OGH 8ObA67/10a

OGH8ObA67/10a25.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Franz Kisling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der gefährdeten Partei R***** F*****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen einstweiliger Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. August 2010, GZ 9 Ra 106/10i-11, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die gefährdete Partei (Antragsteller) ist Postbeamter und wurde gemäß § 17 Abs 1 Z 3 PTSG auf Dauer der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Zunächst wurde der Antragsteller gemäß § 17 Abs 1a Satz 2 PTSG bei der ÖBB-Postbus GmbH verwendet. Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 7. 6. 2005 wurde der Teilbetrieb, in dem er beschäftigt war, abgespalten und an die Gegnerin der gefährdeten Partei (Antragsgegnerin) übertragen. Im Spaltungs- und Übernahmevertrag verpflichtete sich die Antragsgegnerin, die dem abzuspaltenden Teilbetrieb funktional zugeordneten Bundesbeamten nach Rechtswirksamkeit der Abspaltung auf Dauer bis zum Eintritt des Ruhestands oder bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses nach § 20 BDG zu verwenden.

Im November 2009 wurde der Antragsteller im Unternehmen der Antragsgegnerin zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt.

Bei der Antragsgegnerin langten Beschwerden von Fahrgästen gegen den Antragsteller ein, die dieser als nicht berechtigt oder als nicht schuldhaft verursacht ansieht. Die Antragsgegnerin ersuchte das bei der Österreichischen Postbus AG eingerichtete Personalamt um Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller.

Am 1. 6. 2010 teilte die Antragsgegnerin dem Personalamt mit, dass mit sofortiger Wirkung und aus wichtigem Grund die Auflösung der die Beschäftigung des Antragstellers betreffenden Vereinbarungen mit der Österreichischen Postbus GmbH bzw der Österreichischen Postbus AG erklärt und der Antragsteller ab 1. 6. 2010 nicht mehr verwendet werde; sie werde auch keinerlei Zahlungen mehr für ihn leisten. Gleichzeitig verhängte die Antragsgegnerin über den Antragsteller ein Betretungsverbot für sämtliche ihrer Betriebe.

In Stattgebung eines entsprechenden Provisorialantrags des Antragstellers trugen die Vorinstanzen übereinstimmend der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung auf, es zu unterlassen, dem Antragsteller den Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten zur Ausübung seiner Betriebsratstätigkeiten zu untersagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegnerin vermisst in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs ausreichende Feststellungen zur Untermauerung der - für die Revisionsrekurswerberin überraschenden - Annahme des Rekursgerichts, dass ein gemeinsamer Betrieb der Antragsgegnerin und der Österreichischen Postbus AG vorliege. Nur unter dieser Voraussetzung könnten aber die zu 9 ObA 88/07t angestellten Überlegungen des Obersten Gerichtshofs auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Ausgehend von getrennten Betrieben sei die Auflösung der Vereinbarungen über die Verwendung des Antragstellers zu beachten, die gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ArbVG zum Ausscheiden des Antragstellers aus dem Betrieb der Antragsgegnerin und damit zur Beendigung des Betriebsratsmandats geführt habe.

Diese Ausführungen scheitern aber schon im Ansatz daran, dass die Antragsgegnerin die Voraussetzungen für eine wirksame Beendigung der Betriebszugehörigkeit des Antragstellers weder schlüssig vorgebracht, noch bescheinigt hat. Ihrem in diesem Zusammenhang wenig konkreten erstinstanzlichen Vorbringen ist überhaupt nur zu entnehmen, dass sie einseitig „sämtliche Vereinbarungen“ über die Verwendung des Antragstellers in ihrem Unternehmen beendet habe. Erstmals in ihrem Revisionsrekurs stellt sie - jedoch abermals ohne nähere Konkretisierung - klar, dass es sich bei den von ihr angesprochenen Vereinbarungen um die Übernahme der Verpflichtung zur Verwendung (auch) des Antragstellers im Spaltungs- und Übernahmevertrag handle. Allerdings ist die Antragsgegnerin jegliches Vorbringen darüber schuldig geblieben, woraus sich ein Recht zu einer wirksamen partiellen Beendigung des Spaltungs- und Übernahmevertrags, also zu einer wirksamen Teilkündigung, ergeben könnte. Dazu bedürfte es weiteren Vorbringens und weiterer Erörterungen - insbesondere im Hinblick auf den Charakter des Spaltungs- und Übernahmevertrags - für die sich aber im Vorbringen der Antragsgegnerin keine Ansatzpunkte ergeben. Eine Erörterung nicht ausreichenden Tatsachenvorbringens ist im Provisorialverfahren auch hinsichtlich des Vorbringens des Gegners der gefährdeten Partei nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0005335). Insgesamt zeigt daher die Revsionsrekurswerberin mit ihrem zu diesem Problemkreis erstatteten Rechtsmittelvorbringen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.

Mit der Frage, ob aufgrund der ihm vorgeworfenen Verfehlungen ein generelles Betretungsverbot für den antragstellenden Betriebsratsvorsitzenden (unbeschadet etwaiger Schadenersatzansprüche oder allfälliger Unterlassungsansprüche hinsichtlich kreditschädigender Äußerungen) gerechtfertigt ist, haben sich die Vorinstanzen ausführlich unter Heranziehung der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auseinandergesetzt (vgl dazu etwa RIS-Justiz RS0051238; 9 ObA 1005/95). Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO dar. Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag die Antragsgegnerin nicht darzustellen.

Insgesamt war daher der außerordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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