OGH 4Ob50/10x

OGH4Ob50/10x11.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** H***** H*****, vertreten durch Mag. Thomas Fraiß, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** G*****, vertreten durch Gerngross & Köck, Rechtsanwälte in Unterpremstätten, wegen Unterlassung und Widerruf (Streitwert 42.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. Jänner 2010, GZ 6 R 184/09i-28, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 14. August 2009, GZ 39 Cg 178/08p-19, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.717,98 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 786,33 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger handelt unter anderem mit Schleifmitteln. Der Beklagte war von März bis Juli 2008 als selbständiger Handelsreisender für den Kläger tätig. Zwischen den Streitteilen gab es sodann Unstimmigkeiten über die Provisionsabrechnung, die zur Beendigung der Geschäftsbeziehung führten.

Ein freier Außendienstmitarbeiter eines Konkurrenzunternehmens des Klägers erhielt vom Beklagten die Telefonnummer eines Kunden der Klägerin. Der Außendienstmitarbeiter rief diesen Kunden am 25. September 2008 an und teilte ihm mit, dass er daran interessiert sei, mit ihm ins Geschäft zu kommen. Der Kunde lehnte dies aber ab, weil er schon den Kläger als Lieferant für Schleifmittel hätte.

Von diesem Gesprächsausgang informiert wandte sich der Beklagte noch am selben Tag selbst an diesen Kunden. Er fing an, negativ über den Kläger zu reden und riet dem Kunden, vorsichtig zu sein, weil der Kläger fällige Provisionen nicht ausbezahlen würde. Er wies darauf hin, dass er den Kläger anzeigen werde, weil sie ihm bei Direktbestellungen Provisionen unterschlagen hätte. Nachdem der Kunde mitgeteilt hatte, dass ihn das nichts anginge, erwiderte der Beklagte, dass das Unternehmen des Klägers sowieso verkauft werden würde, wobei die Mitarbeiter davon nichts wüssten. Außerdem stünde das Unternehmen des Klägers wirtschaftlich schon so schlecht da, dass es gar nicht allen Bestellungen nachkommen könne. Der Beklagte könne nicht verstehen, warum der Kunde mit dem Unternehmen des Klägers zusammenarbeite. Er könne Schleifmittel doch auch bei einem bestimmten Konkurrenzunternehmen kaufen und weitervertreiben. Letztlich drohte er auch damit, dass er allen Kunden erzählen werde, wie der Kläger mit seinen Außendienstmitarbeitern umgehe, damit kein Kunde mehr Produkte vom Kläger beziehen würde. Der Kunde fasste dies als indirekte Drohung gegen ihn auf, weil dadurch auch sein eigener Umsatz gefährdet werden könnte. Der Kunde wurde durch das Gespräch verunsichert, zumal sein Handel im Jahr 2008 relativ neu war und er keine Probleme mit seinen Kunden haben wollte. Er forderte daher den Kläger auf, den Sachverhalt aufzuklären.

Das Unternehmen des Klägers hatte in den Jahren 2006 und 2007 zumindest vereinzelte Schwierigkeiten bei der Bezahlung von Lieferanten, welche teilweise zu Lieferverzögerungen führten. Eine Lieferantin des Klägers stellte in diesem Zeitraum die Belieferung auf Vorauskasse um; dies ausschließlich aufgrund der schwachen Bonität des Klägers. Ausschlaggebend hiefür waren überfällige Rechnungen und ein gerichtliches Mahnverfahren.

Im März 2009 geriet das Unternehmen des Klägers neuerlich in Zahlungsschwierigkeiten, die dazu führten, dass es eigene Kunden nicht mehr vereinbarungsgemäß beliefern konnte. Die Kunden mussten um Verständnis für Lieferverzögerungen gebeten werden.

Nicht festgestellt werden konnte, dass dieser Zustand schon im Jahr 2008 gegeben war oder dass es zuvor aufgrund der wirtschaftlichen Engpässe auch zu Lieferschwierigkeiten des Klägers gegenüber seinen Kunden gekommen wäre.

2008 war der Sohn des Klägers, dem dieser aufgrund seines Alters sein Unternehmen übergeben wollte, (zunächst) nicht bereit, das Unternehmen fortzuführen. Der Kläger inserierte daher in der Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer wegen eines möglichen Verkaufs seines Unternehmens. Da in weiterer Folge der Sohn des Klägers seine ursprüngliche Absicht zu studieren nicht weiter verfolgte und sich bereit erklärte, das Unternehmen doch fortzuführen, verfolgte der Kläger seine Verkaufsabsichten nicht mehr. Dass der Kläger sein Unternehmen im Sommer 2008 jedenfalls verkaufen wollte und dass seine Mitarbeiter davon nichts gewusst hätten, konnte nicht festgestellt werden.

Der Beklagte lernte zwar im Juni 2008 den Gesellschafter und Geschäftsführer jenes Konkurrenzunternehmens kennen, dessen freien Außendienstmitarbeiter er die Telefonnummer des zuvor erwähnten Kunden des Klägers mitteilte, es konnte aber nicht festgestellt werden, dass der Beklagte in einer direkten geschäftlichen Beziehung zu diesem Konkurrenzunternehmen stand oder der Beklagte von diesem ausdrücklich einen Auftrag zur Führung des vorher beschriebenen Telefonats mit dem Kunden des Klägers erhalten hätte. Der Beklagte besichtigte lediglich über Einladung des Gesellschafters und Geschäftsführers das Konkurrenzunternehmen.

Der Beklagte tätigte seine Äußerungen vom 25. September 2008 jedenfalls in der Absicht, das Unternehmen des Klägers zu schädigen und dadurch den Wettbewerb speziell des erwähnten Konkurrenzunternehmens zu fördern.

Der Kläger begehrte - soweit im Rechtsmittelverfahren noch relevant - den Beklagten zur Unterlassung zu verurteilen, zu Zwecken des Wettbewerbs wahrheitswidrig die - sinngleiche oder sinnähnliche - Behauptung aufzustellen, der Kläger stehe wirtschaftlich so schlecht da, dass er gar nicht allen Bestellungen nachkommen könne. Weiters begehrte er die Verurteilung des Beklagten zum Widerruf der Behauptung, das Unternehmen des Klägers werde sowieso verkauft, gegenüber dem bereits mehrfach erwähnten Kunden des Klägers. Die beanstandeten Behauptungen seien objektiv unwahr und kreditschädigend iSd § 7 Abs 1 UWG, weil der Kläger befürchten müsse, bestehende Kunden zu verlieren, die zu unrecht Lieferengpässe befürchten würden, und dass potentielle Neukunden aufgrund dieser Behauptungen mit dem Kläger gar nicht erst in Kontakt treten wollten. Die beanstandeten Behauptungen hätten in Verbindung mit der Aufforderung, die Schleifmittel nicht mehr beim Kläger sondern bei einem bestimmten Mitbewerber zu kaufen, dazu gedient, den Wettbewerb des Mitbewerbers zu fördern.

Der Beklagte wendete ein, die beanstandeten Behauptungen nicht getätigt und auch dem Kunden des Klägers nicht empfohlen zu haben, Schleifmittel vom Konkurrenten einzukaufen. Zwischen den Streitteilen bestehe auch kein Wettbewerbsverhältnis. Der Beklagte habe kein wirtschaftliches oder persönliches Interesse daran, den Wettbewerb des Mitbewerbers zu fördern. Sein Verhalten sei auch nicht geeignet, den Absatz des Mitbewerbers auf Kosten des Klägers zu fördern, weil der Kunde unmissverständlich klargestellt habe, Produkte ausschließlich vom Kläger zu beziehen. Überdies seien die beanstandeten Behauptungen nicht wahrheitswidrig und kreditschädigend. Während der Tätigkeit des Beklagten für den Kläger habe dieser nie über den notwendigen Lagerstand verfügt, der Beklagte habe immer wieder betreute Kunden vertrösten und auf Teillieferungen verweisen müssen. Aufgrund mangelnder Liquidität und Bonität des Klägers seien auch andere Außendienstmitarbeiter des Klägers mit mangelndem Lagerstand konfrontiert gewesen. Der Kläger habe auch vorgehabt, sein Unternehmen zu verkaufen, er habe selbst die Anzeige in der Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer schalten lassen.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und dem Widerrufsbegehren statt. Beide beanstandeten Äußerungen (Lieferschwierigkeiten und Verkaufsabsichten) seien geeignet, Kunden des Klägers zu verunsichern. Der Beklagte habe damit den Wettbewerb des Konkurrenzunternehmens, das im Wettbewerbsverhältnis zum Kläger stehe, fördern wollen. Dem Beklagten sei der ihm obliegende Beweis nicht gelungen, dass die behauptete Tatsache, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Äußerung des Beklagten tatsächlich aufgrund seiner finanziellen Situation nicht in der Lage gewesen wäre, allen Bestellungen nachzukommen, erweislich wahr wäre. Da die Behauptung, der Kläger würde sein Unternehmen sowieso verkaufen, gleichfalls eine unwahre kreditschädigende Äußerung nach § 7 Abs 1 UWG bilde, bestehe der diesbezüglich geltend gemachte Widerrufsanspruch (unabhängig von einem allfälligen Unterlassungsanspruch) zu Recht.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil keine gesicherte Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob ein auf § 7 UWG gestützter Unterlassungsanspruch gerechtfertigt sei, wenn eine zunächst (im Zeitpunkt der Aufstellung) unwahre Äußerung durch Zeitablauf (im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung) wahr werde.

Die nach dem Inhalt der beanstandeten Äußerungen des Beklagten ohnehin offenkundige Absicht, den Wettbewerb des Konkurrenzunternehmens zu fördern, sei ausdrücklich festgestellt worden. Der Beklagte habe in Ansehung der Äußerung, der Kläger stehe wirtschaftlich so schlecht da, dass er gar nicht allen Bestellungen nachkommen könne, den Wahrheitsbeweis nicht erbracht. Der Beklagte habe nicht nachweisen können, dass es im maßgeblichen Zeitpunkt der Äußerung im Jahr 2008 Lieferschwierigkeiten des Klägers gegenüber Kunden gegeben hätte. Hinsichtlich der weiteren Äußerung, das Unternehmen des Klägers werde sowieso verkauft, sei dem Beklagten der Wahrheitsbeweis im Sinn der Rechtsprechung, dass dieser erbracht sei, wenn der Inhalt der beanstandeten Mitteilung im Wesentlichen bestätigt werde, jedoch gelungen. Der Kläger habe im Zeitpunkt der Äußerung tatsächlich beabsichtigt, sein Unternehmen zu verkaufen. Mit dem Wort „jedenfalls“ habe der Beklagte zwar den Eindruck vermittelt, der Verkauf des klägerischen Unternehmens sei bereits fixiert, im Tatsachenkern - den bestehenden Verkaufsabsichten - sei die Äußerung aber noch als grundsätzlich richtig anzusehen.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch seien aber nicht ausreichend geprüft worden. Offengeblieben sei, ob im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Anspruchsvoraussetzungen für den Unterlassungsanspruch noch vorgelegen haben. Das Erstgericht habe lediglich festgestellt, dass das Unternehmen des Klägers im März 2009 in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, die dazu geführt hätten, dass es eigene Kunden nicht mehr ordnungsgemäß beliefern habe können. Ob dieser Zustand bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (4. Mai 2009) fortbestanden habe, sei jedoch nicht festgestellt. Wäre dies der Fall, wäre damit der ursprünglich nachteilige Zustand nachträglich weggefallen und die beanstandete Tatsachenbehauptung wahr geworden. Unabhängig von der weiters zu beurteilenden Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr würde dann das Element der Unterlassungspflicht fehlen. Der Beklagte könnte nicht zur Unterlassung einer im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung wahrheitsgemäßen Tatsachenbehauptung verpflichtet werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers, mit dem er die Wiederherstellung des Ersturteils anstrebt, ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger macht zunächst geltend, das Berufungsgericht hätte die erstgerichtliche Feststellung, der Kläger habe im März 2009 Lieferschwierigkeiten gehabt, mangels diesbezüglichen erstinstanzlichen Vorbringens des Beklagten nicht berücksichtigen dürfen. Abgesehen davon, dass das - zeitlich nicht eingegrenzte - Bestreitungs-vorbringen des Beklagten, der Kläger sei wirtschaftlich so schlecht dagestanden, dass er nicht allen Bestellungen nachkommen habe können, die als „überschießend“ gerügte erstgerichtliche Feststellung zu Lieferschwierigkeiten im März 2009 deckt, diese Feststellung also in den Rahmen des Bestreitungsvorbringens fällt (vgl RIS-Justiz RS0040318), kommt es auf den Umstand, ob die als kreditschädigend beanstandete Äußerung irgendwann später, etwa zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz, wahr (geworden) ist, nicht an.

Auch bei Unterlassungsansprüchen ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen (RIS-Justiz RS0037619). Der Unterlassungsanspruch wird durch zwei Elemente konkretisiert: Eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwider gehandelt wird (4 Ob 106/94 = SZ 67/161 uva, zuletzt 4 Ob 34/09p; RIS-Justiz RS0037660). Einem Unterlassungsbegehren nach dem UWG kann daher nur dann stattgegeben werden, wenn sowohl der rechtswidrige Eingriff als auch die Wiederholungsgefahr noch im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses weiter bestehen. Im Fall einer als unrichtig beanstandeten Tatsachenbehauptung stellte der Oberste Gerichtshof in Ansehung der Richtigkeit/Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung aber nicht auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Unterlassungsprozess sondern auf den Zeitpunkt ab, in dem die als irreführend beanstandete Behauptung aufgestellt wurde (4 Ob 355/80 = ÖBL 1981/102 - Ersatzteillager; 4 Ob 1305/85). Auch Duursma-Kepplinger (in Gumpoldsberger/Baumann, UWG § 14 Rz 111) vertreten die Auffassung, es sei nicht Voraussetzung eines Unterlassungsanspruchs, dass ein durch die Wettbewerbsverletzung geschaffener widerrechtlicher Zustand quasi als Dauerzustand bis zum Ende der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch fortbesteht (ebenso Kodek/Leupolt in Wiebe/G. Kodek, Komm zum UWG § 14 Rz 8 mwN). Der für die Beurteilung der Richtigkeit einer Werbeankündigung maßgebende Zeitpunkt ist daher jener, in dem sie gemacht wurde (4 Ob 56/06y; RIS-Justiz RS0078691). Dies entspricht auch der Rechtsprechung zu § 1330 ABGB, wonach eine Äußerung dann als unwahr gilt, wenn ihr sachlicher Kern im Zeitpunkt der Äußerung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (RIS-Justiz RS0115694).

Ob das Unterlassungsbegehren berechtigt ist, hängt sohin nicht davon ab, ob sich der Beklagte im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz rechtswidrig verhält, sondern es kommt allein darauf an, ob die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen (Erstbegehungsgefahr, Wiederholungsgefahr) besteht (4 Ob 193/00m; RIS-Justiz RS0114254). Im vorliegend zu beurteilenden Fall ist ein neuerlicher Verstoß durch den Beklagten durch Wiederholung der beanstandeten Äußerung zu einem Zeitpunkt, zu dem sie nicht der Wahrheit entspricht, nicht ausgeschlossen. Dass das Unternehmen des Klägers zu keinem Zeitpunkt mehr in der Lage sein wird, seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen, hat der Beklagte nicht behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Da die beanstandete Aussage des Beklagten zum Zeitpunkt ihrer Abgabe nach den getroffenen Feststellungen unrichtig war und - im Revisionsverfahren nicht mehr strittig - das Unternehmen des Klägers iSd § 7 UWG herabsetzte, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch mangels Wegfalls der Wiederholungsgefahr berechtigt. Auf die Richtigkeit der Äußerung im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung kommt es daher im Gegensatz zu der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung nicht an.

Der Widerrufsanspruch ist nach Lehre und Rechtsprechung ein gesetzlich geregelter Sonderfall des allgemeinen Beseitigungsanspruchs, der - als eine Art der Naturalherstellung (6 Ob 295/97v) - die Wirkungen einer unwahren Äußerung beseitigen soll. Er ist daher dann berechtigt, wenn in den betroffenen Kreisen ein dem Kläger nachteiliger Zustand entstanden ist, der noch fortwirkt (4 Ob 32/07w mwN; vgl RIS-Justiz RS0078868).

Der Verbreiter einer kreditschädigenden Tatsachenbehauptung muss den Wahrheitsbeweis erbringen (RIS-Justiz RS0079736). Der Wahrheitsbeweis ist schon dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im Wesentlichen bestätigt; es genügt der Beweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns (RIS-Justiz RS0079693).

Das Widerrufsbegehren in Ansehung der Behauptung des Beklagten, der Kläger werde sein Unternehmen sowieso verkaufen, ist im vorliegenden Fall daher dann berechtigt, wenn diese zweifellos iSd § 7 UWG herabsetzende Behauptung unwahr ist und der dadurch für den Kläger entstandene nachteilige Zustand gegenüber dem angesprochenen Kunden des Klägers noch fortwirkt. Den Wahrheitsbeweis vermochte der Beklagte nicht zu erbringen, konnten die Vorinstanzen doch nicht feststellen, dass der Kläger sein Unternehmen im Sommer 2008 jedenfalls habe verkaufen wollen. Eine derartige unbedingte Verkaufsabsicht trat auch nicht etwa in weiterer zeitlicher Folge ein, steht doch fest, dass (nach anfänglicher Ablehnung) der Sohn des Klägers das Unternehmen übernehmen und fortführen wollte. Es ist daher davon auszugehen, dass der durch die unrichtige Tatsachenbehauptung hervorgerufene herabsetzende Effekt fortbesteht. Daraus folgt aber die Berechtigung des strittig gebliebenen Widerrufsbegehrens.

Der Oberste Gerichtshof kann gemäß § 519 Abs 3 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist. Dem Rekurs des Klägers ist daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinn der Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.

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