Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.
1. Das Erstgericht hat nicht nur mit den beiden Beschlüssen, die Gegenstand des Revisionsrekurses sind, Strafen über die Gesellschaft wegen Nichtoffenlegung ihrer Jahresabschlüsse für 2007 und 2008 bis zum 28. 2. 2011 gemäß § 283 Abs 2 UGB (1. Stufe), sondern praktisch zur selben Zeit weitere Strafen wegen Nichtoffenlegung dieser Jahresabschlüsse bis 30. 4. 2011 gemäß § 283 Abs 4 UGB (2. Stufe) verhängt. Die Strafbeschlüsse 2. Stufe hat das Rekursgericht mit der angefochtenen Entscheidung ersatzlos aufgehoben, weil die Strafbeschlüsse 1. Stufe zuvor ihre Warnfunktion nicht erfüllt hätten. Insoweit ist die Entscheidung des Rekursgerichts in Rechtskraft erwachsen. Damit erübrigt sich aber die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der „zeitlichen Erlassung von Zwangsstrafverfügungen wegen Säumnis mit der Erreichung von Jahresabschlüssen in mehreren Zeitstufen“.
2. Die Gesellschaft bezweifelt in ihrem Revisionsrekurs die Verfassungsmäßigkeit der seit 1. 3. 2011 geltenden, auf einer Änderung des § 283 UGB durch das Budgetbegleitgesetz 2011 beruhenden Rechtslage, insbesondere der vom Gesetzgeber vorgesehenen Übergangsfristen. Der erkennende Senat hat die Verfassungsmäßigkeit bereits in mehreren Entscheidungen geprüft und daran keine Zweifel gehegt (RIS-Justiz RS0126979).
3. Es bestehen keine Bedenken, § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 auch dann anzuwenden, wenn die Offenlegungspflicht zwar Zeiträume vor dem 1. 1. 2011 betrifft, die Offenlegung jedoch nicht bis zum 28. 2. 2011 erfolgte (§ 906 Abs 23 Satz 3 UGB). § 906 Abs 23 letzter Satz UGB bezieht sich offensichtlich auf jene Altfälle, in denen bereits vor dem 1. 1. 2011 ein Zwangsstrafverfahren anhängig war (RIS-Justiz RS0127226).
4. Das Erstgericht hat die dem Revisionsrekursverfahren zugrunde liegenden Zwangsstrafverfügungen am 28. 6. 2011 erlassen; die Gesellschaft hat die Jahresabschlüsse 2007 und 2008 jedoch erst am 30. 6. 2011 beim Firmenbuch eingereicht. Eine Zwangsstrafverfügung kann nicht ergehen, wenn die Bilanz spätestens am Tag vor der Erlassung der Zwangsstrafverfügung bei Gericht eingelangt ist; diesfalls kann auch im ordentlichen Verfahren keine Zwangsstrafe verhängt werden. Wenn aber bereits eine Zwangsstrafverfügung ergangen ist, weil die Bilanz nicht innerhalb der Offenlegungsfrist und nicht längstens bis zum Tag vor Erlassung der Zwangsstrafverfügung eingereicht worden war, steht die nachträgliche Einreichung der Bilanz der Verhängung einer Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren nach § 283 Abs 1 UGB nicht entgegen (RIS-Justiz RS0126978).
5. Dass das Firmenbuchgericht die Gesellschaft nicht anlässlich der Einreichung des Jahresabschlusses 2009 am 24. 2. 2011 auf das Fehlen der Jahresabschlüsse für die beiden vorangegangenen Jahre aufmerksam gemacht hat, vermag die Gesellschaft nicht zu entlasten. Die Verpflichtung nach den § 277 ff UGB zur fristgerechten Offenlegung trifft unabhängig von staatlicher Intervention die Gesellschaft bzw deren Vertretungsorgane. Daran ändert auch nichts, dass im Jahresabschluss 2009 nach § 223 Abs 2 UGB die Vorjahreszahlen anzugeben waren (6 Ob 262/09m GesRZ 2010, 283 [Fragner]). Weiters sind nach ständiger Rechtsprechung Zwangsstrafen auch dann zu verhängen, wenn die Vorlage von mehrere Jahre zurückliegenden Jahresabschlüssen Gegenstand des Verfahrens ist (RIS-Justiz RS0115833 [T2]).
6. Soweit sich die Gesellschaft auf (angebliche) Versäumnisse ihrer steuerlichen Vertretung beruft, kann sie dies grundsätzlich nicht entlasten, trifft sie diesbezüglich doch eine Überwachungspflicht (6 Ob 200/11x; 6 Ob 217/11w). Es ist auch nicht ersichtlich, worin der „vom Firmenbuch veranlasste Irrtum“ gelegen sein soll, geht es doch hier um Jahresabschlüsse, die zum Zeitpunkt der Erlassung der Zwangsstrafverfügungen bereits mehrere Jahre zuvor hätten offengelegt werden müssen.
Im Übrigen hat sich die Gesellschaft in ihren Einsprüchen gegen die Zwangsstrafverfügungen nur auf das „große Geschäftsaufkommen der beauftragten Steuerberatungskanzlei zum Zeitpunkt der Erstellung der Jahresabschlüsse“ berufen; ihre nunmehrige Argumentation im Revisionsrekurs, sie habe die vollständigen und unterfertigten Jahresabschlüsse auch für die Jahre 2007 und 2008 der Steuerberatungskanzlei übergeben und sei berechtigterweise davon ausgegangen, diese werde sie zeitgerecht an das Firmenbuch übermitteln, verstößt gegen das Neuerungsverbot des § 49 AußStrG.
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