OGH 5Ob85/09z

OGH5Ob85/09z9.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred P*****, vertreten durch Mag. Bernd Moser, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagten Parteien 1. Gerhard H*****, 2. Andrea H*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Michael Rettenwander, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen Herausgabe (Streitwert 6.250 EUR), über den ordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 15. Dezember 2008, GZ 53 R 332/08t-22, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 3. September 2008, GZ 2 C 1479/07f-17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Herausgabe näher bezeichneter Fahrnisse. Er stützte die von ihm in Anspruch genommene internationale Zuständigkeit des Erstgerichts - soweit hier noch wesentlich - auf den vermeintlichen Wohnsitz der Beklagten in L*****. Die Beklagten hätten (von ihm) ein im genannten Ort bestehendes Wohnhaus erworben, in welchem sie sich nicht nur an Wochenenden, sondern regelmäßig, laufend und wochenlang aufhielten.

Die Beklagten bestritten (ua) die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts.

Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es stellte - soweit hier wesentlich - fest:

Die Beklagten wohnen im deutschen R*****. Sie halten sich zu unterschiedlichen Zeiten im Haus in L***** auf, manchmal über ein verlängertes Wochenende, dann auch mal eine Woche oder sogar zwei Wochen. Heuer (2008) waren sie bis Mitte August mindestens dreimal dort. Der Erstbeklagte ist nicht mehr Eigentümer des Hauses, sondern hat er die Liegenschaft inzwischen an seine Gattin, die Zweitbekagte, übertragen.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen Wohnsitz der Beklagten in L*****, weil der Erstbeklagte das Haus als Feriendomizil gekauft habe, sich die Beklagten dort nur ab und zu aufhielten und ihren ständigen Wohnsitz im (deutschen) R***** hätten.

Das Rekursgericht teilt diese Rechtsansicht und gab daher dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Erstgerichts nicht Folge. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und - über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO (iVm § 528 Abs 2a ZPO) - dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei (§ 508 Abs 3 ZPO iVm § 528 Abs 2a ZPO). Die Verneinung eines Wohnsitzes der Beklagten in L***** könnte im Lichte der vom Kläger bezogenen Entscheidung 5 Ob 235/08z (richtig: 5 Ob 235/03z) als auffallende Fehlbeurteilung zu qualifizieren sein.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO iVm § 528 Abs 2a ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) unzulässig; die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses kann sich folgend auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO):

1. Strittig ist im Revisionsrekursverfahren nur mehr, ob die Beklagten in L***** einen Wohnsitz im Sinn des § 66 Abs 1 JN begründet haben. Nach § 66 Abs 1 JN ist der Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Wesentlich ist beim Wohnsitzbegriff, dass neben dem körperlichen Moment des tatsächlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort auch das Willensmoment der erweislichen Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, nach außenhin erkennbar wird. Die bloße - innere - Absicht, den ständigen Aufenthalt aufzugeben, ist für die Beendigung eines Wohnsitzes nicht entscheidend (8 Ob 225/01y mwN). Auch ein Mehrfachwohnsitz ist möglich, wobei für die Frage der Begründung eines - zweiten - Wohnsitzes nicht allein die Dauer der Aufenthalte ausschlaggebend ist, sondern vor allem auch, ob Umstände vorliegen, die eine dauernde Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen (8 Ob 225/01y, RIS-Justiz RS0046692, RS0046688, RS0046667). Entscheidend ist, dass der Aufenthaltsort bewusst zum wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt gemacht wird (Simotta in Fasching², § 66 JN Rz 15 mzN).

2.1. Dem Kläger mag zuzugestehen sein, dass der Erwerb des Eigentums am Wohnhaus in L***** einen bei der Beurteilung der Wohnsitzfrage zu berücksichtigenden, aber keinen ausschließlich entscheidenden Aspekt darstellt, können doch mit dem Erwerb von Liegenschaftseigentum recht unterschiedliche Ziele, etwa die (vielleicht erst künftige) Wohnsitzbegründung oder aber (überwiegend) die Vermögensveranlagung verfolgt werden.

2.2. Die vom Kläger angezogene Entscheidung 5 Ob 235/08z (richtig: 5 Ob 235/03z) ist in tatsächlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dort hatte die Beklagte - unzweifelhaft - bereits einen Wohnsitz im Inland begründet, hielt sich dann aber später überwiegend in Kairo und zumindest zwei- bis dreimal für ein bis zwei Wochen im Inland auf. Unter diesen Umständen hielt der erkennende Senat die Annahme, die Beklagte habe ihren Wohnsitz im Inland nicht aufgegeben, für nicht unvertretbar.

2.3. Der Entscheidung 8 Ob 225/01y lag zugrunde, dass der Beklagte österreichischer Staatsbürger war, im Inland ein Haus gekauft, dieses aufwändig saniert hatte und sich dort regelmäßig an Wochenenden sowie im Urlaub aufhielt und dort auch gemeldet war. Bei dieser Sachlage erwies sich die Annahme eines Wohnsitzes im Inland nicht als aufzugreifende Fehlbeurteilung.

2.4. Hier sind die Beklagten offenbar deutsche Staatsbürger (vgl Blg ./A) ohne bisherigen Wohnsitz in Österreich. Dass sie das angekaufte Haus nach ihren Wünschen adaptiert, in dieses sonst (erheblich) investiert hätten oder in L***** gemeldet wären, ist den erstgerichtlichen Feststellungen nicht zu entnehmen. Wenn die Vorinstanzen aufgrund der bloß fallweisen Ferienaufenthalte im Haus in L***** im Ergebnis zum Schluss kamen, es sei keine Absicht der Beklagten erkennbar, dort einen Lebensmittelpunkt begründen zu wollen, dann liegt darin weder eine unvertretbare Beurteilung der Rechtsfrage noch ein Widerspruch zu den Entscheidungen 5 Ob 235/03z und 8 Ob 225/01y.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte