OGH 5Ob176/11k

OGH5Ob176/11k7.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Wilfried H*****, und 2. Elisabeth H*****, beide vertreten durch Anwälte Pochendorfer Mitterbauer OG in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Grassner, Lenz, Thewanger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, und deren Nebenintervenientin P***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Michael Göbel Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 11.627,78 EUR sA (Revisionsinteresse 2.000 EUR sA) und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. Mai 2011, GZ 2 R 200/10k-30, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei und der Nebenintervenientin das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 14. Juli 2010, GZ 32 Cg 24/09v-24, in der Hauptsache bestätigt und im Kostenpunkt teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der Nebenintervenientin die mit 410,83 EUR (darin 68,47 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger hatten bei der Beklagten Heizöl bestellt, welches die Nebenintervenientin als Subunternehmerin der Beklagten zum Haus der Kläger lieferte. Bei der Befüllung des Tanks trat über die Entlüftungsleitung in der Attikaverkleidung des Hauses der Kläger Heizöl aus.

Die Kläger begehrten aufgrund des zuvor geschilderten Vorfalls den Ersatz näher bezeichneter Schäden und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Spätfolgen und Nachteile.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr ein Teilbetrag von 2.000 EUR sA strittig, dessen Zuspruch die Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes mit folgender Begründung begehrten:

„Aufgrund der Tatsache, dass der am Einfamilienhaus aufgebrachte Vollwärmeschutz zu großen Teil (gemeint wohl: Teilen) mit Heizöl durchtränkt ist, bestand und besteht immer noch eine relativ starke und sehr unangenehme Ölgeruchsentwicklung im Hause der Kläger. Hiefür wird unter Hinweis auf § 273 ZPO ein Ersatzbetrag in der Höhe von jeweils € 1.000,-- pro Person, zusammen daher € 2.000,00 geltend gemacht.“ (Klage S 3 in ON 1 = AS 5).

In der mündlichen Streitverhandlung (am 30. 4. 2009) brachten die Kläger ergänzend vor, „dass der Betrag von € 2.000,-- … darauf gestützt werde, dass die Kläger aufgrund der relativ starken und sehr unangenehmen Geruchsentwicklung im Hause eine entsprechende Unbill erlitten hätten“ (S 4 in ON 6 = AS 32).

Das Erstgericht wies (ua) das mit der zuvor wiedergegebenen Begründung auf Zahlung von 2.000 EUR sA gerichtete Teilbegehren im Wesentlichen unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 658/82 EvBl 1983/82 ab.

Das Berufungsgericht gab der von den Klägern (ua) gegen die Abweisung des Teilbetrags von 2.000 EUR sA gerichteten Berufung nicht Folge. Die Kläger hätten nicht einmal behauptet, dass sie der Geruch mehr als nur belästigt habe und dessen Auswirkungen über ein bloßes Unbehagen oder ähnliche Unlustgefühle hinausgegangen seien oder gar eine krankheitswertige Beeinträchtigung hervorgerufen habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Rechtsstandpunkt der Kläger, dass eine Beeinträchtigung durch starke Geruchsimmissionen heute anders zu beurteilen sei als noch zum Zeitpunkt der einzigen dazu vorliegenden, beinahe drei Jahrzehnte alten OGH-Entscheidung (1982), sei „nicht völlig von der Hand zu weisen“.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Klägern aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO wie folgt kurz zu begründen ist:

1. Soweit sich die Kläger zur Untermauerung der vermeintlichen Intensität ihrer Beschwerden auf die Parteiaussage der Erstklägers berufen, ist diese weder durch ihr Prozessvorbringen noch durch erstgerichtliche Feststellungen gedeckt; die Revision ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043603). Entgegen der Ansicht der Kläger ist es auch nicht gerichtsnotorisch, dass der Geruch ausgeflossenen Heizöls zu Atembeschwerden führt und der Umstand, dass die Zweitklägerin seit Jahrzehnten unter Asthma leide, ist eine unzulässige Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO).

2. Den Revisionsausführungen der Kläger zu fraglichen Schadenersatzansprüchen im Fall seelischer oder psychischer Schmerzen, Trauerschmerzen und „fehlerhafter Haarbehandlungen“ muss im gegebenen Zusammenhang nicht nachgegangen werden, weil keine dieser Konstellationen hier vorliegt.

3.1. § 1325 ABGB sieht bei Verletzungen am Körper die Zahlung von Schmerzengeld als Ersatz des ideellen Schadens, der im Zusammenhang mit der körperlichen Verletzung entsteht, vor. Körperverletzung ist jede Beeinträchtigung der leiblichen oder geistigen Gesundheit und Unversehrtheit. Eine äußerlich sichtbare Verletzung ist nicht Voraussetzung. Auch innere Verletzungen oder Nervenschäden fallen unter den Begriff der Körperverletzung, lediglich eine psychische Beeinträchtigung, die bloß in Unbehagen und Unlustgefühlen besteht, reicht für sich allein nicht aus, um als Verletzung am Körper angesehen oder einer Verletzung gleichgestellt zu werden (Danzl in Danzl/Gutiérrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld9, 151 f). Doch ist unbestritten, dass massive Einwirkungen in die psychische Sphäre jedenfalls dann eine körperliche Verletzung im Sinn der angeführten Bestimmungen darstellen, wenn sie mit körperlichen Symptomen einhergehen, die als Krankheit anzusehen sind (2 Ob 79/00g mzN SZ 74/24 = ZVR 2001/52 = JBl 2001, 659; vgl RIS-Justiz RS0030792; Huber in Schwimann, ABGB-TaKomm, § 1325 Rz 1; Hinteregger in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1325 Rz 2; Danzl aaO 151 mwN).

3.2. Den zuvor aufgezeigten Grundsätzen entspricht auch heute noch die Entscheidung 1 Ob 658/82 (EvBl 1983/82), wenn dort zusammengefasst der Standpunkt vertreten wird, dass allein die durch Geruchsimmissionen (beißend chemisch riechender Rauch) hervorgerufenen Unlustgefühle nicht die Zuerkennung eines Schmerzengeldes gemäß § 1325 ABGB rechtfertigen (RIS-Justiz RS0030768). Diese Entscheidung wird auch - soweit überblickbar - in der Lehre nicht kritisiert (zust Hinteregger aaO).

3.3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Kläger nicht einmal behauptet hätten, dass sie der Geruch mehr als nur belästigt habe und dessen Auswirkungen über ein bloßes Unbehagen oder ähnliche Unlustgefühle hinausgegangen sei oder gar eine krankheitswertige Beeinträchtigung hervorgerufen habe, ist eine (jedenfalls) vertretbare Auslegung des erstinstanzlichen Prozessvorbringens der Kläger, sodass auch daraus keine erhebliche Rechtsfrage abzuleiten ist (RIS-Justiz RS0042828; RS0042871 [T1]; RS0044298 [T5]; RS0044273 [T14]).

4. Da die Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen vermögen, ist ihre Revision unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Nebenintervenientin auf Beklagtenseite hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

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