OGH 6Ob538/94

OGH6Ob538/9424.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Gottfried P*****, vertreten durch Dr.Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, wider die Antragsgegnerin G*****, vertreten durch Dr.Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Neufestsetzung einer Entschädigung gemäß § 24 NÖROG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 29.Oktober 1993, GZ 1 Nc 6/93-6, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 30.Dezember 1993, AZ R 543/93(ON 10), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die Parteien haben ihre Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller und seine Ehefrau kauften mit Vertrag vom 12.Mai 1981 vom Ersteher einer sechs Wochen zuvor zwangsversteigerten in Niederösterreich gelegenen Liegenschaft eine größere Anzahl von Grundstücken im Gesamtausmaß von rund 27 ha um den ausgewiesenen Kaufpreis von rund 2,376.000 S. Unter diesen Kaufgrundstücken befanden sich das Grundstück 15, Baufläche mit Haus Nr.28 im Ausmaß von 1028 m2 sowie das Grundstück 219/2, Acker im angegebenen Ausmaß von 3032 m2 (laut Grundbuchsauszug 2797 m2).

Mit Vertrag vom 3.November 1988 schenkte die Ehefrau des Antragstellers diesem unter anderem ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft (EZ 806), deren Gutsbestand aus den 1981 vom Ersteher gekauften Grundstücke gebildet wurde.

Kaufvertrag und Schenkungsvertrag wurden grundbücherlich durchgeführt.

Die Grundstücke 15 und 219/2 waren nach der 1981 wirksamen Flächenwidmung Bauland. Nach dem mit 7.April 1992 in Rechtswirksamkeit getretenen Flächenwidmungsplan wurde die Widmung dieser beiden Grundstücke als Grünland festgelegt.

Der Antragsteller und dessen Ehefrau begehrten von der Gemeinde wegen dieser Umwidmung den Ersatz von Aufwendungen im Sinne des § 24 NÖROG. Die begehrte Entschädigung setzte sich aus folgenden drei Positionen zusammen:

Kaufpreisunterschied

zwischen Bauland und Grünlandpreis 193.690 S

anteilige kapitalisierte Zinsenlast für

den auf diesen Unterschiedsbetrag

entfallenden Anschaffungskredit 92.249,89 S

und die Mehrkosten der Vertrags-

errichtung und -durchführung gegenüber

einem Vertrag mit Grünlandpreisen im

Mindestausmaß von 4.130,-- S

290.069,89 S.

Die Gemeinde lehnte das Entschädigungsbegehren mit Bescheid vom 25. Juni 1993 ab.

Mit dem am 24.September 1993 beim Bezirksgericht eingelangten Schriftsatz begehrte der Antragsteller (als nunmehriger Alleineigentümer der von der Umwidmung betroffenen Grundstücke) die Festsetzung der gemäß § 24 Abs 1 NÖROG begehrten Entschädigung mit 290.060 S.

Der Antragsteller behauptete nunmehr für die beiden Grundstücke 15 und 219/2 im Jahre 1981 wegen ihrer Baulandwidmung gegenüber dem Grünlandwert einen Mehrpreis von 193.680 S

bezahlt zu haben, bezifferte die bis 31.März 1993

für diesen Teilbetrag aufgelaufenen Kredit-

belastungen mit 92.250 S

und die Mehrkosten für die Vertrags- und

die Vertragsdurchführung unverändert mit 4.130 S

290.060 S.

Die Gemeinde lehnte jede Entschädigung mit der Begründung ab, daß nach § 24 NÖROG nur durch die nachträgliche Umwidmung verlorengegangener Aufwand ersetzbar wäre, wozu aber nicht die auf der Widmungsänderung beruhende Verkehrswertminderung zähle, in welcher Form immer sie auch geltend gemacht würde.

Das Gericht erster Instanz schloß sich der Auslegung des § 24 NÖROG durch die Antragsgegnerin an und wies den Antrag auf Neufestsetzung der Entschädigung ab. Dazu sprach es aus, daß ein Kostenersatz nicht stattfinde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Parteien jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen hätten. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht folgerte aus dem Vergleich der Regelung des § 24 Abs 1 mit § 20 Abs 9 und 10 NÖROG einerseits und mit unterschiedlichen Regelungen der Entschädigung im Falle des Verlustes der Baulandeigenschaft eines Grundstückes infolge Änderung der Flächenwidmung in anderen Landesgesetzen andererseits, daß die aus der Umwidmung entspringende Verkehrswertminderung keinen ersatzfähigen Aufwand darstelle. Zur Kostenersatzfrage vertrat das Rekursgericht die Ansicht, daß einem gänzlich unterlegenen Antragsteller im gerichtlichen Entschädigungsfestsetzungsverfahren kein Kostenersatz gebühre.

Der Antragsteller ficht die bestätigende Rekursentscheidung wegen (qualifiziert) unrichtiger Auslegung des Begriffes "Aufwendungen" im § 24 NÖROG mit einem Aufhebungsantrag, hilfsweise mit dem Abänderungsantrag auf Zuerkennung eines Verfahrenskostenersatzes an.

Die Antragsgegnerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an. Sie verzeichnet in ihrer Rechtsmittelgegenschrift Kosten.

Rechtliche Beurteilung

Zur entscheidungswesentlichen Auslegung des § 24 Abs 1 NÖROG fehlt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Damit liegt eine Revisionsrekurszulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vor.

Das Rechtsmittel ist aber in der Hauptsache nicht berechtigt und im Kostenpunkt unzulässig.

Gemäß § 24 Abs 1 NÖROG hat die Gemeinde "dem Grundeigentümer jene Aufwendungen zu ersetzen, die er im Hinblick auf die bisherige Widmung oder Nutzungsart tatsächlich getätigt hat", wenn eine als Bauland gewidmete und nicht von einem Bauverbot betroffene Grundfläche in ihrer Bebaubarkeit durch Änderung der Widmungs- und Nutzungsart erheblich beschränkt wird.

Vergleichsweise unterscheidet das OÖROG in seinem § 25 ausdrücklich zwischen einer Entschädigung im Ausmaß der Wertminderung im Fall des Abs 2 und dem durch die Verhinderung der Bebauung "verlorenen Aufwand" an nachweisbaren Kosten für die Baureifmachung eines Grundstückes, die "im Vertrauen auf einen rechtswirksamen Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan" durch den Grundstückseigentümer oder durch einen Dritten mit seiner Zustimmung aufgewendet wurden.

Das Bgld Raumplanungsgesetz kennt in seinem § 27 nur eine angemessene Entschädigung im Fall einer "Wertminderung", die für den Betroffenen eine "unbillige Härte" darstellt, was dann gegeben ist, wenn "im Vertrauen auf die Rechtslage nachweisbar Kosten für die Baureifmachung des Grundstückes aufgewendet worden sind".

Auch das Stmk ROG 1974 unterscheidet in seinem § 34 je nach den Voraussetzungen eine Entschädigung für nachweisbar aufgewendete Kosten für die "Baureifmachung des Grundstückes" einerseits und für die "Minderung des Verkehrswertes" andererseits.

Das TROG 1984 nennt in seinem § 30 nur die "im Vertrauen auf die Rechtslage" nachweisbar aufgewendeten "Kosten für die Baureifmachung des Grundstückes".

Entscheidend weitreichender ist die nach dem SbgROG 1977 vorgesehene Entschädigung: § 20 dieses Gesetzes anerkennt als ersatzbare vermögensrechtliche Nachteile sowohl die "Aufwendungen des Eigentümers oder Dritter mit seiner Zustimmung, die im Vertrauen auf die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke für deren Baureifmachung erbracht worden sind" als auch "jenen Teil des Wertes der Grundfläche, der bei ihrem Erwerb wegen ihrer Widmung als Bauland gegeben war, soweit er in der Gegenleistung (Kaufpreis, Tauschgrundfläche, Erbverzicht u.dgl.) seinen Niederschlag gefunden hat".

Nach dem VlbgRPG ist die Wertminderung, die für den betroffenen Grundeigentümer eine unbillige Härte darstellt, zu entschädigen, wobei § 25 in gewissen Fällen die zur Baureifmachung des Grundes nachweisbar aufgewendeten Geld- und Sachleistungen, in anderen Fällen bei entgeltlichem Grunderwerb aber den (aufgewerteten) Verkehrswertunterschied als Bemessungsgrundlage für die Entschädigung bestimmt.

Der Vergleich der Gesetzgebung der Länder zeigt auf, daß ein allgemeiner - etwa gar verfassungsgesetzlich gebotener - Standard der Entschädigung für die dem betroffenen Grundeigentümer aus einer Widmungsänderung enstandenen vermögensrechtlichen Nachteile nicht feststellbar ist.

Unter "Aufwendungen" des Grundeigentümers (gegebenenfalls eines Dritten mit seiner Zustimmung) werden aber durchwegs Leistungen zur Veränderung des Grundstückes verstanden, das von der nachträglichen (Um-)Widmung betroffen wurde; soweit Grunderwerbskosten zu berücksichtigen sind, wird dies ausdrücklich als solches genannt.

Dem niederösterreichischen Landesgesetzgeber ist umso weniger ein davon abweichendes Sprachverständnis zu unterstellen, als er im § 20 NÖROG für die dort geregelten Enteignungsfälle ausdrücklich eine Entschädigung nach dem Verkehrswert vorsieht.

Die vom Rechtsmittelwerber vertretene Auslegung des § 24 Abs 1 NÖROG etwa im Sinne des § 20 Abs 1 Z 2 SbgROG 1977 bedeutete im übrigen im Ergebnis eine nur schwer zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von Grundeigentümern, die im Vertrauen auf eine Baulandwidmung ihres Grundes von der wirtschaftlichen Entscheidung zur Veräußerung abgesehen haben (nachweisbare konkrete Verkaufslage vorausgesetzt), gegenüber den Käufern, die im selben Vertrauen erworben haben.

Der erkennende Senat schließt sich aus diesen Erwägungen der Auslegung der Vorinstanzen an, daß die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten nicht unter die nach § 24 Abs 1 NÖROG zu ersetzenden Aufwendungen fallen.

Dem Revisionsrekurs ist daher in der Hauptsache ein Erfolg zu versagen.

Die Ausführungen zum Kostenpunkt sind unbeachtlich, weil die rekursgerichtliche Entscheidung im Kostenpunkt als solche keinen tauglicher Anfechtungsgegenstand für ein an den Obersten Gerichtshof gerichtetes Rechtsmittel darstellt (§ 14 Abs 2 Z 2 AußStrG).

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens hat jede Partei selbst zu tragen: Der Antragsgegnerin steht mangels gesetzlicher Grundlage kein Kostenersatzanspruch zu, dem Antragsteller gebührt für sein erfolgloses Rechtsmittel kein Ersatz (SZ 60/17).

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