OGH 9ObA128/06y

OGH9ObA128/06y1.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter KommR Mag. Paul Kunsky und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mehmet G*****, Installateur, *****, vertreten durch Summer Schertler Stieger, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Engelbert O*****, Installateurmeister, *****, vertreten durch Manhart Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen EUR 8.992,72 brutto sA, über die Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 4.796,51) und beklagten Partei (Revisionsinteresses EUR 3.573,72) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Oktober 2005, GZ 15 Ra 60/05v-18, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. März 2005, GZ 34 Cga 232/04p-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in ihrem bekämpften klagsabweisenden Teil bestätigt werden, werden darüber hinaus dahin abgeändert, dass sie einschließlich des unangefochten gebliebenen Teils des Ersturteils (Abweisung der Urlaubsersatzleistung von EUR 622,49 brutto sA) insgesamt zu lauten haben:

„Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 8.992,72 brutto samt 9,47 % Zinsen seit 12. 8. 2004 zu zahlen, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.539,65 (darin EUR 756,61 USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die mit EUR 1.280,82 (darin EUR 178,14 USt und EUR 212 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.024,86 (darin EUR 122,14 USt und EUR 292 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1. 2. 2000 beim Beklagten als Installateur beschäftigt. Da er ursprünglich seinen Wohnsitz im ***** hatte, war der Beklagte damit einverstanden, dass der Kläger das im Ersturteil näher bezeichnete Firmenfahrzeug auch privat für die Fahrten vom Wohnsitz zum Betrieb und retour verwenden darf. Der Umgang des Klägers mit diesem Fahrzeug ließ allerdings insbesondere in Bezug auf dessen Pflege zu wünschen übrig. Als im Winter 2003/2004 ein Leck im Kühler auftrat, forderte der Beklagte den Kläger auf, dieses Leck mit einem im Betrieb vorhandenen Mittel abzudichten. Da dies der Kläger unterließ, wurde das Leck immer größer. Der Kläger tauschte zwar noch gemeinsam mit seinem Bruder den Kühler; es kam jedoch wegen Überhitzung des Motors zu einem Totalschaden des Firmenfahrzeugs. Dadurch war der Beklagte gezwungen, früher als geplant ein neues Firmenfahrzeug zu bestellen. In der Zwischenzeit verwendete der Kläger ein privates Fahrzeug. Da ihm die vom Beklagten vorgeschlagene Führung eines Fahrtenbuches zu aufwändig war, wurde vereinbart, dass der Kläger auf Kosten des Beklagten tanken könne.

Seit dem Sommer 2004 wohnte der Kläger nicht mehr im *****, sondern nur mehr ca 2 km vom Betrieb des Beklagten entfernt. Ab dem 10. 8. 2004 war vorgesehen, dass der Kläger für dienstliche Zwecke das neue Firmenfahrzeug verwenden könne. Der Beklagte erklärte, dass er sich vorstellen könne, dass der Kläger später mit dem Firmenfahrzeug auch wieder nach Hause fahren könne; man werde aber erst schauen, wie der Kläger auf das neue Fahrzeug aufpasse; er werde das nochmals mit seiner Frau besprechen.

Am 10. 8. 2004 kam der Kläger in der Früh zum Betrieb und erhielt von der Ehegattin des Beklagten die Schlüssel des neuen Firmenfahrzeugs mit dem Bemerken ausgefolgt, dass er das Fahrzeug am Abend wieder beim Betrieb abzustellen habe. Der Kläger erwiderte, wenn er das Fahrzeug nicht mehr (privat) bekomme, dann wolle er mehr Lohn. Dies lehnte die Ehegattin des Beklagten mit dem Hinweis ab, dass der Kläger ohnehin ein „Spitzenverdiener" sei. Daraufhin gab er die Schlüssel mit den Worten „Dann will ich nicht mehr" wieder zurück und verließ trotz des Hinweises der Frau des Beklagten „Wenn du jetzt gehst, bist du fristlos erlassen und musst nicht mehr kommen" ohne weiteren Kommentar den Betrieb.

Im Anschluss daran suchte der Kläger sogleich seinen Hausarzt auf, der ihn für die Zeit vom 10. bis 13. 8. 2004 krankschrieb. Hiezu stellte das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzend fest, dass der Kläger in dieser Zeit tatsächlich arbeitsunfähig war. Am 11. 8. 2004 überbrachte der Bruder des Klägers eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung. Der Beklagte erklärte, dass er diese Bestätigung nicht mehr benötige, weil der Kläger bereits "fristlos gekündigt" worden sei. Die Lohnansprüche des Klägers samt anteiligen Sonderzahlungen wurden vom Beklagten bis einschließlich 9. 8. 2004 abgerechnet und befriedigt.

Der Kläger begehrt vom Beklagten nach Einschränkung des Klagebegehrens um EUR 856,27 (für Urlaubszuschuss und einen Teil der Weihnachtsremuneration) zuletzt den Betrag EUR 8.992,72 brutto sA. Dieser Betrag beinhalte EUR 196,80 Lohn für den 10. und 11. 8. 2004, EUR 2.167,50 Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 12. 8. bis 10. 9. 2004, EUR 1.025,99 restliche Weihnachtsremuneration, EUR 622,49 Urlaubsersatzleistung für 6,5 Werktage und EUR 4.979,94 Abfertigung unter Zugrundelegung von zwei Monatsentgelten. Der Kläger stützt sich darauf, dass er vom Beklagten unbegründet entlassen worden sei. Beim Verlassen des Betriebs am 10. 8. 2004 habe er darauf hingewiesen, dass er wegen Kopfwehs nicht mehr arbeiten könne. Darüber hinaus sei er aber auch berechtigt gewesen, seine Arbeitsleistung zurückzubehalten, weil ihm durch die Mitteilung des Beklagten, dass er das Firmenfahrzeug nicht mehr privat nutzen dürfe, das Entgelt unberechtigt gekürzt worden sei. Für den Fall der Bejahung eines Entlassungsgrunds, treffe den Beklagten ein Mitverschulden an der Entlassung.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, dass der Kläger das frühere Firmenfahrzeug gröblich vernachlässigt und Reparaturanweisungen ignoriert habe, bis es schließlich wegen Überhitzung des Motors zu einem Totalschaden gekommen sei. Der Kläger habe diesen Schaden vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig, verursacht. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, dass der Kläger das Firmenfahrzeug privat benützen dürfe, habe es nie gegeben. Sollte jemals eine derartige Vereinbarung bestanden haben, sei von dieser jedenfalls einvernehmlich wieder abgegangen worden. Nach dem Totalschaden des Firmenfahrzeugs sei der Kläger mit dem Ersatz der Benzinkosten bei Benützung seines privaten Fahrzeugs einverstanden gewesen. Im Übrigen sei der Kläger im August 2004 umgezogen und wohne seither ohnehin in der Nähe des Beklagten. Die noch bestehende Distanz sei in 15 Minuten zu Fuß zu bewältigen. Als der Kläger am 10. 8. 2004 den Betrieb verlassen habe, habe er nicht erwähnt, dass er krank sei. Er sei daher zu Recht wegen Arbeitsverweigerung entlassen worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von EUR 3.573,72 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 5.419 brutto sA ab. Unter Zugrundelegung der vorstehend wiedergegebenen Feststellungen ging es davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch Entlassung beendet worden sei. Die vor dem Dienstantritt am 10. 8. 2004 ausgesprochene Entlassung sei jedoch wegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht berechtigt gewesen. Da er diesen Umstand allerdings nicht bekanntgegeben habe, treffe ihn ein Mitverschulden von 1 : 1 an der Entlassung. Dem Kläger gebührten daher die entlassungsabhängigen Ansprüche der Kündigungsentschädigung und der Abfertigung nur zur Hälfte. Die übrigen Ansprüche des Klägers seien vom Beklagten bis zum letzten Arbeitstag (9. 8. 2004) abgerechnet und beglichen worden. Darüber hinausgehende Ansprüche auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration gebührten gemäß den Pkt XVII und XVIII des Rahmenkollektivvertrags für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe nicht, weil diese Ansprüche entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis wie im vorliegenden Fall durch Entlassung auch aus dem Verschulden des Arbeitnehmers geendet habe. Das Berufungsgericht gab den gegen das Ersturteil erhobenen Berufungen der Parteien nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die am 10. 8. 2004 von der Ehegattin des Beklagten an die Entlassung geknüpfte Bedingung ("Wenn du jetzt gehst") sei zulässig gewesen, weil ihr Eintritt vom Willen des Klägers abhängig gewesen sei. Das Verlassen der Arbeit durch den Kläger sei jedoch gerechtfertigt gewesen, weil er arbeitsunfähig gewesen sei. Da er dies allerdings nicht offengelegt habe, sei der Annahme eines gleichteiligen Mitverschuldens des Klägers durch das Erstgericht beizutreten. Das Mitverschulden des Beklagten liege in der Provokation des Verhaltens des Klägers durch die Ankündigung, dem Kläger den Sachbezug zu entziehen. Zwischen den Parteien sei nach Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schlüssige Vereinbarung zustandegekommen, dass der Kläger das ihm zur Verrichtung der Arbeiten überlassene Firmenfahrzeug auch für die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz verwenden dürfe. Dennoch habe am 10. 8. 2004 kein Zurückbehaltungsrecht des Klägers hinsichtlich seiner Arbeitskraft bestanden, weil sich der Beklagte durch die bloße Ankündigung, der Kläger habe das Fahrzeug am Abend zurückzustellen, noch nicht im Verzug befunden habe. Ein Zurückbehaltungsrecht scheide aber auch wegen der im Hinblick auf die bloße Entfernung von 2 km relativen Geringfügigkeit des Sachbezugs aus. Da zur Frage, ob bereits die ernstliche Ankündigung des Arbeitgebers, einen von ihm geschuldeten Sachbezug künftig nicht mehr zu gewähren, genüge, um ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers auszulösen, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

Gegen die Berufungsentscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Der Kläger begehrt die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren auch hinsichtlich weiterer EUR 4.796,51 brutto sA stattgegeben werde. Der Beklagte begehrt die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise beantragen beide Parteien die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht. In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen sie, der jeweils gegnerischen Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig; jene des Beklagten ist auch berechtigt. Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Unstrittig ist, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen Fernbleibens von der Arbeit am 10. 8. 2004 durch Entlassung beendet wurde. Die Entlassung war jedoch bei objektiver Betrachtung unberechtigt, weil der Kläger laut bindender erstgerichtlicher Feststellung in der Zeit vom 10. bis 13. 8. 2004 arbeitsunfähig war. Seine Abwesenheit von der Arbeit war daher gerechtfertigt (Kuderna, Entlassungsrecht² 106; RIS-Justiz RS0029527 ua). Soweit dies der Beklagte in seiner Revision negiert, geht er nicht von den bindenden Tatsachenfeststellungen aus (vgl Kodek in Rechberger, ZPO² § 471 Rz 9, § 503 Rz 5 ua).

Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass § 1162c ABGB - wie zB § 32 AngG - die Kürzung der aus der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche bei Mitverschulden vorsieht. Diese Regelung ist jedenfalls dann anzuwenden, wenn die vorzeitige Auflösung berechtigt war, aber auch den Auflösenden (etwa infolge Provokation) ein Verschulden trifft. Nach der jüngeren Rechtsprechung und herrschenden Lehre (Kuderna aaO 76 f; Löschnigg Arbeitsrecht10 537; Spenling in KBB § 1162c Rz 2; 9 ObA 108/05f, DRdA 2006/40 [Mayr]; 9 ObA 160/05b; RIS-Justiz RS0101991 ua) kann auch den Arbeitnehmer ein Verschulden an der unberechtigten Entlassung treffen, wenn er einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten (§ 82 lit f GewO 1859) dem Arbeitgeber schuldhaft nicht bekannt gibt und der Arbeitgeber bei Kenntnis dieses Rechtfertigungsgrunds die Entlassung aller Voraussicht nach nicht ausgesprochen hätte. Dies ist hier der Fall. Der Arbeitgeber muss entgegen der Annahme des Klägers nicht ausdrücklich ein Mitverschulden des Arbeitnehmers einwenden; es genügt, wenn er entsprechende Tatsachenbehauptungen aufstellt (9 ObA 290/00p; RIS-Justiz RS0028204 ua).

Sowohl aus dem bei Kuderna (aaO 76 f) genannten Fallbeispiel als auch aus der Rechtsprechung (9 ObA 290/00p; RIS-Justiz RS0101991 ua) folgt, dass den Arbeitnehmer die Obliegenheit trifft, einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund bekannt zu geben, wenn sein Verhalten beim Arbeitgeber - objektiv betrachtet - den Anschein pflichtwidrigen Verhaltens erwecken kann. Den Arbeitgeber trifft ein Verschulden an der Entlassung, wenn er sie ausgesprochen hat, ohne sich vorher Gewissheit zu verschaffen, ob der Arbeitnehmer nicht infolge eines rechtmäßigen Hinderungsgrunds von der Arbeit fern geblieben ist. Trifft den Arbeitgeber an der Nichtkenntnis des Rechtfertigungsgrunds hingegen kein oder ein zu vernachlässigendes geringes Verschulden und ist dem Arbeitnehmer die Nichtbekanntgabe des Hinderungsgrunds als schwerer Verstoß gegen die Mitteilungspflicht vorzuwerfen, weil er seinen Arbeitgeber hievon hätte leicht in Kenntnis setzen können, dann kann die Verschuldensabwägung auch dazu führen, dass sich sein Mitverschulden einem Alleinverschulden nähert (Kuderna aaO 77; 8 ObA 2058/96x, ZAS 1997/5 [Apathy]; 9 ObA 160/05b ua). Wäre nun, wie vom Kläger behauptet, Kopfweh oder eine andere gesundheitliche Beeinträchtigung der wahre Grund für die Verweigerung der Arbeit gewesen, dann sind die letztgenannten Voraussetzungen anzunehmen:

Trotz ausreichender Gelegenheit, eine Rechtfertigung für sein Verhalten bekannt zu geben, hat der Kläger dies nämlich nicht nur unterlassen, sondern seine Weigerung, die Arbeit aufzunehmen, auf einen anderen, sein Verhalten jedoch - wie noch auszuführen sein wird - nicht rechtfertigenden Grund, nämlich das Vorenthalten des Firmenfahrzeugs für private Fahrten, gestützt. In einer solchen Situation kann aber vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, das vom Arbeitnehmer offengelegte Motiv zu hinterfragen und weitere Informationen einzuholen, ob nicht vielleicht ein anderer Rechtfertigungsgrund besteht (9 ObA 160/05b ua). Den Beklagten trifft daher kein Verschulden an der Entlassung des Klägers. Die seinerzeitige Überlassung des Firmenfahrzeugs an den Kläger auch für Fahrten vom Wohnsitz zum Betrieb und retour bezog sich nach den Feststellungen auf ein bestimmtes im Betrieb vorhandenes Fahrzeug und war vor allem von dem Umstand getragen, dass der Kläger damals noch im ***** wohnte und daher auf ein Transportmittel angewiesen war, um zu seinem Arbeitsplatz beim Beklagten zu gelangen. Da dieses Fahrzeug zufolge eines vom Kläger verursachten Totalschadens nicht mehr zur Verfügung stand und der Kläger auf Grund seiner Übersiedlung ohnehin in der Nähe des Betriebs wohnte, waren die seinerzeitigen Voraussetzungen für die Überlassung des Firmenfahrzeugs auch für Fahrten zwischen Wohnsitz und Betrieb am 10. 8. 2004 nicht mehr gegeben. Das Verfahren ergab keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beklagte hätte sich zur Beistellung eines Firmenfahrzeugs für Privatzwecke auch für den Fall des Wegfalls des Bedarfs des Klägers verpflichtet. Noch weniger ergaben sich Anhaltspunkte dafür, ein redlicher Arbeitnehmer habe erwarten können, der Arbeitgeber habe sich verpflichtet, auch im Fall der nachlässigen Pflege und Herbeiführung eines Totalschadens am ursprünglich zur Verfügung gestellten Fahrzeug durch den Arbeitnehmer für „Nachschub" zum Zweck der privaten Nutzung zu sorgen. Da zwischen den Parteien keine Vereinbarung bezüglich eines vom Beklagten neu angeschafften Firmenfahrzeugs bis zur Entlassung zustandegekommen war, konnte auch kein auf diesen Themenkomplex gestütztes Zurückbehaltungsrecht des Klägers bezüglich seiner Arbeitsleistung bestehen, weil der Beklagte dem Kläger am 10. 8. 2004 nichts vorenthielt, was diesem zugestanden wäre. Diese Frage kann daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine Rolle bei der Bemessung des Mitverschuldens des Beklagten spielen.

Zusammenfassend ist sohin das Begehren des Klägers auf Kündigungsentschädigung und Abfertigung nicht, wie von den Vorinstanzen angenommen, bloß zur Hälfte, sondern zur Gänze abzuweisen. Die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB ist nicht nur auf die von § 1162b ABGB erfassten beendigungsabhängigen Ansprüche, sondern - was hier nicht weiter strittig ist - auch auf andere derartige Ansprüche (zB Abfertigung oder Urlaubsersatzleistung) anzuwenden (RIS-Justiz RS0028205 ua). Auf die anteiligen Sonderzahlungen, die vom Erstgericht unter Bezugnahme auf den anzuwendenden Kollektivvertrag abgewiesen wurden, braucht hier nicht eingegangen werden, weil der Kläger hiezu in der Revision nichts ausführt. Auch auf die Lohnforderung für den 10. und 11. 8. 2004 geht der Kläger in der Revision nicht mehr ein.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des Verfahrens erster Instanz auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO. Bezüglich der erstinstanzlichen Kosten des Beklagten ist anzumerken, dass ein Vertagungsantrag vom 11. 1. 2005 im Akt nicht aufscheint. Eine Honorierung kommt daher nicht in Betracht. Letzteres gilt auch für den vorbereitenden Schriftsatz des Beklagten vom 7. 3. 2005, mit dem er zum Berechnungsblatt des Klägers Beil ./H Stellung nahm. Der Schriftsatz war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Es trifft entgegen der Behauptung des Beklagten nicht zu, dass die Beil ./H vom Kläger erst am Schluss der vorhergehenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. 2. 2005 vorgelegt wurde.

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