Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger wurde wegen angeblicher Teilnahme an einem Marathon während seines Krankenstands entlassen. Tatsächlich nahm nicht der Kläger, sondern sein ihm stark ähnelnder Cousin - aus anmeldungstechnischen Gründen unter dem Namen, und mit der Startnummer des Klägers - an diesem Lauf teil.
§ 1162c ABGB sieht - wie zB § 32 AngG - die Kürzung der aus der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche bei Mitverschulden vor. Diese Regelung ist jedenfalls dann anzuwenden, wenn die vorzeitige Auflösung berechtigt war, aber auch den Auflösenden (etwa infolge Provokation) ein Verschulden trifft. Nach der jüngeren Rechtsprechung und herrschenden Lehre (Kuderna, Entlassungsrecht2 76 f; Löschnigg, Arbeitsrecht10 537; Spenling in KBB § 1162c Rz 2; 9 ObA 108/05f, DRdA 2006/40 [Mayr]; 9 ObA 160/05b; 9 ObA 128/06y; RIS-Justiz RS0101991 ua) kann auch den Arbeitnehmer ein Verschulden an der unberechtigten Entlassung treffen, wenn er einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten dem Arbeitgeber schuldhaft nicht bekannt gibt und der Arbeitgeber bei Kenntnis dieses Rechtfertigungsgrunds die Entlassung aller Voraussicht nach nicht ausgesprochen hätte. Sowohl aus dem bei Kuderna (aaO 76 f) genannten Fallbeispiel als auch aus der Rechtsprechung (9 ObA 128/06y; RIS-Justiz RS0101991 uva) folgt, dass den Arbeitnehmer die Obliegenheit trifft, einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund bekannt zu geben, wenn sein Verhalten beim Arbeitgeber - objektiv betrachtet - den Anschein pflichtwidrigen Verhaltens erwecken kann. Den Arbeitgeber trifft ein Verschulden an der Entlassung, wenn er sie ausgesprochen hat, ohne sich vorher Gewissheit zu verschaffen, ob der Arbeitnehmer nicht infolge eines rechtmäßigen Hinderungsgrunds von der Arbeit fern geblieben ist. Im hier zu beurteilenden Fall hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Hinderungsgrund - nämlich Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit - unstrittig ist. Mit dem Entlassungsvorwurf des abträglichen Verhaltens im Krankenstand konfrontiert, erklärte der Kläger zudem, dass nicht er, sondern sein Cousin, der ähnlich aussehe wie er, der Läufer gewesen sei und nannte auch dessen Namen.
Der Auffassung der Rechtsmittelwerberin, der Kläger habe ein Mitverschulden zu vertreten, weil er es unterlassen habe über Aufforderung des Arbeitgebers Beweismittel dafür zu erbringen, dass nicht er der Läufer gewesen sei, ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt. Es ist vielmehr im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das Risiko der Entlassung der Dienstgeber trägt, der im Streitfall nachzuweisen hat, dass ein gesetzlich zulässiger Entlassungsgrund vorlag (RIS-Justiz RS0028971; RS0029127). In der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es nicht Sache des Klägers sei, sich „freizubeweisen", wenn sich der Arbeitgeber nicht mit der vom Kläger vorgenommenen Aufklärung zufrieden gebe, kann daher keinesfalls eine, das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordernde Fehlbeurteilung erblickt werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)