OGH 5Ob30/08k

OGH5Ob30/08k9.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1.) Verlassenschaft nach Franz Peter H*****, vertreten durch Bärbl Maria H*****, ebendort, als Verlassenschaftskuratorin, 2.) Susanne F*****, beide vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die Antragsgegnerin Gemeinde L*****, vertreten durch Fischer, Walla & Matt, Rechtsanwälte OEG in Dornbirn, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 27 Vlbg RPG, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 13. November 2007, GZ 2 R 62/07v‑68, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 9. Jänner 2007, GZ 18 Msch 30/04g‑44, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs der Antragsteller wird zurückgewiesen.

2.) Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellern die mit 5.046,78 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 841,13 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Antragsteller sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 335 GB *****, bestehend aus dem Grundstück 735 mit einer Fläche von 1.834 m2 und dem Grundstück 748/1 mit einer Fläche von 6.505 m2.

Ursprünglich waren diese Flächen im Flächenwidmungsplan der Antragsgegnerin vom 17. 5. 1978 als Baumischgebiet (BM) ausgewiesen.

Im Jahr 1988 beantragten die Rechtsvorgänger der Antragsteller eine Umwidmung eines Teils der nordöstlichen GP 748 in Bauwohngebiet (BW), eines Teils der nordwestlichen GP 748 in Baumischgebiet (BM) und eines Teils der GP 735 und 748 von Baumischgebiet in ÖZ Parkplatz (öffentlicher Zweck Parkplatz). Das wurde am 24. 6. 1988 bewilligt.

Franz Peter H*****, verstorben am 11. 5. 2006, und die Zweitantragstellerin haben die Liegenschaft mit Übergabe‑ und Dienstbarkeitsvertrag vom 19. 12. 2002 je zur Hälfte erworben. In diesem Vertrag war dem Franz H***** sen. und der Erika F***** ein Fruchtgenuss eingeräumt worden.

Mit Pachtvertrag vom 28. 6. 2002 haben diese der Antragsgegnerin eine Teilfläche des Grundstücks 748/1 im Ausmaß von 1.625 m2 zum Betrieb eines Parkplatzes gegen einen monatlichen Pachtzins von 1.672,99 EUR ab 1. 5. 2002 auf unbestimmte Zeit verpachtet, wobei sie auf Kündigung des Pachtvertrags bis 30. 4. 2012 verzichteten.

Im Jahr 1995 nahm die Antragsgegnerin eine Ortszentrumsplanung in Angriff, wobei die Fläche zwischen dem Ortszentrum und dem See von Bebauung freigehalten werden sollte. Es wurde ein Leitbild beschlossen, in dem unter anderem enthalten ist, ein „Sichtfenster" vom Zentrumsbereich zum Bodensee freizuhalten. Im Bereich des Gewerbegebiets sollte eine Ausweitung ermöglicht werden.

Die Baumischgebiet‑Fläche an der Bundesstraße 190 sollte bis auf die BW‑Grenze in südlicher Richtung reduziert werden.

Die Antragsgegnerin erstellte ein räumliches Entwicklungskonzept als Grundlage für die Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung. Zwischen der Antragsgegnerin und einem Vertreter des Landes Vorarlberg wurde aus Anlass der Besprechung des räumlichen Entwicklungskonzepts erörtert, ob die Gemeinde die als Freiflächen rückzuwidmenden Grundstücke zum Baulandpreis entschädigt und dabei vom Land unterstützt wird.

Schließlich ließ die Antragsgegnerin einen neuen Flächenwidmungsplan ausarbeiten, der zahlreiche Umwidmungen vorsah, verständigte die betroffenen Grundeigentümer, so auch den Erstantragsteller von der beabsichtigten Umwidmung von Teilflächen von Baumischgebiet in FS‑Parkanlage. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die Vorbehaltsflächen auf dem Grundstück 735 und dem Grundstück 748/1 gelöscht werden sollten und ebenfalls eine Umwidmung in FS‑Parkanlage erfolgen werde.

Einwendungen der Antragsteller dagegen wurde nicht stattgegeben. Schließlich beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin am 5. 11. 2002 und 1. 4. 2003 einen neuen Flächenwidmungsplan, den die Vorarlberger Landesregierung am 29. 4. 2003 genehmigte.

Eine Anpassung des Flächenwidmungsplans an die durch die Novelle LGBl Nr 39/1996 geschaffene Bestimmung des § 20 Abs 1 Vlbg RPG (Schaffung einer Unterlagswidmung für Vorbehaltsflächen bis zu einem bestimmten Stichtag) erfolgte nicht.

Im bezeichneten neuen Flächenwidmungsplan wurden die beschriebenen Vorbehaltsflächen in FS‑Parkanlage umgewidmet.

Einen Antrag der nunmehrigen Antragsteller auf Entschädigung nach § 27 Vlbg RPG über einen Betrag von 3.854.500 EUR lehnte die Antragsgegnerin am 26. 8. 2004 ab.

Eine weitere Umwidmung von Liegenschaftsteilen der Antragstellerin erfolgte am 6. 4. 2006, genehmigt von der Vorarlberger Landesregierung am 28. 4. 2006, wobei neue Vorbehaltsflächen im Ausmaß von 2.850 m2 im Grundstück 748/1 mit einer Unterlagswidmung FS‑Parkanlage geschaffen wurden. Ein überwiegender Teil dieser Fläche war bereits als öffentlicher Parkplatz genutzt worden.

Das Ausmaß der Vorbehaltsfläche entsprach nach Ansicht der Antragsgegnerin in etwa dem Bereich der früher ausgewiesenen Vorbehaltsflächen auf den Grundstücken 748/1 und 735.

Diese Umwidmung ist nicht Gegenstand des Entschädigungsfestsetzungsverfahrens.

Die Antragsgegnerin hat keinem der vom Flächenwidmungsplan 2003 betroffenen Grundeigentümer eine Entschädigung gewährt.

Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke der Antragsteller sind (überwiegend) von Bauflächen umgeben.

Im Zeitraum Juli 1999 bis Jänner 2003 wurde für Bauflächen in ähnlicher Lage ein Quadratmeterpreis von 196,55 EUR, 232,55 EUR, 225,28 EUR und 218 EUR bezahlt. Diese Grundstücke verfügten jedoch zum Unterschied von den verfahrensgegenständlichen über keine ungehinderte Seesicht. Die Seesicht der Liegenschaften der Antragsteller begründet daher einen erheblichen Zuschlag zu diesen Preisen.

Die Parkfläche kann von den Antragstellern wirtschaftlich nicht genutzt werden, weshalb eine Bewertung wie die einer Landwirtschaftsfläche - ohne auch nur geringen wirtschaftlichen Ertrag - mit 5 EUR pro/m2 angemessen ist.

Für die im Jahr 2003 erfolgte Rückwidmung ihrer Flächen in Freifläche/Sondergebiet/Parkanlage begehren die Antragsteller ausgehend von einem Verkehrswert von 600 EUR/m2 und dem nunmehrigen Wert von 7 EUR/m2 eine Entschädigung nach § 27 Abs 6 Vlbg RPG in Höhe von insgesamt 3.854.500 EUR.

Ihnen stehe aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen eine Entschädigung zu, weil die Rückwidmung ihrer Grundstücke ein Sonderopfer darstelle. Unmittelbar nördlich der Grundstücke der Antragsteller seien gleichzeitig mit der Rückwidmung der Liegenschaften der Antragsteller bisher als Baumischgebiet (Erwartung bzw Bauwohngebiet/Erwartung) gewidmete Flächen in Bauland umgewidmet worden.

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen die begehrte Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde und der Höhe nach aus und wendete ein, die Antragsteller hätten zu Unrecht ihr Begehren auf § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG gestützt. Nach dieser Regelung könnten nur erstmalige Widmungen Entschädigungsansprüche begründen. Vor der erstmaligen Widmung, etwa 1982 (erste Flächenwidmungspläne), seien die damals vorliegenden natürlichen Verhältnisse maßgebend gewesen.

Hier liege aber keine erstmalige Widmung vor, weil bereits früher Widmungen erfolgt wären, weshalb die Bestimmung des § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG bereits grundsätzlich nicht anzuwenden sei. Entschädigungstatbestände anderer Art seien in § 27 Abs 3 Vlbg RPG angeführt; diese Voraussetzungen lägen jedenfalls nicht vor. Die Antragsteller hätten nämlich keine Sachleistungen für den Erwerb oder die Baureifmachung der Liegenschaften behauptet.

Zur Leistung einer Entschädigung im Sinn des § 27 Abs 3 Vlbg RPG hätten die Antragsteller die Antragsgegnerin auch noch nie aufgefordert, deshalb lägen auch die formellen Verfahrensvoraussetzungen nach § 27 Abs 6 Vlbg RPG nicht vor.

Im Weiteren wendete die Antragsgegnerin ein, die Umwidmung der Flächen der Antragsteller sei allein aufgrund sachlicher Erwägungen aufgrund eines Raumplanungsentwicklungskonzepts mit verschiedenen Entwicklungsschwerpunkten erfolgt. Unter anderem sei dafür das von der internationalen Bodenseekonferenz erstellte Bodenseeleitbild verfolgt worden. Dieses bezwecke ua eine Vermeidung uferparalleler Siedlungsentwicklung.

Von negativen Folgen der Umwidmung, die im Jahr 2003 erfolgt sei, seien jedenfalls die schon vorher als Vorbehaltsflächen gewidmeten Teile der Liegenschaft nicht erfasst. Im Jahr 1988 sei diese Vorbehaltswidmung erfolgt. Durch die Umwidmung der Vorbehaltsflächen in FS‑Parkanlage sei deren Wert nicht gemindert worden. Die betreffende Fläche werde nach wie vor als Abstellfläche bzw Parkplatz verwendet und von den Antragstellern auch als solche verpachtet. Eine Nutzungsänderung sei dadurch nicht eingetreten.

Weiters bestritten die Antragsgegner, dass die Rückwidmung ihrer Liegenschaftsflächen für die Antragsteller ein Sonderopfer darstelle. Ihre Position sei durch die Überarbeitung des Flächenwidmungsplans nicht erheblich ungünstiger als die anderer Liegenschaftseigentümer.

Entscheidend sei, dass der Oberste Gerichtshof bei Anwendung der Sonderopfertheorie stets nur den Anschaffungspreis für Bauland als „Aufwendungen" verstanden habe. Eine Abgeltung der Verkehrswertdifferenz zwischen alter und neuer Widmung komme auch nach der sogenannten Sonderopfertheorie nicht in Betracht.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen verpflichtete das Erstgericht die Antragsgegnerin zur Zahlung von je 962.437,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2003 an jeden der beiden Antragsteller sowie zum Ersatz der mit 46.413,96 EUR bestimmten Verfahrenskosten. Ein Mehrbegehren von 1.929.000,25 EUR wies das Erstgericht ab.

In rechtlicher Hinsicht begründe das Erstgericht die Entschädigungsfestsetzung wie folgt:

Gemäß § 27 Abs 1 Vlbg RPG habe die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten auf Antrag eine Entschädigung zu leisten, wenn durch die Wirkung eines Flächenwidmungsplans die Bebauung eines im Sinn des § 13 leg cit geeigneten Grundstücks verhindert werde und dadurch für den Eigentümer eine Wertminderung entstehe, die eine unbillige Härte darstelle. Die Definition der „unbilligen Härte" werde für den gegenständlichen Fall in § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG definiert. Die Liegenschaften der Antragsteller seien nicht in einem land‑ oder forstwirtschaftlichen Gebiet oder in Ödland gelegen gewesen und überwiegend von gleichwertigen Grundstücken umgeben, die nicht als Freiflächen oder Verkehrsflächen gewidmet seien. Die Höhe des Entschädigungsbetrags werde nach § 27 Abs 5 lit c Vlbg RPG als Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks als Freifläche und dem Verkehrswert, der für das Grundstück bei einer Widmung wie der der umliegenden Grundstücke zu erzielen sei, bemessen.

Der Antrag auf Festsetzung der Entschädigung des Gerichts sei durch § 21 Abs 6 Vlbg RPG begründet.

Die Höhe des Entschädigungsbetrags sei nach freier Überzeugung festzusetzen, idente Vergleichsgrundstücke lägen nicht vor.

Ausgehend vom Sachverständigengutachten DI K***** erschien dem Erstgericht ein Betrag von 300 EUR/m2 als angemessener Wert der Liegenschaften vor der Umwidmung. Als nicht wertmindernd sei der Bestand eines Fruchtgenussrechts zu beurteilen.

Dass eine Fläche von 1.625 m2 derzeit als Parkplatz verpachtet sei, ändere an der Bewertung mit 5 EUR/m2 nach Durchführung der Rückwidmung nichts, weil keinesfalls für die Zukunft weiterhin mit den entsprechenden Pachteinnahmen gerechnet werden könne.

Das Gericht zweiter Instanz gab einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rechtsmittel nicht Folge, änderte jedoch über Rekurs der Antragsgegner die bekämpfte Entscheidung dahin ab, dass jedem der beiden Antragsteller ein Entschädigungsbetrag von nur 904.027,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2003 zuzuerkennen sei.

Den Antrag der Antragsgegnerin auf Anberaumung einer mündlichen Rekursverhandlung wies das Rekursgericht ab, weil entscheidungswesentlich ausschließlich Rechtsfragen seien, was eine mündliche Rekursverhandlung entbehrlich mache.

Unter Billigung der vom Erstgericht ermittelten Wertdifferenz der Liegenschaft vor und nach der Rückwidmung infolge des neuen Flächenwidmungsplans aus 2003 bejahte das Rekursgericht das Vorliegen eines erheblichen enteignungsgleichen Wertverlustes. Damit sei den Antragstellern zur Umsetzung des „Bodenseeleitbildes" und der Aufrechterhaltung einer Nahebeziehung zwischen Dorfzentrum und See betreffend einer Grundfläche von 6.129 m2 ein besonders gravierendes Opfer zugunsten der Allgemeinheit auferlegt worden. Damit seien die Antragsteller in sachlich nicht rechtfertigbarer, weil unverhältnismäßiger Weise stärker belastet worden, als im Allgemeinen andere Personen zugunsten des öffentlichen Wohles belastet würden. Durch die mit der Umwidmung bewirkte Erhaltung einer Grünzone gewinne einerseits das Ortsbild der Gemeinde, andererseits bedeute es einen Vorteil für die Eigentümer jener Liegenschaften, deren freie Sicht auf den Bodensee erhalten bleibe. Im Kreis der in Ufernähe angesiedelten Anrainer seien die Bedingungen für eine Bebauung, ob bereits erfolgt oder nicht, gleich. Die Flächenwidmung verlange aber eine Gleichbehandlung. Die Antragsteller seien deshalb krass benachteiligt, weil die bereits fortgeschrittene Verbauung des übrigen Uferbereichs dazu geführt habe, dass sie ihre unverbauten Grundstücke dem „Sichtfenster" hätten opfern müssen. Auch wenn andere Liegenschaftseigentümer Grundflächen zur Verwirklichung des Raumplanungskonzepts „Sichtfenster zum See" zur Verfügung hätten stellen müssen, bleibe es doch bei einem Sonderopfer der Antragsteller. Andere, aus anderen Gründen erfolgte Umwidmungen hätten in dieser Frage keine Bedeutung.

Das den Antragstellern abverlangte Sonderopfer erfordere im Sinn der höchstgerichtlichen Judikatur eine verfassungskonforme Auslegung des § 27 Vlbg RPG. Die Gemeinde habe als Trägerin von Privatrechten auf Antrag eine Entschädigung zu leisten, wenn durch die Wirkung des Flächenwidmungsplans die Bebauung eines im Sinn des § 13 leg cit geeigneten Grundstücks verhindert werde und dadurch eine Wertminderung entstehe, die für den betroffenen Grundeigentümer eine unbillige Härte darstelle. Das sei unter anderem dann der Fall, wenn ein Grundstück, das vor der Widmung nicht in einem land‑ oder forstwirtschaftlichen Gebiet oder nicht in Ödland gelegen war, allein oder im Zusammenhang mit anderen Grundstücken als Freifläche gewidmet werde, obwohl es ganz oder überwiegend von gleichwertigen Grundstücken umgeben sei, die nicht als Frei- oder Verkehrsflächen gewidmet seien (§ 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG).

Es treffe zu, dass § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG seinem Wortlaut nach nur den Fall der erstmaligen Erlassung eines Flächenwidmungsplans, nicht aber eine Änderung des Flächenwidmungsplans regle. Auch hätten die Antragsteller keinen Aufwand zur Baureifmachung oder keine Leistung für einen entgeltlichen Erwerb ihrer Grundstücke behauptet. Eine am Wortsinn des § 27 Vlbg RPG orientierte Auslegung führe zu dem Ergebnis, dass ein Erwerb von Liegenschaften im Erbweg oder in Form eines Übergabevertrags im Fall einer Änderung des Flächenwidmungsplans keine Entschädigungspflicht trotz enteignungsgleich wirkenden Wertverlusts auslösen würde.

Zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses sei es daher erforderlich, diese Bestimmung extensiv dahin auszulegen, dass der Entschädigungstatbestand auch dann erfüllt sei, wenn ein als Baufläche gewidmetes Grundstück, das von gleich gewidmeten Grundstücken umgeben ist, durch eine Änderung des Flächenwidmungsplans nicht mehr bebaut werden könne.

Die Höhe des Entschädigungsbetrags ergebe sich aus § 27 Abs 5 lit c Vlbg RPG als Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks als Freifläche einerseits und als Baufläche andererseits.

Was die als Vorbehaltsflächen gewidmeten Liegenschaftsteile (aufgrund einer Widmung aus dem Jahr 1988) betrifft, vertrat das Rekursgericht die Ansicht, es wäre eine Anpassung dieser Flächen an § 20 Abs 1 idF LGBl Nr 39/1996 notwendig gewesen, um die Widmung als Vorbehaltsfläche zu erhalten. Nach der Übergangsbestimmung des § 59 Abs 1 Vlbg RPG hätten die Flächenwidmungspläne spätestens bis 1. 8. 2001 für den Fall einer Widmung als Vorbehaltsfläche eine Unterlagswidmung (Grundwidmung) erhalten müssen und dadurch § 20 Abs 1 Vlbg RPG entsprochen werden müssen. Das sei nicht geschehen. Die Auflage eines Flächenwidmungsplans am 23. 7. 2001, somit eines Entwurfs für eine neue Widmung, habe diese Unterlassung nicht ersetzen können. Der geänderte Flächenwidmungsplan sei erst mit der am 29. 4. 2003 erteilten Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung wirksam geworden (§ 21 Abs 6 Vlbg RPG). Erst dadurch sei die Unterlagswidmung als FS‑Parkanlage erfolgt. Eine Rückwirkung dieser Widmung gebe es nicht. Die Unterlassung der Anpassung an § 20 Abs 1 Vlbg RPG bewirke, weil die Vorbehaltsfläche in einer Fläche mit der Grundlagenwidmung BM gelegen sei, dass auch die Vorbehaltsfläche im Ausmaß von 2.934 m2 als BM‑Fläche gewidmet zu bewerten sei. Deshalb sei auch diese Fläche in die Bemessung des Differenzwerts wie zwischen Verkehrswert und Restwert einzubeziehen.

Was die Verpachtung einer Teilfläche des Grundstücks 748/1 im Ausmaß von 1.625 m2 zum Betrieb eines Parkplatzes betreffe, ändere die Tatsache, dass hiefür jährlich ein wertgesicherter Pachtzins von 12,35 EUR/m2 erzielt werde, infolge der zeitlichen Befristung dieser Ertragsmöglichkeit nichts an der Bemessung des Verkehrswerts dieser Fläche ausgehend von ihrer nunmehrigen Widmung als FS‑Parkanlage mit 5 EUR/m2. Es stehe nämlich nicht fest, dass die Antragsteller in der Lage wären, diese Pachteinnahmen über das Jahr 2012 hinaus zu erzielen.

Unter Zugrundelegung der nicht zu beanstandenden Wertansätze des Erstgerichts legte das Rekursgericht eine Wertminderung um 295 EUR/m2 für eine Gesamtfläche von 6.129 m2 zugrunde, wobei ein Rechenfehler des Erstgerichts, das irrtümlicherweise von einer Gesamtfläche von 6.525 m2 ausgegangen war, berichtigt wurde.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur verfassungskonformen Auslegung des § 27 Vlbg RPG, auch zu konkreten den Umfang der Rückwidmungsfläche bestimmenden Fragen keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Festsetzung eines Gesamtentschädigungsbetrags in Höhe von 2.046.445 EUR.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge zu geben.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss richtet sich auch der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Abweisung des gesamten Entschädigungsbegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsteller beantragten, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Darüber hinaus regen die Antragsteller eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Frage an, ob die Bestimmung des § 27 Vlbg RPG dem Gleichheitsgrundsatz nach Art I 1. ZP zur EMRK bzw Art 11 der Vlbg LV entspricht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller erweist sich als unzulässig. Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin hingegen als nicht berechtigt.

1.) Zum Revisionsrekurs der Antragsteller:

Als Aktenwidrigkeit wird von den Antragstellern geltend gemacht, das Rekursgericht sei bei Bemessung des Entschädigungsbetrags zu Unrecht von einer Gesamtrückwidmungsfläche von 6.129 m2 ausgegangen, obwohl in den erstgerichtlichen Feststellungen (S 14 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses) eine Gesamtrückwidmungsfläche von 6.525 m2 zugrundegelegt worden sei. Dem Sachverständigengutachten des DI K***** könne sogar eine rückgewidmete Fläche von insgesamt 6.709 m2 entnommen werden.

Im Weiteren wird der vom Erstgericht zugrundegelegte und vom Berufungsgericht ohne Auseinandersetzung mit einer Beweisrüge als angemessen festgesetzte Verkehrswert pro Quadratmeter gerügt. Aus dem Sachverständigengutachten lasse sich ein Quadratmeterpreis von 375 EUR entnehmen. Ohne zureichende Begründung und ohne Erledigung einer entsprechenden Beweisrüge sei davon abgegangen und ein Preis von lediglich 300 EUR der Berechnung zugrundegelegt worden.

Dieser Rüge ist weder aus dem Grund der Aktenwidrigkeit noch dem der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens näher zu treten:

Das Rekursgericht hat einen in der rechtlichen Beurteilung (S 17 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses) unterlaufenen Rechenfehler, der zu einem Ausmaß der umgewidmeten Liegenschaftsteile von 6.525 m2 geführt hatte, ausgehend von den maßgeblichen erstgerichtlichen Feststellungen (S 2 des erstinstanzlichen Beschlusses) korrigiert und dann folgerichtig seiner Wertberechnung ein Ausmaß der umgewidmeten Liegenschaftsflächen von 6.129 m2 zugrundegelegt.

Der entsprechenden Beweisrüge hielt das Rekursgericht entgegen, nicht gesetzesgemäß ausgeführt zu sein, weil die Antragsteller sich darin nicht auf einen bestimmten Umfang der rückgewidmeten Fläche bezogen hätten. Daher habe eine Auseinandersetzung mit diesen Differenzwerten nicht erfolgen müssen.

Wohl trifft es zu, dass das Rekursgericht unrichtigerweise davon ausging, der Quadratmeterpreis des Verkehrswerts, wie ihn das Erstgericht mit 300 EUR ermittelt hatte, sei unbekämpft geblieben. Tatsächlich haben die Antragsteller in ihrem Rekurs unter Berufung auf das Sachverständigengutachten des DI K***** diesen Wert beanstandet.

Das Rekursgericht hat sich aber doch auf Seite 27 seiner Entscheidung damit auseinandergesetzt, wenn es letztlich die gewählten Wertansätze als „nicht zu beanstanden" bezeichnete. Das stellt im Ergebnis eine Erledigung der entsprechenden Beweisrüge dar.

Nur der Vollständigkeit halber seien die Antragsteller noch darauf hingewiesen, dass es bei der Ermittlung des Verkehrswerts der rückgewidmeten Liegenschaft um die Ermittlung von Durchschnittspreisen, nicht aber um fallweise gezahlte Höchstpreise bei Nachbarliegenschaften geht. Die Ermittlung des Verkehrswerts von Liegenschaften gehört im Übrigen dem Tatsachenbereich an (vgl RIS‑Justiz RS0043517; RS0043704; RS0043122), weshalb eine Auseinandersetzung des Obersten Gerichtshofs mit diesen Tatsachengrundlagen ausgeschlossen ist.

Insgesamt vermag der Revisionsrekurs der Antragsteller keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen, weshalb das Rechtsmittel der Antragsteller mangels Zulässigkeit zurückzuweisen war.

2.) Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

Der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens ist nicht gesetzesgemäß ausgeführt, weil nicht dargetan wird, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Rekursverhandlung unabdingbar gewesen wäre, insbesondere welche Beweise vom Rekursgericht unmittelbar wiederholt hätten werden müssen (vgl RIS‑Justiz RS0122252). § 52 Abs 1 AußStrG stellt klar, dass mangels der hier nicht gegebenen Voraussetzungen des Abs 2 leg cit eine mündliche Rekursverhandlung nur durchzuführen ist, wenn das Rekursgericht eine solche für erforderlich erachtet. In diesem Zusammenhang hätte es eines Hinweises darauf bedurft, aus welchen Gründen das Rekursgericht einer Verpflichtung zuwidergehandelt haben soll. Ein solcher Hinweis wurde nicht geliefert.

Das Schwergewicht des Revisionsrekurses liegt aber ohnehin auf der Rechtsrüge.

Nach Ansicht der Antragsgegnerin stehe den Antragstellern dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch nicht zu. § 27 Vlbg RPG regle in Abs 2 lit c Entschädigungsansprüche nur im Fall erstmaliger Erlassung eines Flächenwidmungsplans, was sich aus der gesamten Systematik des Gesetzes, zB §§ 12 Abs 1, 23, 24, 27 Abs 4 und 6 ergebe. Die Spezialnorm für Änderungen von Flächenwidmungsplänen stelle § 27 Abs 3 Vlbg RPG dar, dessen Voraussetzungen hier nicht vorlägen. Die Antragsteller hätten nämlich weder Geld noch Sachleistungen zum Erwerb der Liegenschaft oder zur Herstellung der Baureife der Liegenschaft aufgewendet. Nach der Gesetzessystematik des § 27 Vlbg RPG, etwa aus den Fristbestimmungen des Abs 4, gehe klar hervor, dass entschädigungsrechtliche Folgen einer Umwidmung von jenen einer Erstwidmung zu unterscheiden seien. Der Gesetzgeber habe, wie den Materialien zu entnehmen sei, ausdrücklich Werterhöhungen und Wertminderungen bei Widmungsänderungen nicht abschöpfen bzw ausgleichen wollen. So sei auch eine Planungswertausgleichsabgabe (bei einer Höherwidmung zB von Grünland in Bauland) nicht eingeführt worden. Die Entschädigungspflicht bei Änderungen von Flächenwidmungsplänen sei bewusst auf die Fälle des § 27 Abs 3 Vlbg RPG eingeschränkt worden. Unter der Voraussetzung des § 27 Abs 1 Vlbg RPG seien also solche Wertveränderungen nicht zu entschädigen.

Die vom Rekursgericht gewählte Auslegung des § 27 Vlbg RPG führe zu einer vom Landesgesetzgeber nicht normierten und nicht gewollten Vermögenswertgarantie.

Selbst wenn man unter Annahme eines Sonderopfers der Antragsteller eine Entschädigung in Betracht ziehe, kämen doch nur die Fälle des § 27 Abs 3 Vlbg RPG in Betracht. So habe auch die bisherige Rechtsprechung Entschädigungen nur dann zuerkannt, wenn Sachleistungen oder Gegenleistungen für den Erwerb der Liegenschaft oder die Herstellung der Baureife erbracht worden seien (vgl 6 Ob 12/06t zum oö ROG; 7 Ob 303/04s zum nö ROG).

Solche Aufwendungen hätten aber die Antragsteller zur Begründung ihres Entschädigungsanspruchs nicht geltend gemacht.

Jedenfalls komme aber im Fall einer Widmungsänderung kein Ersatz in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks als Freifläche und dem Verkehrswert des Grundstücks als Baufläche im Sinn des § 27 Abs 5 Z lit c Vlbg RPG in Betracht. Allenfalls hätten die Antragsteller nachzuweisen, welche Abhandlungskosten, Erbschaftssteuer etc als Sachleistungen oder Erwerbskosten anzusehen seien.

Schließlich seien die Voraussetzungen des § 27 Abs 1 Vlbg RPG hinsichtlich der Widmungsänderung bei der Vorbehaltsfläche nicht gegeben. Diese Fläche von 2.934 m2 als Bauland einzustufen, wie es das Rekursgericht getan habe, entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Diese Fläche sei als Vorbehaltsfläche gewidmet gewesen, was bis zur Novelle 1996 eine eigene Widmungskategorie gewesen sei und nicht die Festlegung einer „Vorbehaltsfläche in Bauflächen". In rechtlicher Hinsicht habe es sich um eine Widmung mit der Kategorie Vorbehaltsfläche mit dem Zusatz „ST" (Stellplatz) gehandelt.

Auch wenn mit der Novelle 1996 das Erfordernis, bei einer Widmung als Vorbehaltsfläche eine Unterlagswidmung zu schaffen, eingeführt worden sei, was tatsächlich nicht geschehen sei, sei doch durch den Entwurf des neuen Flächenwidmungsplans und dessen Auflage innerhalb der vom Gesetz für das Erfordernis des § 20 Abs 1 Vlbg RPG festgelegten Frist die Rechtmäßigkeit der Vorbehaltsflächenwidmung bestehen geblieben. Jedenfalls fehle jegliche Grundlage dafür, dieser Fläche eine Unterlagswidmung als Baufläche und nicht als Freifläche zu unterstellen. Zufolge § 18 Vlbg RPG seien alle Flächen, die nicht anders gewidmet seien, Freiflächen.

Es reiche also aus, dass im Zeitpunkt des drohenden Wegfalls der Vorbehaltsflächenwidmung ein Auflageverfahren hinsichtlich eines neuen Flächenwidmungsplans bereits eingeleitet gewesen sei.

Was die Frage des Vorliegens eines Sonderopfers und der Relevanz der Sonderopfertheorie für das Vlbg RPG betreffe, werde die Ansicht vertreten, § 27 regle in seinem Abs 3 lit c im Gegensatz zu anderen raumplanungsrechtlichen Landesgesetzen bereits die Entschädigung von Liegenschaftseigentümern, denen ein solches „Sonderopfer" abverlangt werde. In diesen Bestimmungen werde die Abgeltung eines Anschaffungspreises bereits berücksichtigt. Die Sonderopfertheorie sei nur bei solchen landesgesetzlichen Entschädigungsregelungen zur Herstellung einer Verfassungskonformität herangezogen worden, wo solche Aufwendungen bei Widmungsänderungen gesetzlich nicht von Entschädigungstatbeständen erfasst gewesen seien.

Die Ausführungen des Revisionsrekurses über den Umfang der insgesamt in Freiflächen umgewidmeten Liegenschaftsteile sind durch erstgerichtliche Feststellungen nicht gedeckt, sodass darauf auch im Folgenden nicht eingegangen werden muss.

Zum Begriff „Überwiegend von gleichwertigen Grundstücken umgeben" wiederholt die Revisionsrekurswerberin ihr Argument, dass es darauf nicht ankomme, weil § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG bei einer Änderung des Flächenwidmungsplans nicht zur Anwendung komme. Bestritten wird allerdings nicht mehr, dass diese Voraussetzung vor den hier maßgeblichen Widmungsänderungen zu bejahen war, wenn auch die Revisionsrekurswerberin die Bedeutung des Umfangs einer im Südwesten der Liegenschaften angrenzenden Verkehrsfläche höher einstuft, als dies die Vorinstanzen taten.

Letztlich rügt die Revisionsrekurswerberin noch die Höhe des Entschädigungsbetrags, wie sie von den Vorinstanzen hinsichtlich jener Teilfläche im Ausmaß von 1.625 m2 berücksichtigt wurde, für die ein wertgesicherter Pachtzins von 12,35 EUR/m2 jährlich erzielt wird. Bei einer Ertragswertberechnung hätte sich dabei ein Betrag von 247 EUR/m2 ergeben. Der Verkehrswert nach der Widmungsänderung errechne sich jedenfalls mit einem Vielfachen des Betrags von 5 EUR/m2.

Zuletzt wendet die Revisionsrekurswerberin noch ein, dass der Zinsenzuspruch durch das Rekursgericht verfehlt sei. Nach § 33 EisbEG komme ein Zuspruch von Verzugszinsen nur ab dem Tag der Zustellung der die Entschädigung rechtskräftig feststellenden Entscheidung in Betracht.

Zu diesen Argumenten hat der erkennende Senat erwogen:

Wenn auch der VfGH aus Art 5 StGG weder für eine Enteignung noch für Eigentumsbeschränkungen eine verfassungsrechtliche Entschädigungspflicht ableitet, hat er doch in bestimmten Fällen angenommen, dass ein Gesetz, das eine entschädigungslose Enteignung vorsieht, gleichheitswidrig sein kann, wenn dadurch bestimmten Personen nur Vorteile erwachsen und der Enteignete die gesamte Last allein zu tragen hat. Gleichheitswidrig ist es auch, wenn für gleichartige Eigentumsbeschränkungen in einem Fall eine Entschädigung vorgesehen wird, im anderen aber nicht (VfSlg 16.316; VwGH 14. 5. 2002, 2000/10/0124). Nach der Judikatur des EGMR sind entschädigungslose Eigentumseingriffe im Allgemeinen „unverhältnismäßig" und daher unzulässig (vgl zuletzt 29. 3. 2006, Scordino, ÖJZ 2007, 382; vgl Mayer, Kurzkommentar, Das österreichische Bundes‑Verfassungsrecht, 594 f mwN).

Der beschriebene Ansatz der „Sonderopfertheorie" fragt danach, wann eine Eigentumseinschränkung dem Eigentümer ein besonders gravierendes Opfer zugunsten der Allgemeinheit abverlangt, ihn also in sachlich nicht rechtfertigbarer und unverhältnismäßiger Weise stärker belastet als im Allgemeinen andere Personen zugunsten des öffentlichen Wohls belastet sind (vgl Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts 40 f mwN).

Besondere Beschränkungen ergeben sich aus der Festlegung behördlich bestimmter Bodennutzungen, insbesondere aus den in den Flächenwidmungsplänen vorgesehenen Ausweisungen als Baugebiet, Freiland oder Verkehrsfläche.

Alle Raumordnungsgesetze treffen, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, Entschädigungsvorkehrungen für durch Flächenwidmungsplan‑Änderungen hervorgerufene Wertverluste (vgl die Darstellung in Auer, Die Änderung des Flächenwidmungsplans 105 f; zu Vorarlberg: 119 f mwN).

Verschiedentlich wird in der Gesetzgebung zwischen Entschädigungsansprüchen bei Planänderungen und solchen bei erstmaliger Planerlassung differenziert (vgl Aicher, Enteignung durch Raumplanung JBl 1975, 393 [403 ff]; Pernthaler, Raumordnung III 406 ff). Die Frage, ob Planänderungen wirklich stärkere Eingriffe in die Vertrauenslage bewirken als eine erstmalige Planerlassung, stellt sich aber zunehmend weniger, weil diese Differenzierung in größerer zeitlicher Sicht durch die flächendeckende Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen ohnedies an Bedeutung verliert (vgl Korinek/Pauger/Rummel aaO 166).

Eine konkrete Umwidmung kann nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs selbst dann rechtswidrig sein, wenn öffentliche Interessen (im Anlassfall „Wienerwald‑Deklaration" mit planerischer Zielvorstellung einer Einschränkung der Siedlungsentwicklung) die Umwidmung von Bauland in Grünland rechtfertigen, die mit der angefochtenen Verordnung vorgenommene Widmungsänderung einer konkreten Liegenschaft von „Bauland‑Wohngebiet" in „Grünland‑Parkanlage" aber dem Gleichheitssatz widerspricht. Eine mit der Umwidmung eines ganzen Grundstücks, das vorher großteils rechtsverbindlich als Bauland gewidmet war, in Grünland bewirkte Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit entbehre angesichts der Intensität dieser Beschränkung einer hinreichenden sachlichen Begründung. Das damals betroffene Grundstück war wegen seiner Lage, umschlossen von „Baulandwohngebiet" sowie wegen seiner infrastrukturellen Aufschließung für eine Baulandwidmung besonders geeignet. Während bereits ein Teil der Liegenschaft als „Grünland‑Grüngürtel" gewidmet war, bedeutete die Umwidmung der Restfläche in Grünland keinen besonderen ökologischen Nutzen für die Gemeinde, für den Grundstückseigentümer jedoch die weitestgehende wirtschaftliche Entwertung seines Grundbesitzes. Der VfGH erkannte daher, dass die Auswahl dieses Grundstücks aus der sogenannten Baulandreserve und seine gänzliche Umwidmung in Grünland unsachlich war. Im Hinblick auf die völlig fehlende Bedachtnahme auf die Interessenlage der Grundstückseigentümer widersprach sie dem Gleichheitssatz, zumal die aus der Umwidmung resultierende wirtschaftliche Entwertung der Liegenschaft, die durch die Regelungen des § 24 nö ROG 1976 über den Ersatz tatsächlich getätigter Aufwendungen keinesfalls ausgeglichen wurde, nicht berücksichtigt wurde (vgl VfGH 23. 12. 1992, GZ V 239/91 = VfSlg 13.282/1992). Damit wurde auch nach Ansicht des VfGH die Entschädigungspflicht zur Voraussetzung einer Rückwidmung. Der Gerichtshof geht eindeutig von einer Verpflichtung zur Entschädigungsleistung bei bestimmten Eigentumsbeschränkungen durch die Raumplanung, konkret im Fall einer Rückwidmung, aus (vgl Auer aaO 124 f).

Der Oberste Gerichtshof vertritt in Abkehr von früheren Entscheidungen (vgl etwa 6 Ob 538/94 ua) seit 2 Ob 52/99g (= bbl 1999/185 [zust Auer]) in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass eine, wenngleich verfassungsrechtlich nicht gebotene Entschädigungsregelung in Raumordnungsgesetzen sich am Gleichheitsgrundsatz messen zu lassen hat. Es sei mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, wenn die vermögensrechtliche Position eines Grundeigentümers aufgrund einer Umwidmung insgesamt gesehen bei Berücksichtigung von Vor- und Nachteilen erheblich ungünstiger ist als die anderer vergleichbarer Grundeigentümer. Stelle eine nach den einschlägigen Gesetzen entschädigungslose Umwidmung ein Sonderopfer eines Liegenschaftseigentümers im obigen Sinn dar, sei die entsprechende Bestimmung insoweit zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses auszulegen. So wurde einem Grundeigentümer neben den Aufschließungskosten zwar nicht die Verkehrswertdifferenz, jedoch die Differenz zwischen Kaufpreis und Restwert der Liegenschaft zuerkannt (vgl 6 Ob 105/01m). Auch in 8 Ob 34/06t (zum nö ROG) wurde ein Sonderopfer eines Liegenschaftseigentümers bejaht und ihm als Aufwendungen auch die Anschaffungs‑(mehr‑)kosten zuerkannt. In 7 Ob 132/05w, wo ein Wertverlust durch eine erste Umwidmung zu beurteilen war, wurde neben den Aufwendungen zur Baureifmachung auch die Differenz zwischen Anschaffungspreis und dem hypothetischen Grünlandkaufpreis als angemessener Ersatz für das Sonderopfer angesehen. Nur dort, wo objektiv ohnedies keine Baulandeignung gegeben war, die Rückwidmung ohnedies nur den gesetzmäßigen Zustand herstellte, bleibe kein Raum für eine Entschädigung (6 Ob 12/06t). Auch dort, wo eine Abgeltung durch teilweise Umwidmung in Bauland erfolgte, Umwidmungen großen Stils erfolgten und mehrere Liegenschaftseigentümer gleichartig betroffen waren, wurde ein Sonderopfer verneint (7 Ob 303/04s).

In der von der Revisionsrekurswerberin zitierten Entscheidung 4 Ob 89/99p ging es um die Änderung eines Bebauungsplans nach dem oö ROG, wobei keine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Liegenschaft festzustellen war, weshalb ein gleichheitswidriges Sonderopfer verneint wurde.

Betrachtet man unter diesen Aspekten die hier maßgebliche Bestimmung des § 27 Vlbg RPG, fallen verschiedene gleichheitswidrige Regelungen ins Auge. Das ist zum einem der von der Antragsgegnerin hervorgehobene Umstand, dass sich aus der Systematik der Bestimmung ergibt, dass für den Fall von Umwidmungen rechtswirksamer Flächenwidmungen ausschließlich die Fälle des Abs 3 lit a bis c in Betracht kommen. Auf den gegenständlichen Anlassfall zugeschnitten wäre diesfalls lit c, wobei der Rechtsvorgänger der Antragsteller allerdings nicht im Weg einer bäuerlichen Erbteilung unter Zugrundelegung des Baugrundpreises erworben oder eine entsprechende Gegenleistung erbracht hat, sondern die Liegenschaft im Weg vorweggenommener Erbfolge aufgrund eines Übergabsvertrags erworben hat.

Die Einschränkung der Entschädigungspflicht auf Fälle rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs vermag im Hinblick auf den materiellen Enteignungsbegriff nicht zu überzeugen, wenn auch in solchen Fällen der Verlust der Baulandeigenschaft als besonders gravierend empfunden wird. Dennoch erleidet auch der Baulandeigentümer, der auf andere Art erworben hat, denselben Wertverlust, hätte er doch durch Verkauf den Wert jederzeit realisieren können (vgl Auer aaO 132).

Auch die Einschränkung auf eine Erbteilung, der der Baugrundpreis zugrundegelegt wurde, benachteiligt jenen in unsachgemäßer Weise, der etwa im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge durch Übergabsvertrag ins Eigentum einer Liegenschaft gelangt.

Aber auch die Beschränkung des Tatbestands des § 27 Abs 2 lit c Vlbg RPG, dem das Gesetz selbst die Eignung, eine „unbillige Härte" zu bewirken, attestiert, auf Fälle einer Erstwidmung führt zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis. Gerade der Liegenschaftseigentümer, der durch eine rechtskräftige Baulandwidmung eine besondere Garantie für sich hat, erleidet durch eine Rückwidmung einen massiven Eigentumseingriff.

Einer Prüfung unter dem gebotenen Aspekt des Gleichheitssatzes hält diese Bestimmung nicht stand.

Das hier anzuwendende Vlbg RPG hält also bei wörtlicher Interpretation für den konkret zu beurteilenden Fall in gleichheitswidriger Weise keinen Entschädigungstatbestand bereit. Dabei soll den Antragstellern zur Durchsetzung der aus dem „Bodenseeleitbild" resultierenden Widmungsänderungen ein besonders gravierendes Vermögensopfer zugunsten der Allgemeinheit abverlangt werden. Die Auswirkungen des Vorhabens der Antragsgegnerin, die Sicht vom Ortszentrum auf den See zu erhalten (soweit dies überhaupt noch möglich ist), belastet sie wegen der besonderen Größe, Beschaffenheit und Lage ihrer Liegenschaft unvergleichlich mehr als andere Liegenschaftseigentümer in der Nachbarschaft. Mag es auch sachlich gerechtfertigt sein, die wenigen bisher noch nicht verbauten Seegrundstücke unverbaut zu erhalten, ist doch die unverhältnismäßige Belastung Einzelner zugunsten des öffentlichen Interesses aus Gleichheitsgründen nur bei Leistung einer Entschädigung vertretbar.

Das führt bei gebotener verfassungskonformer Interpretation des § 27 Vlbg RPG (die eine Anrufung des VfGH erübrigt) zur Bejahung eines Entschädigungsanspruchs der Antragsteller.

Was die Frage der Bewertung der Vorbehaltsfläche im Ausmaß von 2.934 m2 betrifft, teilt der erkennende Senat die Rechtsansicht des Rekursgerichts. Eine Vorbehaltsfläche, deren Widmungskategorie durch die Unterlassung der Schaffung einer Unterlags‑(bzw Überlagerungs‑)widmung innerhalb der durch die Novelle 1996 gesetzten Frist unterblieb, fällt mangels anderer Anhaltspunkte wiederum in jene Widmung, in der die Vorbehaltsfläche liegt, vorliegendenfalls also in die Bauflächeneigenschaft. Mit § 18 Vlbg RPG lässt sich nicht argumentieren, wird doch die Vorbehaltsfläche ohne Grundwidmung auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist zur Schaffung einer Unterlagswidmung nicht widmungsfrei.

Die Vorbereitung einer neuen Flächenwidmung entfaltet hinsichtlich bestehender Widmungen eben noch keine Rechtswirkung.

Was die Eigenschaft „überwiegend von gleichartigen Grundstücken umgeben" betrifft, hat das Rekursgericht sich mit den entsprechenden Einwendungen auseinandergesetzt. Zweifellos ist dafür maßgeblich der Zeitpunkt der Erlassung der Widmungsänderung, was die Revisionsrekurswerberin letztlich auch zugesteht. Soweit davon Sachverhaltselemente umfasst sind, ist der Revisionsrekurswerberin eine neuerliche Aufrollung dieser Umstände im Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof versagt.

Schließlich vermag der erkennende Senat auch die Festsetzung der Entschädigung für den als Parkplatz verpachteten Grundstücksteil nachzuvollziehen. Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass nicht die Antragsteller, sondern die Fruchtgenussberechtigten den Pachtzins beziehen, was auch dem Wesen des Fruchtgenussrechts entspricht, weshalb diese Einkünfte nicht zwingend zu einer Ertragswertberechnung für die Antragsteller führen.

Hinsichtlich der Rüge des Zinsenzuspruchs ist auf § 27 Abs 6 Vlbg RGP iVm § 46 Abs 6 Satz 2 Vlbg StraßenG hinzuweisen. Im Fall einer Umwidmung gibt es keinen Zeitpunkt einer „Rechtskraft des Enteignungsbescheids", weshalb sinngemäß auf das Inkrafttreten des Flächenwidmungsplans abgestellt werden kann, sodass die begehrten Zinsen jedenfalls ab diesem Zeitpunkt zustehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 44 EisbEG (vgl 9 Ob 42/06a). Den Antragstellern stehen daher die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung zu.

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