OGH 7Ob2031/96v

OGH7Ob2031/96v15.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Andreas S*****, geboren am 21.Oktober 1980, Thomas S*****, geboren am 22.Oktober 1982, und Michaela S*****, geboren am 23.August 1986, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch die Mutter Mag.Inge S*****, diese vertreten durch Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10.Jänner 1996, GZ 45 R 1014-1016/95-138, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 20. September 1995, GZ 3 P 191/92-131, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß, der hinsichtlich eines Unterhaltszuspruches ab 1.1.1994 für Andreas und Thomas mit je 8.000,-- S und für Michaela mit S 6.500,-- unter Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens sowohl für diesen Zeitraum als auch für die Zeit vom 21.10.1992 bis 31.12.1993 mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist, im übrigen dahin abgeändert, daß er insoweit wie folgt zu lauten hat:

"Dipl.Ing.Alfred S*****, ist verpflichtet, auch für die Zeit vom 21.10.1992 bis 31.12.1993 für Andreas und Thomas einen monatlichen Unterhaltsbetrag von je S 8.000,-- und für Michaela von S 6.500,-- abzüglich bereits geleisteter Beträge binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen".

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der drei Minderjährigen ist aufrecht, ein Scheidungsverfahren ist jedoch anhängig. Die Mutter hat mit den drei Minderjährigen am 20.12.1992 die eheliche Wohnung in W*****, U*****gasse 12, verlassen und wohnt nunmehr in W*****, J*****-Straße 54/8. Mit Beschluß vom 21.9.1994 (ON 90) wurde der Mutter die Obsorge für die drei Minderjährigen zuerkannt. Den bereits am 2.12.1993 erhobenen Unterhaltsfestsetzungsantrag präzisierte sie am 30.6.1994 dahin, daß sie für die Zeit ab 21.10.1992 für Andreas monatlich S 9.500,--, für Thomas monatlich S 9.000,-- und für Michaela monatlich S 7.000,-- forderte (ON 85). Der Vater bezahle für die drei Minderjährigen zusammen nur einen Betrag von monatlich S 8.000,--. Bei einem Einkommen des Vaters von monatlich über S 60.000,-- liege eine Unterhaltsverletzung vor. Der Vater hat hiezu, zur Stellung aufgefordert, behauptet, die Mutter der Minderjährigen habe ihm Sparbücher und Wertpapiere im Gesamtwert von S 551.000,-- gestohlen und sich im folgenden Strafverfahren damit verantwortet, dies aus der Furcht getan zu haben, der Kindesvater werde nach ihrem Auszug mit den Kindern aus der ehelichen Wohnung letzteren keinen Unterhalt mehr bezahlen, sodaß sie und die Kinder dann verhungern müßten. Die Mutter müsse daher vorerst über die Verwendung des gestohlenen Geldes Rechnung legen bzw. die Sparbücher und Wertpapiere herausgeben. Bis zu diesem Zeitpunkt sei das Unterhaltsbegehren unzulässig (ON 88). Die von der Mutter vertretenen Minderjährigen erwiderten darauf, daß es sich bei den Sparbüchern und Wertpapieren, die sich die Mutter angeeignet habe, teils um deren eigenen Sparbücher und Wertpapiere, teils um eheliche Ersparnisse, über die im gesonderten Verfahren nach der Scheidung der Ehe zu entscheiden sei, handle.

Das Erstgericht bestimmte für die Zeit ab 1.1.1994 den Unterhalt für Andreas und Thomas mit monatlich je S 6.000,-- und für Michaela mit monatlich S 5.500,-- und wies das darüber hinausgehende Unterhaltsbegehren für diese Zeit sowie das Unterhaltsbegehren für die Zeit vom 21.10.1992 bis 31.12.1993 ab. Es stellte fest, daß der unterhaltspflichtige Vater als Prokurist bei der Firma E***** GesmbH im Jahr 1992 ein monatliches Nettoeinkommen von S 52.836,72, im Jahr 1993 von S 54.007,98 und im Jahr 1994 von S 54.346,60 incl. der anteiligen Sonderzahlungen, excl. steuerpflichtiger Reisediäten und Taggelder für auswärtige Dienstverrichtungen zur Hälfte sowie excl. der Familienbeihilfe bezogen habe. Den Vater träfen keine weiteren gesetzlichen Sorgepflichten außer für die drei Kinder. Die Mutter beziehe als Lehrerin ein monatliches Nettoeinkommen von S 14.000,--. Die Kinder besuchten eine Privatschule (Kosten insgesamt S 4.000,-- monatlich), hätten aber sonst altersbedingte Bedürfnisse und seien einkommens- und vermögenslos.

Die Mutter gab bei ihrer Vernehmung am 26.7.1995 (ON 125) an, daß sie seit 27.10.1992 unter Verwendung eines in der Ehe angesparten Sparbuches und der vom Vater ab 1.1.1993 in Höhe von monatlich S 8.000,-- für die drei Kinder bezahlten Unterhaltsbeträge für die restlichen Kosten der Kinder aufkomme, in Erwartung dessen, diese Beträge vom Vater ersetzt zu bekommen.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß trotz überdurchschnittlich guten Einkommens des unterhaltspflichtigen Vaters die zuerkannten Beträge für den Unterhalt der Minderjährigen ausreichten. Da die Mutter für die Zeit vor dem 1.1.1994 in Erwartung des Ersatzes vom Unterhalt schuldenden Vater den Kindern Unterhalt geleistet habe, sei die Unterhaltsforderung der Kinder auf sie übergegangen. Das für die Vergangenheit von den Kindern gestellte Unterhaltsbegehren sei daher abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der drei Minderjährigen gegen die Abweisung des laufenden Unterhaltsmehrbegehrens mit der angefochtenen Entscheidung teilweise Folge und erhöhte den monatlichen Unterhaltsbeitrag für die Zeit ab 1.1.1994 für Andreas und Thomas auf je S 8.000,-- und für Michaela auf S 6.500,--. Es wies das Unterhaltsmehrbegehren für die Zeit ab 1.1.1994 ab und bestätigte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens für die Zeit vom 21.10.1992 bis 31.12.1993. Es folgerte rechtlich, daß bei einem überdurchschnittlichen Einkommen des Vaters die maßgeblichen Prozentsätze nicht voll auszuschöpfen seien. Da aber die Kinder dennoch angemessen an der guten Einkommenssituation des Vaters teilzunehmen hätten, sei dem Rekurs der Kinder teilweise Folge zu geben gewesen. Unter Bedachtnahme auf die Einwendungen des Vaters, die Mutter habe bei ihrem Auszug Sparbücher und Geldbeträge von insgesamt S 550.000,-- ihm gestohlen, womit der Unterhalt der Kinder reichlichst abgedeckt gewesen sei, könne die nunmehr erhobene Behauptung der Mutter, es sei evident, daß ihre am 26.7.1995 vor dem Erstgericht gemachten Angaben nur so zu verstehen seien, daß sie lediglich "gleichsam vorschußweise" für die Kinder Unterhalt geleistet habe, ohne daß dies einen Anspruch nach § 1042 ABGB entstehen lassen könne, nicht gefolgt werden. Der hier vorliegende Fall unterscheide sich in den entscheidungswesentlichen Punkten ganz grundsätzlich von jenem, der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.11.1990, 3 Ob 606/90, zugrundegelegen sei. Nicht nur, daß die Mutter hier angegeben habe, die teilweise aus erspartem Vermögen stammenden, teilweise als Kredit aufgenommenen Beträge in Erwartung des Ersatzes vom Vater für die Kinder verwendet zu haben, habe auch der unterhaltspflichtige Vater ausdrücklich den Einwand erhoben, daß mit den von der Mutter mitgenommenen Bargeldmitteln der Unterhalt für die Kinder in der Vergangenheit ausreichend gedeckt gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen die Abweisung des Unterhaltsbegehrens für die Zeit vom 21.10.1992 bis 31.12.1993 und nur bis zur Höhe der für die Zeit ab 1.1.1994 bereits zugesprochenen Beträge von den Minderjährigen erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Wie bereits in der Entscheidung 3 Ob 606/90 (= SZ 63/202 = JBl 1991, 309 mit Anmerkung von Apathy) - auf deren Begründung zur Vermeidung von Weitwendigkeiten verwiesen werden darf - ausgesprochen worden ist, ist es zwar denkbar, daß eine Mutter für das Kind den Unterhalt leistet und sich dann vom Vater Ersatz holen will, sie kann aber auch im Zug der Versorgung des Kindes kurzfristig Beträge vorschießen, ohne für den Vater leisten und diesen entlasten zu wollen und ohne Ersatz von ihm zu verlangen. Hat die Mutter den Antrag für die Kinder gestellt, ist nur die zuletzt geschilderte Variante naheliegend. Dieser Auffassung sind die Entscheidungen 6 Ob 529/91, 1 Ob 633/90, 7 Ob 505/92, 8 Ob 1666/92 und 2 Ob 506/93 gefolgt. So wurde zu 7 Ob 505/92 vom erkennenden Senat ausgesprochen, daß eine Antragstellung durch die von der Mutter vertretenen Kinder, ohne daß die Mutter selbst ihren Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den unterhaltspflichtigen Vater erhoben hätte, den Willen der Mutter ausdrückt, die von ihr bezahlten Beträge den Kindern nur vorschußweise zur Verfügung gestellt zu haben. Aus ihrer vom Erstgericht festgestellten Aussage geht nicht etwa eine Absicht der Mutter hervor, eine Verbindlichkeit des Vaters übernehmen zu wollen, um nach deren Erfüllung den Anspruch selbst einzuklagen (vgl. SZ 31/8 = RZ 1958/75 = EvBl 1958/96 uva, zuletzt 6 Ob 551/92). Ob der von den Kindern erhobene Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit gegen den Vater erloschen ist, weil die Mutter bereits in Erwartung des Ersatzes durch den Vater vorgeleistet hat, ist im Außerstreitverfahren nur zu untersuchen, wenn der Vater diesen Einwand erhebt oder sich im Verfahren dafür hinreichende Anhaltspunkte ergeben. Auch im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Außerstreitverfahrens sind subjektive Behauptungs- und Beweislastregeln jedenfalls dann heranzuziehen, wenn über vermögensrechtliche Ansprüche, in denen sich die Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, zu entscheiden ist (vgl. zuletzt 1 Ob 552/93). Eine entsprechende konkret in Richtung § 1042 ABGB zielende Einwendung des unterhaltspflichtigen Vaters fehlt hier aber. Die Einwendung, daß das Unterhaltsbemessungsverfahren der Kinder unzulässig sei, weil die Kinder durch die mit den von der Mutter aus entwendeten Sparbüchern und Wertpapieren behobenen Geldmitteln ohnedies ausreichend versorgt seien, zielt nicht auf eine mangelnde Aktivlegitimation der Kinder zufolge rechtsverbindlichen Überganges der Unterhaltsforderung auf die Mutter ab, sondern auf eine eigene Art der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung durch den Vater. Die angeblichen Ansprüche aus entwendeten Sparbüchern wird der unterhaltspflichtige Vater nur in einem gesondert zwischen den Ehegatten zu führenden Verfahren geltend zu machen haben. Dementsprechend war dem Revisionsrekurs der Minderjährigen Folge zu geben, und es waren ihnen die der Höhe nach nicht strittigen monatlichen Unterhaltsbeiträge bereits für den Zeitraum ab 21.10.1992 - unter Bedachtnahme auf bereits geleistete Zahlungen - zuzuerkennen.

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