OGH 8Ob53/08i

OGH8Ob53/08i28.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Haslauer, Eberl, Hubner, Krivanec & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei K*****gmbH, *****, vertreten durch Jirovec & Partner, RechtsanwaltsGmbH in Wien, wegen 5.696,44 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2007, GZ 22 R 351/07g-56, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 20. Juni 2007, GZ 12 C 113/02x-52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

„1. Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin 1.759,77 EUR samt 5 % Zinsen aus 3.360,57 EUR vom 23. 10. 2001 bis 31. 5. 2002, 5 % Zinsen aus 5.664,96 EUR vom 1. 6. 2002 bis 31. 7. 2002, 10,75 % Zinsen aus

5.664,96 EUR vom 1. 8. 2002 bis 31. 12. 2002, 10,20 % Zinsen aus

5.664,96 EUR vom 1. 1. 2003 bis 15. 1. 2003, 10,20 % Zinsen aus 1.759,77 EUR vom 16. 1. 2003 bis 30. 6. 2003, 9,47 % Zinsen aus 1.759,77 EUR vom 1. 7. 2003 bis 16. 12. 2005 und ab 17. 12. 2005 Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom vorangehenden 30. 6. bzw 31. 12. aus 1.759,77 EUR binnen vierzehn Tagen zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin weitere 3.936,67 EUR zu bezahlen und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.

3. Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 581,60 EUR bestimmten Verfahrenskosten (darin enthalten 96,93 EUR USt) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

4. Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 772,32 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.249,73 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 85,67 EUR USt und 735,70 EUR anteilige Barauslagen) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Beklagte der Klägerin aus der Endabrechnung vom 5. 3. 2001 hinsichtlich dreier zwischen den Streitteilen geschlossener Leasingverträge, deren Auflösung die Klägerin mit Schreiben vom 9. 1. 2001 erklärt hatte, ursprünglich 9.601,63 EUR schuldete.

Über das Vermögen der Beklagten wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 29. 12. 2001 der Anschlusskonkurs eröffnet.

Mit Beschluss des Konkursgerichts vom 1. 3. 2001 wurde die Fortführung des Unternehmens auf einstweilen unbestimmte Zeit genehmigt.

Am 1. 3. 2001 wurde ein von der Beklagten persönlich erstatteter Zwangsausgleichsvorschlag von der erforderlichen Gläubigermehrheit angenommen. Mit Beschluss des Konkursgerichts vom 8. 5. 2001 wurde der Zwangsausgleich bestätigt. Dieser Beschluss wurde ebenso wie der im Folgenden wiedergegebene wesentliche Inhalt des Zwangsausgleichs am 28. 5. 2001 im Edikt bekannt gemacht.

Danach erhalten die Konkursgläubiger zur Befriedigung ihrer Forderungen eine 59 %-ige Quote, zahlbar wie folgt: Eine Barquote von 15 % binnen vierzehn Tagen ab rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs, wobei der Erlag hiefür einschließlich sämtlicher Masseforderungen sowie die Vorlage einer abstrakten Bankgarantie über einen Betrag von 8 Mio S bei sonstiger Versagung der Bestätigung bis spätestens 30. 4. 2001 beim Masseverwalter zu erfolgen hat. Die Laufzeit dieser Bankgarantie, für die der Masseverwalter die Treuhandschaft übernimmt, muss bis 30. 6. 2002 gelten. Diese Gesamtquote ist mit einer weiteren Quote von 20 % bis spätestens 30. 9. 2001 und einer restlichen Quote von 24 % bis spätestens 31. 5. 2002 zur Zahlung fällig.

Dieser Bestätigung des Zwangsausgleichs war ein Bericht der Masseverwalterin vom 8. 5. 2001 vorangegangen, wonach das Barerfordernis von 15 % bei ihr hinterlegt worden sei. Mit Beschluss vom 20. 9. 2001, bekannt gemacht am 5. 10. 2001, wurde der Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs aufgehoben.

Mit Beschluss vom 20. 11. 2001, bekannt gemacht am 21. 11. 2001, bestätigte das Konkursgericht die Rechtskraft der Konkursaufhebung. Die Klägerin hatte ihre Gesamtforderung aus der Leasing-Endabrechnung in Höhe von 132.121,32 S (9.601,63 EUR) im Konkursverfahren nachträglich angemeldet. In der Schlussrechnungs- und nachträglichen Prüfungstagsatzung am 20. 9. 2001 bestritten sowohl die Masseverwalterin als auch die Gemeinschuldnerin die Forderung. Es wurde eine Klagefrist von sechs Wochen bestimmt.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Einschreiben vom 20. 11. 2001 unter Bezugnahme auf den geschlossenen Zwangsausgleich auf, auf ihre Gesamtforderung die mit 8. 5. 2001 fällige 15 %-ige Barquote, also 19.818,20 S, und die mit 30. 9. 2001 fällige 20 %-ige Teilquote, also 26.424,27 S, insgesamt 46.242,47 S, binnen vierzehn Tagen bei der Klägerin einlangend zu bezahlen, widrigenfalls der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen nach Maßgabe des § 156 KO hinfällig würden. Das Schreiben war an die Geschäftsleitung der Beklagten unter deren bisheriger Anschrift adressiert. Eine Änderung der Geschäftsanschrift der Beklagten war am 1. 11. 2001 im Firmenbuch eingetragen worden. Das Mahnschreiben der Klägerin wurde am 22. 11. 2001 von einer Mitarbeiterin der ehemaligen Masseverwalterin übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war die Masseverwalterin ihres Amts bereits enthoben. Das Zustellpostamt war jedoch von der Aufhebung der Postsperre infolge rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses noch nicht in Kenntnis gesetzt. Der Nachsendeauftrag an die Masseverwalterin war daher nach wie vor aufrecht.

Die Masseverwalterin leitete das Schreiben im Original samt einer Kurzmitteilung am 28. 11. 2001 an MMag. Dr. R*****, Rechtsvertreter der Beklagten im Insolvenzverfahren, weiter.

Mit Schreiben vom 17. 12. 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass mangels Zahlung Terminsverlust eingetreten sei und der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen nach Maßgabe des § 156 KO hinfällig geworden seien.

Die Klägerin begehrt zuletzt - nach dem die Beklagte während des Verfahrens am 16. 1. 2003 eine Zahlung von 3.905,19 EUR geleistet hatte - Zahlung von 5.696,44 EUR samt 14,4 % Zinsen aus 9.601,63 EUR vom 6. 3. 2001 bis 16. 1. 2003 und aus 5.696,44 EUR ab 17. 1. 2003. Die Beklagte habe das Mahnschreiben der Klägerin vom 20. 11. 2001 unberücksichtigt gelassen. Es sei daher Terminsverlust und Wiederaufleben der Gesamtforderung eingetreten. Die Mahnung sei dem Vertreter, der die Beklagte sowohl im Konkursverfahren als auch außerhalb des Konkurses vertreten habe, zugegangen. In den Leasingverträgen seien Verzugszinsen von 1,2 % monatlich vereinbart worden.

Die Beklagte wendet - neben einer im Revisionsverfahren nicht mehr aufrechterhaltenen Bestreitung einzelner Positionen der Leasingabrechnung - ein, dass es an einer ordnungsgemäßen Mahnung, die zum Wiederaufleben der Gesamtforderung führen könne, fehle. Die Zustellung des Mahnschreibens an die Masseverwalterin sei nicht wirksam gewesen. Die Zustellung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Masseverwalterin ihres Amts bereits enthoben gewesen sei. Die Zustellung der Mahnung an einen Vertreter des Schuldners komme überdies nur dann in Betracht, wenn dieser ausdrücklich dazu bevollmächtigt sei. Die Mahnung sei auch inhaltlich nicht ausreichend, weil aus ihr nicht ersichtlich sei, in welchem Umfang im Falle der Säumnis Wiederaufleben eintrete. Überdies sei zum Zeitpunkt der Mahnung noch keine Fälligkeit der Quotenforderungen gegeben gewesen. Fälligkeit könne vor rechtskräftiger Konkursaufhebung nicht eintreten. Eine Mahnung vor Fälligkeit sei wirkungslos. Die von der Klägerin im Konkursverfahren angemeldete Forderung sei bestritten worden. Innerhalb der Klagefrist sei keine Feststellungsklage eingebracht worden. Nur bei einer rechtzeitigen Klageführung wäre die auf die bestrittene Forderung entfallende Quote zu hinterlegen, jedenfalls aber nicht zu zahlen, gewesen.

Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und traf die weitere „Feststellung", dass die Aufhebung des Konkurses seit 20. 11. 2001 rechtskräftig gewesen sei.

Rechtlich meinte das Erstgericht, dass die Raten in Höhe von 15 % und 20 % der Gesamtforderung am 20. 11. 2001 (Rechtskraft der Konkursaufhebung) jedenfalls fällig gewesen seien. Das von der Klägerin verfasste Mahnschreiben erfülle die Voraussetzungen einer qualifizierten Mahnung iSd § 156 Abs 4 KO. Die Zustellung der Mahnung an den Rechtsvertreter der Beklagten im Konkursverfahren sei ordnungsgemäß. Die Beklagte habe sich nach fruchtlosem Verstreichen der eingeräumten Nachfrist in Verzug befunden. Es sei dem (infolge Teilzahlung eingeschränkten) Klagebegehren daher zur Gänze stattzugeben.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung dazu fehle, ob eine Mahnung iSd § 156 Abs 4 KO, die zwar vor Rechtskraft der Konkursaufhebung ausgesprochen worden sei, aber erst nach Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses zugegangen sei, wirksam sei.

Das Berufungsgericht übernahm sämtliche Feststellungen des Erstgerichts und erachtete rechtlich, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für die Mahnung die Empfangstheorie gelte. Demnach genüge es, dass der Brief in den Machtbereich der Beklagten gelangt sei. Die Zustellung an den Rechtsvertreter der Beklagten, der auch am Zustandekommen des Zwangsausgleichs maßgeblich beteiligt gewesen sei, sei als wirksame Zustellung an die Beklagte anzusehen. Auf die tatsächliche Weitergabe des Schreibens an die Beklagte komme es hingegen nicht an.

Der Fristenlauf für die erste Teilzahlung sei nach dem Inhalt des Zwangsausgleichs ab rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs zu berechnen. Für die zweite Teilzahlung sei ein konkretes Fälligkeitsdatum (30. 9. 2001) vorgesehen gewesen. Auch wenn die Aufhebung des Konkurses erst später erfolgt sei und die Fälligkeit erst bei Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses habe eintreten können, sei jedenfalls Fälligkeit auch im Hinblick auf die sechswöchige Frist des § 156 Abs 4 Satz 5 KO bei einer Laufzeit der Raten über einem Jahr im Zeitpunkt des Einlangens der Mahnung beim Vertreter bereits gegeben gewesen. Die Mahnung sei nach den Feststellungen am 27. 11. 2001 (richtig: 28. 11. 2001) von der Masseverwalterin an den Vertreter der Beklagten weitergeleitet worden. Sie sei diesem also erst nach dem 27. 11. 2001 zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Konkursaufhebung bereits rechtskräftig gewesen. Die Mahnung sei auch inhaltlich ausreichend. Wiederaufleben der Gesamtforderung sei somit eingetreten. Dieses Wiederaufleben sei auch durch die nachträgliche Teilzahlung während des Verfahrens nicht wieder beseitigt worden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig: Zwar ist die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nicht entscheidungswesentlich. Allerdings ist das Berufungsgericht bei Bejahung der ordnungsgemäßen Zustellung der Mahnung von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Die Revision ist auch teilweise berechtigt.

Die Revisionsausführungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass die Mahnung der Klägerin vom 20. 11. 2001 verfrüht und damit wirkungslos erfolgt sei, weil die Rechtskraft der Konkursaufhebung erst am 21. 11. 2001 bekannt gemacht worden sei. Das Berufungsgericht habe überdies missachtet, dass in Anwendung des § 156 Abs 4 Satz 5 KO Verzug erst anzunehmen sei, wenn die Verbindlichkeiten mindestens sechs Wochen fällig seien. Überdies sei jedenfalls kein „absolutes" Wiederaufleben der Forderung eingetreten. Wenngleich im Rahmen der Mängelrüge, zieht die Revision überdies eine wirksame Zustellung der Mahnung mit dem Argument in Zweifel, dass der Rechtsvertreter der Beklagten im Insolvenzverfahren nicht mit der nunmehrigen Beklagtenvertreterin, einer GmbH, ident sei. Überdies sei bereits im Insolvenzverfahren die Ablösung des vormaligen Rechtsvertreters der Beklagten durch die nunmehrige Beklagtenvertreterin erfolgt. Schließlich meint die Revision noch, dass in Anwendung des § 58 Z 1 KO Zinsen in der geltend gemachten Höhe von der Klägerin nicht begehrt werden könnten.

Dazu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Umstand, dass die nun im Revisionsverfahren der Höhe nach unstrittige Forderung im Konkursverfahren von der Masseverwalterin und der Beklagten bestritten wurde, nicht entscheidungswesentlich ist. Zwar hat eine Sicherstellung gemäß § 150 Abs 3 und 4 KO nicht zu erfolgen, wenn der Gläubiger einer bestrittenen Forderung diese nicht anmeldet oder die Klage nicht (fristgerecht) einbringt. Auch in solchen Fällen drohen dem Schuldner aber die Verzugsfolgen, wenn sich später herausstellt,

dass die Forderung doch zu Recht besteht (8 Ob 132/01x = SZ 74/172; 3

Ob 157/06v = ZIK 2007/106,62 = ÖBA 2007/1417). Einem Schuldner ist

zwar die Möglichkeit einer Antragstellung analog § 66 AO auf Feststellung der „mutmaßlichen Höhe der bestrittenen Forderung" zuzubilligen (vgl dazu Riel in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 150 Rz 71 f mwN). Macht der Schuldner aber - wie hier - von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch, kann Wiederaufleben der bestrittenen Forderung auch dann eintreten, wenn der Gläubiger keine Klage eingebracht hat.

Gemäß § 156 Abs 1 KO wird der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Der Schuldner muss daher seine Verbindlichkeiten nur nach Maßgabe des Zwangsausgleichsinhalts erfüllen (1 Ob 343/71 = SZ 45/5; 8 Ob 74/07a = EvBl 2007/164 = ZIK 2007/322, 199 ua). Nach herrschender Meinung erlischt die Forderung des Gläubigers im Umfang des Ausfalls nicht gänzlich. Es bleibt eine Naturalobligation bestehen (Bartsch/Pollak I³ 651; Petschek/Reimer/Schiemer 653; 8 Ob 2334/96k = SZ 70/253; 6 Ob 165/05s ua). Gerät nun der Schuldner mit der Zwangsausgleichserfüllung in Verzug und leistet auch nach qualifizierter schriftlicher Mahnung unter mindestens vierzehntägiger Nachfristsetzung nicht, verliert er die Begünstigungen des Zwangsausgleichs. Die ursprüngliche Ausgleichsforderung, soweit sie noch nicht getilgt ist (§ 156 Abs 5 KO), lebt wieder auf. Der durch den Zwangsausgleich auf eine Naturalobligation gesenkte Unterschiedsbetrag zwischen Quote und Forderung wird wieder klagbar. Voraussetzung für das Eintreten des Wiederauflebens gemäß § 156 Abs 4 Satz 2 KO ist, dass der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat. Gemäß § 156 Abs 4 Satz 5 KO idF der KO-Nov 1993 ist für den Fall, dass die Ausgleichsquote in Raten zu zahlen ist, deren Laufzeit ein Jahr übersteigt, Verzug erst dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine seit mindestens sechs Wochen fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat. Der Revision ist zunächst darin zu folgen, dass die im Zwangsausgleich festgelegten Zahlungsfristen nicht vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses zu laufen beginnen können. Vorher kann es nicht zum Verzug des Schuldners kommen. Der Gläubiger kann daher auch die Zahlung jener Raten, für die der aus dem Zwangsausgleich zu entnehmende Zeitpunkt schon verstrichen ist, erst ab dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem der Konkurs aufgehoben wurde, fordern. Eine vor diesem Zeitpunkt zugegangene Mahnung vermag Säumnisfolgen nicht herbeizuführen (3 Ob 86/80 = JBl 1981, 602; 8 Ob 4/91 = SZ 64/25; zum Ausgleich 3 Ob 28/91 = JBl 1992, 193 [Buchegger] mit der Abweichung, dass die Frist für die Zahlungen mit der Bestätigung zu laufen beginnt). Da der Gemeinschuldner erst mit rechtskräftiger Konkursaufhebung wieder die freie Position über sein Vermögen erhält, kann er auch erst ab diesem Zeitpunkt die im Zwangsausgleich vereinbarten Zahlungen leisten. Vor diesem Zeitpunkt kann somit Wiederaufleben iSd § 156 Abs 4 KO nicht eintreten. Eine verfrüht, somit vor Rechtskraft der Konkursaufhebung ausgesprochene Mahnung ist deshalb wirkungslos, weil der Beginn der damit eingeräumten Nachfrist ungewiss ist. Es stünde mit dem mit der Mahnung verfolgten Zweck, den Schuldner dadurch vor Versäumnisfolgen zu bewahren, dass auf die Zahlungspflicht aufmerksam gemacht wird, nicht im Einklang, wenn die vorzeitige Mahnung als wirksam erkannt würde (3 Ob 28/91 = JBl 1992, 193 [Buchegger]; 3 Ob 157/06v = ZIK 2007/106, 62 = ÖBA 2007/1417). Nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten der GIN 2006 war gemäß § 157 Abs 2 KO der Konkurs erst mit der Rechtskraft der Zwangsausgleichsbestätigung mit Beschluss aufzuheben. Erst ab Rechtskraft der Konkursaufhebung (Beschluss des Konkursgerichts vom 20. 9. 2001) konnte die Beklagte in Verzug geraten. Die von den Vorinstanzen getroffene „Feststellung", dass die Rechtskraft der Konkursaufhebung am 21. 11. 2001 eintrat, stellt sich inhaltlich als unrichtige rechtliche Beurteilung dar. Die vom Konkursgericht beschlossene Konkursaufhebung wurde am 5. 10. 2001 in der Insolvenzdatei bekannt gemacht. Gemäß § 157 Abs 4 KO idF vor der GIN 2006 galt für die Aufhebung des Konkurses nach Abschluss eines Zwangsausgleichs § 79 KO. Die Konkursaufhebung war daher öffentlich bekannt zu machen.

Die öffentliche Bekanntmachung hat die Wirkung der Zustellung und setzt die Rechtsmittelfristen in Lauf. Die Zustellung an die Beteiligten ist eine Ersatzzustellung und ohne rechtliche Wirkung (RIS-Justiz RS0036582; zum Konkursaufhebungsbeschluss ausdrücklich 8 Ob 334/98w). Da gegen die Konkursaufhebung Rechtsmittel nicht erhoben wurden, wurde sie mit Ablauf des 19. 10. 2001 rechtskräftig. Demgegenüber hat die vom Konkursgericht erteilte Bestätigung der Rechtskraft, die am 20. 11. 2001 erging und am 21. 11. 2001 öffentlich bekannt gemacht wurde, auf den tatsächlichen Eintritt der Rechtskraft keinen Einfluss.

Für die Beurteilung der zeitgerechten Erfüllung des Zwangsausgleichs sind die allgemeinen Verzugsregeln des Zivilrechts maßgeblich (Bartsch/Pollak³ II 439 f).

Nach dem Zwangsausgleichsinhalt war die erste, beim Masseverwalter zu hinterlegende Barquote von 15 % binnen vierzehn Tagen ab rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs, eine weitere Zahlung von 20 % bis spätestens 30. 9. 2001 und eine restliche Quote von 24 % bis spätestens 31. 5. 2002 zu bezahlen. Unter Berücksichtigung, dass der Verzug der Beklagten vor Rechtskraft der Konkursaufhebung nicht eintreten konnte, geriet die Beklagte erst am 23. 10. 2001 in Verzug (Eintritt der Rechtskraft mit Ablauf des 19. 10. 2001, einem Freitag; weshalb gemäß § 903 ABGB iVm BGBl 1961/37 erst mit Ablauf des darauf folgenden Montags, also dem 22. 10. 2001, Verzug eintreten konnte - vgl dazu Bollenberger in KBB² § 903 Rz 3). Unberechtigt ist der Einwand der Beklagten, § 156 Abs 4 Satz 5 KO sei anzuwenden.

Der Bestätigungsbeschluss des Konkursgerichts vom 8. 5. 2001 wurde am 28. 5. 2001 bekannt gemacht. Rechtskraft trat somit erst 14 Tage nach der Bekanntmachung ein (§ 152 Abs 2 KO idF vor der InsNov 2002 und der GIN 2006). Unter Berücksichtigung der Fälligkeit der letzten Quotenzahlung am 31. 5. 2002 überstieg daher die vereinbarte Laufzeit der in Raten zu zahlenden Ausgleichsquote nicht ein Jahr. Der Umstand, dass der Zwangsausgleichsvorschlag wegen der für die erste Zahlung festgelegten Frist („binnen 14 Tagen ab rechtskräftiger Bestätigung") unzulässig war, weil wegen der Ungewissheit des Zeitpunkts der Bestätigung die gebotene Einhaltung der in § 141 Z 3 KO normierten Zweijahresfrist unüberprüfbar blieb (Riel in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 141 Rz 26; 8 Ob 4/89 = RdW 1989, 303 [Schumacher]), ändert an dieser Beurteilung im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung nichts. Auf die Lösung der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, ob für die Beurteilung, ob eine Mahnung „verfrüht" erfolgte, auf die Absendung oder den Zugang des Mahnschreibens abzustellen ist, kommt es somit nicht an, weil aus den dargelegten Gründen zum Zeitpunkt der Absendung des Mahnschreibens Verzug der Beklagten bereits eingetreten war.

Für die Mahnung gilt die Empfangstheorie, nach der es ausreicht, dass der Brief in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, mag er ihn auch persönlich nicht erhalten haben. Der Adressat muss nur die Möglichkeit haben, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen. Der Schuldner, der einen (Zwangs-)Ausgleich geschlossen hat, muss aber dafür sorgen, dass ihm ein richtig adressiertes Mahnschreiben zukommt (RIS-Justiz RS0031624; 3 Ob 53/68 = SZ 41/64). Einen Zugang der Mahnung an den Rechtsvertreter der Beklagten nach Verzugseintritt stellten die Vorinstanzen nicht konkret fest. Es steht nur fest, dass die frühere Masseverwalterin die irrtümlich übermittelte Mahnung an den Rechtsvertreter der Beklagten im Konkursverfahren mit Schreiben vom 28. 11. 2001 weiterleitete. Nach dem bisherigen Verfahrensstand ist es der behauptungs- und beweispflichtigen Klägerin (3 Ob 188/78 = JBl 1979, 551) somit nicht gelungen, einen Zugang der Mahnung an den Rechtsvertreter der Beklagten im Konkursverfahren nachzuweisen. Zu diesem Thema fehlt es somit in Wahrheit an ausreichenden Feststellungen.

Dieser Frage kommt aber deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil die von der Klägerin ausgesprochene Mahnung die Voraussetzungen des § 156 Abs 4 zweiter Satz KO auch aus einem anderen Grund nicht erfüllte.

Schon an der ordnungsgemäßen Adressierung des Mahnschreibens fehlt es hier: Die Änderung der Geschäftsanschrift der Beklagten war am 1. 11. 2001 im Firmenbuch eingetragen worden. Dennoch adressierte die Klägerin ihr Mahnschreiben an die bisherige Adresse der Beklagten. Auch ein tatsächliches Zugehen des Mahnschreibens an die Beklagte steht nicht fest. Die Entgegennahme des Mahnschreibens durch die ehemalige Masseverwalterin - die wegen der bereits erfolgten Konkursaufhebung nicht mehr zur Entgegennahme von Schriftstücken bevollmächtigt war - ersetzt ebenfalls keine Zustellung an die Beklagte. Aber auch die Weiterleitung dieses Schreibens an den „Rechtsvertreter der Beklagten im Konkursverfahren" reicht nicht aus, weil die Prozessvollmacht grundsätzlich keine Berechtigung zum Empfang privatrechtlicher Willenserklärungen für den Mandanten enthält. Wenn der Gläubiger lediglich den Prozessbevollmächtigten gemahnt hat, hat er dem Erfordernis einer an den Schuldner gerichteten schriftlichen Mahnung iSd § 156 Abs 4 Satz 2 KO nicht Genüge getan (3 Ob 510/88 = JBl 1988, 654 zur Entgegennahme einer Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB; 3 Ob 350/97k zur Mahnung nach Abschluss eines Zwangsausgleichs). Nur dann, wenn dem Schuldnervertreter eine auch außerhalb des Konkursverfahrens wirksame Vollmacht zur Bewirkung eines außergerichtlichen Ausgleichs erteilt wurde (3 Ob 350/97k), wird diese Vollmacht als ausreichend zur Entgegennahme eines Mahnschreibens nach § 156 Abs 4 Satz 2 KO angesehen. Entsprechendes wurde weder festgestellt noch behauptet. Die Klägerin bezog sich nur darauf, dass der Rechtsvertreter der Beklagten diese „innerhalb und außerhalb des Konkurses" vertrat. Dass zum konkreten Zeitpunkt des - hier im Übrigen gar nicht feststehenden - Zugangs der Mahnung des Rechtsvertreters der Beklagten im Konkurs Vollmacht hatte, über die Quotenzahlungen zu disponieren - wie es im Anlassfall der Entscheidung 3 Ob 350/97k festgestellt und für eine Bevollmächtigung zur Entgegennahme der Mahnung als ausreichend befunden wurde - hat die Klägerin hingegen nicht behauptet. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der frühere Rechtsvertreter der Beklagten sei „maßgeblich am Zustandekommen des Zwangsausgleichs" beteiligt gewesen, ist weder durch ein Vorbringen der Klägerin noch durch die Aktenlage gedeckt. So ist etwa dem Konkursakt zu entnehmen, dass die Beklagte den Zwangsausgleichsvorschlag persönlich bei Gericht einbrachte.

Die von der Klägerin ausgesprochene Mahnung erfüllte daher jedenfalls die Voraussetzungen des § 156 Abs 4 zweiter Satz KO nicht. Ob ein Verzug hinsichtlich der beim Masseverwalter erlegten (ersten) Barquote von 15 %, deren Auszahlung nach dem Zwangsausgleichsinhalt offenbar vom Masseverwalter vorzunehmen war, überhaupt zu einem Wiederaufleben führen könnte (vgl dazu einerseits 3 Ob 61/87 = JBl 1987, 587; andererseits 3 Ob 13/91 = SZ 64/46), muss daher nicht geprüft werden.

Mangels wirksamer Mahnung ist somit Wiederaufleben der Gesamtforderung nicht eingetreten.

Darauf, dass die Beklagte - die erst im Verfahren eine (Teil-)Zahlung von 3.905,19 EUR leistete - im Umfang des Differenzbetrags zwischen der insgesamt zu leistenden Quote von 59 % (5.664,96 EUR) und den tatsächlich bezahlten 3.905,19 EUR in Verzug war und in diesem Umfang vergeblich unter Nachfristsetzung gemahnt wurde, hat die Klägerin ihr Klagebegehren nicht gegründet. Die Klageführung allein ersetzt eine ordnungsgemäße Mahnung nicht (3 Ob 197/88 = RZ 1989/44). Daraus folgt rechnerisch, dass der Klägerin lediglich die Differenz zwischen der Gesamtquote von 5.664,96 EUR (59 % von 9.601,63 EUR) und der im Verfahren geleisteten Teilzahlung von 3.905,19 EUR gebührt, somit der zugesprochene Betrag von 1.759,77 EUR.

Damit erweist sich aber auch das auf die behauptete Vereinbarung im Leasingvertrag gestützte Zinsenbegehren von 14,4 % als unberechtigt:

Da Wiederaufleben aus den dargelegten Gründen nicht eingetreten ist, sind die seit der Konkurseröffnung laufenden Zinsen, deren Geltendmachung als Konkursforderung durch § 58 Z 1 KO ausgeschlossen war, gemäß § 156 Abs 7 Satz 1 KO mit dem Zwangsausgleich „mitausgeglichen" worden (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 107; Bartsch/Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 162; Reckenzaun/Isola, Die Geltendmachung von Zinsen im Konkursverfahren, ZIK 1996, 109 [110]).

Die Quote schuldet die Beklagte nur nach Maßgabe des Zwangsausgleichsinhalts, somit ohne die nach dem Vorbringen der Klägerin ursprünglich vereinbarten vertraglichen Verzugszinsen. Mangels Wiederauflebens kann die Klägerin daher nur gesetzliche Zinsen ab der jeweiligen Fälligkeit der Quotenzahlungen (im Umfang der im Verfahren erfolgten Teilzahlung bis zu dieser Teilzahlung) fordern.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Streitteile Unternehmer sind. Die Leasingverträge sind als beiderseitige Handelsgeschäfte nach der Rechtslage vor dem ZinsRÄG bzw als unternehmerische Geschäfte zwischen Unternehmern iSd § 1333 Abs 2 ABGB idF des ZinsRÄG 2002 zu beurteilen. Der Abschluss des Zwangsausgleichs diente der Sanierung des - fortgeführten - Unternehmens der Beklagten. Auch wenn der Zwangsausgleich selbst, nach dessen Inhalt die Quote geschuldet wird, nach in Österreich herrschender Auffassung jedenfalls nicht ausschließlich als privatrechtliches Rechtsgeschäft zu qualifizieren ist (zum Meinungsstand s Riel in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 140 Rz 12 f), ist es sachgerecht, der Klägerin in sinngemäßer Anwendung der einschlägigen Bestimmungen bis Inkrafttreten des ZinsRÄG am 1. 8. 2002 5 % Zinsen und ab diesem Zeitpunkt Zinsen gemäß § 1333 Abs 2 ABGB idF des ZinsRÄG 2002 zuzusprechen (Art VI ZinsRÄG; s auch Reischauer in Rummel³, § 1333 Rz 1). § 352 UGB ist hingegen hier nicht anwendbar (Art XXXII Abs 1 BGBl I 2005/120). Zur Fassung des Zinsenbegehrens s Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung, § 63 Änderungen durch die EO-Novelle 2003 Rz 3 ff.

Die Kostenentscheidung gründet sich sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf § 43 Abs 1 ZPO. Da die bloße Möglichkeit eines (teilweisen) Wiederauflebens nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0052162) seit der Entscheidung 9 ObA 65/92 (SZ 65/56) im Titelverfahren nicht zu berücksichtigen ist, hat sich die Kostenentscheidung bei Einklagung der Gesamtforderung ausschließlich an dem tatsächlichen Prozesserfolg zu orientieren (Kodek in Konecny, Insolvenz-Forum 2004, Ausgewählte Fragen des Zwangsausgleichs, 101).

Bis zur Teilzahlung obsiegte die Klägerin mit 59 % (Quote) und erhält daher 18 % ihrer Kosten sowie gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 ZPO die anteilige Pauschalgebühr. Der Fristsetzungsantrag ON 8 war lediglich mit TP 1 des RAT zu honorieren.

Ab Einschränkung obsiegte hingegen die Beklagte mit rund 70 % und erhält daher 40 % ihrer Kosten sowie 70 % der im Rechtsmittelverfahren angefallenen Pauschalgebühren. Die Äußerung der Beklagten ON 18 war jedoch lediglich mit TP 2 des RAT, die Bekanntgabe ON 46 mit TP 1 des RAT zu honorieren. Für die Berufung gebührt gemäß § 23 Abs 9 RATG lediglich ein Einheitssatz von 180 %.

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