Spruch:
Den außerordentlichen Revisionsrekursen wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Strafanträge ON 3, 4 und 6
abgewiesen
werden.
Die betreibende Partei hat die Kosten dieser Strafanträge selbst zu
tragen.
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 4.074,84 EUR (darin 679,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens und die mit 3.258,36 EUR (darin 543,06 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit einem vollstreckbaren gerichtlichen Vergleich vom 26. März 2004 verpflichtete sich u.a. die verpflichtete Partei dazu, es gegenüber der nun betreibenden Partei zu unterlassen, „Imitationen der Original-Le Corbusier-Möbel LC 2 und LC 3, welche Originale aus Beilage ./C zu ersehen sind, in Österreich anzubieten und/oder zu verkaufen und/oder zu vertreiben und/oder sonst in Verkehr zu bringen".
Unter Anschluss auch einer handschriftlich mit Beilage ./C und teilweise handschriftlich, teilweise mittels Stempelabdruck als Beilage ./B bezeichneten zusammengehefteten zweiseitigen Kopie, auf der auch die Bezeichnung LC 2 im Begleittext aufscheint und welche die betreibende Partei als Beilage ./C zur Vergleichsausfertigung bezeichnete, beantragte sie zur Erwirkung dieser Unterlassung die Exekution nach § 355 EO. Deren antragsgemäße Bewilligung erwuchs infolge Bestätigung durch die zweite Instanz in Rechtskraft. In der Folge bewilligte das Erstgericht auch die weiteren Strafanträge der betreibenden Partei vom 22. März, 27. März und 3. April 2007 (jeweils Datum der Einlaufstampiglie) ON 3, 4 und 6 des erstgerichtlichen Aktes.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte alle drei Beschlüsse dem Grunde nach (die beiden früheren in einer gemeinsamen Entscheidung), setzte aber jeweils die verhängte Geldstrafe herab und sprach zu jedem Strafantrag aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die außerordentlichen Revisionsrekurse der verpflichteten Partei sind zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Recht macht sie nämlich geltend, dass die Vorinstanzen insofern von der Rsp des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei, als es (ohne nähere Begründung) vom Vorliegen der nach § 7 Abs 1 EO erforderlichen Bestimmtheit des Exekutionstitels ausgegangen sei. Dem ist im Ergebnis auch zu folgen.
Nach § 7 Abs 1 EO darf auch eine Unterlassungsexekution nur aufgrund eines Exekutionstitels bewilligt werden, dem nebst der Person des Berechtigten und des Verpflichteten auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der Unterlassung eindeutig und bestimmt zu entnehmen sind, ist doch grundsätzlich im Titelverfahren zu klären, was dem Verpflichteten verboten werden soll (3 Ob 88/01i, 89/01m, 115/02m = MietSlg 54.769; 3 Ob 246/01z; 3 Ob 36/04x; Klicka in Angst, EO, § 355 Rz 8 mwN). Die Bestimmtheit ist bei der Exekutionsbewilligung zu prüfen (3 Ob 88/01i), ist es doch Aufgabe des Exekutionsgerichts, das behauptete Zuwiderhandeln mit dem Inhalt des Titels zu vergleichen; es kommt doch darauf an, was der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 8 und 21 mwN). Dasselbe gilt auch für die Bewilligung von nachfolgenden Strafbeschlüssen (3 Ob 88/01i, 3 Ob 256/04z; Höllwerth aaO Rz 44 mwN; siehe auch Klicka aaO Rz 14 f), eine Bindung an die Exekutionsbewilligung besteht nicht (3 Ob 88/01i; 3 Ob 256/04z; iglS schon zu einer früheren Fassung des § 355 EO ÖBl 1976, 168).
Die Unterlassungspflicht muss im Titel so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO ohne Umsetzungsschwierigkeiten exekutiv erfasst werden kann. Die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten muss derart bestimmt sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits in das Exekutionsverfahren kommt. Die Abgrenzung darf eben nicht erst im Zuge des Zwangsvollstreckungsverfahrens erfolgen (1 Ob 594/94 = SZ 67/138; 7 Ob 327/98h; 6 Ob 246/04h).
Diesem Bestimmtheitserfordernis entspricht der vorliegende Vergleich schon deshalb nicht, weil er keine nähere Beschreibung jener Möbel enthält, deren Nachahmung der jetzt verpflichteten Partei untersagt wurde. Die Benennung der Möbel als „Original-Le Corbusier-Möbel LC 2 und LC 3" reicht keinesfalls aus. Ob das der Fall wäre, könnte das Aussehen und die Beschaffenheit dieser Modelle (wie bei ganz berühmten Gebäuden wie etwa Eiffelturm, Big Ben etc.) als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, braucht nicht geprüft werden, weil das hier nicht zutrifft.
Zwar verweist der Titel zur näheren Bezeichnung der Möbel auf eine Aktenbeilage im Titelverfahren. Diese ist aber weder dem Vergleich angeschlossen noch in diesen als „integrierender Bestandteil" einbezogen worden. Nach der durchaus auch bei der Unterlassungsexekution verwertbaren Rsp des Obersten Gerichtshofs zu anderen Exekutionsarten könnte ein solcher Bestandteil des Titels
dessen Bestimmtheit iSd § 7 Abs 2 EO herstellen (5 Ob 548/93 = WoBl
1994, 159 = MietSlg 45.659 zu § 349 EO) und wird sogar bei der Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen (§ 353 EO) für den Ort der Leistung in Form eines Plans für erforderlich erachtet (EvBl 1974/19 u.v.a., RIS-Justiz RS0000489). Zur Unterlassungsklage entschied der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung ÖBl 1980, 46 ebenso. Diese Rechtsansicht liegt auch schon der im Exekutionsverfahren zu einer früheren Fassung des § 355 EO ergangenen Entscheidung ÖBl 1976, 168 zugrunde. Diesen Mangel des Exekutionstitels kann die Vorlage einer (auch) mit „./C" bezeichneten Kopie mit der Abbildung von drei Möbelstücken durch die betreibende Partei nicht sanieren, weil es nach stRsp nicht zulässig ist, einen unbestimmten Exekutionstitel durch Urkunden zum Nachweis des Umfangs der geschuldeten Leistung zu ergänzen (SZ 25/224 u.v.a., RIS-Justiz RS0000481; Jakusch in Angst, EO, § 7 Rz 36 mwN). Die Bewilligung der Strafanträge setzte demnach die - von der betreibenden Partei nicht behauptete - Erwirkung eines Titelergänzungsurteils nach § 10 EO voraus (3 Ob 207/01i = NZ 2003, 215; 3 Ob 188/02x = NZ 2005, 139, je mwN; Jakusch aaO § 7 Rz 36 und § 10 Rz 6). Demnach wurden die angefochtenen Strafbeschlüsse zu Unrecht von der zweiten Instanz aufrecht erhalten.
Den Revisionsrekursen ist Folge zu geben, ohne dass auf die weiteren darin angeschnittenen Rechtsfragen einzugehen wäre. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 40 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.
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