Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 2.007,18 EUR (darin 334,53 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Aufgrund des Vergleichs vom 22. Jänner 2009, abgeschlossen vor dem nunmehrigen Rekursgericht, zu AZ *****, hat die verpflichtete Partei der betreibenden Partei zu Handen des Klagevertreters bis zum 2. März 2009 eine dem § 1012 ABGB entsprechende Abrechnung über
1.) die Entschuldung der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht inklusive der Gesellschafter;
- 2.) die Kosten des Strafverfahrens ***** des Landesgerichts *****;
- 3.) die Erstellung der Buchhaltung und der Jahresabschlüsse für die Jahre 1999 bis 2001 inklusive der Verhandlungen mit dem Finanzamt *****
zu legen.
Das Erstgericht wies den Antrag der betreibenden Partei ihr zur Durchsetzung dieser Ansprüche die Exekution nach § 354 EO zu bewilligen, ab, weil der Exekutionstitel nicht den Erfordernissen der Bestimmtheit nach § 7 EO entspreche.
Das Rekursgericht bewilligte über Rekurs der betreibenden Gläubigerin die beantragte Exekution und sprach aus, für den Fall, dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung nicht binnen 14 Tagen nachkomme, werde über sie eine Geldstrafe von 2.000 EUR verhängt werden.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Es bejahte im Gegensatz zum Exekutionsgericht eine ausreichende Bestimmtheit des Titels. Es hindere die Vollstreckbarkeit nicht, wenn darin der Verpflichtete lediglich schuldig erkannt werde, über bestimmte Geschäfte in einem bestimmten Zeitraum Rechnung zu legen. Aus dem Exekutionstitel ergebe sich eine Rechnungslegungspflicht nach § 1012 ABGB, woraus folge, dass eine Geschäftsführung „durch die betreibende Partei als Machtgeberin für die verpflichtete Partei als Machthaberin" erfolgt sei. Außerdem hätten die Parteien im Titel konkretisiert, welche Tätigkeiten vom Auftragsverhältnis erfasst seien. Diese seien nicht isoliert zu prüfen, sondern als Einheit zu sehen. Eine nähere zeitliche Abgrenzung sei nicht erforderlich, da sich die Abrechnung auf das ganze Auftragsverhältnis zu erstrecken habe. Schon aus der fehlenden Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergebe sich die Position der betreibenden Partei als Machtgeberin. Die mangelnde Benennung der übrigen Gesellschafter hindere die Exekutionsbewilligung nicht. Klar sei, dass über die Entschuldung der Gesellschaft abzurechnen sei, wodurch zugleich die Gesellschafter von der Haftung für gesellschaftliche Verbindlichkeiten befreit würden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Was die Bewertung angeht, ging das Rekursgericht erkennbar davon aus, die einzelnen Ansprüche auf Rechnungslegung hätten ihre Grundlage in einem einheitlichen Rechtsverhältnis, weshalb es seinen Entscheidungsgegenstand pauschal bewertete. Selbst wenn man - mangels irgendwelcher Anhaltspunkte im Exekutionstitel oder im Vorbringen - diese Ansicht nicht teilte, bedürfte es keiner gesonderten Bewertung, wenn man im Zweifel von der Gleichwertigkeit der drei Ansprüche ausginge. Dann muss nämlich jeder Anspruch allein 5.000 EUR deutlich übersteigen. Auch in diesem Fall hätte das Rekursgericht allein über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu entscheiden gehabt (§ 78 EO iVm § 528 Abs 2a und § 508 ZPO).
In der Sache ist - ausgehend von der an sich zutreffenden Darstellung der Rechtslage - den Erwägungen des Rekursgerichts zur hinreichenden Bestimmtheit des den Exekutionstitel bildenden gerichtlichen Vergleichs nicht zu folgen. Mag man auch zugunsten der betreibenden Partei aus der Anführung des § 1012 ABGB im Vergleich darauf schließen, dass die verpflichtete GmbH als deren Machthaber fungiert und deren Geschäfte geführt (und nicht wie laut Rekursgericht umgekehrt) habe, kann daraus nicht geschlossen werden, es sei dem Titel schon allein dadurch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der Leistung zu entnehmen.
Nach § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel ua diese Merkmale der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. Diese Leistung oder Unterlassung muss insofern bestimmt bezeichnet werden. So muss etwa eine Unterlassungspflicht im Titel so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO ohne Umsetzungsschwierigkeiten exekutiv erfasst werden kann. Die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten muss derart bestimmt sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits in das Exekutionsverfahren kommt. Die Abgrenzung darf nicht erst im Zuge des Zwangsvollstreckungsverfahrens erfolgen (stRsp; 3 Ob 136/07g, 148/07x mwN; RIS-Justiz RS0000878). Auch bei der Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen gelten natürlich die Erfordernisse der Bestimmtheit (RIS-Justiz RS0109436). Schließlich wurde auch bereits ausgesprochen, dass über Inhalt und Umfang einer (nach § 354 EO zu vollstreckenden) Rechnungslegungspflicht bereits im Titelprozess abzusprechen ist (3 Ob 134/04h).
An das Erfordernis der titelmäßigen Bestimmtheit der zu erzwingenden Handlung (§ 354 EO, § 7 EO) ist kein überstrenger Formalismus anzulegen, um zu vermeiden, dass dem betreibenden Gläubiger die Exekutionsführung unmöglich gemacht wird. Es reicht auch beispielsweise die Formulierung einer Verpflichtung zur Vornahme aller zu einem bestimmten Zweck notwendigen Handlungen, wenn sich deren Umfang abgrenzen lässt (3 Ob 71/08z; RIS-Justiz RS0000534; RS0004742).
Wie das Rekursgericht an sich richtig erkennt, müssen sich Gegenstand und Umfang einer Rechnunsglegungspflicht aus dem Exekutionstitel - und zwar (bei begründeten Entscheidungen) dessen Spruch selbst ergeben (3 Ob 134/04h). Das ist hier aber, wie der Erstrichter richtig erkannte, in keinem Punkt der Fall.
Im ersten Punkt sind die das Objekt der Rechnungslegung bildende Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die Gesellschafter nicht einmal individualisiert, es mangelt jegliche Namensangabe. Es kann daher schon deshalb im Exekutionsverfahren nicht überprüft werden, ob irgendwelche Abrechnungen dem Titel entsprechen oder nicht. Darüber, dass auch dem Rekursgericht die Identität „der Gesellschaft" unbekannt bleiben musste, vermögen dessen Ausführungen dazu nicht hinwegzutäuschen. Ob auch der Begriff „Entschuldung" zu vage wäre, um den Gegenstand der Rechnungslegung zu bestimmen, kann somit offen bleiben.
Im Punkt der Kosten eines durch Angabe des Aktenzeichens individualisierten Strafverfahrens fehlt es an jeglichem Hinweis, wessen Kosten darunter zu verstehen sind; immerhin kommen neben Pauschalkosten, solche für Sachverständige und Verteidiger oder Parteienvertreter in Betracht, die eben auch Angeklagte, Privatbeteiligte oder Privatankläger treffen können. Es bleibt auch unerfindlich inwiefern eine GmbH als Machthaber der betreibenden Partei (§ 1012 ABGB) in einem Strafverfahren agiert haben könnte. Dass aber eine Abrechnung für jegliche sonstige Machthaber gegenüber anderen Personen gemeint sei, ergibt sich aus dem Titel nicht. Auch der letzte Punkt des Titels lässt, wie schon vom Erstgericht dargelegt, nicht erkennen, für wen eine Buchhaltung und Jahresabschlüsse zu erstellen wären; immerhin kommen neben den Parteien auch die unbestimmt gebliebene Gesellschaft bürgerlichen Rechts laut Punkt 1. in Betracht. Ebenso unbestimmt blieb, worüber mit dem Finanzamt zu verhandeln und demnach abzurechnen wäre. Dem Exekutionsantrag hätte demnach nicht stattgegeben werden dürfen. Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 und 41 ZPO.
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