Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 838,44 EUR (darin enthalten 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Rekursgericht bestätigte die Feststellung des Erstgerichts, dass die Antragsgegnerin durch die monatlichen Vorschreibungen im Zeitraum Oktober 2005 bis einschließich Oktober 2008 die gesetzlich zulässige Entgelthöhe gemäß § 14 Abs 1 Z 1 und 2 WGG nicht überschritten habe; die Antragstellerin negiere, dass der gemeinnützigen Bauvereinigung trotz Kündigungsverzichts eine Reduktion des ursprünglich vereinbarten Fixzinssatzes gelungen sei, was ex ante betrachtet eine Einsparung für die Jahre 1998 bis 2003 gebracht habe. Der Umstand, dass letztlich höhere Zinsen angefallen seien als bei Belassung des ursprünglichen Fixzinses mit anschließender schon 2004 eintretender variabler Verzinsung, habe nicht vorhergesehen werden können. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der offenbaren Unangemessenheit im Fall einer „Novation von Zinsvereinbarungen während aufrechter Fixzinsvereinbarung“ höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig (§ 71 Abs 1 AußStrG). Allein der Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem völlig gleichgelagerten Sachverhalt fehlt, bedeutet nämlich noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0102181; RS0110702). Damit fehlt es an den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG, was gemäß § 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG wie folgt kurz zu begründen ist.
1. Die behauptete Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).
2. Nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG idF der WRN 1999 (BGBl 1999/147) darf bei der Berechnung des angemessenen Entgelts für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung unter anderem die aufgrund des Schuldscheins (der Schuldscheine) vorzunehmende angemessene Verzinsung von Fremdmittel einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln angerechnet werden. Einwendungen gegen die Entgelthöhe aufgrund offenkundig unangemessener Zinssatzvereinbarungen können nach § 18 Abs 4 WGG längstens binnen drei Jahren nach schriftlicher Bekanntgabe der zugrunde liegenden Entgeltanpassungen geltend gemacht werden.
3. Zur Rechtslage vor der Wohnrechtsnovelle 1999 hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass die auf die Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten im Zuge der Berechnung des Entgelts nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG 1979 zu überwälzenden Zinsen für Fremdmittel „angemessen“ im Sinn ihrer gesetzlichen Zulässigkeit zu sein hatten, sodass die Einfügung durch die Wohnrechtsnovelle 1999 eine ausdrückliche Betonung einer bereits bis dahin bestandenen Verpflichtung, nur ein angemessenes Entgelt hinsichtlich aller Entgeltskomponenten des § 14 WGG zu vereinbaren und zu begehren, darstellte (5 Ob 6/03y = SZ 2003/34 = wobl 2004/41 [insoweit zustimmend Vonkilch und Würth]; 5 Ob 22/10m = wobl 2011/10; RIS-Justiz RS0118032; Rosifka, Der wohnungsgemeinnützlichkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 321 ff). Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Nutzungsentgelts bedeutet die Zulässigkeit bzw Rechtmäßigkeit der Höhe des Entgelts. Es geht um die Feststellung, ob das vereinbarte oder begehrte Entgelt den gesetzlichen Vorschriften über seine Höhe und Zusammensetzung entspricht (RIS-Justiz RS0118030). In seiner Leitentscheidung 5 Ob 6/03y hat der Oberste Gerichtshof auch ausgesprochen, dass sich die Angemessenheit im Sinne der gesetzlichen Zulässigkeit eines Zinssatzes auch aus generellen Normen, wie etwa Wohnbauförderungsvorschriften ergibt. Es ist eine strikte Orientierung an den einschlägigen gesetzlichen Regelungen geboten (RIS-Justiz RS0118034 [T1]). Ist aber eine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzung kraft ausdrücklicher Anordnung nicht anwendbar, erfolgt die Prüfung der Angemessenheit der Verzinsung des Darlehens durch einen Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen (RIS-Justiz RS0125920).
4. Im Revisionsrekursverfahren ist nicht mehr strittig, dass der ursprünglich im Schuldschein vom 10. 2. 1993 vereinbarte Zinssatz § 6 Abs 2 Z 3 WWFSG 1989 in der damals geltenden Fassung entsprach. Es ist auch anerkannt, dass eine Fixzinsvereinbarung zwischen einer gemeinnützigen Bauvereinigung und ihrem Darlehensgeber nicht jedenfalls unzulässig und daher bereits per se unangemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG ist (5 Ob 87/05p = wobl 2006/82; 5 Ob 22/10m). Die Zulässigkeit der Fixzinsvereinbarung richtet sich nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt von deren Abschluss (vgl Rosifka aaO).
5.1 Die Antragstellerin meint, die mit Wirksamkeit ab 1. 1. 1998 vereinbarte Reduktion des Zinssatzes sei unter Berücksichtigung der über den 31. 12. 2003 - zu welchem Datum der ursprüngliche Kündigungsverzicht abgelaufen wäre - verlängerten Selbstbindung als unangemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG anzusehen, was sie mit den für das Land Wien bestehenden förderungsrechtlichen Bestimmungen nach § 6 Abs 2 WWFSG 1989 und § 2 Abs 3 Z 2 WWFSG-VO 1992 begründet.
5.2 § 6 WWFSG 1989 in der zum Zeitpunkt der Vereinbarung über die Zinssatzreduktion geltenden Fassung enthielt keine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzungen. Solche sah für den hier vorliegenden Fall auch die Verordnung zum WWFSG nicht vor. Der mit LGBl 1995/28 neu eingeführte § 2 Abs 3a der genannten Verordnung normiert ausdrücklich, dass bei Inanspruchnahme eines Darlehens, das gemäß § 2 Abs 3 Z 6 abgestattet wird und dessen Gesamtlaufzeit nicht mehr als 30 Jahre beträgt (wie das verfahrensgegenständliche Darlehen), die Bestimmungen über die Höchstzinssätze (§ 2 Abs 3 Z 4 und 5 der genannten Verordnung) nicht anzuwenden sind.
5.3 Soweit die Antragstellerin auch im Revisionsrekursverfahren eine Orientierung des reduzierten Zinssatzes an den förderungsrechtlichen Zinsbeschränkungen anstrebt, setzt sie sich in klarem Widerspruch zu den im Zeitpunkt der nachträglichen Vereinbarung geltenden landesrechtlichen Bestimmungen. Dazu wurde bereits ausgesprochen, dass es keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG darstellt, wenn im Fall ausdrücklich angeordneter Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Förderungsbesimmungen diese nicht - und damit auch nicht über die Ratio des Kostendeckungsprinzips des WGG - anzuwenden sind (5 Ob 22/10m).
5.4 Inwieweit der ab 1. 1. 1998 reduzierte Zinssatz im Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen angemessen war und inwieweit bei einem solchen Vergleich bestehende vertragliche Bindungen zu berücksichtigen sind, muss nicht geprüft werden. Dass die von der Antragsgegnerin erwirkte Reduktion der ursprünglichen, zulässigen und angemessenen Fixzinsvereinbarung nach orts- und marktüblichen Kriterien unangemessen wäre, hat die Antragsstellerin im Verfahren erster Instanz nämlich nicht behauptet. Abgesehen davon, dass die diesbezüglichen Ausführungen im Revisionsrekurs die durch die Zinsreduktion erlangten Vorteile völlig außer Acht lassen, verstoßen sie daher gegen das Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0070485; RS0119918). Es begründet jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen ausgehend von einer gebotenen ex-ante-Betrachtung zum Ergebnis gelangten, dass die von der Antragsgegnerin erwirkte Reduktion des ursprünglichen Fixzinssatzes, der sonst noch für weitere sechs Jahre Geltung gehabt hätte, bei gleichzeitiger Verlängerung der Bindung an den reduzierten Zinssatz, keine Unangemessenheit iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG darstellt.
6. Fehlt es an den notwendigen Behauptungen, dass die von der Antragsgegnerin bei bestehendem Kündigungsverzicht erwirkte Reduktion des Fixzinssatzes unter gleichzeitiger Verlängerung der Bindungsfrist nach den orts- und marktüblichen Konditionen unangemessen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Antragsgegnerin ungeachtet der vertraglichen Bindung auch nach Vereinbarung der Zinsreduktion verpflichtet gewesen wäre, auf eine Abänderung dieser Vereinbarung zu dringen. Der Behauptung, es läge insoweit ein Vertrag zu Lasten Dritter vor, muss damit ebenfalls nicht mehr nachgegangen werden, sodass der Revisionsrekurs insgesamt keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigt.
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG. Die Antragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.
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