OGH 5Ob261/08f

OGH5Ob261/08f25.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Elisabeth K*****, vertreten durch Dr. Friedrich Piffl‑Percevic, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1.) Johannes H*****, 2.) Helmut B*****, 3.) Dr. Claudia L*****, 4.) Jörg K*****, 5.) Helga K*****, 6.) DI Peter S*****, 7.) Gerald K*****, 8.) DI Markus H*****, 9.) Ing. Walter H*****, 10.) Ingrid B*****, 11.) Mag. Helga Maria D*****, sämtliche vertreten durch Lattenmayer Luks & Enzinger, Rechtsanwälte GmH in Wien, wegen 11.420,25 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juni 2008, GZ 15 R 260/07a‑17, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. September 2007, GZ 10 Cg 123/07t‑13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00261.08F.1125.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei, die Bezeichnung der beklagten Parteien auf die Eigentümergemeinschaft des Hauses zu berichtigen, wird abgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Die Beklagten sind die Mit‑ und Wohnungseigentümer eines Hauses in Wien.

Die Klägerin begehrt mit der am 1. 6. 2007 eingebrachten Klage Schmerzengeld und Spesenersatz. Am 3. 6. 2004 sei sie nachts entlang der Hausfront gegangen und wegen eines ca 20 cm über dem Boden aus der Fassade herausragenden Eisens gestürzt, sodass sie sich an der linken Schulter verletzt habe. Aufgrund des desolaten Zustands des Gesimses sei den Miteigentümern mit freiem Auge erkennbar gewesen, dass das völlig durchgerostete und deshalb leicht verbiegbare Eisenrohr eine Gefahrenquelle darstelle.

Die Beklagten wendeten mangelnde Passivlegitimation ein. Es handle sich bei der Verpflichtung zur Erhaltung eines Gebäudes um eine Angelegenheit der Eigentümergemeinschaft, weshalb die Klage gegen die einzelnen Wohnungseigentümer abzuweisen sei. Das Haus befinde sich in einwandfreiem Zustand; die Beklagten treffe kein Verschulden, weil die ordnungsgemäße Instandhaltung gewährleistet worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Passivlegitimation der Beklagten ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab.

Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichts über die ausschließliche Haftung der Eigentümergemeinschaft und gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Es ließ die ordentliche Revision zu, weil der Frage, ob neben der Haftung der Eigentümergemeinschaft auch die deliktische Haftung aller Eigentümer für Schäden aus dem mangelhaften Erhaltungszustand des Hauses vorliegen könne, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und Rechtsprechung, die das Verhältnis der Haftungssubjekte abgrenze, noch nicht vorliege.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revision, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, in eventu die Bezeichnung der beklagten Parteien auf die Eigentümergemeinschaft des Hauses zu berichtigen.

Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben und den Antrag auf Richtigstellung der Parteibezeichnung abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits in den Entscheidungen 5 Ob 291/01g = wobl 2002/100, 307 (Call) und 5 Ob 119/04t klargestellt, dass für deliktische Schadenersatzansprüche nach § 1319 ABGB die Eigentümergemeinschaft haftet. Dasselbe Ergebnis erzielt der OGH bei der Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB (5 Ob 283/99z = RIS‑Justiz RS0030011 [T7]). Ansatzpunkt für diese Haftung ist, dass die Erhaltung des gemeinschaftlichen Objekts zur Verwaltung im Sinn des (nunmehr) § 18 Abs 1 WEG 2002 gehört, der Eigentümergemeinschaft in diesen Angelegenheiten Rechtspersönlichkeit zukommt und sie für Schäden aus Handlungen oder Unterlassungen ihrer Repräsentanten (idR des Verwalters) haftet (5 Ob 335/99x = wobl 2000/59 [Call]; 5 Ob 291/01g = wobl 2002/100 [Call]; 5 Ob 173/02f = wobl 2003/34, 57 [Call]; 5 Ob 119/04t; 5 Ob 206/07s = wobl 2008/60 [Call]; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 18 WEG Rz 78). Der OGH hat auch bereits mehrfach ausgeführt, dass die Rechtspersönlichkeit der Gemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung (§ 13c Abs 1 WEG 1975, § 18 Abs 1 WEG 2002) in diesem Bereich auch ihre ausschließliche Sachlegitimation bedingt (8 ObA 4/98s = wobl 1998/200, 308; 5 Ob 249/00d = wobl 2001/42, 61 [Call]; 5 Ob 261/03y = SZ 2003/153 = RIS‑Justiz RS0110079 [T1]; RS0116451).

Die Klägerin, die ihre Ausführungen im Rechtsmittel mit einem unzulässigen (RIS‑Justiz RS0043616; RS0007029; RS0043579) Verweis auf die Ausführungen in ihrer Berufung einleitet, hat der höchstgerichtlichen Judikatur zur Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft auch keinen substanziellen Einwand entgegenzusetzen; sie bezweifelt lediglich ihre Anwendung auf jenen Fall, wo nicht ein Hausverwalter, sondern jeder einzelne Wohnungseigentümer schuldhaft gehandelt hätte. Im konkreten Fall sieht sie dieses Verschulden in der Offenkundigkeit der Gefahrenquelle, deren Beseitigung jeder Wohnungseigentümer damit schuldhaft unterlassen hätte. Soweit die Klägerin als Anspruchsgrund für eine Haftung eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (Ingerenzprinzip) meint, so sind auch diese der Verwaltung der Liegenschaft (§ 18 Abs 1 WEG 2002) zuzuordnen (vgl RIS‑Justiz RS0108020 [T10]: Winterdienst). Die Frage nach der ausschließlichen Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft in derartigen Haftungsfällen lässt sich durch die bestehende höchstgerichtliche Judikatur beantworten, weshalb die Revision als unzulässig zurückzuweisen ist.

Erstmals in der Revision stellt die Klägerin einen Eventualantrag auf Richtigstellung der Parteienbezeichnung. Ein solcher ist zwar grundsätzlich zulässig (RIS‑Justiz RS0037502 [T15]). Hier hat die Klägerin aber in allen Instanzen auf ihrem Rechtsstandpunkt beharrt, die Beklagten seien anstelle der Eigentümergemeinschaft passiv legitimiert. In einem solchen Fall kommt eine Berichtigung der Parteienbezeichnung nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0107428 [T5]).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, weshalb sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen haben. Was den Eventualantrag betrifft, so wurden dafür keine gesonderten Kosten verzeichnet.

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