OGH 2Ob74/10m

OGH2Ob74/10m11.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann Friedrich T*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement, Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Ing. Franz H*****, vertreten durch Dr. Edwin Anton Payr, Rechtsanwalt in Graz, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. Dr. Barbara***** P*****, vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, und 2. Dr. Peter M*****, vertreten durch Purkarthofer & Niernberger Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 48.900 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. März 2010, GZ 2 R 33/10f, 2 R 34/10b-21, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Oktober 2009, GZ 34 Cg 2/09w-14, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Während der von 1990 bis 2006 andauernden Ehe des Klägers wurde am 6. 6. 1994 der Sohn Dominik geboren. Er ist seit seiner Geburt schwer krank und hat dadurch vermehrte Bedürfnisse, insbesondere an medizinischer Versorgung. Im Jahr 2002 unterzog sich der Kläger einem Vaterschaftstest, der ergab, dass er nicht der Vater des Minderjährigen ist. Daraufhin gab die Mutter den Beklagten als leiblichen Vater bekannt, der in der Folge aufgefordert wurde entweder einer DNA-Analyse zuzustimmen oder die Vaterschaft anzuerkennen und Unterhalt zu bezahlen.

In diesem Zusammenhang fand am 25. 2. 2003 eine Besprechung in der Kanzlei der Erstnebenintervenientin (Rechtsanwältin) statt, in der sowohl eine Adoption des Minderjährigen durch den Kläger sowie eine Abgeltung für bereits angefallene und eventuell zukünftige Aufwendungen des Klägers durch den Beklagten in Diskussion standen. Nachdem sich der Beklagte in dieser Angelegenheit auch an den mit ihm befreundeten Zweitnebenintervenienten (Notar) gewandt hatte, erklärte er sich bereit, einen einmaligen Betrag von 150.000 EUR unter der Bedingung zu bezahlen, dass der Kläger den Minderjährigen adoptiere. In der Folge fanden im Büro des Zweitnebenintervenienten mehrfach Vorgespräche zwischen dem Kläger, seiner Ehefrau und dem Beklagten statt, wobei es Anliegen aller Beteiligten war, die bis dahin bestehenden Familienverhältnisse aufrecht zu erhalten. Der Minderjährige sollte beim Kläger und seiner Ehefrau und der wahre leibliche Vater unbekannt bleiben. Auch sollte ein Vaterschaftstest bzw Vaterschaftsanerkenntnis unterbleiben. Der Zweitnebenintervenient verfasste Ende April 2003 in diesem Sinne eine Vereinbarung, die von den Streitteilen und der Ehefrau des Klägers am 7. 5. 2003 unterfertigt wurde. Danach gaben der Kläger und seine Ehefrau gegenüber dem Beklagten, der dem Minderjährigen zu Handen der Eltern zwei Sparbücher mit einem Stand von insgesamt 100.000 EUR und den Eltern zwei mit insgesamt 50.000 EUR übergeben hatte, die Erklärung ab, dass der biologische Vater des Minderjährigen unbekannt sei, dass der erstere Betrag ausschließlich dem Wohl bzw der Erhaltung des Gesundheitszustands des Minderjährigen diene und der letztere Betrag als Pauschalabgeltung der bisherigen Aufwendungen zur Erhaltung des Gesundheitszustands des Minderjährigen. Die Eltern verzichteten weiters auf „irgendwelche Ansprüche“ gegen den Beklagten sowie auf die Anfechtung der Vaterschaft des Klägers aus welchem Grunde immer und verpflichteten sich zur Rückerstattung der Zuwendungen im Fall der Nichteinhaltung des Verzichts. Letztlich verpflichteten sich die Ehegatten zur ungeteilten Hand, den Beklagten hinsichtlich jeder Inanspruchnahme aus dem Titel der Erziehung, Verpflegung, Ausbildung, Gesundheitsfürsorge und daraus resultierender allfälliger anderer Ansprüche des Minderjährigen schad- und klaglos zu halten.

Im Jahr 2006 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Minderjährigen, sodass im Jahr 2007 eine Lebertransplantation unumgänglich wurde. Die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen konnte der Kläger nicht mehr alleine aufbringen. Schließlich beantragte der Minderjährige vertreten durch eine mittlerweile bestellte Kollisionskuratorin 2006 die Feststellung nicht ehelicher Abstammung zu sein und, nachdem dies mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 12. 3. 2007 ausgesprochen worden war, am 4. 7. 2007 die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 6. 12. 2007 stattgegeben. Daraufhin forderte der Beklagte die geleistete Zahlung von 150.000 EUR zurück und erhielt von der mittlerweile geschiedenen Ehefrau des Klägers im Jänner 2008 50.000 EUR retourniert. Im Herbst 2007 hatte sich die Frau noch an den Beklagten um finanzielle Unterstützung im Zusammenhang mit der Lebertransplantation gewandt, woraufhin der Beklagte ihr insgesamt 30.000 EUR ohne Wissen des Klägers oder der Kollisionskuratorin bezahlte. Der Minderjährige stellte vertreten durch die Kollisionskuratorin am 2. 6. 2008 auch rückwirkend für drei Jahre Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten.

Der Kläger begehrt mit der am 13. 10. 2008 eingebrachten Klage ausschließlich den „normalen“ durchschnittlichen monatlichen Unterhaltsaufwand von 300 EUR monatlich ab Geburt des Minderjährigen bis Dezember 2007 für 163 Monate, insgesamt 48.900 EUR. Der Beklagte sei aufgrund seiner Einkommenssituation in der Lage und auch verpflichtet einen derartigen Geldunterhalt zu bezahlen. Die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers seien im Hinblick auf die zusätzliche Betreuung, Diätnahrung und Medikamente, die nicht vom Sozialversicherungsträger ersetzt würden, sowie Reisen zu Spezialisten ins Ausland, um ein Vielfaches höher. Dieser Sonderbedarf werde nicht geltend gemacht.

Die Vereinbarung aus 2003 sei sittenwidrig und nichtig. Im Übrigen hätten bereits im Zeitpunkt ihrer Unterfertigung die Kosten für den Sonderbedarf des Minderjährigen 150.000 EUR überschritten. Die angeblichen Zahlungen des Beklagten an die ehemalige Ehefrau des Klägers im November 2007 und 2008 seien nicht weitergeleitet worden und daher nicht schuldbefreiend.

Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation des Klägers. Während aufrechter Ehe sei der Minderjährige von den Ehegatten gemeinsam aufgezogen worden, obwohl beiden bekannt gewesen sei, dass der Kläger nicht der leibliche Vater sei. Bei Abschluss der Vereinbarung, die dem Willen aller Parteien entsprochen habe, seien alle Beteiligten rechtlich vertreten gewesen. Im Übrigen bestritt der Beklagte, dass der Aufwand für die Vergangenheit 150.000 EUR überschritten habe und verwies auf die Zahlungen an die Mutter im November 2007 und 2008. Für Unterhaltsforderungen sei nur mehr die „Sachwalterin“ legitimiert, die ohnehin ein Unterhaltsverfahren in Gang gesetzt habe. Weiters wandte er seinen Rückforderungsanspruch von 150.000 EUR kompensando gegen das Klagebegehren ein.

Das Erstgericht befand die Klagsforderung als zu Recht, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab daher dem Klagebegehren zur Gänze statt. Dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 1042 ABGB zu, die Höhe der geforderten Unterhaltsbeträge sei im Hinblick auf das Jahresnettoeinkommen des Beklagten von über 50.000 EUR angemessen. Die Vereinbarung vom 7. 5. 2003 sei gemäß § 879 ABGB sittenwidrig, der gesamte Inhalt werde ex tunc beseitigt. Grundsätzlich stehe dem Beklagten im Hinblick auf die nichtige Vereinbarung ein Rückforderungsanspruch des Geleisteten zu. Der Kläger sei aber nicht Kondiktionsschuldner des dem Minderjährigen zugewendeten Betrags von 100.000 EUR. Die restlichen 50.000 EUR seien der Abgeltung bereits aufgelaufener Aufwendungen gewidmet gewesen und überdies dem Beklagten von der Mutter des Minderjährigen zurückerstattet worden. Auch gehe der im Pflegschaftsverfahren gestellte Unterhaltsanspruch des Minderjährigen dem Verwendungsanspruch des Klägers nicht vor. Es handle sich vielmehr um einen eigenen Anspruch des Klägers, weil er entsprechende Aufwendungen für den Minderjährigen in diesem Zeitraum erbracht habe. Allfällige „Doppelzahlungen“ seien daher im Unterhaltsverfahren des Minderjährigen zu relevieren.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil im klagsabweislichen Sinn ab. Die Vereinbarung vom 7. 5. 2003 sei nichtig, soweit sie entgeltverknüpft das Recht des Minderjährigen auf Feststellung des wahren Vaters beeinträchtige. Die Vereinbarung regle aber wesentlich mehr, insbesondere enthalte sie zweiseitige Regelungen über den vergangenen und künftigen Unterhalt des Minderjährigen. Daran sei das Kind schon mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung nicht gebunden, weshalb die Vereinbarung insoweit nicht gegen § 879 ABGB verstoße. Das Verbot, das Recht des Kindes auf Feststellung der wahren Vaterschaft abzubedingen, bezwecke keineswegs, den Scheinvater von in Kenntnis dieser Eigenschaft übernommener vertraglicher Unterhaltspflicht zu befreien. Gerade dies würde im Ergebnis zu Lasten des Kindes gehen, weil es damit einen weiteren Unterhaltspflichtigen verliere, was auch dem hypothetischen Parteiwillen der Beteiligten widerspreche. Die Unterhaltsvereinbarung zwischen den Streitteilen und der Mutter sei daher wirksam und damit alle bisherigen und künftigen Unterhaltsleistungen für den Minderjährigen abgegolten, weshalb der Rückforderungsanspruch des Klägers nicht zu Recht bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung der Revision nicht Folge zu geben, der Zweitnebenintervenient die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist; sie ist auch - im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags - berechtigt.

1. Zur Nichtigkeit der Vereinbarung:

1.1. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs stellt - wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat - das rein entgeltverknüpfte Abbedingen des Rechts auf Feststellung der wahren Vaterschaft zu Lasten des Kindes eine gemäß § 879 ABGB nichtige Vereinbarung dar, wodurch diese ex tunc beseitigt wird (2 Ob 322/00t). Die Familienverhältnisse sind grundsätzlich nicht disponibel. Es ist wichtig, dass der biologische Zusammenhang der Beziehung zwischen Einzelpersonen und Familie grundsätzlich auch nach außen hin in korrekten rechtlichen Bahnen verläuft. Den entsprechenden familienrechtlichen Normen kommt nicht nur personenrechtlicher, sondern auch vermögensrechtlicher Charakter zu. Im Bereich der Eltern-Kind-Beziehung ist dabei auch auf den speziellen durch Art 8 EMRK manifestierten verfassungsrechtlichen Schutz Rücksicht zu nehmen, der auch das Grundrecht auf Feststellung der richtigen Vaterschaft mit einschließt (vgl 2 Ob 322/00t mwN).

1.2. Im Gegensatz dazu ist ein sogenannter Entlastungsvertrag, der bloß zwischen den Ehegatten regelt, wer die Unterhaltslast in Bezug auf minderjährige Kinder im Innenverhältnis zu tragen hat, zulässig, sofern die Vereinbarung nicht in die rechtlich geschützten Interessen dieser Kinder eingreift (RIS-Justiz RS0016550; RS0057188; 1 Ob 571/95).

1.3. Im vorliegenden Fall war es nach den Feststellungen Ziel der Vereinbarung, die bestehenden Familienverhältnisse aufrecht zu erhalten, den wahren leiblichen Vater unbekannt zu belassen und durch die einmalige Zahlung alle bisherigen und zukünftigen Forderungen abzugelten.

Daraus ergibt sich aber, dass alle wesentlichen Teile der Vereinbarung in einem engen Zusammenhang stehen und einander bedingen. Dem Minderjährigen wurde damit im Ergebnis nicht nur die Feststellung seines wahren leiblichen Vaters, sondern auch die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen diesem gegenüber unmöglich gemacht. Die Vereinbarung ist daher nichtig. Das Inkrafttreten des FamErbRÄG, BGBl 2004/58, ändert davon nichts.

1.4. Die Verpflichtung zur Schad- und Klagloshaltung des Beklagten durch den Kläger und seine damalige Ehefrau und der Verzicht auf alle weiteren Ansprüche stehen in einem engen sachlichen Zusammenhalt mit den Vertragszielen, weil sie die Einhaltung der sittenwidrigen Teile bestärken und verfestigen, indem sie den Anreiz erhöhen, zur nichtigen Vereinbarung zu stehen. Auch dies verletzt daher die Rechte des Minderjährigen. Ein Eingriff in rechtlich geschützte Interessen des mj Kindes macht daher auch die Schad- und Klagloshaltevereinbarung nach § 879 ABGB nichtig (4 Ob 232/07g; RIS-Justiz RS0016550).

2. Zum Anspruch nach § 1042 ABGB:

2.1. Nach der Judikatur hat der Zahlende jedenfalls einen Anspruch nach dieser Bestimmung, wenn er dem Empfänger die Leistung unter Verzicht auf eine Kondiktion endgültig belässt und den Aufwand nicht in der Absicht tätigte, keinen Ersatz begehren zu wollen (4 Ob 201/07y mwN). Diese Grundsätze gelten auch für einen Aufwand des Leistenden infolge eines unverschuldeten Irrtums über die wahre Rechtslage, nach der ein anderer leistungspflichtig ist. Dann ist der Aufwand des Leistenden nur eine Folge des Irrtums, nicht aber das Ergebnis seines Willensentschlusses, den eigentlich Leistungspflichtigen von dessen Ersatzhaftung zu befreien. In einem solchen Fall muss der nach § 1042 ABGB in Anspruch Genommene behaupten und beweisen, dass der Anspruchsteller auf den Leistungsersatz auch in Kenntnis des wahren Sachverhalts, somit ohne einen Irrtum verzichtet hätte. Der vom Scheinvater geltend gemachte Anspruch auf Aufwandersatz gemäß § 1042 ABGB ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil er die Unterhaltszahlung in der Überzeugung leistete, dadurch eine eigene Schuld zu erfüllen (4 Ob 201/07y; 3 Ob 82/60 = SZ 33/41; RIS-Justiz RS0019948).

2.2. Dies gilt im vorliegenden Fall nicht nur für den Zeitraum, in dem der Kläger irrtümlich der Meinung war, der leibliche Vater des Minderjährigen zu sein, sondern auch für die Zeit danach, als er - rechtlich beraten - von der Wirksamkeit der im Mai 2003 getroffenen Vereinbarung ausgehen und der Meinung sein konnte, dadurch sei er „der Vater“ des Minderjährigen.

2.3. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem das Recht erstmals hätte ausgeübt werden können. Es kommt auf die objektive Möglichkeit zur Geltendmachung an. Soweit das Gesetz - anders als etwa bei Schadenersatzansprüchen - keine Ausnahme macht, kommt es auf die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten nicht an. Das Statusverhältnis bleibt bis zur Rechtskraft des Urteils, mit dem festgestellt wird, dass der Minderjährige kein eheliches Kind ist, aufrecht. Die Verjährung des Rückersatzanspruchs nach § 1042 ABGB bei einem während aufrechter Ehe geborenen Kind beginnt daher erst nach Rechtskraft des Urteils, mit dem festgestellt wird, dass es kein eheliches Kind ist, weil erst danach der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gegen den leiblichen Vater kein rechtliches Hindernis mehr entgegen steht (vgl 4 Ob 201/07y; 4 Ob 15/05t).

3. Zum Verhältnis von Verwendungsanspruch und Unterhaltsanspruch:

3.1. Der Beklagte hat auf die vom Minderjährigen rückwirkend geltend gemachten Unterhaltsansprüche verwiesen und vorgebracht, dass für den „überschneidenden“ Zeitraum die Unterhaltsansprüche des Minderjährigen vorgingen.

3.2. Grundsätzlich können bei Leistungen eines Dritten für ein unterhaltsberechtigtes Kind im Bezug auf die Ansprüche gegenüber dem Unterhaltspflichtigen nach der Rechtsprechung drei Varianten unterschieden werden:

Der Dritte kann in der Absicht leisten, die Unterhaltspflicht des Schuldners zu erfüllen und 1. ihm diese Leistung zu schenken oder 2. von ihm Ersatz zu fordern. Im ersten Fall steht ihm kein, im zweiten Fall ein Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den zur Leistung Verpflichteten zu. In beiden Fällen erlischt der Anspruch des Kindes, weil für den Schuldner geleistet wurde. In der dritten Variante leistet der Dritte dagegen, wie dies im Familienverband naheliegt, das Geld nicht zum Nutzen des Unterhaltspflichtigen, sondern „gleichsam“ vorschussweise, für das seiner Obsorge anvertraute Kind in der Absicht, dessen berechtigte Ansprüche nicht zum Erlöschen zu bringen und sich allenfalls nach Durchsetzung der unberührt gebliebenen Unterhaltsansprüche des Kindes Ausgleich zu verschaffen. Hier hat er keinen Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen, sondern dieser hat vielmehr weiter an das Kind zu leisten (3 Ob 606/90).

3.3. Gegen die Absicht, die Verbindlichkeit des Verpflichteten übernehmen zu wollen, um nach Erfüllung den Ersatz selbst einzuklagen, spricht es, wenn der betreuende Elternteil den Unterhaltsantrag für das Kind gestellt hat. Dann liegt es nahe, die vorschussweise Zurverfügungstellung des Betrags anzunehmen (6 Ob 41/00y; 7 Ob 2031/96v mwN). Bis zur doppelten Geltendmachung ist daher davon auszugehen, dass eine mit Wissen des leistenden Dritten erfolgte Geltendmachung des Anspruchs durch das Kind im Außerstreitverfahren den Willen des Dritten zum Ausdruck bringt, den gezahlten Betrag dem Kind nur vorschussweise zur Verfügung stellen zu wollen (RIS-Justiz RS0047353; 4 Ob 146/08m).

3.4. Hier hat nach den Feststellungen eine Kollisionskuratorin die Unterhaltsansprüche des Minderjährigen (und daneben teilweise für gleiche Zeiträume der Kläger seine Leistungen gegenüber dem Beklagten) geltend gemacht, sodass die dritte Variante einer vorschussweisen Zurverfügungstellung durch den Kläger ausscheidet. Es bestehen auch keine Hinweise darauf, dass der Kläger den Beklagten beschenken wollte, sodass lediglich die zweite Variante verbleibt.

Im Ergebnis besteht daher die Forderung des Klägers gegenüber dem Beklagten grundsätzlich für den gesamten geltend gemachten Zeitraum zu Recht.

Das Erstgericht hat aber keine Feststellung zu den konkreten monatlichen Aufwendungen des Klägers an „normalem“ Unterhalt für den geltend gemachten Zeitraum ab der Geburt des Kindes 1994 bis 2007 getroffen. Der vom Erstgericht festgestellte Gesamtbetrag der Aufwendungen von 100.000 bis 120.000 EUR enthält auch ausdrücklich nicht begehrten Sonderbedarf und ist daher - abgesehen davon, dass er im Berufungsverfahren bekämpft wurde - für eine abschließende Beurteilung nicht ausreichend.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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