OGH 7Ob245/08t

OGH7Ob245/08t27.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner S*****, vertreten durch Sollhart & Sollhart Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, wegen 28.155,20 EUR (sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Juni 2008, GZ 13 R 45/08w-32, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Ansicht des Berufungsgerichts, es liege ein dem in § 30 Abs 1 TSchG genannten Fällen vergleichbarer Fall vor und der Sachverhalt sei jenem in der Entscheidung 8 Ob 530/93 insofern (weitgehend) gleichgelagert, ist zu billigen. In der genannten, vor dem Inkrafttreten des geltenden Tierschutzgesetzes, BGBl I 118/2004, gefällten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof bereits klargelegt, dass die Übergabe eines Tieres durch die Behörde (hier die Bezirkshauptmannschaft G*****) an einen „Verwahrer" (hier im Sinn des § 30 Abs 1 TSchG) im Rahmen privatrechtlicher Verhältnisse erfolgt.

Durch die Tätigkeit der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft G*****, deren Verhalten unstrittig der Beklagten zuzurechnen ist, gelangten die Schlangen in die Betreuung (Obsorge) des Klägers. Zwar kann die Ansicht der Vorinstanzen, mangels einer Vereinbarung auch über die Höhe des von der beklagten Partei zu entrichtenden Entgelts sei ein Verwahrungsvertrag zwischen den Parteien nicht zustandegekommen, nicht geteilt werden. Gemäß § 957 ABGB entsteht ein Verwahrungsvertrag, wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt. Die Amtsärztin gab dem Kläger, der wiederholt darauf hingewiesen hat, nur gegen entsprechendes Entgelt bereit zu sein, die Tiere zu verwahren und zu betreuen, die Schlangen in Obsorge und erklärte, er möge die Rechnung an die Bezirkshauptmannschaft G***** schicken. Damit ist das (konkludente) Zustandekommen eines Verwahrungsvertrags (vgl RIS-Justiz RS0019334) zwischen den Parteien zu bejahen. Dass die Vorinstanzen den Anspruch des Klägers nicht aus dem Verwahrungsvertrag, sondern aus dem Titel der Bereicherung ableiteten, ändert nichts daran, dass die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei im Sinn des § 30 Abs 2 TSchG zum Abschluss eines Verwahrungsvertrags verpflichtet gewesen und habe daher dem Kläger dessen Kosten in angemessener Höhe zu ersetzen, dem klaren Inhalt der genannten Gesetzesbestimmung entspricht. Auch wenn hiezu keine Vorjudikatur des Obersten Gerichtshofs vorliegt, kann in deren Auslegung daher keine erhebliche Rechtsfrage erblickt werden. Die von der beklagten Partei für erheblich erachtete, weil ihrer Meinung nach nicht im Einklang mit oberstgerichtlicher Judikatur beantwortete Frage der Anwendbarkeit des § 1042 ABGB kann angesichts des Vorliegens eines Verwahrungsvertrags dahingestellt bleiben. Der Rechtsmeinung der beklagten Partei, nicht sie, sondern die ursprünglichen Besitzer der Schlangen oder der von diesen beauftragte Manfred E***** seien als Tierhalter anzusehen, steht - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - der klare Wortlaut des § 30 Abs 5 TSchG entgegen, wonach für die Dauer der amtlichen Verwahrung die Behörde (dies ist gemäß § 33 TSchG die Bezirksverwaltungsbehörde, hier die Bezirkshauptmannschaft G*****) die Pflichten des Tierhalters trägt.

Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre, wird von der beklagten Partei entgegen ihrer Behauptung auch im Zusammenhang mit § 273 ZPO nicht aufgezeigt: Da das Berufungsgericht die Anwendung dieser Bestimmung durch das Erstgericht gebilligt hat, kann die Verfahrensfrage (RIS-Justiz RS0040282), ob die Voraussetzungen des § 273 ZPO vorliegen, nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht nochmals überprüft werden (2 Ob 56/98v; SZ 71/3 = EvBl 1998/111 = ZVR 1999/35 mwN; Rechberger in Fasching/Konecny2 III § 273 ZPO Rz 12 mwN). Ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist, stellt eine Rechtsfrage dar und ist daher grundsätzlich mit Rechtsrüge überprüfbar (RIS-Justiz RS0040341 und RS0111576). Der vom Richter nach den Ergebnissen der gesamten Verhandlung nach freier Überzeugung vorzunehmenden Schätzung kommt aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (2 Ob 13/99x; 2 Ob 322/99p; 7 Ob 162/06h). Eine diesbezügliche erhebliche Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht wird von der beklagten Partei im Hinblick darauf, dass sich die Festsetzung des täglichen Entgelts mit 8 EUR pro Schlange im unteren Rahmen der laut Sachverständigengutachten angemessenen Zahlung hält, nicht dargetan. Die von der beklagten Partei behaupteten Verfahrensmängel, die darin erblickt werden, dass das Berufungsgericht Feststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung ergänzt habe, liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat der Feststellung, dass Manfred E***** die Bezirkshauptmannschaft G***** mit der Unterbringung der Tiere beauftragte, hinzugefügt, dass dies gemäß § 12 Abs 2 TSchG geschehen und auch gelungen sei. Dadurch hat das Berufungsgericht eine rechtliche Beurteilung vorgenommen, keineswegs aber den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ohne eine Beweiswiederholung ergänzt.

Dasselbe gilt hinsichtlich der Ausführungen des Berufungsgerichts, die Tiere nach zwei Monaten ohne weiteres (ohne sich zunächst um eine Ersatzunterbringung zu bemühen oder das Eigentum an den Schlangen an geeignete Personen oder Institutionen zu übertragen etc) zu töten, wäre rechtswidrig gewesen. Auch darin kann keine Sachverhaltsergänzung ohne Beweiswiederholung gesehen werden, sondern es sind diese Ausführungen ebenfalls anhand der klaren Rechtslage angestellte rechtliche Erwägungen.

Da die beklagte Partei in der Rechtsrüge am Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs festhält, ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass dieser Einwand schon vom Berufungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich verworfen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche Entscheidungsform ausreichend und für den Obersten Gerichtshof, wie sich aus § 519 ZPO ergibt (SZ 61/170 ua), daher bindend (vgl RIS-Justiz RS0114196 und RS0039774).

Die beklagte Partei zeigt daher insgesamt keinen tauglichen Grund für die Zulassung ihrer außerordentlichen Revision auf. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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