der Beklagte sämtliche die Klägerin betreffenden Geschäftsunterlagen innerhalb einer Woche übergebe. Der Beklagte übergab in weiterer Folge zwei Kundenakten.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Herausgabe von Kundenakten der in der Klage einzeln bezeichneten Kunden. Der Beklagte habe „praktisch seinen gesamten Aktenbestand unterschlagen“. Die Akten stünden im Eigentum der Klägerin. Außerdem begehrte die Klägerin für eine weitere (teilweise deckungsgleiche) Gruppe von in der Klage bezeichneten Kunden Auskunft über die Geschäfte und Vermögenswerte der Gesellschaft, nämlich darüber, in welchen Angelegenheiten der Beklagte die in der Klage genannten Kunden beraten und welche Geschäfte er für diese abgeschlossen und/oder vermittelt habe. Das Auskunftsbegehren begründete die Klägerin zunächst mit § 24a GmbHG. Der Beklagte schulde die Auskunft über getätigte bzw verheimlichte Geschäfte auch als Nebenpflicht aus seinem Arbeitsverhältnis. Auf Verbote der Kunden, der Klägerin Auskunft zu erteilen, könne sich der Beklagte nicht berufen, möge er auch Geschäfte als indirekter Stellvertreter abgeschlossen haben. Auch für den Fall, dass der Beklagte als indirekter Stellvertreter tätig geworden sei, sei er zur Herausgabe der Kundenakten und zur begehrten Auskunft verpflichtet.
Der Beklagte wandte dagegen zusammengefasst ein, dass die der Klägerin zustehenden Kundenakten übergeben worden seien. Zu bestimmten Kunden brachte er vor, dass diese ihm die Herausgabe von Unterlagen an die Klägerin ausdrücklich untersagt hätten. Geschäfte im Rahmen der Vermögensverwaltung habe der Beklagte zwar im eigenen Namen abgeschlossen, die Verrechnung gegenüber der Klägerin sei jedoch entsprechend der getroffenen Vereinbarung erfolgt. Die begehrten Auskünfte habe der Beklagte erteilt, ein darüber hinausgehendes Auskunftsrecht stehe der Klägerin nicht zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren - abgesehen von einer im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Herausgabe zweier Polizzen für die Kundin ***** B***** P***** - ab. Das Auskunftsbegehren gemäß § 24a GmbHG sei zwar im außerstreitigen Rechtsweg durchzusetzen. Weil die Klägerin sich aber auch auf eine Auskunftsverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag stütze, stehe der streitige Rechtsweg offen.
Für eine erste Gruppe von Kunden habe der Beklagte Auskunft erteilt; Herausgabeansprüche bestünden nicht, weil Aktenteile nicht vorhanden seien.
Über eine zweite Gruppe von Kunden habe der Beklagte Auskunft erteilt. Die Klägerin sei ihrer Behauptungs- und Beweispflicht, dass diese Auskunft unvollständig geblieben sei, nicht nachgekommen, weshalb das Auskunftsbegehren auch in diesen Fällen abzuweisen gewesen sei. Das Herausgabebegehren sei zu wenig konkret formuliert gewesen. Aufgrund der Behauptungs- und Beweislastverteilung sei zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass weitere Urkunden oder Daten nicht vorhanden seien.
Für eine dritte Gruppe von Kunden sei der Beklagte weder auskunfts- noch herausgabepflichtig, weil ihm diese Kunden verboten hätten, die sie betreffenden Unterlagen an andere Personen herauszugeben. Das Interesse der Klägerin an Information sei in diesen Fällen geringer zu werten als die Verschwiegenheitsverpflichtung des Beklagten, die auch der Wahrung von Geschäftschancen der Klägerin diene. Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers bestehe nämlich nur im Rahmen des „Zumutbaren“.
Schließlich habe der Beklagte in drei Fällen zwar unvollständig Auskunft erteilt. Diese Rechtsgeschäfte seien jedoch im Strafverfahren offenkundig geworden, sodass für eine weitere Auskunftspflicht kein Raum mehr bestehe.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung der Klägerin teilweise im Sinne einer Klagestattgebung ab, bestätigte es jedoch im Übrigen.
Der Beklagte habe lediglich zwei Akten übergeben. Hinsichtlich einer ersten Gruppe von Kunden habe er elektronische Daten und diverse Unterlagen übergeben, darüber hinaus könne nicht festgestellt werden, ob oder welche weiteren Unterlagen über diese Kunden, auch über allfällige weitere Geschäfte mit ihnen, beim Beklagten vorhanden seien. Für eine zweite Gruppe von Kunden gelte dies mit der Modifikation, dass keine elektronischen Daten übergeben worden seien; für eine dritte Gruppe mit der Abwandlung, dass Unterlagen bereits im September 2005 bzw zu späteren Zeitpunkten übergeben worden seien. Für eine vierte Gruppe von Kunden seien Unterlagen noch beim Beklagten vorhanden, diese Kunden hätten dem Beklagten ausdrücklich aufgetragen, diese Unterlagen nicht an die Klägerin herauszugeben oder Auskünfte an diese zu erteilen. Über diverse Unterlagen eines weiteren Kunden verfüge der Beklagte zwar noch, sie befänden sich aber auch in Händen der Klägerin. Ob weitere Unterlagen beim Beklagten vorhanden seien, stehe nicht fest. Für eine fünfte Gruppe von Kunden habe der Beklagte Unterlagen (teilweise in Kopie) im Verfahren vorgelegt; es stehe nicht fest, ob weitere Unterlagen vorhanden seien. Hinsichtlich einer sechsten Gruppe von Kunden habe der Beklagte in seiner Zeit als Geschäftsführer der Klägerin keine Geschäftsfälle bearbeitet, sodass keine Unterlagen vorliegen.
Die in der Berufung der Klägerin ausgeführte Mängelrüge behandelte das Berufungsgericht aus rechtlichen Gründen nicht. Rechtlich führte es aus, dass der Beklagte - wenn auch auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags - als Geschäftsführer der Klägerin auch mit der Besorgung von deren Geschäften betraut gewesen sei. Die Herausgabepflicht des Geschäftsbesorgers umfasse gemäß § 1009 ABGB auch Verwaltungsunterlagen, Pläne und sonstige Urkunden. Fortbestehende (Treue-)Pflichten seien auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses denkbar. Der Beklagte sei daher als ehemaliger angestellter Geschäftsführer verpflichtet, sämtliche Geschäftsunterlagen herauszugeben. Das Klagebegehren sei ausreichend konkretisiert. Den Nachweis dafür, dass eine Schuld erfüllt worden sei, habe der Schuldner und daher hier der Beklagte zu führen. Hinsichtlich einer Reihe von Kunden könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich beim Beklagten noch Geschäftsunterlagen befänden. Den ihm obliegenden Nachweis, seine Verpflichtung zur Herausgabe zur Gänze erfüllt zu haben, habe er daher nicht erbracht. Auf ein Verbot zur Herausgabe von Unterlagen durch die Kunden könne sich der Beklagte nicht berufen. Dem Herausgabebegehren der Klägerin sei daher in jenen Fällen Folge zu geben, in denen vom Beklagten im Zeitraum 22. 4. 2003 bis 5. 12. 2005 Geschäfte im Namen der Klägerin oder auf deren Rechnung abgeschlossen wurden, soweit begehrte Unterlagen der Klägerin nicht schon bekannt geworden seien (etwa im Zuge des anhängigen Strafverfahrens) oder nicht positiv feststehe, dass keine weiteren Unterlagen beim Beklagten vorhanden seien.
Dass der Auskunftsanspruch gemäß § 24a GmbHG im außerstreitigen Rechtsweg geltend zu machen sei, könne dahingestellt bleiben, weil sich die Klägerin zuletzt ohnedies nur subsidiär auf § 24a GmbHG berufen habe. Die gemäß den §§ 1002 ff ABGB bestehende Treuepflicht des Geschäftsbesorgers sei analog auf den angestellten Geschäftsführer anzuwenden. Dies gelte auch für die Rechnungslegungspflicht gemäß § 1012 zweiter Halbsatz ABGB. Der Beklagte sei daher gegenüber der Klägerin verpflichtet anzugeben, in welchen Angelegenheiten er die in der Klage genannten Kunden beraten und welche Geschäfte er für diese abgeschlossen oder vermittelt habe. Auch hier liege die Beweislast für die vollständige Erfüllung dieser Verpflichtung beim Beklagten. Auch das Auskunftsbegehren sei daher in all jenen Fällen berechtigt, in denen nicht positiv feststehe, dass der Beklagte der Klägerin bereits vollständig Auskunft erteilt habe oder die Klägerin auf sonstigem Weg vollständige Informationen erlangt habe. Ob darüber hinaus die Voraussetzungen des zweiten Tatbestands des Art XLII Abs 1 EGZPO vorlägen, könne dahingestellt bleiben. Zu einzelnen namentlich genannten Kunden sei entweder kein Auskunfts- oder kein Herausgabebegehren gestellt worden. Bezüglich einer Kundin sei zwar das Auskunftsbegehren nicht berechtigt, weil über die vom Erstgericht festgestellte Fälle hinaus keine weiteren Geschäfte vom Beklagten abgeschlossen worden seien. Es stehe aber nicht fest, ob sämtliche Unterlagen für die diese Kundin betreffenden festgestellten Geschäftsfälle vorgelegt worden seien.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht abgewichen werde.
Gegen die klagestattgebenden Teile dieses Urteils richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem (erkennbaren) Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise stellt der Beklagte einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur Beweislastverteilung nicht teilt und weil sich das Verfahren teilweise als ergänzungsbedürftig erweist.
Die Revision ist auch berechtigt.
I. Zum besseren Verständnis ist voranzustellen, dass die Abweisung sowohl des Herausgabe- als auch des Auskunftserteilungsbegehrens hinsichtlich der in Punkt II. des Urteils des Berufungsgerichts genannten Kunden mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist. Dies gilt auch für die Entscheidung über das Auskunftserteilungsbegehren betreffend die Kundin G***** GmbH: Das Berufungsgericht hat dieses Begehren zwar nicht im Spruch ausdrücklich abgewiesen, sein diesbezüglicher Entscheidungswille ergibt sich jedoch völlig unzweifelhaft aus dem Spruch im Zusammenhalt mit der Begründung (S 26 des Berufungsurteils), sodass mangels Anfechtung von einer rechtskräftigen Abweisung des Auskunftserteilungsbegehrens auszugehen ist (RIS-Justiz RS0110742).
Unbekämpft hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass für die Kunden T***** und H***** B***** und H***** kein Auskunftserteilungsbegehren, und für die Kunden M***** K***** und M***** S***** kein Herausgabebegehren gestellt wurde, sodass darüber auch nicht zu entscheiden war. Zur nicht im Spruch des Berufungsgerichts erwähnten Kundin „H***** P*****“ führt das Berufungsgericht aus, dass diese Kundin ident mit der Kundin ***** B***** P***** ist.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren nach seiner Entscheidungsbegründung in jenen Fällen ab, in denen positiv festgestellt wurde, dass der Beklagte für diese Kunden in seiner Zeit als Geschäftsführer keine Geschäftsfälle bearbeitete und keine Unterlagen existieren (diese Gruppe ist nahezu ident mit der in der Beweiswürdigung des Erstgerichts genannten ersten Kundengruppe). Unter diesen Kunden befinden sich aber auch R***** H***** und B***** K*****, für die ebenfalls festgestellt ist, dass für sie kein eigener Akt existiert. Beide sind zwar im Spruch des Berufungsgerichts nicht genannt, auch für sie gilt jedoch das zur Kundin G***** GmbH oben ausgeführte, sodass auch betreffend diese Kundinnen von der rechtskräftigen Abweisung des Klagebegehrens auszugehen ist.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind daher ausschließlich jene Kunden, die in den Punkten I.a), I.b) und I.c) des Berufungsurteils genannt sind. Ausgenommen davon ist die Herausgabe der in Punkt I.a) des Urteils des Berufungsgerichts genannten Versicherungspolizzen der A***** AG betreffend die Kundin ***** B***** P*****, denn in diesem Umfang erwuchs bereits die Entscheidung des Erstgerichts mangels Anfechtung in Rechtskraft. Unzweifelhaft erstreckte sich der Entscheidungswille des Berufungsgerichts nach den dargelegten Grundsätzen auch auf den Kunden K***** L*****, den es auch in seinen Entscheidungsgründen in der zweiten Gruppe unter jenen Kunden nannte (Berufungsurteil S 7), für die das Erstgericht nicht feststellen konnte, ob bzw welche weiteren Unterlagen und Daten sich - nach Übergabe diverser Unterlagen - noch beim Beklagten befinden. Für diese Gruppe von Kunden gelangte das Berufungsgericht zur Stattgebung der Klage, es nennt auch K***** L*****, der offenbar lediglich versehentlich nicht im Spruch des Berufungsgerichts genannt ist, in seinen Entscheidungsgründen unter diesen Kunden (Berufungsurteil S 25). Der Klagsanspruch ist daher auch hinsichtlich dieses Kunden Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Im Übrigen nennt das Berufungsgericht im klageabweisenden Teil seines Urteilsspruchs (II.) als Kunden auch S***** W*****, R***** W*****, M***** K*****, K***** K*****, M***** M*****, F***** R***** und T***** S***** sowie ein Kundenpaar „H***** und H***** K*****“, obwohl ein auf diese Namen lautendes Klagebegehren nie gestellt und demgemäß vom Erstgericht auch nie entschieden wurde. Dieser (klageabweisende) Teil des Berufungsurteils ist aber ohnedies unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
II. Zum Herausgabebegehren (dies betrifft die in den Spruchpunkten I lit a und b des Spruchs des Berufungsgerichts genannten Kunden):
II.1 Zurecht wendet sich der Beklagte gegen die Beurteilung der Beweislastverteilung durch das Berufungsgericht.
Grundsätzlich hat jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0039939). Diesem Grundsatz entsprechend ging das Erstgericht davon aus, dass die Beweislast dafür, dass der Beklagte überhaupt über der Klägerin zustehende Kundenakten bzw die einzelnen Kunden betreffende Unterlagen verfügt, die Klägerin trifft. Das Berufungsgericht hielt dem entgegen, dass die Beweislast dafür, dass der Schuldner seine Schuld erfüllt habe, den Schuldner treffen. Demgemäß treffe die Beweispflicht für das Vorhandensein herauszugebender Unterlagen den Beklagten. Diese Argumentation übersieht jedoch, dass die Frage, ob der Beklagte überhaupt über Akten bzw der Klägerin zustehende Geschäftsunterlagen der im Klagebegehren genannten Kunden verfügt, unter den hier gegebenen Umständen auf die Frage herausläuft, ob überhaupt eine Herausgabeverpflichtung des Beklagten besteht. Demgemäß trifft aber die Beweislast für die Existenz bzw das Vorhandensein herauszugebender Akten bzw Unterlagen nicht den Beklagten, für den ein derartiger Negativbeweis auch nur sehr schwer (manchmal wohl überhaupt nicht) zu erbringen wäre, sondern die Klägerin. Dies bedeutet aber, dass die für eine Mehrzahl von Kunden getroffenen Negativfeststellungen, es könne nicht festgestellt werden, dass beim Beklagten herauszugebende Unterlagen vorhanden sind, hier zu Lasten der Klägerin geht. Legt man diese Negativfeststellungen der Entscheidung zu Grunde, erweist sich das Herausgabebegehren hinsichtlich der hievon betroffenen Kunden als nicht berechtigt.
II.2 Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht hat sich das Berufungsgericht allerdings nicht mit der von der Klägerin in der Berufung erhobenen Mängelrüge auseinandergesetzt. Die Klägerin rügte in der Berufung als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, dass das Erstgericht ergänzendes Vorbringen als verspätet zurückgewiesen und vorgelegte Urkunden nicht zum Akt genommen habe. Bei Aufnahme der zurückgewiesenen Beweise wäre die Vorgehensweise des Beklagten, nämlich das Verschweigen von Geschäftsfällen, die Unterschlagung von Urkunden und das Anlügen des Gerichts, exemplarisch zu beweisen gewesen.
Der mit diesen Ausführungen geltend gemachte Verfahrensmangel ist allerdings ohne Relevanz, weil die Zurückweisung der in Rede stehenden Beweisanträge durch das Erstgericht ohnedies nicht zu beanstanden ist. Das Erstgericht hat die entsprechenden Beweisanträge der Klägerin mit ausführlicher Begründung abgewiesen. Zur mit ON 16 erfolgten Urkundenvorlage hat es auf die mangelnde Relevanz der vorgelegten Urkunden verwiesen. Mit dieser Begründung setzt sich die Mängelrüge überhaupt nicht auseinander, sodass sie insoweit - sofern sie sich überhaupt darauf bezieht - nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Im Übrigen betrifft die Mängelrüge die Rekonstruktion der „Dienst-EDV“ des Beklagten, wobei das Vorbringen der Klägerin nicht ganz klar ist, weil einerseits davon die Rede ist, sie habe Urkunden über die rekonstruierten Daten vorlegen wollen, während sie aber andererseits vorbringt, es sei ihr nicht zumutbar und zeitlich möglich, den umfangreichen Datenbestand zu rekonstruieren, weshalb sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt hat. Das Erstgericht hat dazu jedenfalls zu Recht auf das eigene Vorbringen der Klägerin verwiesen, wonach die Rekonstruktion „vom Jänner 2006“ „datiere“. Dies bedeutet, dass die Rekonstruktion der Daten etwa 10 Monate vor der im Oktober 2006 erfolgten Klageeinbringung erfolgt ist. Dennoch hat sich die Klägerin erst unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung, nämlich am 28 7. 2008 (!) auf diese Rekonstruktion berufen. Ihre Rechtfertigung, das Unterbleiben einer Auswertung könne ihr angesichts der großen Datenmenge nicht vorgeworfen werden; sie habe auf den Vorwurf der Verspätung ohnedies mit dem „Beweisantrag eines EDV-technischen Sachbefundes“ reagiert, ändert nichts daran, dass sie diesen ebenfalls erst am 28. 7. 2008 gestellten Antrag bereits in der Klage hätte stellen können. Die Zurückweisung dieser Beweisanträge durch das Erstgericht ist daher nicht zu beanstanden. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.
Damit erweist sich aber das Herausgabebegehren nicht nur hinsichtlich jener Kunden, für die positiv feststeht, dass der Beklagte über keine Akten bzw Kundenunterlagen verfügt, sondern auch hinsichtlich jener Kunden, für die nicht festgestellt werden konnte, dass der Beklagte über solche Akten oder Unterlagen verfügt, im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens als spruchreif. In diesem Umfang war daher in Stattgebung der Revision das Urteil des Erstgerichts als Teilurteil wiederherzustellen (s im Detail Punkt 1. des Urteilsspruchs).
Gleiches gilt für die Abweisung des Herausgabebegehrens hinsichtlich der G***** GmbH. Zu diesem Kunden erachtete das Erstgericht unbekämpft als nicht feststellbar, ob oder welche weiteren Unterlagen und Daten beim Beklagten vorhanden sind. Das Erstgericht stellte zwar betreffend eine Reihe von gesondert genannten Urkunden fest, dass sie der Beklagte nicht an die Klägerin herausgegeben habe, aber es stellte auch fest, dass die Klägerin diese Unterlagen bereits in Händen hält und begründete damit die Abweisung des darauf bezogenen Begehrens. Diese Begründung wurde in der Berufung nicht mehr bekämpft. Auch insofern war daher die vom Erstgericht vorgenommene Abweisung des Herausgabebegehrens wiederherzustellen.
II.3 Für folgende Kunden erweist sich das Verfahren über den Herausgabeanspruch hingegen als ergänzungsbedürftig, weil in allen diesen Fällen nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden kann, ob die begehrte Herausgabe der diese Kunden betreffenden Kundenakten erfolgt ist oder nicht:
a) L***** und A***** E*****: A***** E***** erteilte dem Beklagten betreffend eine von ihm selbst gemachte Wertpapierveranlagung ein Verbot, Angaben oder Auskünfte aus diesem Geschäft an die Klägerin weiterzuleiten. Für L***** E***** fehlt die Feststellung eines solchen Verbots. Feststellungen, ob oder welche Urkunden der Beklagte betreffend diese Kunden noch in seiner Verfügung hat, fehlen.
b) E*****gmbH: Auch diese Kundin verbot dem Beklagten, Unterlagen an die Klägerin weiterzuleiten, Feststellungen, ob oder welche Urkunden sich noch beim Beklagten befinden, fehlen.
c) ***** M***** GmbH: Für diese Kundin konnte das Erstgericht grundsätzlich nicht feststellen, ob bzw welche weiteren Unterlagen und Daten beim Beklagten vorhanden waren. Dies gilt allerdings nicht für einen Kreditvertrag, den der Beklagte nicht an die Klägerin übergeben hat, weil ihm dies von der Kundin verboten wurde.
d) E***** K*****: Auch sie verbot dem Beklagten, Auskünfte oder Unterlagen an die Klägerin betreffend ein Wertpapiergeschäft abzugeben. Abgesehen davon hielt das Erstgericht aber auch für diese Kundin unbekämpft fest, dass nicht festgestellt werden könne, ob bzw welche weiteren Unterlagen und Daten beim Beklagten vorhanden waren.
e) P***** K*****: Für diesen Kunden stellte das Erstgericht lediglich die Übergabe bestimmter (Teil-)Urkunden fest, es steht aber nicht fest, ob oder welche weiteren Unterlagen sich beim Beklagten befinden. Dies gilt auch für die C***** GmbH, deren Geschäftsführer P***** K***** ist. Das Erstgericht stellte fest, dass P***** K***** dem Beklagten ein Verbot erteilte, Unterlagen an andere Personen weiterzugeben.
f) ***** A***** Z*****: Dieser Kunde erteilte dem Beklagten ein Verbot, Unterlagen an die Klägerin weiterzugeben, Feststellungen, ob oder welche Urkunden betreffend diesen Kunden sich beim Kläger befinden, traf das Erstgericht nicht.
II.4 Um den diese Kunden betreffenden Herausgabeanspruch beurteilen zu können, bedarf es der Ergänzung des Verfahrens, zumal die bisherigen Verfahrensergebnisse zur abschließenden Beurteilung der zwischen den Streitteilen insgesamt getroffenen vertraglichen Vereinbarungen nicht ausreichen. In diesem Zusammenhang erweist sich das beiderseitige Vorbringen als dürftig. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass der Beklagte Geschäfte im eigenen Namen, aber letztlich - aufgrund welcher rechtlichen Konstruktion auch immer - für die Klägerin geschlossen hat. Es ergeben sich aber auch Indizien für das Vorliegen von Eigengeschäften des Beklagten, wenn auch mit finanzieller Beteiligung der Klägerin. Es ist daher erforderlich, den Sachverhalt mit den Parteien zu erörtern und sie zu schlüssigen und konkreten Behauptungen über die Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen anzuleiten. Auf der so gewonnenen Grundlage werden sodann die erforderlichen Beweise aufzunehmen sein. Erst wenn Feststellungen über die konkrete Gestaltung der vertraglichen Vereinbarungen der Streitteile vorliegen, wird sich beurteilen lassen, ob der Herausgabeanspruch der Klägerin hinsichtlich der zuletzt genannten Kunden zu Recht besteht bzw ob der Beklagte sich der Klägerin gegenüber zu Recht auf ein von Kunden erteiltes Verbot berufen kann, Kundenakten an die Klägerin weiterzuleiten.
II.5 Soweit im zuletzt erörterten Umfang ein Anspruch der Klägerin zu bejahen sein sollte, wird mit ihr auch die Frage der Schlüssigkeit ihres Herausgabebegehrens zu erörtern sein.
Bei Leistungsklagen muss gemäß § 226 Abs 1 ZPO das Erfordernis der Bestimmtheit dem Umstand Rechnung tragen, dass das Urteil Gegenstand der zwangsweisen Vollstreckung werden kann (Fasching in Fasching/Konecny² III § 226 Rz 50). In aller Regel bleibt ein Klagebegehren daher unbestimmt, wenn ein ihm stattgebendes Urteil nicht Grundlage einer Exekution sein könnte. Die mit einer Herausgabeklage begehrten Sachen sind so genau wie möglich zu bezeichnen, damit sie im Fall einer Zwangsvollstreckung identifizierbar sind. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Klagebegehrens zu stellen sind, hängt immer auch von den Umständen des Einzelfalls ab (10 Ob 60/05d).
Ein Klagebegehren auf Herausgabe eines Kundenakts ist im Sinne dieser Ausführungen dann schlüssig, wenn die Klägerin damit die Herausgabe eines physischen Akts als solchen anstrebt. Soweit aber zwischen den Parteien strittig ist, ob ein Akt vollständig ist oder ob weitere Unterlagen eines Kunden herauszugeben sind bzw soweit die Klägerin überhaupt die Herausgabe bestimmter, auch nicht in einem physischen Akt befindlicher Unterlagen anstrebt, reicht die Bezugnahme auf einen Kundenakt nicht aus, weil unter dieser Voraussetzung ein auf die Herausgabe eines Kundenakts gerichtetes Klagebegehren nicht vollstreckbar wäre. Unter der zuletzt genannten Voraussetzung wird es daher notwendig sein, die von der Klägerin begehrten Urkunden oder Unterlagen näher zu bezeichnen.
II.6 Zu einzelnen der in II.3 genannten Kunden wird darüber hinaus noch Folgendes zu beachten sein:
Die Kunden L***** und A***** E***** werden insofern getrennt zu behandeln sein, als das Erstgericht ein von L***** E***** dem Beklagten erteiltes Verbot, Geschäftsunterlagen an die Klägerin weiterzugeben, nicht feststellte.
Hinsichtlich des Kunden „P***** K*****, C***** GmbH“ wird im fortzusetzenden Verfahren zu beachten sein, dass nach den Feststellungen sowohl P***** K***** als auch die C***** GmbH Kunden waren. Das Klagebegehren richtet sich allerdings (noch) auf die Herausgabe von Kundenakten betreffend „B***** und P***** K*****, C*****“. Die Entscheidung des Berufungsgerichts betrifft im Spruch (davon abweichend) „P***** K***** (C*****)“; in der Begründung seiner Entscheidung nennt das Berufungsgericht hingegen die C***** GmbH (S 8 des Berufungsurteils). In diesem Zusammenhang wird daher das Klagebegehren und das Klagevorbringen dahin zu präzisieren sein, welche Kunden konkret gemeint sind und - gegebenenfalls - welche Behauptungen zu welchem Kunden vorgebracht werden.
III. Zum Auskunftsbegehren (das betrifft die in den Spruchpunkten I.a) sowie I.c) des Urteils des Berufungsgerichts genannten Kunden):
Auf den von der Klägerin zunächst geltend gemachten Rechtsgrund des § 24a GmbHG - insofern wies das Erstgericht darauf hin, dass der aus dieser Norm ableitbare Anspruch im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen sei - braucht nicht mehr eingegangen zu werden, weil der Beklagte auf diesen Rechtsgrund in der Berufung nicht mehr zurückkam.
Vielmehr beruft sich die Klägerin auf eine vertragliche Pflicht des Beklagten zur begehrten Auskunftserteilung. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen zum Herausgabebegehren verwiesen werden. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren die tatsächliche Gestaltung der zwischen den Streitteilen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu klären haben. Erst auf dieser Grundlage wird zu beurteilen sein, ob der Beklagte die begehrte Auskunft zu erteilen hat.
IV. Die Revision erweist sich daher hinsichtlich des Herausgabebegehrens betreffend aller in Punkt 1. des Spruchs genannten Kunden im Sinn des Abänderungsantrags als berechtigt. Betreffend die in Punkt II.3 genannten Kunden erweist sich die Revision im Sinn des Aufhebungsantrags als berechtigt. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens erweist sich die Revision betreffend sämtliche noch im Verfahren zu behandelnde Kunden im Sinn des Aufhebungsantrags als berechtigt.
Der Revision war daher teilweise Folge zu geben.
Die Aussprüche über den Vorbehalt der Kostenentscheidung beruhen auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.
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