OGH 9ObA87/08x

OGH9ObA87/08x26.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. Christian G*****, Arbeiter, *****, 2. Walter T*****, Arbeiter, *****, 3. Andreas T*****, Arbeiter, *****, und 4. Martin E*****, Angestellter, *****, alle vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Michael Lentsch, Rechtsanwalt, Hauptplatz 32, 2700 Wiener Neustadt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der L***** GmbH, ***** (11 S 94/08x, LG Wiener Neustadt), vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (31.737,11 EUR netto sA [erstklagende Partei], 16.084 EUR netto sA [zweitklagende Partei], 11.181 EUR netto sA [drittklagende Partei], 36.364,67 EUR netto und 185,63 EUR brutto sA [viertklagende Partei]), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. März 2008, GZ 9 Ra 7/08b-24, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Oktober 2007, GZ 6 Cga 210/06w-17, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Das unterbrochene Verfahren wird aufgenommen. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie im Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.

2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass festgestellt wird, dass die den klagenden Parteien in den Punkten 4. bis 7. des Berufungsurteils zuerkannten und zugunsten der klagenden Parteien festgestellten Kapitalbeträge, Zinsen (bis zur Konkurseröffnung vom 29. 8. 2008) und Kosten des Berufungsverfahrens im Konkurs der L***** GmbH zu 11 S 94/08x des Landesgerichts Wiener Neustadt als Konkursforderungen zu Recht bestehen.

Die mit 2.545,78 EUR (darin 424,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung bestehen als Konkursforderung der klagenden Parteien im Konkurs der L***** GmbH zu 11 S 94/08x des Landesgerichts Wiener Neustadt zu Recht. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 379,30 EUR (darin 63,20 EUR USt) bestimmten weiteren Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

ad 1. Am 29. 8. 2008 wurde - nach Erhebung der Revision und der Revisionsbeantwortung - über das Vermögen der vormaligen Beklagten der Konkurs eröffnet (11 S 94/08x, LG Wiener Neustadt). Der bisherige Ausgleichsverwalter Rechtsanwalt Dr. Michael Lentsch wurde zum Masseverwalter bestellt. Mit den am 22. 12. 2008 und 22. 1. 2009 eingebrachten Anträgen beantragten die Kläger die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens. Die Klageforderungen seien im Konkurs angemeldet, vom Masseverwalter jedoch bestritten worden. Die Bezeichnung der beklagten Partei werde auf den Masseverwalter geändert. Die Klagebegehren werden unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht zugesprochenen Nettobeträge dahin umgestellt, dass festgestellt werden möge, dass im Konkurs der L***** GmbH zu 11 S 94/08x des Landesgerichts Wiener Neustadt dem Erstkläger eine Konkursforderung von 43.778 EUR netto, dem Zweitkläger eine Konkursforderung von 21.692 EUR netto, dem Drittkläger eine Konkursforderung von 15.450 EUR netto und dem Viertkläger eine Konkursforderung von 48.067,67 EUR netto zuzüglich 185,36 EUR brutto zustehe und der Beklagte zum Kostenersatz an die Kläger verpflichtet sei.

Der Masseverwalter sprach sich gegen die von den Klägern vorgenommene Umstellung der Klagebegehren aus, weil sie mit einer unzulässigen Änderung und Erweiterung der Klagebegehren verbunden sei.

Die Kläger bestritten, eine Klageausdehnung vorgenommen zu haben, meinten jedoch, der Oberste Gerichtshof möge von Amts wegen eine Umstellung der Klagebegehren auf den Zuspruch von Konkursforderungen vornehmen.

Ist die Unterbrechung des Verfahrens (§ 7 Abs 1 KO) durch Konkurseröffnung im Revisionsstadium eingetreten, dann ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über den Aufnahmeantrag und die Berichtigung der Bezeichnung der Partei, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, berufen (§ 165 Abs 1 ZPO; 8 ObA 134/99k; RIS-Justiz RS0097353 ua). Aus Anlass der Konkurseröffnung ist auch das Klagebegehren - über Antrag oder allenfalls auch von Amts wegen - in ein Begehren auf Feststellung einer Konkursforderung zu ändern (vgl 9 ObA 159/98t; RIS-Justiz RS0041103 ua). Dabei hat es im vorliegenden Fall, in dem der Revision kein Erfolg beschieden ist, bei den vom Berufungsgericht den Klägern zuerkannten bzw zugunsten der Kläger festgestellten Kapitalbeträgen, Zinsen (bis zur Konkurseröffnung) und Kosten zu bleiben. Eine Erweiterung gegenüber der Berufungsentscheidung kommt nicht in Betracht. Da die von den Klägern im Fortsetzungsantrag vorgenommene Kapitalisierung der Zinsen nicht nachvollziehbar ist, erkennbar aber über den Zuspruch durch das Berufungsgericht hinausgeht, und von den durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertretenen Klägern Kosten stets nur gemeinsam und nicht getrennt verzeichnet wurden, ist mit einer Maßgabebestätigung vorzugehen, die sich strikt am Spruch des Berufungsurteils orientiert. Dass Zinsen nur bis Konkurseröffnung als Konkursforderung geltend gemacht werden können (§ 58 Z 1 KO), räumen die Kläger zutreffend ein. Bei der Maßgabebestätigung kann der dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Metall-Textil-Nahrung, in erster Instanz zugesprochene Aufwandersatz nicht berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich um keinen Anspruch der Kläger, sondern um einen Anspruch der betreffenden freiwilligen Berufsvereinigung, der insoweit die Stellung einer Partei zukommt (§ 58a Abs 1 ASGG). Eine Feststellung als Konkursforderung der Kläger kommt nicht in Betracht (vgl 9 ObA 14/02b ua).

ad 2. Die vier Kläger waren bei der L***** GmbH, der vormaligen Beklagten, beschäftigt, und zwar der Erstkläger seit 1. 8. 1989, der Zweitkläger seit 2. 6. 1998, der Drittkläger seit 8. 8. 2002 und der Viertkläger seit 1. 8. 1990. Der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger unterlagen als Arbeiter dem Kollektivvertrag für die Eisen-Metallerzeugende und -verarbeitende Industrie. Das Arbeitsverhältnis des Viertklägers als Angestellter unterlag dem Kollektivvertrag für Angestellte der Industrie. Die Arbeitsverhältnisse wurden durch vorzeitigen Austritt der Kläger per 28. 8. 2006 beendet. Das Arbeitsverhältnis des Erstklägers befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Kündigungsstadium, nachdem die vormalige Beklagte am 28. 6. 2006 die Kündigung des Erstklägers zum 31. 10. 2006 ausgesprochen hatte.

Am 8. 9. 2006 wurde über das Vermögen der vormaligen Beklagten aufgrund ihres Antrags vom 6. 9. 2006 der Ausgleich eröffnet (11 Sa 8/06x, LG Wiener Neustadt). Rechtsanwalt Dr. Michael Lentsch wurde zum Ausgleichsverwalter bestellt. Mit Beschluss des Ausgleichsgerichts vom 2. 3. 2007 wurde der Ausgleich rechtskräftig bestätigt. Nach dem Inhalt des Ausgleichs sollten die Ausgleichsgläubiger zur Befriedigung ihrer Forderungen eine Quote von 40 % zahlbar wie folgt erhalten: 7,5 % binnen 14 Tagen nach Rechtskraft der Bestätigung des Ausgleichs, 11 % bis 31. 10. 2007, 11 % bis 30. 6. 2008 und 10,5 % bis 4. 12. 2008.

Der Ausgleichseröffnung gingen im Mai/Juni 2006 aufgetretene Zahlungsschwierigkeiten der vormaligen Beklagten voraus. Die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer wären aufgrund einer Betriebsübung dergestalt zu begleichen gewesen, dass am Monatsersten ein Betrag von rund 300 EUR netto akontiert und am 15. des Monats der Rest gezahlt werde. Da dies der vormaligen Beklagten nicht mehr vollständig möglich war, zahlte sie zwar am 1. 6. 2006 die vereinbarten Akonti von 300 EUR, am 15. 6. 2006 jedoch nur die halben Mai-Löhne und -Gehälter. Die zweite Hälfte sollte laut einer Mitteilung am 15. 7. 2006 bezahlt werden. Schon am 12. 6. 2006 hatte die vormalige Beklagte mit dem Betriebsrat vereinbart, dass der Urlaubszuschuss auch in zwei Raten bezahlt werde, und zwar am 15. 7. und am 15. 8. 2006. Tatsächlich gelangte dann zwar am 15. 7. 2006 die zweite Mai-Hälfte der Löhne und Gehälter an die Arbeitnehmer zur Auszahlung, von den Juni-Löhnen und -Gehältern wurde jedoch am 15. 7. 2006 unter Berücksichtigung der Akontierung nur die Hälfte bezahlt. Die Zahlung der ersten Rate des Urlaubszuschusses unterblieb entgegen der Vereinbarung vom 12. 6. 2006 zunächst überhaupt. In Unkenntnis der erfolgten Teilzahlungen mahnten die Kläger die vormalige Beklagte zur vollständigen Zahlung der Mai- und Juni-Löhne bzw -Gehälter bis zum 27. 7. 2006. Ende Juli 2006 überwies die vormalige Beklagte die restlichen Juni-Löhne und -Gehälter, die erste Rate des Urlaubszuschusses und die Juli-Akonti von 300 EUR. Da bis Mitte August 2006 jedoch weder die restlichen Juli-Löhne und -Gehälter noch die zweite Rate der Urlaubszuschüsse bezahlt wurde, forderte der Viertkläger in einem Schreiben vom 16. 8. 2006 von der vormaligen Beklagten die Zahlung des fälligen Entgelts bis spätestens 28. 8. 2006 und erklärte sogleich für den Fall des ungenützten Verstreichens der Frist den vorzeitigen Austritt wegen Vorenthaltung des Entgelts. Am 17. 8. 2006 verfassten auch der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger ein ähnliches Schreiben, in dem sie der vormaligen Beklagten eine Nachfrist bis zum 28. 8. 2006 setzten und für den Fall des ungenutzten Verstreichens dieser Frist den vorzeitigen Austritt ankündigten. Mit Schreiben vom 25. 8. 2006 teilte die vormalige Beklagte den Arbeitnehmern mit, dass das Unternehmen aufgrund der in letzter Zeit eingetretenen Umstände nicht mehr in der Lage sei, die fälligen Forderungen zu bezahlen. Es sei daher auch nicht möglich und aufgrund der Gesetzeslage auch nicht mehr zulässig, die Ansprüche der Arbeitnehmer abzudecken. Im Lauf der nächsten Woche werde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden. Im Zug des Insolvenzverfahrens seien die Arbeitnehmeransprüche durch den Insolvenzentgeltausfallfonds gesichert. Der ungerechtfertigte Austritt wäre mit „entsprechenden" Konsequenzen verbunden. Dieses Schreiben ging (zumindest) dem Erst- und dem Zweitkläger am 26. 8. 2006 zu. Da keine Zahlung der vormaligen Beklagten erfolgte, erklärten der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger am 28. 8. 2006 ihren vorzeitigen Austritt.

Der Erstkläger begehrte mit der am 27. 12. 2006 eingebrachten Klage zunächst 37.861 EUR netto sA für rückständigen Lohn (1. 7. bis 28. 8. 2006), Kündigungsentschädigung (29. 8. bis 31. 10. 2006), restlichen Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration und Abfertigung (6 Cga 210/06w). Zufolge rechtskräftiger Bestätigung des Ausgleichs vom 2. 3. 2007 änderte er sein Klagebegehren dahin, dass die vormalige Beklagte schuldig sei, dem Erstkläger nach den Bestimmungen des Ausgleichs 2.839,58 EUR netto sA zu bezahlen; darüber hinaus möge festgestellt werden, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs weitere 4.167,71 EUR netto bis 31. 10. 2007, 4.164,71 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 3.975,40 EUR netto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe und dass der Betrag von 22.716,60 EUR netto als Ausgleichsforderung zurecht bestehe.

Der Zweitkläger begehrte in seiner Klage zunächst 16.084 EUR netto sA für rückständigen Lohn (1. 7. bis 28. 8. 2006), Kündigungsentschädigung (29. 8. bis 30. 11. 2006), restlichen Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration und Abfertigung (6 Cga 214/06h). Zufolge rechtskräftiger Bestätigung des Ausgleichs vom 2. 3. 2007 änderte er sein Klagebegehren dahin, dass die vormalige Beklagte schuldig sei, dem Zweitkläger nach den Bestimmungen des Ausgleichs 1.206,30 EUR netto sA zu bezahlen; darüber hinaus möge festgestellt werden, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs weitere 1.769,24 EUR netto bis 31. 10. 2007, 1.769,24 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 1.688,82 EUR netto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe und dass der Betrag von 9.650,40 EUR netto als Ausgleichsforderung zurecht bestehe.

Der Drittkläger begehrte zunächst den Betrag von 11.181 EUR netto sA für rückständigen Lohn (1. 7. bis 28. 8. 2006), Kündigungsentschädigung (29. 8. bis 31. 10. 2006), restlichen Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration und Abfertigung (6 Cga 215/06f). Zufolge rechtskräftiger Bestätigung des Ausgleichs vom 2. 3. 2007 änderte er sein Klagebegehren dahin, dass die vormalige Beklagte schuldig sei, dem Drittkläger nach den Bestimmungen des Ausgleichs 838,58 EUR netto sA zu bezahlen; darüber hinaus möge festgestellt werden, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs weitere 1.229,91 EUR netto bis 31. 10. 2007, 1.229,91 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 1.174 EUR netto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe und dass der Betrag von 6.708,60 EUR netto als Ausgleichsforderung zurecht bestehe.

Der Viertkläger begehrte zunächst 40.138 EUR netto und 185,63 EUR brutto sA für rückständiges Gehalt (1. 7. bis 28. 8. 2006), Kündigungsentschädigung (29. 8. bis 31. 12. 2006), Urlaubsersatzleistung, restlichen Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration, Abfertigung und Überstunden (5 Cga 209/06s). Zufolge rechtskräftiger Bestätigung des Ausgleichs vom 2. 3. 2007 änderte er sein Klagebegehren dahin, dass die vormalige Beklagte schuldig sei, dem Viertkläger nach den Bestimmungen des Ausgleichs 3.010,35 EUR netto und 13,92 EUR brutto sA zu bezahlen; darüber hinaus möge festgestellt werden, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs weitere 4.415,18 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 31. 10. 2007, 4.415,18 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 30. 6. 2008 und 4.214,49 EUR netto und 19,94 EUR brutto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe und dass der Betrag von 24.082,80 EUR netto und 111,38 EUR brutto als Ausgleichsforderung zurecht bestehe.

Alle vier Kläger stützten sich darauf, dass der vorzeitige Austritt aus dem Arbeitsverhältnis wegen ausständiger Entgeltzahlungen erfolgt sei. Dabei stützten sich der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger auf § 82a GewO 1859, der Viertkläger auf § 26 AngG. Ein weiteres Zuwarten über den 28. 8. 2006 hinaus sei den Klägern nicht mehr zumutbar gewesen. Der Austritt sei vor der Ausgleichseröffnung wegen Forderungen erfolgt, die vor der Ausgleichseröffnung entstanden seien.

Die vormalige Beklagte bestritt die Klagebegehren, beantragte deren Abweisung und wendete ein, dass sie Mitte August 2006 zahlungsunfähig geworden sei. Dies sei den Klägern bekannt gewesen. Auf die formelle Eröffnung des Konkurses oder des Ausgleichs komme es nicht an. Ihr sei es verwehrt gewesen, die Kläger durch Zahlungen vor anderen Gläubigern zu begünstigen und damit gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung zu verstoßen. Der im Insolvenzrecht zum Ausdruck kommende Vorrang der Sanierung und Fortführung eines Unternehmens müsse auch auf das Arbeitsrecht durchschlagen. Durch die Sicherung der Ansprüche nach dem IESG sei den Klägern die Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse auch nicht unzumutbar gewesen. Im Übrigen seien in Härtefällen einzelnen vom Betriebsrat zum meldenden Arbeitnehmern Überbrückungsdarlehen angeboten worden. Der Betriebsrat habe jedoch keinen einzigen Fall gemeldet. Sollte der vorzeitige Austritt der Kläger zurecht erfolgt sein, seien die begehrten Kündigungsentschädigungen wegen Mitverschuldens der Kläger infolge Verletzung der Treuepflicht schuldangemessen zu kürzen. Im Übrigen würden gegen die Klageforderungen des Zweit-, des Dritt- und des Viertklägers aufrechnungsweise Gegenforderungen von jeweils 10.000 EUR eingewendet. Diese beruhen darauf, dass infolge ungerechtfertigten Austritts Ersatzpersonal aufgenommen werden musste, um einen Großauftrag fertig stellen zu können.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18. 4. 2007 wurden die Verfahren mit Beschluss des Erstgerichts zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Führend ist das Verfahren des Erstklägers (6 Cga 210/06w).

Das Erstgericht stellte in seinem Urteil fest,

- dass die Klageforderungen a) des Erstklägers mit 3.294 EUR netto, b) des Zweitklägers mit 2.981 EUR netto, c) des Drittklägers mit 2.628 EUR netto und d) des Viertklägers mit 36.364,67 EUR netto und 185,63 EUR brutto zu Recht bestehen (Pkt 1.),

- wies den Antrag der vormaligen Beklagten, gegen die Forderungen des Erst-, des Zweit- und des Drittklägers einen Betrag von jeweils 10.000 EUR bzw zumindest bis zum zugesprochenen Betrag einredeweise aufzurechnen, ab (Pkt 2.),

- stellte fest, dass die hinsichtlich des Viertklägers aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung von 10.000 EUR nicht zu Recht bestehe (Pkt 3.),

- erkannte die vormalige Beklagte schuldig, nach den Bestimmungen des Ausgleichs a) dem Erstkläger 247,05 EUR netto, b) dem Zweitkläger 223,58 EUR netto, c) dem Drittkläger 197,10 EUR netto sowie d) dem Viertkläger 2.727,35 EUR netto und 13,92 EUR brutto, jeweils samt 10,67 % Zinsen seit 16. 3. 2007, zu bezahlen (Pkt 4.),

- stellte fest, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs a) dem Erstkläger 362,34 EUR netto bis 31. 10. 2007, 362,34 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 345,87 EUR netto bis 4. 12. 2008, b) dem Zweitkläger 327,91 EUR netto bis 31. 10. 2007, 327,91 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 313 EUR netto bis 4. 12. 2008, c) dem Drittkläger 289,08 EUR netto bis 31. 10. 2007, 289,08 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 275,94 EUR netto bis 4. 12. 2008 sowie d) dem Viertkläger 4.000,11 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 31. 10. 2007, 4.000,11 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 30. 6. 2008 und 3.818,29 EUR netto und 19,94 EUR brutto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe (Pkt 5.),

- stellte fest, dass hinsichtlich a) des Erstklägers ein Betrag von 1.976,40 EUR netto, b) des Zweitklägers ein Betrag von 1.788,60 EUR netto, c) des Drittklägers ein Betrag von 1.576,80 EUR netto und d) des Viertklägers ein Betrag von 21.816,81 EUR netto und ein Betrag von 111,38 EUR brutto jeweils als Ausgleichsforderung zu Recht bestehe (Pkt 6.),

- und verpflichtete den Erst-, den Zweit- und den Drittkläger zum Kostenersatz an die vormalige Beklagte (Pkt 7.)

- sowie die vormalige Beklagte zum Kostenersatz an den Viertkläger (Pkt 8.) und zum Aufwandersatz an den Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Metall-Textil-Nahrung, (Pkt 9.).

Das Erstgericht ging dabei vom vorstehenden Sachverhalt sowie von weiteren, von den Parteien in den Berufungen bekämpften Feststellungen aus. Von diesen weiteren Feststellungen ist hier hervorzuheben, dass das Erstgericht feststellte, dass auch dem Drittkläger das Schreiben der vormaligen Beklagten vom 25. 8. 2006 vor dem Austritt zuging, während es den Zugang dieses Schreibens an den Viertkläger verneinte. In rechtlicher Hinsicht sei laut Erstgericht davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Androhung des Austritts fast ein gesamter Monatsbezug und der restliche Urlaubszuschuss offen gewesen seien. Es könne daher nicht vom Verzug eines bloß geringfügigen Betrags gesprochen werden. Die gesetzte Nachfrist von 10 Tagen sei angemessen gewesen, um der vormaligen Beklagten die Erfüllung zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall sei nun wesentlich, dass der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger aufgrund des Schreibens der Arbeitgeberin vom 25. 8. 2006 davon gewusst haben, dass diese zahlungsunfähig sei und ein Ausgleichsverfahren für die kommende Woche zu erwarten sei. Da in diesem Fall die Ansprüche nach dem IESG gesichert gewesen wären, sei ein Verzicht auf den Austritt nicht mehr unzumutbar und der dennoch erfolgte Austritt somit unrechtmäßig gewesen. Weihnachtsremuneration und Kündigungsentschädigung stünden ihnen daher nicht zu. Anders sei die Lage jedoch beim Viertkläger gewesen, der die vorstehende Information zufolge Urlaubs nicht gehabt habe und auch nicht haben musste. Sein Austritt sei daher gemäß § 26 Z 2 AngG zu Recht erfolgt. Dass der Ausgleich nicht wie von der vormaligen Beklagten angekündigt in der darauf folgenden Woche, sondern erst am 8. 9. 2006 beantragt worden sei, ändere an der mangelnden Rechtfertigung des Austritts des Erst-, des Zweit- und des Drittklägers nichts. Schadenersatzansprüche der vormaligen Beklagten bestünden hingegen nicht, weil keine Kausalität zwischen dem unberechtigten vorzeitigen Austritt und der Notwendigkeit, Ersatzpersonal aufzunehmen, bestehe. Im Übrigen wären die Schadenersatzansprüche nach den Wertungen des DHG auf Null zu mindern.

Gegen den (implizit) klageabweisenden Teil des Ersturteils erhoben der Erst-, der Zweit- und der Drittkläger Berufung; gegen den klagestattgebenden und die Gegenforderungen abweisenden Teils erhob die vormalige Beklagte Berufung. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Erstklägers teilweise, der Berufung des Zweit- und des Drittklägers zur Gänze Folge. Der Berufung der vormaligen Beklagten wurde hingegen nicht Folge gegeben. Das Ersturteil wurde dahin abgeändert, dass es insgesamt wie folgt zu lauten habe,

- dass die Klageforderungen a) des Erstklägers mit 31.737,11 EUR netto, b) des Zweitklägers mit 16.084 EUR netto, c) des Drittklägers mit 11.181 EUR netto und d) des Viertklägers mit 36.364,67 EUR netto und 185,63 EUR brutto zu Recht bestehen (Pkt 1.),

- dass die hinsichtlich des Zweit-, des Dritt- und des Viertklägers eingewandten Gegenforderungen von jeweils 10.000 EUR nicht zu Recht bestehen (Pkt 2.),

- dass das Mehrbegehren des Erstklägers von 6.123,89 EUR netto und des Viertklägers von 3.773,33 EUR netto abgewiesen werde (Pkt 3.),

- dass die vormalige Beklagte schuldig sei, nach den Bestimmungen des Ausgleichs a) dem Erstkläger 2.380,28 EUR netto, b) dem Zweikläger 1.206,28 EUR netto, c) dem Drittkläger 838,57 EUR netto und d) dem Viertkläger 2.727,35 EUR netto und 13,92 EUR brutto sA, jeweils samt 10,67 % Zinsen seit 16. 3. 2007 zu bezahlen (Pkt 4.),

- dass festgestellt werde, dass die vormalige Beklagte nach Maßgabe des Ausgleichs a) dem Erstkläger 3.491,08 EUR netto bis 31. 10. 2007, 3.491,08 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 3.332,39 EUR netto bis 4. 12. 2008, b) dem Zweitkläger 1.769,24 EUR netto bis 31. 10. 2007, 1.769,24 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 1.688,82 EUR netto bis 4. 12. 2008, c) dem Drittkläger 1.229,91 EUR netto bis 31. 10. 2007, 1.229,91 EUR netto bis 30. 6. 2008 und 1.174 EUR netto bis 4. 12. 2008 und d) dem Viertkläger 4.000,11 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 31. 10. 2007, 4.000,11 EUR netto und 20,42 EUR brutto bis 30. 6. 2008, 3.818,29 EUR netto und 19,49 EUR brutto bis 4. 12. 2008 zu bezahlen habe (Pkt 5.),

- dass festgestellt werde, dass hinsichtlich a) des Erstklägers ein Betrag von 19.042,27 EUR netto, b) des Zweitklägers ein Betrag von 9.650,40 EUR netto, c) des Drittklägers ein Betrag von 6.708,60 EUR netto und d) des Viertklägers ein Betrag von 21.812,80 EUR netto und 111,37 EUR brutto jeweils als Ausgleichsforderung zu Recht bestehe (Pkt 6.),

- und dass die vormalige Beklagte zum Aufwandersatz an den Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Metall-Textil-Nahrung, und zum Kostenersatz an die Kläger verpflichtet sei (Pkt 7.).

Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zur Frage, ob Arbeitnehmer bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers noch vor der Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei nicht nur geringfügigen Lohnrückständen zum vorzeitigen Austritt berechtigt seien, noch keine Rechtsprechung vorliege.

In rechtlicher Hinsicht ging das Berufungsgericht davon aus, dass das Vorenthalten des Entgelts dann nicht ungebührlich gemäß § 26 Z 2 AngG, § 82a lit d GewO 1859 sei, wenn es nicht oder nur objektiv rechtswidrig sei. Ein „Vorenthalten" setze nämlich voraus, dass dem Arbeitgeber bewusst sei oder bewusst sein müsse, dass er den Arbeitnehmer in seinen Entgeltansprüchen schmälere. Für den Fall des eröffneten Konkurses oder Ausgleichs gehe die Rechtsprechung davon aus, dass der im Insolvenzverfahren geltende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung dem Vorenthalten des Entgelts die Rechtswidrigkeit nehme. Allein der Umstand fehlender Rechtswidrigkeit führe allerdings nicht automatisch dazu, dass der Arbeitnehmer Lohnrückstände hinzunehmen habe. Der mangelnden Berechtigung des Masseverwalters bzw des Ausgleichsschuldners, Löhne zur Gänze auszuzahlen, seien nämlich die Interessen des Arbeitnehmers an einer für die Existenzsicherung notwendigen Fortzahlung des laufenden Einkommens gegenüberzustellen. Sei etwa die Entgeltzahlung von dritter Seite (zB durch den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) sichergestellt, werde ein vorzeitiges Austrittsrecht verneint. Der Arbeitgeber sei bereits bei Eintritt der materiellen Zahlungsunfähigkeit zur Gleichbehandlung der Gläubiger verpflichtet, um sich nicht dem Vorwurf der Begünstigung eines Gläubigers auszusetzen. Für den Standpunkt der vormaligen Beklagten spreche auch, dass Entgeltrückstände aus der Zeit vor der Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) gesichert seien. Dies setze allerdings die tatsächliche Eröffnung des Ausgleichs voraus und führe nur zu einer, betragsmäßig überdies gedeckelten Sicherung der Ansprüche des Arbeitnehmers für das in den letzten sechs Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Entgelt. Setze aber der Verzicht des Arbeitnehmers auf den Austritt, um den Verlust davon abhängiger Ansprüche zu vermeiden, voraus, dass ihm die Eröffnung oder das Drohen eines Insolvenzverfahrens bekannt sei oder bekannt sein müsse, dann könne es für den Wegfall des Austrittsrechts nicht schon auf den bloßen Eintritt der materiellen Zahlungsunfähigkeit ankommen. Auch wenn die Arbeitnehmer mitbekommen, dass sich der Arbeitgeber in einer schwierigen finanziellen Lage befinde, so würde man deren Sorgfaltspflichten überspannen, wenn sie zu beurteilen hätten, ob eine materielle Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vorliege. Solange ein Insolvenzverfahren nicht eingeleitet sei, könne von den Arbeitnehmern nicht erwartet werden, dass sie eine Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, die der Fortzahlung der Löhne entgegenstehe, zu erkennen haben. Daran ändere auch die Information der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber nichts, weil ihnen nicht die Einschätzung aufgebürdet werden könne, ob die Ankündigung des Arbeitgebers tatsächlich ernst gemeint sei oder nur der Rechtfertigung weiterer Zahlungsverzögerungen diene. Gerade angesichts des häufigen Verhaltens von Unternehmern, Arbeitnehmer in wirtschaftlichen Krisenzeiten mit Zahlungen aufgrund künftiger Auftrags- und Zahlungseingänge zu vertrösten, liefen Arbeitnehmer bei längerem Zuwarten Gefahr, dass ihre Ansprüche nicht mehr in den vom IESG gesicherten Zeitraum fallen. Wäge man die Interessen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer gegeneinander ab, so müsse daher auch in einem solchen Fall das Interesse eines Arbeitgebers an einem Behalten der Belegschaft hinter dem Interesse eines Arbeitnehmers, der mangels sicherer Erkennbarkeit einer drohenden Insolvenz seinen Austritt erkläre, zurücktreten. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Verlust des Austrittsrechts könne daher nicht schon die materielle Insolvenz, sondern nur die auch für den Arbeitnehmer erkennbare formale Einleitung eines Insolvenzverfahrens sein. Die Frage, ob dem Dritt- und dem Viertkläger das Schreiben der vormaligen Beklagten vom 25. 8. 2006 zugegangen sei, könne daher dahingestellt bleiben. Schadenersatzansprüche der vormaligen Beklagten scheitern daran, dass die Kläger zum vorzeitigen Austritt berechtigt gewesen seien.

Gegen den klagestattgebenden Teil der Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der vormaligen Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Liegt auf Seiten des Arbeitgebers ein wichtiger Grund vor, der dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung unzumutbar macht, und spricht der Arbeitnehmer die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus, so handelt es sich um einen vorzeitigen Austritt (Löschnigg, Arbeitsrecht10 554 ua). Ein Arbeiter kann nach § 82a lit d GewO 1859 vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung die Arbeit verlassen, wenn ihm der Gewerbeinhaber die bedungenen Bezüge ungebührlich vorenthält. § 82a lit d GewO 1859, der auf die Arbeitsverhältnisse des Erst-, des Zweit- und des Drittklägers als Arbeiter Anwendung findet, regelt damit im Kern nichts anderes als § 26 Z 2 AngG (vgl Pfeil in ZellKomm §§ 82-86 GewO 1859 Rz 22 ua), der auf den Viertkläger als Angestellten zur Anwendung kommt. Diese Bestimmung normiert, dass ein wichtiger Grund zum vorzeitigen Austritt des Angestellten dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält. Von einem Vorenthalten spricht man dann, wenn der Entgeltanspruch weder bestritten noch bezweifelt, das Entgelt jedoch bei Eintritt des Fälligkeitstermins nicht oder nicht zur Gänze geleistet wird (9 ObA 6/03b ua). Dass die vormalige Beklagte im Zeitpunkt des vorzeitigen Austritts der Kläger per 28. 8. 2006 mit Entgeltbeträgen im Verzug war, ohne dass diese inhaltlich bestritten oder bezweifelt worden wären, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Nach der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass die Frage, aus welchem Grund der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, das Entgelt rechtzeitig auszuzahlen, für die Tatbestandsmäßigkeit des Austrittsgrundes nach den § 82a lit d GewO 1859, § 26 Z 2 AngG ohne Bedeutung ist (vgl 8 ObS 8/04s ua). Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die nicht rechtzeitige Auszahlung des Entgelts infolge Benachteiligungsabsicht, Nachlässigkeit oder aus Unvermögen des Arbeitgebers geschieht (4 Ob 77, 78/82; RIS-Justiz RS0028879 ua). Die Rechtsprechung verlangt jedoch, dass der Arbeitgeber gewusst hat oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (RIS-Justiz RS0028896 ua).

Ob das Vorenthalten des Entgelts ungebührlich im Sinn der § 82a lit d GewO 1859, § 26 Z 2 AngG ist, hängt nicht allein vom Wissen bzw Wissen müssen des Arbeitgebers um die Unrechtmäßigkeit seines Verzugs, sondern auch davon ab, ob dem Arbeitnehmer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses trotz Verzugs zumutbar ist, ist doch das Vorenthalten des gebührenden Entgelts - ungeachtet der Frage, welche in der Sphäre des Arbeitgebers liegende Gründe den Arbeitgeber an der Zahlung hindern - jedenfalls rechtswidrig und einer der gravierendsten Störfaktoren im Arbeitsverhältnis überhaupt (vgl Löschnigg in DRdA 1984/7, 146; Konecny, Vorzeitiger Austritt im Konkurs wegen eines Entgeltrückstands, ZIK 1996, 146 [147] ua). Der Austritt des Erst-, des Zweit- und des Drittklägers wurde am 28. 8. 2006 mit sofortiger Wirkung erklärt; der Austritt des Viertklägers erfolgte unter Nachfristsetzung am 16. 8. 2006 zum 28. 8. 2006. Die vormalige Beklagte war gegenüber allen vier Klägern mit Entgeltzahlungen im Verzug. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenen Fällen, in denen es beim Austritt um noch nicht fällige Entgelte ging (vgl 8 ObA 215/01b; 9 ObA 227/01z ua). Auf spätere Entwicklungen nach dem Austritt kann bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Verzugs der vormaligen Beklagten und der Rechtfertigung des vorzeitigen Austritts der Kläger nicht Bedacht genommen werden. Die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ist nach dem Zeitpunkt des Austritts zu beurteilen (9 ObA 189/99f ua). Dass nach den Austritten am 8. 9. 2006 der Ausgleich bzw am 29. 8. 2008 der Konkurs über das Vermögen der vormaligen Beklagten eröffnet wurde, ist daher für die gegenständlichen Fragen ohne unmittelbare Bedeutung.

War aber im Zeitpunkt des Austritts weder der Konkurs noch der Ausgleich eröffnet, dann können die für den Konkurs oder Ausgleich geltenden gesetzlichen Regeln und die darauf aufbauende Rechtsprechung, dass nach der Eröffnung des Konkurses oder Ausgleichs der vorzeitige Austritt wegen rückständiger Entgelte aus der Zeit vor der Konkurs- oder Ausgleichseröffnung nicht zulässig sei (vgl 4 Ob 139, 140, 141/80, SZ 54/32; 9 ObA 189/99f, DRdA 2000/47 [Gahleitner] = ecolex 2000, 377 [Mazal] = ZAS 2002/1 [Ristic]; RIS-Justiz RS0029216; siehe zum Konkurs 8 ObS 4/96; Konecny, ZIK 1996, 146 ua), nicht ohne Weiteres auf die Situation vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorverlegt werden. Die Kläger hatten beim Austritt keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfall-Entgelt (§ 1 Abs 1 IESG), der den Verzug mit dem Entgelt gemildert hätte. Die Überlegungen in der Revision, die die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch das Insolvenz-Ausfall-Entgelt ausgeglichen wissen wollen (vgl RIS-Justiz RS0029184 ua), greifen hier daher nicht. Das den Klägern gebührende Entgelt wurde auch sonst nicht von dritter Seite bereitgestellt. Dass die vormalige Beklagte - laut ihrem Vorbringen - dem Betriebsrat angeboten habe, dass dieser Härtefälle einzelner Arbeitnehmer melden könne, denen „Überbrückungsdarlehen" gewährt worden wären, war kein echtes Äquivalent. Die Kläger mussten sich nicht mit rückzahlbaren Darlehen der Arbeitgeberin zufrieden geben, die von der Einstufung als „Härtefall" abhingen. Sie hatten gegen die vormalige Beklagte einen unbedingten, fälligen Entgeltanspruch.

Strittig ist nun, ob schon die Verständigung vom bereits erfolgten Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der vormaligen Beklagten - ohne dass aber eine Konkurs- oder Ausgleichseröffnung vorlag - etwas an der vorstehenden Beurteilung ändert. Dass die bloße Ankündigung eines erst zu stellenden Konkurs- oder Ausgleichsantrags nichts bewirkt, kann schon daraus abgeleitet werden, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf den Zeitpunkt des Austritts - und nicht auf spätere allfällige Entwicklungen - abzustellen ist. Gegenteiliges kann auch nicht aus 9 ObA 132/01d (ZAS 2002/19 [Grundei] ua) abgeleitet werden. Dort wurde der Ausgleich noch (knapp) vor dem Austritt eröffnet.

Was nun aber die Bekanntgabe der Zahlungseinstellung betrifft, so ist es richtig, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung einem Schuldner bereits nach dem Eintritt der materiellen Zahlungsunfähigkeit verbietet, einzelne Gläubiger zu begünstigen (siehe insbesondere §§ 30 Abs 1, 31 Abs 1 KO, § 158 Abs 1 StGB; König, Anfechtung4 Rz 10/32 ua). Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit nichts daran ändert, dass der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern mit Entgeltzahlungen in Verzug ist. Ob einem Arbeitnehmer in dieser Situation ein weiterer Verbleib im Arbeitsverhältnis zumutbar ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl 4 Ob 77, 78/82, DRdA 1984/7 [Löschnigg]; 9 ObA 25/08d; RIS-Justiz RS0029312 ua). Dabei kommt es neben dem Ausmaß des vorenthaltenen Entgelts und der Dauer des Verzugs beispielsweise auch darauf an, ob es dem Arbeitgeber gelingt, die Arbeitnehmer davon zu überzeugen, dass er zwar zahlungsunfähig ist, der jedenfalls vorläufige Verbleib der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis aber auch in deren Interesse gelegen ist. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die Annahme einer „Automatik", wonach bereits die bloße Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit genüge, um einen Austrittsstopp auszulösen, verfehlt ist. Eine derartige Sichtweise ließe die Interessen der Arbeitnehmer, denen gebührendes Entgelt vorenthalten wird, unberücksichtigt.

Die vormalige Beklagte gab ihren Arbeitnehmern vor dem Austritt keine über die behauptete Zahlungsunfähigkeit hinausgehende Information, die den Verbleib im Unternehmen als zumutbar erscheinen ließ. Die bloße Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit genügt auch vor dem Hintergrund verschiedener, schon bisher nicht eingehaltener Zusagen (zB Änderung der Fälligkeit der Entgelte; Änderung der Fälligkeit der Urlaubszuschüsse) nicht. Die vormalige Beklagte vermochte nicht plausibel darzulegen, welchen Grund die Kläger gehabt haben sollen, der Richtigkeit der neuen Information von der Zahlungsunfähigkeit mehr zu vertrauen als den vormaligen Zahlungsankündigungen. Die Drohung mit „entsprechenden" Konsequenzen für den Fall des Austritts mutet vor dem Hintergrund des Verzugs der Arbeitgeberin mit Entgeltzahlungen seltsam an.

Erachtete das Berufungsgericht eine weitere Hinnahme des Vorenthaltens des Entgelts für die Kläger als nicht mehr zumutbar, so wird diese Beurteilung den konkreten Umständen des Falls gerecht und ist nicht zu beanstanden. Der vorzeitige Austritt war berechtigt; die Kläger haben dabei nicht widerrechtlich gehandelt. Weitere Überlegungen der Revisionsgegner, dass die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Gläubigergleichbehandlung nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit aufgrund des Zug-um-Zug-Prinzips fraglich sei, können nach der Lage des Falls dahingestellt bleiben. Von der vormaligen Beklagten aufgrund des Austritts geltend gemachte Schäden sind den Klägern nicht vorwerfbar. Feststellungen zur Schadenshöhe waren entbehrlich, weil die Gegenforderungen schon dem Grunde nach nicht zu Recht bestehen. Zusammenfassend muss der unbegründeten Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kläger haben gemäß den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens. Die Kosten der bereits vor der Konkurseröffnung eingebrachten Revisionsbeantwortung sind als Konkursforderung der Kläger festzustellen. Bei den weiteren Kosten der Kläger nach der Konkurseröffnung handelt es sich um Masseforderungen. Es ist daher ein entsprechender Leistungsbefehl gegen den Beklagten zu erlassen (Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht Bd IV4 § 113 Rz 44 mwN ua). Der Antrag der Kläger auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens vom 22. 12. 2008 und die Mitteilung der Kläger vom 5. 3. 2009 sind nach TP 1 II f und TP 1 I a RAT zu honorieren. Der zweite Fortsetzungsantrag 22. 1. 2009 war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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