OGH 5Ob66/08d

OGH5Ob66/08d15.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Michael H*****, 2. Paul H***** und 3. Maria Anna H*****, alle vertreten durch Dr. Nikolaus Ender, öffentlicher Notar in Bregenz, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 5. Februar 2008, AZ 2 R 32/08h, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 10. Jänner 2008, TZ 203/08, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragsteller begehrten aufgrund des Einantwortungsbeschlusses vom 21. 6. 2006, der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung, insbesondere eines Erbenübereinkommens vom 28. 4. 2006, sowie weiterer Urkunden unter anderem die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnrechts im Sinne und im Umfang des Protokolls vom 28. 4. 2006 für Maria Anna H***** auf der Liegenschaft EZ *****.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass im zitierten Protokoll das Wohnrecht als Wohnnutzungsrecht vereinbart worden und damit die Titelurkunde nicht bestimmt genug sei, weil es sich dabei sowohl um ein Wohnungsgebrauchsrecht als auch um ein Wohnungsfruchtgenussrecht handeln könne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Urkundeninhalt erfülle nicht die in § 12 Abs 1 GBG geforderten Bestimmtheitskriterien, weshalb auch die Einverleibung eines Wohnungsgebrauchsrechts als Minus keinesfalls in Frage komme. Ungeachtet des Einantwortungsbeschlusses stehe dem Grundbuchsgericht nach wie vor - insbesondere bei Erbteilungsübereinkommen im Sinne des § 181 AußStrG - die Prüfung vertraglicher Regelungen auf Erfüllung der allgemeinen Eintragungserfordernisse des GBG zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung zum Umfang der Prüfungspflicht des Grundbuchsgerichts bei Verbücherung von Erbteilungsübereinkommen nach dem neuen Außerstreitgesetz zulässig, aber nicht berechtigt.

Über Anträge auf Eintragung in das Grundbuch, die aufgrund der Einantwortung erforderlich werden, hat nach § 182 Abs 1 AußStrG das Grundbuchsgericht zu entscheiden. Erwerben Personen Rechte auf bücherlich zu übertragende Sachen nicht aufgrund der Einantwortung, sondern als Vermächtnisnehmer oder rechtsgeschäftlich, hat das Verlassenschaftsgericht auf deren Antrag und mit Zustimmung aller Erben mit Beschluss zu bestätigen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können (§ 182 Abs 3 AußStrG). Mehrere Erben können vor der Einantwortung Vereinbarungen über die Erbteilung oder Benützung der Verlassenschaftsgegenstände auch beim Gerichtskommissär zu Protokoll geben. Derartigen Vereinbarungen kommt die Wirkung eines vor Gericht abgeschlossenen Vergleichs zu (§ 181 Abs 1 AußStrG).

Aufgrund eines Verlassenschaftsverfahrens können Rechte teils durch Einantwortungsbeschluss ohne zusätzliche konstitutive Eintragung erworben, andererseits aber Rechte eingeräumt werden, die zu ihrer Entstehung noch der Verbücherung bedürfen. Die bücherlichen Eintragungen haben somit verschiedene Rechtswirkungen. Hinsichtlich der Erben ist die Verbücherung bloß deklarativ, im Übrigen konstitutiv. Nach der früheren Rechtslage (§§ 177, 178 AußStrG aF) wurde daher zwischen der Verbücherung der Abhandlungsergebnisse einerseits und der Ausstellung von Amtsbestätigungen andererseits unterschieden. Diese Unterscheidung wurde auch im neuen Abhandlungsrecht beibehalten, jene bei der Zuständigkeit dagegen fallen gelassen. Statt der Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts ist nunmehr die des Grundbuchsgerichts vorgesehen, basierend auf der Erwägung, dass die Frage der Herstellung der Grundbuchsordnung keine spezifisch verlassenschaftsrechtliche, sondern eine spezifisch grundbuchsrechtliche ist und die tatsächliche Vornahme der Eintragung dem Grundbuchsgericht ohnedies nicht abgenommen werden kann. Insoweit wurde auch die frühere Amtsbestätigung neu gestaltet. Wer nicht als Erbe, sondern auf andere Weise bücherlich zu übertragende Sachen erwirbt, kann mit Zustimmung aller Erben den Antrag an das Verlassenschaftsgericht stellen, mit Beschluss zu bestätigen, dass dem angestrebten Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegen stehen. Damit wird der Kern der Äußerung des Verlassenschaftsgerichts präziser umschrieben als durch die frühere Amtsbestätigung (Fucik/Kloiber AußStrG ErläutRV zu § 182 und Rz 6).

Für die Entscheidung über Anträge nach § 182 Abs 1 AußStrG ist daher das Grundbuchsgericht zuständig, unabhängig davon, ob unmittelbar die Ergebnisse der Einantwortung oder Rechte aufgrund einer Amtsbestätigung im Sinne des § 182 Abs 3 AußStrG oder der Inhalt eines mit den Wirkungen eines gerichtlichen Vergleichs abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommen nach § 181 Abs 1 AußStrG eingetragen werden sollen.

Demgemäß hatte im gegenständlichen Fall das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen nach § 94 Abs 1 GBG einer genauen Prüfung zu unterziehen; es liegt kein Fall des § 94 Abs 2 GBG vor, bei dem der Antrag von einem anderen Gericht zu bewilligen und die grundbücherliche Prüfung auf die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchstand zu beschränken ist.

Die Vorschrift des § 94 Abs 1 GBG über die genaue Prüfung der beigebrachten Urkunden bezieht sich sowohl auf öffentliche als auch auf Privaturkunden (RIS‑Justiz RS0060521). Sie hat sich unter anderem auch darauf zu erstrecken, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint. Bestehen hieran Zweifel, ist auch im Falle öffentlicher Urkunden eine Bewilligung zu versagen. Der streng formale Charakter des Grundbuchsrechts verbietet es dem Gericht, auch über bloße Versehen, offenbare Unrichtigkeiten und dergleichen hinwegzugehen (RIS‑Justiz RS0060565).

Da nach der ständigen Judikatur des erkennenden Senats die Einräumung eines dinglichen Wohnrechts als Dienstbarkeit des Gebrauchs oder als Fruchtgenuss begründet werden kann und die Formulierung als Wohnungsrecht nicht ausreichend bestimmt ist (5 Ob 45/90 = NZ 1990/192, 310 [Hofmeister]; 5 Ob 135/99k = NZ 2000/465; 5 Ob 83/97k = NZ 1998, 306 [Hoyer]), hat das Erstgericht im Rahmen der ihm zustehenden Prüfungsbefugnis die Grundbuchseintragung zu Recht abgelehnt (vgl RIS‑Justiz RS0060573, wonach es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, eine undeutliche und zu begründeten Zweifel Anlass gebende Urkunde auszulegen, sondern durch den Inhalt der Urkunde erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs führen).

Mangels Bestimmtheit der Grundbuchsurkunde im Sinne des § 12 GBG kommt - wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat - auch die Eintragung eines Wohnungsgebrauchsrechts als Minus im Sinne der Entscheidung 5 Ob 135/99k nicht in Frage.

Soweit die Revisionsrekurswerber mit der Entscheidung 5 Ob 133/99s argumentieren, wonach mit einer rechtskräftigen Amtsbestätigung des Abhandlungsgerichts gemäß § 178 AußStrG aF unter anderem bestätigt wird, dass die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung vorgenommen werden kann und die Frage der Ausstellung der Amtsurkunde vom Abhandlungsgericht zu beurteilen ist, sodass vom Grundbuchsgericht die inhaltliche Unrichtigkeit der Amtsbestätigung gar nicht aufgegriffen werden könne, ist ihnen entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall nicht aufgrund einer Amtsbestätigung, sondern aufgrund eines Erbteilungsübereinkommens mit den Wirkungen eines gerichtlichen Vergleichs zu entscheiden ist (vgl zum Scheidungsvergleich 5 Ob 34/92 = NZ 1993/250 [Hofmeister]).

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