OGH 5Ob43/10z

OGH5Ob43/10z30.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek, den Hofrat Dr. Jensik und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. B*****Aktiengesellschaft *****, 2. Mag. Martin M*****, beide vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die Antragsgegner 1. Hildegunde G*****-Ö*****, 2. Gerda B*****, 3. Beate B*****, 4. Heinz Ö*****, 5. Mag. Christoph R*****, 6. Dr. Alfred S*****, 7. Anna F*****, alle *****, 8. Walter K*****, 9. Helmut G*****, 10. Dr. Ekkehard S*****, dieser vertreten durch Dr. Julia Hagen und Mag. Martin Künz, Rechtsanwälte in Dornbirn, 11. Gertrude C*****, 12. Ing. Harald O*****, 13. Walter P*****, 14. Kurt G*****, 15. Mag. Katharina W*****, 16. Erich-Kilian H*****, 17. Lucia Magdalena H*****-K*****, alle *****, 18. Dietmar A*****, 19. Angelika G*****-A*****, 20. Elisabeth K*****, 21. Dr. Christine G*****, 22. Mag. Theresia G*****, 23. Attila D*****, 24. Dr. Wolfgang G*****, 25. Dr. Richard G*****, wegen §§ 24 Abs 6, 29, 52 Abs 1 Z 4 und 5 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des 10. Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 17. November 2009, GZ 2 R 349/09b-26, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Mehrheit der Wohnungseigentümer fasste in einer Eigentümerversammlung am 12. 2. 2008 den (sinngemäßen) Beschluss, auf der Grünfläche der Liegenschaft fünf neue Parkplätze zu errichten, diese und die bereits vorhandenen Parkplätze durch Markierung mitTop-Nummern bestimmten Wohnungseigentümern zur Benützung zuzuweisen (lit a), dabei auch allgemeine Besucherparkplätze festzulegen, eine Birke auf der Grünfläche zu fällen, die Grünfläche zu verkleinern, zu bepflanzen und mit Randsteinen zu umgeben. Außerdem sollten an den Zufahrten über Funkbetrieb zu bedienende Schranken angebracht werden (lit b).

Rechtliche Beurteilung

1. Der Gegenstand dieses Mehrheitsbeschlusses, dessen Beseitigung die Antragsteller anstreben, ist in wesentlichen Teilen der Disposition der Mehrheit der Wohnungseigentümer entzogen:

1.1. Wenn auch die Schaffung neuer Parkplätze im Hofbereich unter den Voraussetzungen des § 29 WEG 2002 noch einen Akt der außerordentlichen Verwaltung durch die Mehrheit (mit allfälliger Nachprüfungsmöglichkeit durch das Gericht) darstellen könnte (idS 5 Ob 159/97m = MietSlg 49.519 = immolex 1998/111, 181), so trifft das jedenfalls auf die zugleich erfolgte Zuteilung von Allgemeinflächen in die Sondernutzung Einzelner nicht mehr zu (vgl RIS-Justiz RS0109262; RS0082931). Benützungsregelungen bedürfen zufolge § 17 WEG 2002 der Einstimmigkeit (vgl 5 Ob 653/78 = EvBl 1979/43, 128; 5 Ob 235/99s mwN = wobl 2000/178, 331 [Call] = MietSlg 52.527). Dasselbe gälte für eine Servitutseinräumung oder die Begründung sonstiger Alleinbenutzungsrechte.

1.2. Eine vorläufige Benützungsregelung, die während eines Verfahrens nach § 17 Abs 2 WEG 2002 für dessen Dauer getroffen werden kann (als vermeintlicher „Sanierungsbeschluss“ samt nachträglichem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses der Antragsteller), vermag den hier auf seine Wirksamkeit zu überprüfenden Beschluss schon deshalb nicht zu sanieren, weil dieser seinem Inhalt nach gerade nicht auf eine vorläufige Regelung beschränkt sein soll und auch außerhalb eines Verfahrens auf gerichtliche Benützungsregelung gefasst wurde.

2. Dass der Mehrheitsbeschluss in Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung einerseits und in Verfügungen andererseits zerlegt werden könnte, wird weder aus dem Vorbringen aus den prozessualen Erklärungen der Antragsgegner ausreichend deutlich. Selbst wenn man aber die Teilbarkeit des angefochtenen Beschlusses unterstellen wollte, haben die Vorinstanzen hinsichtlich der § 29 WEG 2002 zu unterstellenden Beschlussteile die - regelmäßig eine Einzelfallbeurteilung erfordernde (5 Ob 263/08z) - Frage nach der Kausalität der Formfehler iSd § 25 Abs 2 WEG 2002 im Rahmen dazu bereits vorliegender Rechtsprechung vertretbar bejaht (vgl 5 Ob 177/99m = immolex 2000/106, 176 = MietSlg 51.533; RIS-Justiz RS0112201; RS0112200):

Zunächst steht die Behauptung des Revisionsrekurswerbers, „allen Eigentümern (sei) im Vorfeld bekannt (gewesen), dass die strittige Thematik Parkplätze behandelt würde“, im Widerspruch zur erstgerichtlichen Negativfeststellung (Sachbeschluss des Erstgerichts S 9). Soweit der Revisionsrekurswerber dabei eine unrichtige Beurteilung der Beweislast erkennen will, ist dem entgegenzuhalten, dass nur die positiv feststehende Wahrung der Mitwirkungsbefugnisse ein Hinwegsehen über die gesetzlich vorgesehenen Verständigungspflichten erlaubt (vgl 5 Ob 177/99m = immolex 2000/106, 176 = MietSlg 51.533; 5 Ob 27/08v = immolex 2008/119, 279 = wobl 2008/101, 296 [Call] = MietSlg 60.456). Der erkennende Senat ist auch schon zum Ergebnis gekommen, dass zur Beschlussanfechtung nicht nur eigene Informationsdefizite, sondern auch solche anderer Wohnungseigentümer herangezogen werden können (vgl 5 Ob 27/08v = immolex 2008/119, 279 = wobl 2008/101, 296 [Call]; 5 Ob 315/03i). Im Übrigen hat das Erstgericht seiner Entscheidung ohnedies auch eigene Informationsdefizite der Antragsteller zugrunde gelegt. Schließlich reicht auch die Teilnahme an einer Abstimmung allein nicht aus, Formfehler, die Informationsdefizite bewirken, zu heilen (vgl 5 Ob 263/08z).

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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