OGH 5Ob45/89

OGH5Ob45/896.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Maier und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald J***, Hausverwalter, 5020 Salzburg, Schrannengasse 11, vertreten durch Dr.Alex Pratter und Dr.Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Rosa F***, Steuerberaterin, 2380 Perchtoldsdorf, Gauguschgasse 27, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer, Dr.Friedrich Prunbauer, Dr.Marzella Prunbauer und Dr.Martin Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 4.040,-- s.A. und Zwischenantrag auf Feststellung (Streitwert S 30.000,--) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14.März 1989, GZ 45 R 677/88-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 6.September 1988, GZ 3 C 774/88z-12, aufgehoben und der Zwischenantrag der beklagten Partei zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird eine neue Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger ist Verwalter der Wohnanlage Pichlarn (EZ 163 KG Gatschen), an welcher die Beklagte zu 478/100.000stel Anteilen Miteigentümerin ist. Mit ihrem Miteigentumsanteil ist an der Wohnung Nr.12 im Hause III Wohnungseigentum verbunden. Die Beklagte erwarb diese Eigentumswohnung am 14.6.1985 durch Zuschlag in dem beim Bezirksgericht Irdning zu E 2023/84 geführten Zwangsversteigerungsverfahren.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 4.040,10 an rückständigen Betriebskosten für das Jahr 1987.

Die Beklagte beantragte die Abweisung dieses Klagebegehrens und stellte den Zwischenantrag auf Feststellung, daß die Betriebskosten bei dieser Wohnanlage nach den Eigentumsanteilen, bei der Beklagten daher mit 478/100.000stel aufzuteilen seien.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen. Die vom Kläger vorgenommene Abrechnung sei richtig, weil die in der Betriebskostenabrechnung ausgewiesenen Gesamtkosten von S 2,544.585,78 sich nur auf die Betriebskosten von 81.620/100.000stel Anteilen beziehe, während für die restlichen 18.380/100.000stel Anteile gesonderte Betriebskosten in der anteiligen Höhe zusätzlich anfielen, welche aber nicht vom Kläger verrechnet würden. Die Aufwendungen würden getrennt nach den beiden Wirtschaftskörpern (Wirtschaftskörper I: 81.260/100.000stel Anteile; Wirtschaftskörper II: 18.380/100.000stel Anteile) errechnet und entsprechend vorgeschrieben. Diese Verrechnung sei im Vertrag vom 26./28.2.1980 vorgesehen. Dies sei zwar nicht im Grundbuch angemerkt, doch sei der Vertrag in der Urkundensammlung auffindbar. Die Beklagte brachte hiezu vor, es liege weder eine Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern im Sinne des § 19 WEG zur Differenzierung des Betriebskostenschlüssels vor noch sei eine solche frühere Vereinbarung (mangels Anmerkung im Grundbuch) für die Beklagte bindend.

Unbestritten ist die unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit der beiden Wirtschaftskörper.

Das Erstgericht beschränkte das Verfahren auf den Zwischenantrag der Beklagten auf Feststellung ein und gab diesem mit Zwischenurteil vom 6.9.1988 statt.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf, wies den Zwischenantrag auf Feststellung zurück und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige.

Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung damit, daß

a) nach dem beiderseitigen Parteienvorbringen die Anwendung des gesetzlichen Betriebskostenschlüssels nach dem Verhältnis der Liegenschaftsanteile nicht strittig sei und sich daher das erstgerichtliche Zwischenurteil auf ein zwischen den Parteien unstrittiges Sachverhaltselement beziehe, und

b) das Zwischenurteil voraussetze, daß dem Kläger auf jeden Fall ein wenn auch noch so kleiner Teil des eingeklagten Anspruches gebühre, wobei diese Voraussetzung aber im vorliegenden Fall nicht gesichert sei, weil nicht feststehe, daß der vom Kläger begehrte Betriebskostenrückstand in irgendeinem Ausmaß zu Recht bestehe. Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes erhob die Beklagte ein als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnetes Rechtsmittel. Eine Gleichschrift desselben wurde dem Klagevertreter zugestellt. Dieser erstattete hiezu lediglich eine Stellungnahme bezüglich der richtigen Vorgangsweise des Gerichtes bei einem außerordentlichen Rechtsmittel, lehnte aber die Erstattung einer Rekursbeantwortung vor Freistellung derselben durch den Obersten Gerichtshof ausdrücklich ab.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist als ordentlicher zulässiger Rekurs zu behandeln. Er ist auch berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit des Rekurses:

Hat das Erstgericht dem Zwischenantrag auf Feststellung meritorisch stattgegeben, das Berufungsgericht ihn aber zurückgewiesen, so ist dagegen in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO der Rekurs zulässig (SZ 29/2; EvBl 1961/231), soweit dem nicht eine der in § 528 Abs 1 ZPO für alle Entscheidungen eines Gerichtes zweiter Instanz normierten Rechtsmittelbeschränkungen entgegensteht. Davon käme hier nur die des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO in Betracht. Diese ist aber infolge des vom Berufungsgericht vorgenommenen Ausspruches über die Bewertung mit über S 15.000,-- nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist daher ein ordentlicher Rekurs, der von ihr nur unrichtig bezeichnet wurde. Dies schadet aber gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO nicht.

Die sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO auf die Zurückweisung eines Zwischenantrages auf Feststellung erfordert auch die analoge Anwendung des § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO auf das Rekursverfahren (siehe 9 Ob A 200/88). Durch die vom Erstgericht veranlaßte Zustellung der Gleichschrift des Rekurses der Beklagten wurde daher mit dem Tag der Zustellung an den Klagevertreter (28.4.1989) die vierwöchige Frist des § 521 a Abs 1 ZPO zur Erstattung der Rekursbeantwortung eröffnet, die in der Zwischenzeit ungenützt verstrichen ist.

b) Zur Berechtigung des Rekurses:

Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht ist zwischen den Parteien die Aufteilung der Betriebskosten der Gesamtliegenschaft strittig. Während die Beklagte die Aufteilung sämtlicher Betriebskosten der ganzen Liegenschaft nach Miteigentumsanteilen anstrebt, geht der Kläger davon aus, daß die Betriebskosten zunächst auf zwei Wirtschaftskörper und die so gebildeten Teilbeträge nach den jeweiligen Miteigentumsanteilen (an dem jeweiligen Wirtschaftskörper) aufgeteilt werden. Es ist also zwischen den Streitteilen ein Rechtsverhältnis strittig, nämlich nach welchen Grundsätzen die Betriebskosten der Gesamtliegenschaft aufzuteilen sind, wobei dieses Rechtsverhältnis für die Entscheidung in der Hauptsache (= Bestehen des vom Kläger behaupteten Betriebskostenrückstandes) präjudiziell ist.

Auch das zweite oben wiedergegebene Argument des Berufungsgerichtes ist nicht stichhältig. Wohl ist es richtig, daß ein Zwischenurteil nur dann gefällt werden darf, wenn dem Kläger auf jeden Fall ein wenn auch noch so kleiner Teil des eingeklagten Anspruches gebührt. Dies gilt aber nur für ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches nach § 393 Abs 1 ZPO (Fasching, Kommentar III 590). Davon ist aber das Zwischenurteil über Zwischenanträge auf Feststellung nach § 393 Abs 2 ZPO zu unterscheiden. Beide Arten von Zwischenurteilen dienen verschiedenen Zwecken und äußern voneinander abweichende Wirkungen. Auch die Voraussetzungen für ihr Zustandekommen sind voneinander verschieden (Fasching, Kommentar III 588). So ist das Zwischenurteil über einen Zwischenfeststellungsantrag inhaltlich ein echtes Feststellungsurteil. Es erledigt den Streitfall im Umfang des gestellten Feststellungsbegehrens endgültig und abschließend. Es ist kein Zwischenurteil im Sinne einer Zwischenentscheidung, sondern seinem Charakter und Inhalt sowie seiner Wirkung nach ein echtes Endurteil. Seine materielle Rechtskraft reicht über den Rechtsstreit hinaus und besitzt denselben Umfang wie ein selbständiges Feststellungsurteil (Fasching, Kommentar III 596 f), wogegen dem nur bei Leistungsklagen zulässigen Zwischenurteil über den Grund des Anspruches nach § 393 Abs 1 ZPO keine über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Rechtskraftwirkung zukommt (Fasching, aaO 593), sondern dieses nur innerhalb des Rechtsstreites Bindungswirkung über den Grund des Anspruches äußert (Fasching, aaO 595). Der Umstand, daß derzeit noch nicht beurteilt werden kann, ob dem Kläger der eingeklagte Betrag auch nur mit einem noch so kleinen Teil zusteht, hindert daher nicht eine Entscheidung über den von der Beklagten gestellten Zwischenantrag auf Feststellung. Die weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Zwischenantrages auf Feststellung, daß nämlich die für die Entscheidung des anhängigen Rechtsstreites präjudizielle Entscheidung über das strittige Recht oder Rechtsverhältnis Bedeutung über den konkreten Rechtsstreit hinaus haben muß (EvBl 1969/144 uva) wurde vom Berufungsgericht zutreffend als gegeben angenommen.

Schließlich ist auch noch zu prüfen, ob nicht über das zum Gegentand des Zwischenfeststellungsantrages gemachte Rechtsverhältnis nur in einem ausschließlich vorgeschriebenen Verfahren entschieden werden dürfte (3 Ob 532/53; 3 Ob 131/56), hier also im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 Abs 1 Z 5 WEG im Verfahren außer Streitsachen. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle ist nämlich über die Zulässigkeit eines vereinbarten oder die Festsetzung eines abweichenden Verteilungsschlüssels für Aufwendungen (§ 19 Abs 2 WEG) im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Nach § 19 Abs 2 WEG kann jeder Miteigentümer die Entscheidung des Gerichtes darüber verlangen, ob eine geschlossene Vereinbarung zulässig ist oder der Verteilungsschlüssel auf Grund des Gesetzes oder einer hievon abweichenden Vereinbarung der Mehrheit der Miteigentümer dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeit entspricht. Die Rechtsprechung (MietSlg 34.551/18 mit ausführlicher Darstellung und Beurteilung verschiedener Lehrmeinungen) legt nun den Begriff "zulässig" des § 19 Abs 2 WEG mit "erlaubt" aus. Weder zur Beurteilung des Klagebegehrens als Vorfrage noch zur Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten als Hauptfrage ist aber die Erlaubtheit der seinerzeit allenfalls von den Miteigentümern getroffenen Vereinbarung oder das Ausmaß unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeit zu prüfen. Gegenstand des Verfahrens hier ist vielmehr, ob aus anderen Gründen der Beklagten gegenüber ein vom Gesetz abweichender Aufteilungsschlüssel angewendet werden darf.

Da sohin alle Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrages der Beklagten gegeben sind, muß darüber in der Sache selbst entschieden werden. Der Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes war daher aufzuheben und diesem eine Sachentscheidung aufzutragen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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