OGH 5Ob263/08z

OGH5Ob263/08z9.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Jürgen G*****, 2. Christine R*****, beide vertreten durch Mag. Franz Paul, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Gisela F*****, 2. Waltraud B*****, 3. Helmut P*****, 4. Anita P*****, 5. Gerhard M*****, 6. Yuen Mei S*****, 7. Peter N*****, 8. DI Josef K*****, 9. Eva S*****, 10. Wolfgang Z*****, 11. Gerald N*****, 12. DI Dr. Michael M*****, 13. Mag. Martina M*****, 14. C***** GmbH, *****, 15. Erich H*****, 16. Eva H*****, Dritt- bis Sechst‑, Neunt‑, Zwölft‑, Dreizehnt‑, Fünfzehnt- und Sechzehntantragsgegner vertreten durch Dr. Eva Maria Hausmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Dritt- bis Sechst‑, Neunt‑, Zwölft‑, Dreizehnt‑, Fünfzehnt- und Sechzehntantragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 20. August 2008, GZ 22 R 12/08g‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00263.08Z.1209.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass es für die Beachtlichkeit der Verletzung von formellen Vorschriften bei Beschlüssen der Wohnungseigentümer darauf ankommt, ob der Fehler für das Abstimmungsergebnis kausal war (RIS‑Justiz RS0112200). Wurden die Mitwirkungsbefugnisse der Wohnungseigentümer ohnedies gewahrt, erlaubt es der Gesetzeszweck, über Formfehler hinwegzusehen (5 Ob 105/04h = SZ 2004/73; 5 Ob 187/07x = wobl 2008/102 [Call]).

Hier steht fest, dass die Beschlussfassung über die Erteilung von Aufträgen zur Balkonsanierung an bestimmte Professionisten und die Aufteilung der Gesamtkosten nach einem bestimmten Zahlungsplan vom Inhalt der Ladung (Gegenstand der Tagesordnung) nicht umfasst war und die Frist des § 25 Abs 2 WEG nicht eingehalten wurde. Somit steht im vorliegenden Fall die Unterlassung der Einhaltung von Formalvorschriften fest.

Die von den Revisionsrekurswerbern dargelegte Ansicht, der Zweck der Formvorschriften über die Willensbildung nach dem WEG sei schon dann erfüllt, wenn ein Wohnungseigentümer sein Stimmrecht wahren könne, durch die tatsächliche Stimmabgabe sei ein Verstoß gegen § 25 Abs 2 WEG saniert, wird von Lehre und Rechtsprechung abgelehnt. Das Anhörungsrecht ist vom Recht auf Verständigung von einer beabsichtigten Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung zu unterscheiden. Die Verständigung wird zwar in der Regel die Äußerungsmöglichkeit wahren, ist aber kein Garant dafür. Umgekehrt kann die Gelegenheit zur Äußerung auch bei Verletzung der Verständigungsvorschriften des § 25 Abs 2 WEG gewährleistet sein, etwa wenn die Wohnungseigentümer durch mündliche Verständigung oder durch Aushang von einer beabsichtigten Beschlussfassung Kenntnis erlangen (vgl 5 Ob 177/99m = MietSlg 51.533 = immolex 2000/106; H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht Rz 29 zu § 24 WEG).

Ganz zutreffend hat das Rekursgericht dem Argument der fehlenden Kausalität entgegengehalten, dass der in seiner Wirksamkeit bekämpfte Mehrheitsbeschluss nicht die Maßnahme der Balkonsanierung als solche zum Gegenstand hatte, sondern die Auftragserteilung an bestimmte Professionisten und eine bestimmte Kostentragungsregelung durch einen Zahlungsplan.

Daher hilft es nicht, dass die Antragsteller durch jahrelange Erörterungen über das Für und Wider der Balkonsanierung, zuletzt sogar durch einen technischen Überprüfungsbericht, der die Dringlichkeit der Arbeiten klarstellte, über die Maßnahme der ordentlichen Verwaltung informiert waren und durch ihre Ablehnung der Maßnahme an sich (konkret: zur Erneuerung sämtlicher Balkone) ihre Mitwirkungsbefugnisse ausüben und ihre Position in die Diskussion einbringen konnten.

Wenn das Rekursgericht die Mitwirkungsbefugnisse der Antragsteller bei der in ihrer Wirksamkeit bekämpften Beschlussfassung als nicht ausreichend gewahrt ansah und eine Beeinträchtigung der Mitwirkungsbefugnisse und damit eine Kausalität der Formfehler für das Abstimmungsergebnis bejahte, liegt darin jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre. Ganz allgemein hängt diese Frage von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl 5 Ob 177/99m; 5 Ob 106/01a = wobl 2001/203 [Call]; 5 Ob 187/07x).

Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels der Antragsgegner zu führen.

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