OGH 8Ob334/98w

OGH8Ob334/98w27.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen des Gemeinschuldners Arthur P*****, Gastwirt, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, infolge Revisionsrekurses des Gemeinschuldners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17. November 1998, GZ 1 R 290/98a und 1 R 291/98y-83, womit die Rekurse des Gemeinschuldners gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. und 16. September 1998, GZ 19 S 5/97a-68 und 19 S 5/97a-71, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

In der Schlussrechnungstagsatzung vom 14. 9. 1998 (ON 67) hat das Erstgericht mit dem dort verkündeten Beschluss die Schlussrechnung des Masseverwalters gemäß § 122 KO genehmigt. Die Zustellung der Beschlussausfertigung an den Gemeinschuldner erfolgte am 7. 10. 1998.

Mit Beschluss vom 16. 9. 1998 hat das Erstgericht - nach rechtskräftiger Bestätigung des am 29. 6. 1998 angenommenen Zwangsausgleichs - den über das Vermögen des Gemeinschuldners eröffneten Konkurs gemäß § 157 Abs 1 KO aufgehoben und den Masseverwalter seines Amtes enthoben. Am 6. 10. 1998 wurde dieser Aufhebungsbeschluss an der Gerichtstafel angeschlagen. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Gemeinschuldner am 7. 10. 1998 mit einem angebrachten Hinweis auf den Tag der erfolgten "Anschlagung" zugestellt.

Das Rekursgericht wies die gegen die Genehmigung der Schlussrechnung und die Aufhebung des Konkurses gerichteten, am 21. 10. 1998 überreichten Rekurse des Gemeinschuldners zurück; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit S 52.000,--, nicht aber S 260.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus:

1. Zum Rekurs gegen die Aufhebung des Konkurses gemäß § 157 Abs 1 KO:

Der Rekurs sei verspätet, weil er erst am 15. Tag nach der Anschlagung des Ediktes überreicht worden sei. Die Bestimmung des § 173a KO idF IRÄG 1997 trete erst am 1. 1. 2000 in Kraft (Art XII Abs 5 IRÄG 1997). Bis dahin sei eine Derogierung der Bestimmung des § 174 KO nicht erfolgt und daher die Rechtsprechung über die Maßgeblichkeit des Anschlages an der Gerichtstafel für die Erwirkung der Zustellung weiterhin (noch) anwendbar. Mit dieser Bestimmung sei beabsichtigt, die Wirkungen der zugestellten Beschlüsse einheitlich in einem für jeden Beteiligten erkennbaren Zeitpunkt eintreten zu lassen und werde im Hinblick auf die durch § 175 Abs 4 KO ausgeschlossene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist auch unwiderlegbar angenommen, dass jeder Beteiligte vom Inhalt des betreffenden Beschlusses Kenntnis genommen habe, sodass selbst eine unverschuldete Unkenntnis vom Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht entschuldige. Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung eine mögliche Gefährdung der Rechte der Beteiligten zu Gunsten eines einheitlichen Zeitpunktes für den Beginn der Tatbestandswirkungen (zB im Falle der Konkurseröffnung) und den Beginn der Rechtsmittelfrist und der Feststellung eines objektiv bestimmbaren Zeitpunktes des Eintrittes der Rechtskraftwirkung und der damit verbundenen Beendigung der weiteren Tatbestandswirkung einer Konkurseröffnung durch dessen Aufhebung in Kauf genommen. Da aber diese Art der Zustellung zu einer Gefährdung der Rechte der Beteiligten führen könne, dürfe sie nur dort Platz greifen, wo das Gesetz hier ausdrücklich vorsehe, eine ausdehnende Auslegung auf sonstige Fälle sei unzulässig.

Der Zustellvorgang bei Aufhebung des Konkurses werde in § 79 Abs 1 KO geregelt. Die Anordnung der öffentlichen Bekanntmachung sei hier und nicht im besonderen Teil der KO betreffend die Aufhebung des Konkurses und bei den die verschiedenen Aufhebungsgründe regelnden Bestimmungen ausdrücklich angeordnet, sondern es werde jeweils auf § 79 verwiesen (§§ 139, 157 und 168 KO), wenn dort ausgeführt werde, dass für die Aufhebung des Konkurses die Vorschriften des § 79 KO gelten. Durch diese Verweisung im Falle der Aufhebung und der darin enthaltenen Anordnung der öffentlichen Bekanntmachung sei die Bestimmung des § 174 Abs 2 KO anzuwenden, wonach die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung - unabhängig von der individuellen Zustellung oder vom Fehlen einer solchen - eintreten. Entgegen der Auffassung von Bartsch/Pollak KO3 (606, 653, 676) und Petschek/Reimer/Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht 702, vertrete das Rekursgericht die Auffassung, dass die Bekanntmachung schon vor Eintritt der Rechtskraft zu erfolgen habe. Nach Ansicht des Rekursgerichtes regle § 79 KO (ebenso schon die frühere gleichlautende Bestimmung des § 78 KO) nicht nur den Publikationsakt der bereits mit Rekursentscheidung über den Konkurseröffnungsbeschluss erfolgten Konkursaufhebung, sondern sei diese Bestimmung auf alle Fälle der Konkursbeendigung anzuwenden und ordne nach dem klaren Wortlaut eine öffentliche Bekanntmachung jedes Konkursaufhebungsbeschlusses, womit nach dessen Rechtskraft die tatbestandsmäßigen Wirkungen eines Konkurseröffnungsbeschlusses beendet werden, an. Die vorzitierte Lehrmeinung lasse sich nämlich nur damit begründen, dass ein erfolgreicher Rekurs gegen die Konkurseröffnung mit der Abweisung des Konkursantrages nach Rechtskraft dieser Rekursentscheidung zwar zu einer Aufhebung des Konkurses führe, und die kraft des Gesetzes mit der Konkurseröffnung verbundenen Rechtsfolgen rückgängig mache, jedoch diese Rückgängigkeit mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit erst mit der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses eintrete; dieser Grundsatz der ex-tunc-Wirkung erfahre insoweit eine Durchbrechung, als Rechtshandlungen, die der Verwalter von der Konkurseröffnung an bis zur Rechtskraft der Aufhebung vorgenommen habe wirksam blieben, ebenso selbständige Verfügungen des Gemeinschuldners in dieser Zeit über sein Konkursvermögen gegenüber den Gläubigern unwirksam wären. Die daraus erklärbare Notwendigkeit der Bestimmung eines objektiven Zeitpunktes für die Beseitigung der damit verbundenen Tatbestandswirkungen durch die Konkurseröffnung erfordere die Bekanntmachung der Konkursaufhebung als contrarius actus zur Konkurseröffnung und es bedürfe daher des Beginnes einer einheitlichen Rechtsmittelfrist zur Erreichung der Zwecke des Gesetzes. Dies lasse aber nicht den Schluss zu, dass nach rechtskräftiger Eröffnung des Konkurses dessen Aufhebung aus den in den §§ 139, 157 Abs 1 und 166 KO angeführten Gründen erst nach Rechtskraft des diesbezüglichen Beschlusses öffentlich kundzumachen sei. Gerade der gegenteilige Schluss ergebe sich aus der ratio legis, aber auch aus der grammatikalischen und historischen Interpretation der maßgeblichen Bestimmungen. Somit sei der Tag der öffentlichen Kundmachung durch Anschlag an die Gerichtstafel der maßgebliche Zeitpunkt, durch den die Rekursfrist in Gang gesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass der vom Gemeinschuldner erhobene und am 21. 10. überreichte Rekurs um einen Tag verspätet sei.

2. Zum Rekurs gegen den die Rechnungslegung genehmigenden Beschluss:

Dieser Rekurs sei zwar rechtzeitig aber unzulässig, weil nach rechtskräftiger Konkursaufhebung im Rahmen des Konkursverfahrens eine nachträgliche Nichtgenehmigung einer Schlussrechnung nicht mehr möglich sei.

Im übrigen erklärte das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage, wann die Kundmachung des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses zu erfolgen habe, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Gemeinschuldners mit dem Antrag, ihn aufzuheben und dem Rekursgericht die Sachentscheidung aufzutragen; hilfsweise wird die Abänderung bzw Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht beantragt.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung (JBl 1952, 115; SZ 27/281; EvBl 1964/232; EvBl 1970/367 ua; zuletzt 8 Ob 20/97t) treten gemäß § 174 Abs 2 KO in Fällen, in denen neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben worden ist, die Folgen der Zustellung an alle Beteiligten bereits mit dem Anschlag an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes ein.

Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Zustellung des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses für die im 7., 8.

und 9. Abschnitt des 2. Teiles der KO enthaltenen

Aufhebungstatbestände nicht gesondert geregelt, sondern wird

diesbezüglich auf den im 2. Abschnitt (Konkurseröffnung) enthaltenen

§ 79 KO verwiesen.

§ 79 Abs 1 KO stellt auf die Rechtskraft eines den Beschluss über die

Konkurseröffnung abändernden Beschlusses ab und bestimmt, dass diese "Aufhebung des Konkurses" - genau genommen handelt es sich nicht um eine Konkursaufhebung, sondern um die Ablehnung des Eröffnungsantrages (siehe Bartsch/Pollak3 I 379) - in gleicher Weise bekanntzumachen ist, wie die Eröffnung des Konkurses. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, regelt § 79 Abs 1 KO nur den Publikationsakt der bereits mit der Rekursentscheidung erfolgten "Aufhebung des Konkurses".

§ 157 Abs 2 KO macht die Aufhebung des Konkurses in den dort genannten Fällen von der Rechtskraft der Ausgleichsbestätigung, in den übrigen Fällen gemäß Abs 1 dieser Bestimmung von der Erbringung bestimmter Nachweise abhängig; soweit daher in § 157 Abs 4 KO angeordnet wird, dass im übrigen für die Aufhebung des Konkurses § 79 gilt, bezieht sich dies nur auf die öffentliche Bekanntmachung und die sonstigen nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Verständigungen und Verfügungen, es ist daraus aber nicht abzuleiten, dass mit der Bekanntmachung bis zur Rechtskraft des die Aufhebung des Konkurses verfügenden Beschlusses zuzuwarten wäre. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das der Bekanntmachung nach § 79 Abs 1 KO vorangehende Rechtsmittelverfahren bezüglich des Laufes der Rekursfrist auf die Bekanntmachung des Beschlusses über die Eröffnung des Konkurses abstellt; es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, bei Aufhebung eines bereits rechtskräftig eröffneten Konkurses ungeachtet der vielfach großen Zahl der Beteiligten den Lauf der Rekursfrist nicht in gleicher Weise an eine öffentliche Bekanntmachung zu knüpfen.

Auch im Falle der Aufhebung des Konkurses wird daher die Rekursfrist nach der allgemeinen Regel des § 174 Abs 2 KO durch die öffentliche Bekanntmachung in Lauf gesetzt.

Der Rekurs des Gemeinschuldners gegen die Aufhebung des Konkurses war daher verspätet.

Nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses ist - wie das Rekursgericht schon zutreffend ausgeführt hat - eine nachträgliche Nichtgenehmigung einer Schlußrechnung ausgeschlossen.

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