OGH 6Ob227/10s

OGH6Ob227/10s17.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12. Juli 2007 verstorbenen F***** S*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Anerbin E*****, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 1. September 2010, GZ 51 R 52/10m-94, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Höhe des Übernahmswerts richtet sich nach § 21 TirHöfeG. Nach dieser Bestimmung ist der Wert des geschlossenen Hofes nach billigem Ermessen so festzusetzen, dass deren Übernehmer wohl bestehen kann; dabei ist der Ertragswert des Hofes angemessen zu berücksichtigen. Dieser ist allerdings nicht einzige Richtschnur, sollen doch die Miterben nicht leer ausgehen (RIS-Justiz RS0063847, RS0063876).

Da die Ermittlung des Übernahmswerts eine Ermessensentscheidung ist, ist die Frage, inwieweit Ertragswert- und Verkehrswertkomponenten ihren Niederschlag im Übernahmswert finden sollen, regelmäßig eine solche des Einzelfalls und keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 121/10b; 6 Ob 171/08b; 7 Ob 236/06s; 6 Ob 181/00m).

Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, in Fällen, in denen der Gesetzeszweck (Erhaltung eines lebensfähigen bäuerlichen Betriebs) keinesfalls mehr erreicht werden kann, den Übernahmspreis nach den Umständen des Einzelfalls zwischen dem Ertragswert und dem Verkehrswert festzusetzen. So wurde in ebenfalls nach dem Tiroler Höferecht zu beurteilenden Fällen schon ausgesprochen, dass bei der Wertermittlung der Verkehrswert jedenfalls dann nicht unberücksichtigt bleiben darf, wenn Ertrags- und Verkehrswert weit auseinanderklaffen (6 Ob 181/00m; 6 Ob 108/97v). Im vorliegenden Fall beträgt der Ertragswert des geschlossenen Hofes 30.000 EUR und dessen Verkehrswert 194.000 EUR. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kann aufgrund des geringen Reinertrags (1.213,70 EUR jährlich) die Erhaltung eines lebensfähigen bäuerlichen Betriebs und damit der Gesetzeszweck nicht mehr erreicht werden. Nach den Feststellungen ist eine Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebs vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus nicht mehr vertretbar (vgl 7 Ob 529/80). Die Vorinstanzen haben diese Leitlinien der Rechtsprechung beachtet. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände und der sehr großen Differenz zwischen Ertrags- und Verkehrswert des geschlossenen Hofes haben die Vorinstanzen den Rahmen ihres billigen Ermessens nicht überschritten, wenn sie den Übernahmswert mit 100.000 EUR festsetzten. Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin zur angeblichen Lebensfähigkeit des Betriebs gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

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