OGH 3Ob96/12g

OGH3Ob96/12g14.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1. ***** mj E***** H*****, 2. ***** mj A***** H*****, und 3. ***** mj A***** H*****, vertreten durch die Mutter K***** H*****, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Vaters N***** H*****, vertreten durch Hornek, Hubacek, Lichtenstrasser Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Februar 2012, GZ 45 R 414/11g, 45 R 84/12d‑68, womit über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 30. Mai 2011, GZ 8 PU 214/10h‑59 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. Dezember 2011, GZ 8 PU 214/10h‑66, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. November 2008 wurde der Mutter die Obsorge für die Minderjährigen übertragen. Der gegen die bestätigende Rekursentscheidung vom 23. April 2009 erhobene außerordentliche Revisionrekurs des Vaters wurde mit Beschluss des Senats vom 23. Juni 2009 (AZ 3 Ob 122/09a) zurückgewiesen.

Mit der nun angefochtenen Rekursentscheidung wurde der Vater in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses zu näher bezifferten Unterhaltsleistungen für die Minderjährigen ‑ die bei der allein obsorgeberechtigten Mutter leben ‑ für den Zeitraum ab 1. Februar 2007 verpflichtet. Die Abweisung eines Unterhaltsmehrbegehrens erwuchs in Rechtskraft.

Der Vater hatte dem Unterhaltsfestsetzungsantrag der Kinder in erster Instanz ua entgegengesetzt, dass er die ehemalige, ca 70 bis 80 m² große Ehe‑(miet‑)wohnung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Obsorgestreits nicht gekündigt habe, um den Kindern für den Fall, dass ihm die Obsorge zuerkannt würde, ihr gewohntes Heim zu erhalten. Die monatlichen Wohnungskosten hätten 586,91 EUR betragen. Seit Juli 2010 habe er eine neue, ca 60 m² große Wohnung, die monatliche Miete betrage 300 EUR. In diese Wohnung habe er 12.000 EUR investieren müssen, auch diese Kosten seien unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Der Vater brachte selbst ausdrücklich vor, dass die Mutter ihm die Ehewohnung einvernehmlich überließ (S 2 in ON 48); die Berücksichtigung der Mietkosten verlangte er ausschließlich im Hinblick auf das anhängige Obsorgeverfahren.

Die Vorinstanzen zogen für die Unterhaltsperioden bis einschließlich Juli 2009 (Zustellung des im Obsorgeverfahren ergangenen Zurückweisungsbeschlusses des Senats) 440 EUR monatlich für die Kosten der Mietwohnung des Vaters von der Unterhaltsbemessungsgrundlage ab. Erkennbar beruht diese Berechnung darauf, dass dem Vater und jedem der drei Kinder ‑ obwohl diese auch während des Obsorgestreits bei der Mutter wohnten ‑ 25 % dieser Kosten „zugerechnet“ wurden.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs über Zulassungsvorstellung des Vaters nachträglich mit der Begründung für zulässig, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob die Wohnungskosten für die vom Vater bewohnte ehemalige Ehewohnung, auch noch ‑ wie vom Vater im Rekurs gewünscht ‑ bis zum Ende der dreimonatigen Kündigungsfrist für den Mietvertrag zu berücksichtigen seien.

Rechtliche Beurteilung

Ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs des Vaters wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig:

1. Die im Zulässigkeitsausspruch als erheblich bezeichnete Rechtsfrage stellt sich nicht, weil bereits die Berücksichtigung der Wohnungskosten des Vaters während der Dauer des Sorgerechtsstreits der ständigen Rechtsprechung widerspricht, wonach Mietzinszahlungen des Unterhaltsschuldners für die von ihm selbst benützte Wohnung grundsätzlich keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage bilden (6 Ob 1536/91; 3 Ob 548/93; 4 Ob 388/97f; 6 Ob 298/03x; RIS‑Justiz RS0047508; weitere Nachweise bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 221 f und Barth/Neumayr in Klang³ § 140 ABGB Rz 156).

Hier liegt kein Fall vor, der eine andere Beurteilung rechtfertigen würde (vgl dazu die Beispiele aus der Rechtsprechung bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 221). Eine nach Art, Ort bzw Zeit „atypische“ Notwendigkeit der Wohnversorgung, die allenfalls eine Anpassung des nach einer Pauschalierungsmethode ermittelten Ergebnisses rechtfertigen könnte (vgl dazu 6 Ob 566/90), ist hier schon angesichts der vom Vater selbst angegeben geringen Differenz der Wohnflächen der beiden Wohnungen nicht erkennbar. Die bloße Hoffnung des Vaters auf einen für ihn günstigen Ausgang des Sorgerechtsstreits rechtfertigt jedenfalls im Anlassfall keine andere Beurteilung.

Die Vorinstanzen haben somit zu Unrecht anteilige Wohnungskosten von 440 EUR monatlich bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage bis einschließlich Juli 2009 berücksichtigt. Umso weniger kann der Vater einen entsprechenden Abzug auch für die behauptete Dauer der Kündigungsfrist für den Mietvertrag in Anspruch nehmen.

2. Der Vater zeigt im Revisionrekurs zwar einen dem Rekursgericht tatsächlich unterlaufenen Rechenfehler auf, der darin begründet ist, dass eine vom Vater 2009 geleistete Abgabennachzahlung von 1.508,39 EUR nur für die Monate August 2009 bis Dezember 2009, nicht aber für die Monate Jänner bis Juli 2009 aliquot berücksichtigt wurde. Die auf die Monate Jänner bis Juli 2009 entfallenden aliquoten Beträge von je 125,70 EUR können aber im Hinblick darauf vernachlässigt werden, dass das Rekursgericht für diese Monate ‑ aus den dargelegten Gründen zu Unrecht ‑ 440 EUR monatlich an Wohnungskosten des Vaters von der Bemessungsgrundlage abzog. Damit wirkt sich im Ergebnis der Rechenfehler nicht zu Lasten des Revisionsrekurswerbers aus.

3. Die Auffassung des Rekursgerichts, dass das Ausmaß des dem Vater eingeräumten Besuchsrechts keine Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigt (vgl dazu RIS‑Justiz RS0047452), beruht auf den konkreten Umständen des Einzelfalls und wirft ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Dabei ist hervorzuheben, dass sich der neben dem üblichen, 14-tägigen Wochenendbesuchsrecht eingeräumte weitere „Besuchstag“ in Wahrheit auf ein bloßes Übernachtungsbesuchsrecht unter der Woche (bis zum Schulbeginn Freitag früh) reduziert. Eine nennenswerte Ersparnis der Mutter ‑ nach der Rechtsprechung maßgebliches Kriterium für die Minderung der Geldunterhaltspflicht (2 Ob 293/03g; 10 Ob 11/04x EF‑Z 2006/11 [Gitschthaler]; 8 Ob 62/04g) ‑ ist nicht erkennbar.

4. Der Revisionrekurs ist somit mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

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