OGH 5Ob39/11p

OGH5Ob39/11p14.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1.) T***** Gesellschaft m.b.H., *****, 2.) T***** AG, *****, beide vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Wien, 3.) O***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, 4.) K***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, 5.) S***** GmbH, *****, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH in Wien, 6.) H***** GmbH, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, 7.) D***** AG, *****, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 8.) H***** P***** E*****, vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Wien, wegen 977.165,17 EUR sA, über die Revisionsrekurse der zweit‑, siebt‑ und achtbeklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Dezember 2010, GZ 30 R 47/10t‑43, womit infolge der Rekurse der zweit‑, siebt‑ und achtbeklagten Parteien der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30. Juni 2010, GZ 12 Cg 46/10z‑36, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen der Zweit-, Siebt- und des Achtbeklagten wird nicht Folge gegeben.

Die Zweit‑ und der Achtbeklagte sind schuldig, der Klägerin die mit 4.040 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 673,03 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Siebtbeklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 3.672,90 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 611,85 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 8. 10. 2008 hat der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht zu 16 Ok 5/08 die Verhängung gegen die dritt‑, viert‑, fünft‑, sechst‑ und siebtbeklagte Partei wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot des § 18 Abs 1 KartG 1988 und Art 81 EGV (nunmehr Art 101 AEUV) ausgesprochener Geldbußen in Gesamthöhe von 75.400.000 EUR bestätigt. Gegen die Erst‑ und Zweitbeklagte wurde keine Geldbuße verhängt, weil diese als Kronzeugen im Verfahren fungiert hatten.

Nach den maßgeblichen Feststellungen haben die Unternehmen der erst‑, dritt‑, viert‑, fünft‑, sechst‑ und siebtbeklagten Parteien, die zusammen in Österreich über einen Marktanteil von ca 80 % verfügten, bis zum 12. 2. 2004 verbotene Preisabsprachen getroffen.

Die Erstbeklagte steht im 99,5%igen Eigentum der T***** Beteiligungs GmbH, diese wiederum zu 100 % im Eigentum der T***** GmbH & Co KG. Deren Kommanditistin ist die Zweitbeklagte. Diese ist auch alleinige Gesellschafterin der Komplementärin T***** GmbH.

Die Zweitbeklagte hat ihren Sitz in Deutschland, der Achtbeklagte seinen Wohnsitz in Deutschland. Der Achtbeklagte war im maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer der Erstbeklagten.

Die Siebtbeklagte hat ihren Sitz in Österreich, allerdings außerhalb des Sprengels des angerufenen Handelsgerichts Wien.

Mit der vorliegenden (ausdrücklich als „Musterprozess“ bezeichneten) Klage macht die Klägerin sowohl ihr selbst als auch anderen Unternehmen, die ihr die Ansprüche zediert hätten, aus rechtswidrigen Kartellabsprachen entstandene Schäden geltend. Erst‑ und Dritt‑ bis Siebtbeklagte hätten gemeinsam ein verbotenes Kartell („Aufzugskartell“) gebildet und hafteten daher solidarisch für die der Klägerin und deren Zedenten entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Durch die Kartellabsprachen dieser Unternehmen und die Beteiligung der Zweitbeklagten und des Achtbeklagten hätten die Kartellanten einen effektiven Preiswettbewerb bei Errichtung und Wartung von Aufzugsanlagen verhindert und das Preisniveau künstlich angehoben. Die Erst‑ und Dritt‑ bis Siebtbeklagten hätten das verbotene Kartell gebildet („Aufzugskartell“), das sich zumindest auf das gesamte österreichische Bundesgebiet erstreckt habe.

Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gründe sich hinsichtlich der Siebtbeklagten auf § 93 Abs 1 JN iVm § 11 Z 1 ZPO.

Hinsichtlich der Zweitbeklagten, die ihren Sitz in Deutschland habe, gründe sich die internationale Zuständigkeit auf deren gesellschaftsrechtliche Möglichkeit zur Einflussnahme auf das Verhalten der Erstbeklagten, sodass auch insofern eine Solidarhaftung vorliege. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei einer Muttergesellschaft, die 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft halte, deren Wettbewerbsverstoß bereits dann zuzurechnen, wenn sie auf diese einen bestimmenden Einfluss ausüben könne. Dann bestehe die widerlegliche Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen solchen Einfluss auch tatsächlich ausgeübt habe (EuGH C‑97/08p Akzo Nobel). Das müsse auch für eine „Großmuttergesellschaft“ gelten, weil es irrelevant sei, ob die Einflussnahme mittelbar oder unmittelbar erfolge (EuGH C‑222/04 Cassa die Risparmio). Im Fall des T*****‑Konzerns sei eine gesamteuropäische Strategie verfolgt worden, wobei die Konzernspitze auch tatsächlich den maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Erstbeklagten zur Schaffung und Aufrechterhaltung von Preiskartellen ausgeübt habe. Gegen die Unternehmensgruppe T***** sei auch ein Kartellverfahren vor der Europäischen Kommission geführt worden, in dem in der Entscheidung vom 21. 2. 2007 eine Rekordgeldbuße gegen diese und andere Unternehmensgruppen verhängt worden sei.

Die sich aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung ergebende Einflussmöglichkeit bewirke daher eine solidarische Haftung der Zweitbeklagten mit der Erstbeklagten und den übrigen Teilnehmern des österreichischen Aufzugskartells. Dadurch sei die Voraussetzung des Art 6 Z 1 EuGVVO verwirklicht.

Hinsichtlich des Achtbeklagten, der im Zeitraum der Schadenszufügung Geschäftsführer der Erstbeklagten gewesen sei, gründet die Klägerin die internationale und örtliche Zuständigkeit ebenfalls auf Art 6 Z 1 EuGVVO. Ihm sei gemeinschaftliches, vorsätzliches deliktisches Handeln, vorzuwerfen, das er als Organ der Erstbeklagten gesetzt habe. Er hafte daher solidarisch mit der Erstbeklagten und den übrigen Kartellanten. Der nach Art 6 Z 1 EUGVVO erforderliche enge Zusammenhang im Sinn einer Konnexität zwischen den Klagsansprüchen liege auch hier in der ihn treffenden Solidarverpflichtung.

Zweit‑ und Achtbeklagte wendeten die (internationale) Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, bestritten die Voraussetzungen einer Solidarhaftung und damit einen ausreichenden Sachzusammenhang iSd Art 6 Z 1 EuGVVO.

Die Siebtbeklagte wendete ein, zwischen ihr und den übrigen Beklagten bestehe keine Solidarhaftung. Ein Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin bzw deren Zedenten habe auch nie bestanden; es liege auch bei ihr örtliche Unzuständigkeit vor.

Das Erstgericht wies die Klage gegen Zweit‑, Siebt‑ und Achtbeklagte wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zurück. Es bestehe keine grundsätzliche Solidarhaftung aller Kartellteilnehmer für alle von ihnen im Einzelnen verbotswidrig abgeschlossenen Geschäfte. Maßgeblich komme es für die Haftung einzelner Kartellanten darauf an, ob und in welchem Umfang sie als jeweilige Vertragspartner ihre jeweiligen Vertragspartner geschädigt hätte. Eine kartellrechtliche Verurteilung habe keine globale Solidarhaftung aller für alle Rechtsgeschäfte zur Folge, die einzelne Kartellteilnehmer abgeschlossen hätten. Es sei jeweils ein individueller, von der Klägerin jeweils zu konkretisierender Schadenersatzanspruch aus den jeweils abgeschlossenen Verträgen denkbar, weshalb jedem der Beklagten gegenüber eine individuelle Schadenersatzentscheidung zu treffen sei. Die Zweitbeklagte stehe in keiner direkten Vertragsbeziehung zur Klägerin oder deren Zedenten. Der Achtbeklagte sei zwar im schadenserheblichen Zeitraum Geschäftsführer der Erstbeklagten gewesen, die Klägerin habe aber in keiner Weise konkretisieren können, an welchen Kartellbeschlüssen er selbst als Entscheidungsorgan mitgewirkt habe und inwieweit diese Beschlüsse konkrete schadenersatzrechtliche Auswirkungen gezeitigt hätten. Eine Solidarhaftung aller am Kartell beteiligter Unternehmen sei daher abzulehnen. Damit liege die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich des Siebtbeklagten nicht vor.

Hinsichtlich des Achtbeklagten hätte die Klägerin zur Begründung seiner Mithaftung ein konkret schadensstiftendes Verhalten des Achtbeklagten als Organwalter zu behaupten gehabt. Zumindest wären in diesem Zusammenhang die in Frage kommenden Rechtsgeschäfte zu konkretisieren gewesen, sodass er den Gegenbeweis mangelnden Verschuldens antreten hätte können. Dazu sei jedoch das Vorbringen der klagenden Partei nicht ausreichend.

Die Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO lägen daher nicht vor.

Hinsichtlich der Zweitbeklagten, die als „Großmutter“ der Erstbeklagten in Anspruch genommen werde und mit den Geschädigten in keinem Vertragsverhältnis gestanden sei, fehle es mangels Solidarhaftung mit der Erstbeklagten an den Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO, nämlich dass die enge Beziehung zwischen den Ansprüchen notwendigerweise eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung bedinge.

Dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und verwarf die von der zweit‑, siebt‑ und achtbeklagten Partei jeweils erhobenen Einreden der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts.

Die Anknüpfungspunkte für eine örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts seien für die zweit‑, siebt‑ und achtbeklagte Partei jeweils verschieden zu beurteilen, weil unterschiedliche Konstellationen vorlägen.

In diesem Zusammenhang sei primär die Frage einer gemeinsamen Haftung aller Teilnehmer verbotener Kartellabsprachen für Schadenersatz‑ und Bereicherungsansprüche von Verbrauchern zu klären. Das rechtswidrige Zusammenwirken mehrerer Unternehmen in einem verbotenen Kartell führe zu einer gemeinsamen Haftung gegenüber geschädigten Dritten nach § 1301 ABGB. Weil Kartellabsprachen schon begrifflich eine Personenmehrheit voraussetzten und auf Vorsatz beruhten, ergebe sich eine solidarische Haftung aus § 1302 ABGB. Es liege im Einfluss jedes einzelnen Teilnehmers des Kartells, sich daran nicht weiter zu beteiligen und damit den verbotenen Zweck des Kartells zu gefährden.

Die Bejahung der Solidarverpflichtung führe daher schon auf Grundlage von § 91 (gemeint wohl: § 93) Abs 1 JN iVm § 11 Z 1 ZPO zur Bejahung der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts hinsichtlich des Siebtbeklagten.

Klarstellend bemerkte das Rekursgericht, dass hiemit nur eine Schlüssigkeitsprüfung des Vorbringens hinsichtlich der angezogenen Zuständigkeitsnorm vorgenommen werde, keinesfalls aber die Vorfrage einer Haftung der Siebtbeklagten dem Grunde nach bejaht werde.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 14. 7. 2010, 7 Ob 127/10t, auf die sich die Rekurswerber berufen hätten, habe andere Fragen, nämlich die der Zusammenrechnung von Ansprüchen, zum Gegenstand gehabt und sei insofern nicht einschlägig.

Zur Zuständigkeit hinsichtlich der Zweitbeklagten führte das Rekursgericht aus, dass hiefür nicht maßgeblich sei, ob sie selbst Teilnehmerin am verbotenen Kartell gewesen sei, sondern ob sie deshalb mit der Erstbeklagten hafte, weil sie grundsätzlich durch ihre gesellschaftsrechtliche Verflechtung für deren deliktisches Verhalten einzustehen habe.

Nach den für die Schlüssigkeitsprüfung allein maßgeblichen Behauptungen der Klägerin sei für die Zweitbeklagte die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Erstbeklagte gegeben. Bei einer 100%igen Kapitalbeteiligung einer Muttergesellschaft habe der EuGH in der Entscheidung C‑97/08p Akzo Nobel ausgesprochen, dass eine widerlegliche Vermutung bestehe, dass die Muttergesellschaft diesfalls tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochter ausübe. Hier bedürfe es der Prüfung der Frage ob eine solche Einflussnahme tatsächlich ausgeübt worden sei, nicht. Es reiche im konkreten Fall schon die Behauptung der Möglichkeit der tatsächlich gegebenen Einflussnahme aus. Ob diese Möglichkeit tatsächlich bestehe, sei dem Beweisverfahren vorbehalten.

Das Vorbringen reiche somit aus, eine solidarische Haftung der Zweitbeklagten für das Verhalten der Erstbeklagten zu bejahen, sodass auch ihr gegenüber die Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO für die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben seien.

Auch hinsichtlich des Achtbeklagten bejahte das Rekursgericht die internationale Zuständigkeit. Hiefür sei die Behauptung der Klägerin ausreichend, dass der Achtbeklagte als Organ der Erstbeklagten für diese die verbotenen Absprachen mit den übrigen Kartellanten getroffen habe. Bei welchen Rechtsgeschäften im Einzelnen das der Fall gewesen sei, sei nicht maßgeblich. Schließlich werde er nicht für den Abschluss von Verträgen verantwortlich gemacht, die die Erstbeklagte in Ausführung der verbotenen Absprachen geschlossen habe, sondern für seine Teilnahme am Zustandekommen des verbotenen Kartells.

Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil mit Ausnahme der Entscheidung 7 Ob 127/10t noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der gemeinsamen Haftung von Kartellanten bestehe.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Zweit‑ und des Achtbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses unter Verneinung der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und Klagezurückweisung. Hilfsweise wird eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Gericht erster oder zweiter Instanz beantragt.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich auch der Revisionsrekurs der siebtbeklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit.

Die klagende Partei beantragte jeweils in ihren Revisionsrekursbeantwortungen, den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; sie sind jedoch nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs der Siebtbeklagten:

Weil die Siebtbeklagte ihren Sitz zwar in Österreich, aber außerhalb des Sprengels des angerufenen Handelsgerichts Wien hat, ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit der gegen sie wegen Teilnahme am verbotenen Kartell und daraus resultierender Schadenersatz‑ bzw Bereicherungsansprüche erhobenen Klage maßgeblich, ob die Zuständigkeit auf § 93 Abs 1 JN iVm § 11 Z 1 ZPO gestützt werden kann, weil ihre Solidarhaftung mit den übrigen Mitgliedern des verbotenen Kartells zu bejahen ist.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung 7 Ob 127/10t (ecolex 2010/400) macht die Siebtbeklagte zusammengefasst geltend, dass jeweils nur projektbezogene Solidarhaftungen aufgrund projektbezogener Absprachen denkbar seien, nicht aber eine allgemeine Solidarhaftung aller an einer Grundabsprache (Kartellabsprache) Beteiligten für alle Projekte. Wäre der Oberste Gerichtshof von einer derartigen Solidarhaftung ausgegangen, hätten im Anlassfall sämtliche Forderungen zusammengerechnet werden müssen. Weil die Siebtbeklagte aber an keinem der konkreten verfahrensgegenständlichen Projekte beteiligt gewesen sei - sie sei ausschließlich in Tirol und Vorarlberg tätig gewesen ‑, sei die Behauptung einer Solidarhaftung unschlüssig.

Auch habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 16 Ok 8/08 dargelegt, dass die Ergebnisse eines Kartellverfahrens für einen individuellen Schadenersatzprozess nur von eingeschränkter Bedeutung sein könnten. Während es im Kartellverfahren um eine gesamthafte Verhaltensbewertung gehe, müsse „bei der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche nach derzeitiger Rechtslage nachgewiesen werden, dass gerade der geltend gemachte Schaden durch einen Kartellverstoß verursacht wurde. Dies würde im vorliegenden Fall die konkrete Prüfung einer Vielzahl von Aufzugseinbauten bzw Wartungsverträgen erfordern“.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zum gleichen Zweck getroffene Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen sind für ihre gesamte Dauer als einheitliche Zuwiderhandlung gegen § 18 KartG 1988 zu beurteilen, ohne dass die Zerlegung eines durch ein einziges wirtschaftliches Ziel gekennzeichneten kontinuierlichen Verhaltens vorzunehmen wäre. Die Verantwortlichkeit mehrerer an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung und umfasst auch Verhaltensweisen anderer Kartellmitglieder, an denen ein betroffenes Unternehmen selbst nicht beteiligt ist, sofern sie im Rahmen des Gesamtkartells (der Grundvereinbarung) erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich an einem auf Wettbewerbsverfälschung abzielenden Gesamtkartell beteiligte und vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder wusste, wissen musste oder es hätte voraussehen müssen und bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen (vgl EuGH 8. 7. 1999, Rs C‑49/92 P Komm/Anic, Rn 82, 83; EuGH 7. 1. 2004, Rs C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P Komm/Aalborg Portland, Rn 258; Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht11, Art 81 EGV Rn 35 ff mwN).

Sind ‑ wie hier behauptet ‑ an einer Zuwiderhandlung mehrere Mittäter beteiligt, kann die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die Gesamtzuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt worden ist, aber dieselbe wettbewerbswidrige Bestimmung oder Wirkung hat, nicht schon allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt (vgl EuGH 8. 7. 1999, Rs C‑49/92 P Komm/Anic Rn 80).

Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die Beendigung der Beteiligung eines Unternehmens an der Durchführung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung oder die Einstellung eines auf die Verfälschung des Wettbewerbs abzielenden, abgestimmten Verhaltens einer klaren und deutlichen Willenserklärung gegenüber den anderen Beteiligten bedarf, weil letztere erst dadurch in die Lage versetzt werden, ihr künftiges Verhalten sowie den Umfang ihrer eigenen Verantwortlichkeit aufgrund der geänderten Umstände neu zu beurteilen (16 Ok 5/08).

Schon das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, dass dann, wenn sich mehrere Unternehmen zu einem Kartell zusammenschließen, insofern gemeinschaftliches Handeln vorliegt und Kartellabsprachen oder Vereinbarungen begriffsnotwendig die Beteiligung mehrerer Unternehmen voraussetzen, die dieselben Waren oder Leistungen anbieten. Ohne Zusammenwirken dieser Beteiligten ist eine Gestaltung des Preises, die dann zu ungünstigeren Bedingungen für die Marktpartner führt, undenkbar.

Der gemeinschaftliche Vorsatz richtet sich dabei typischerweise auf eine Rechtsgutverletzung, hier das Verbot von Kartellabsprachen.

Die Verbotsbestimmungen des § 18 Abs 1 Z 1 KartG 1988 und Art 81 EGV (nunmehr Art 101 AEUV) haben neben wettbewerbsrechtlichen Zwecken gerade auch den Zweck, Übervorteilungen der Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite durch Absprachen von Kartellanten zu verhindern (Köhler, Kartellverbot und Schadensersatz, GRUR 2004/99, 99 [100 f] unter Hinweis auf EuGH Slg 1973, 1465 [1469] ‑ Generale Sucriere; G. Graf, Unsolidarische Solidarschuldner, ecolex 2010, 1063 ff; ders, Zivilrechtliches zum Aufzugskartell ‑ Folgeverträge sind teilnichtig! ecolex 2010, 646 ff; Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht 215 unter Hinweis auf Gehmacher/Hauck/Madl, Schadenersatz bei Kartellverstoß, ecolex 2002, 564 [565 f] mwN).

Auch der Bundesgerichtshof anerkennt die Qualität von kartellrechtlichen Verbotsbestimmungen als schadenersatzrechtlich relevante Verbotsnormen, zunächst eingeschränkt auf unmittelbar Betroffene (BGH NJW 1980, 1224 ‑ „BMW‑Importe“ = WuW 1980, 191; BGH WRP 1999, 101 ‑ „Depotkosmetik“; BGH NJW 1999, 2741 [2743]; Lettl, Der Schadenersatzanspruch gemäß § 823 Abs 2 BGB iVm Art 81 Abs 1 EG, ZHR 167 (2003) 473 [480] mwN; krit Bornkamm in Langen/Bunte, Kommentar aaO § 33 GWB), seit der Entscheidung BGH 28. 6. 2011, KZR 75/10 „Selbstdurchschreibepapier“ auch für indirekte Abnehmer (ecolex 2012/42; S. Weiland, Schadenersatzanspruch indirekter Abnehmer gegen Kartellanten, ecolex 2012, 110; H. Wollmann, Europarechtliches zu BGH Selbstdurchschreibepapier, ecolex 2012, 113).

Ein Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm iSd § 1311 ABGB führt im deliktischen Bereich zur Haftung gemeinschaftlich handelnder Täter, wenn, wie oben ausgeführt, jeder von ihnen eine conditio sine qua non für denselben Schaden gesetzt hat. Die solidarische Haftung ergibt sich diesfalls aus § 1302 ABGB. Mehrere Täter, die mit dem gemeinsamen Vorsatz handeln, eine Norm zu übertreten, die Schädigungen vorbeugen will, trifft eine solidarische Haftung, ohne dass sich der Vorsatz auf den vollen Schadenserfolg erstrecken müsste. Das ist insbesondere bei Schutzgesetzverletzungen von Bedeutung (vgl 2 Ob 12/98y SZ 71/22; 2 Ob 290/99g SZ 72/156; RIS‑Justiz RS0109824; RS0109825; vgl auch 6 Ob 2024/96g NZ 1988, 304; Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 § 1302 Rz 9 ff; zur deutschen Rechtslage: BGH 28. 6. 2011, KZR 75/10 „Selbstdurchschreibepapier“, ecolex 2012/42: solidarische Haftung aller Kartellteilnehmer aus gemeinschaftlich begangener unerlaubter Handlung).

Dass dabei jedem Mittäter der haftungsbefreiende Beweis offen steht, dass er gerade keine conditio sine qua non für den Schaden gesetzt hat (vgl 1 Ob 662/88 SZ 61/234; 7 Ob 57/01k ZVR 2002/37; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1302 Rz 12), kann die Siebtbeklagte in der Hauptsache bei Prüfung der Begründetheit des Anspruchs der Klägerin gegen sie geltend machen. So sind auch die von der Revisionsrekurswerberin zitierten Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in 16 Ok 8/08 (5.14) zu verstehen.

Die Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung von Kartellanten für Schadenersatzansprüche von Geschädigten, also jener Personen, die mit Kartellmitgliedern Austauschverträge geschlossen haben, deren Inhalt durch die Kartellvereinbarung beeinflusst wurde, wird in der deutschen Lehre nahezu einhellig bejaht (vgl Köhler aaO; Endter, Schadenersatz nach Kartellverstoß [2007], 225 f; Bulst, Internationale Zuständigkeit, anwendbares Recht und Schadensberechnung im Kartelldeliktsrecht, EWS 2004, 403, [410]; Bornkamm in Langen/Bunte, Kommentar aaO, § 33 GWB Rn 54, der von der Möglichkeit eines internen Ausgleichs zwischen Kartellanten ausgeht; für Österreich: G. Graf aaO mwN).

Soweit mit der Entscheidung 7 Ob 127/10t bei Fragen der Zusammenrechnung von Schadenersatzansprüchen (nach § 55 Abs 1 Z 2 JN) gegen mehrere Kartellanten ohne weitergehende Begründung eine Solidarhaftung verneint wurde, ist auf die Ausführungen von G. Graf in ecolex 2010, 1063 hinzuweisen, denen sich der erkennende Senat unter Hinweis auf die oben zitierte Lehre anschließt.

Zutreffend hat das Rekursgericht daher die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich der Siebtbeklagten gemäß § 93 Abs 1 JN iVm § 11 Z 1 ZPO bejaht.

Der Revisionsrekurs der Siebtbeklagten ist daher nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs der Zweitbeklagten:

Zur Begründung der (internationalen) Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien beruft sich die Klägerin hinsichtlich der Zweitbeklagten auf die Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO. Danach kann, wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen „eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten“.

Ein ausreichender Zusammenhang wird dann bejaht, wenn die Klagen im Wesentlichen tatsächlich oder rechtlich gleichartig sind, wenn die Entscheidung über den einen Anspruch von jener über die anderen abhängt oder wenn alle Ansprüche die Lösung einer gemeinsamen Vorfrage voraussetzen. Allgemein bejaht wird dieser Zusammenhang bei Gesamtschuldnerschaft oder Bürgschaft. Ob diese Abhängigkeit besteht, ist vom angerufenen nationalen Gericht im Einzelfall nach der lex causae (RIS‑Justiz RS0115274; 4 Ob 124/07z SZ 2007/151; Horn in Fucik/Klauser/Kloiber, ZPO11 Art 6 EuGVVO Anm S 667) zu prüfen.

Der Begriff der engen Beziehung iSd Art 6 Z 1 EuGVVO wird verordnungsautonom bestimmt (EuGH C‑103/05 Reisch Montage AG Rn 29; 7 Ob 29/01t ZfRV 2002/7, 23; Schmaranzer in Burgstaller/Neumayr, Internationales Zivilverfahrensrecht, Art 6 EuGVO Rz 6 mwN; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht9 [2011] EuGVO Art 6 Rn 10; Leible in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht2 Art 6 Brüssel I‑VO Rn 8).

Ist die Frage, ob ein entsprechender Sachzusammenhang zwischen mehreren Klagen besteht, selbst Hauptgegenstand des Verfahrens (sogenannte „doppelrelevante Tatsache“), reicht es für eine Bejahung der internationalen Zuständigkeit aus, dass das Klagevorbringen hinsichtlich der die Zuständigkeit begründenden Tatsachen einer Schlüssigkeitsprüfung standhält (Kropholler/von Hein aaO EuGVO Art 5 Rn 94 unter Hinweis auf EuGH C‑68/93 Shevill [Rn 36, 39]).

Art 6 Z 1 EuGVVO knüpft nicht an einen bestimmten Anspruchsgerichtsstand, sondern an den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten (der „Ankerklage“ ‑ vgl hiezu etwa Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz im europäischen Immaterialgüterrecht [2007] 235: Mehrparteiengerichtsstand nach Art 6 Nr 1 EuGVO) an (Kropholler/von Hein aaO Art 6 Rn 9 und 12). Ob der geforderte materiell‑rechtliche Zusammenhang tatsächlich vorliegt, wird dann im Hauptverfahren geklärt, um nicht die Entscheidung in der Zuständigkeitsfrage mit einer zu weitgehenden Sachprüfung zu belasten (RIS‑Justiz RS0116404).

Die Klägerin brachte zur Begründung der Inanspruchnahme der internationalen Zuständigkeit hinsichtlich der Zweitbeklagten nach Art 6 Z 1 EuGVVO vor, diese bilde mit der Erstbeklagten eine wirtschaftliche Einheit iSd Art 81 EGV (Art 101 AEUV), wie sich aus der Entscheidung des EuGH vom 10. 9. 2009, C‑97/08p Akzo Nobel ergebe. Nach dieser Entscheidung haften Muttergesellschaften für die von ihren 100%igen Tochtergesellschaften begangenen Kartellverstöße, und zwar unabhängig davon, ob sie an den Kartellverstößen selbst mitgewirkt hatten, Kenntnis davon hatten oder diese hätten erkennen und/oder verhindern können. Das gelte auch aufgrund der festgestellten Konzernverflechtung der Erst‑ und Zweitbeklagten. Es bestehe die widerlegliche Vermutung, dass die Zweitbeklagte einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Erstbeklagten hinsichtlich deren Kartellrechtsverstößen ausgeübt habe. Die Zweitbeklagte habe auf Konzernebene eine gesamteuropäische Strategie verfolgt, die Konzernspitze habe maßgebenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Erstbeklagten zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Preiskartells ausgeübt. Ihr seien daher die Verstöße unmittelbar zuzurechnen.

Ob sich mit der vom EuGH in Bußgeldverfahren seit der zitierten Entscheidung Akzo Nobel entwickelten Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung auf eine 100%ige Muttergesellschaft, wofür schon die Möglichkeit gesellschaftsrechtlichen Einflusses und eine daran knüpfende Vermutung ausreicht, eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Bejahung eines Schadenersatzanspruchs wegen eines Kartellverstoßes im österreichischen Recht begründen lässt, ist als Frage der Sachprüfung im Zuständigkeitsstreit nicht zu prüfen.

Die Darstellung der gesellschaftsrechtlich möglichen Einflussnahme der Zweitbeklagten auf kartellrechtswidriges Verhalten der Erstbeklagten hält jedenfalls im Zusammenhang mit der Klagebehauptung, die Zweitbeklagte habe durch bestimmte Maßnahmen diesen Einfluss auch tatsächlich ‑ und zwar in einer auf Konzernebene verfolgten Strategie ‑ ausgeübt und sich insofern an den Kartellverstößen der Erstbeklagten in Österreich beteiligt, als Grundlage für den ins Treffen geführten Sachzusammenhang einer Schlüssigkeitsprüfung (vgl dazu Schmaranzer aaO Art 6 EuGVVO Rz 7 samt FN 25; B. König, Zur Prüfungspflicht beim Gerichtsstand der Streitgenossenschaft, RZ 1997, 240 ff) stand. Damit wird ein Sachverhalt behauptet, der im Tatsächlichen und hinsichtlich der behaupteten Rechtsverletzungen eine Konnexität zu den der Erstbeklagten im Tatsachenbereich vorgeworfenen Kartellverstößen und sich daraus ergebenden Rechtsfolgen herstellt (vgl EuGH Rs C‑145/10 Painer Rn 76 ff samt Schlussanträgen Trstenjak Rn 91 ff, wonach konzertiertes Verhalten den einheitlichen Lebenssachverhalt und die Vorhersehbarkeit der Anwendung des Art 6 Z 1 EuGVVO bejahen lässt); EuGH Rs C‑539/03 Roche Nederland BV Rn 34). Hat sich die Zweitbeklagte durch Einwirkung auf die Erstbeklagte an deren Kartellverstößen beteiligt, wäre ihr das als Nebentäterin (Anstiftung, Beihilfe) nach § 1301 ABGB zurechenbar und könnte ihre solidarische Mithaftung nach § 1302 ABGB begründen (vgl RIS‑Justiz RS0079765).

Für die gegen die Zweitbeklagte erhobene Klage ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine Konnexität iSd Art 6 Z 1 EuGVVO mit der gegen die Erstbeklagte erhobenen Klage zu bejahen.

Damit erweist sich der Einwand der Zweitbeklagten, für das gegen sie erhobene Klagebegehren bestehe keine internationale Zuständigkeit, als unberechtigt.

Ihrem Revisionsrekurs war der Erfolg daher ebenfalls zu versagen.

Zum Revisionsrekurs des Achtbeklagten:

Zu den Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Ganz grundsätzlich setzt die Zurechnung einer gesetzwidrigen Handlung an eine für eine juristische Person handelnde natürliche Person voraus, dass diese in ihrer Eigenschaft als Organ in Ausführung der ihr zustehenden Aufgaben gesetzwidrig gehandelt hat, wobei dieses Handeln im objektiven Zusammenhang mit dem dem Organ zugewiesenen Wirkungsbereich stehen muss (RIS‑Justiz RS0079765 [T36]; 17 Ob 15/10w RdW 2011/212, 218: Wettbewerbsverstoß). Das gilt auch bei Verstößen gegen kartellrechtliche Vorschriften (Hasselbach/Seibel, Die Freistellung des GmbH‑Geschäftsführers von der Haftung für Kartellrechtsverstöße, GmbHR 7/2009, 355 [358]). Schadenersatzansprüche von Gläubigern der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer sind dann denkbar, wenn er Verstöße selbst begangen hat, an diesen aktiv beteiligt war oder gegen solche trotz Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nichts unternommen hat (Feil in Gellis, Komm z GmbHG7 [2009] § 25 Rz 35; J. Reich‑Rohrwig in Straube, GmbHG § 25 Rz 296).

Die Klägerin hat als anspruchs‑ und zuständigkeitsbegründend die Behauptung aufgestellt, der Achtbeklagte sei vom 13. 7. 1999 bis 31. 5. 2005 Geschäftsführer der Erstbeklagten gewesen und habe in dieser Organstellung die wettbewerbswidrigen Vereinbarungen unmittelbar persönlich getroffen bzw Verhaltensweisen unmittelbar selbst gesetzt. Er wird nach den Klagebehauptungen, die auch hier „doppelrelevante Tatsachen“ sind, als vorsätzlich in Schädigungsabsicht handelnder Täter in Anspruch genommen, der durch seine Handlungen gleichzeitig für die von ihm vertretene Erstbeklagte den Tatbestand des Kartellverstoßes (auch in Richtung der Verwirklichung strafrechtlich relevanter Tatbestände) bewirkt habe.

Für die Anwendbarkeit des Art 6 Z 1 EuGVVO ist nach neuerer Rechtsprechung nicht mehr Voraussetzung, dass Ansprüche gegen mehrere Beklagte auf derselben Rechtsgrundlage beruhen (EuGH C‑98/06, Freeport/Arnoldsson; 4 Ob 173/09h Zak 2010/346, 199 = ecolex 2010/279 ua), weswegen der Bejahung einer Konnexität auch nicht von vornherein entgegensteht, dass ein Anspruch noch von weiteren Voraussetzungen abhängt. Im vorliegenden Fall wird die Klage gegen den Achtbeklagten (wie auch gegen die Erstbeklagte) auf die Verpflichtung zum Schadenersatz gestützt, wobei ein bewusstes Zusammenwirken gerade bei den maßgeblichen Kartellverstößen der Erstbeklagten zugrundegelegt wird. In ähnlichen Fällen wurde eine Konnexität bejaht: etwa bei einer Schadenersatzklage sowohl gegen den Hersteller als auch gegen das den Verkauf vermittelnde Unternehmen; bei bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mehrerer Täter bei Inverkehrbringen urheberrechtlich vergütungspflichtigen Trägermaterials (vgl Kropholler/von Hein aaO Art 6 Rn 10 mwN).

Weil hier die der Erstbeklagten zuzurechnenden Kartellverstöße nach den Klagebehauptungen vom Achtbeklagten unmittelbar ausgeführt wurden, besteht zwischen der Klage gegen die Erstbeklagte und der Klage gegen den Achtbeklagten im Tatsachenbereich ein ausreichend enger Zusammenhang, weil sie auf demselben Lebenssachverhalt beruhen. Auch liegt ein für die Bejahung der Konnexität hinreichend enger rechtlicher Zusammenhang der Schadenersatzansprüche begründenden Verbotsnormen vor. Damit ist auch für den Achtbeklagten die internationale Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichts nach den Voraussetzungen des Art 6 Z 1 EuGVVO zu bejahen.

Seinem Revisionsrekurs ist daher gleichfalls der Erfolg zu versagen.

Kostenentscheidung:

Diese gründet sich auf die §§ 41 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO. Die Klägerin ist den Revisionsrekurswerbern gegenüber im Zuständigkeitszwischenstreit als vollständig obsiegend anzusehen.

Allerdings standen ihr im Zwischenstreit über die Zuständigkeitsfrage nicht alle Beklagten gegenüber, weshalb ihr - mit Ausnahme der Revisionsrekursbeantwortung zum Rechtsmittel der Zweit- und des Achtbeklagten - kein Streitgenossenzuschlag zusteht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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