OGH 9ObA9/08a

OGH9ObA9/08a7.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Peter Schleinbach als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei U*****versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Manfred L*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 33.400 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen (Revisionsinteresse jeweils 16.700 EUR) der klagenden sowie der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. November 2007, GZ 13 Ra 59/07k-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:

Die Mäßigung des Ersatzanspruchs nach dem DHG ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111013). Auch bei grob fahrlässigem Verhalten des Arbeitnehmers gibt es keine Untergrenze der Mäßigung (RIS-Justiz RS0054738 [T3]). Die Argumentation der Klägerin, dass die im Klagebegehren zugestandene Mäßigung auf 50 % des Schadens ausreichend gewesen und daher die weitere Reduzierung durch das Berufungsgericht unangemessen sei, beruht ausschließlich auf Verschuldenskriterien. Dabei lässt sie aber andere, nach § 2 Abs 2 DHG ebenfalls maßgebliche Kriterien, wie das Einkommen des Beklagten, das Verhältnis zwischen dem Einkommen und dem Risiko eines Buslenkers sowie dessen Sorgepflichten und Rückzahlungsverpflichtungen aus einem Wohnungskredit außer Acht. Die Mäßigung auf 25 % des Schadens gibt daher keinen Anlass zu einer weiteren Prüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Zur außerordentlichen Revision des Beklagten:

Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren. Wenn aber zu einem Thema ohnehin Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0053317). Hier steht bindend fest, dass die Schadensursache darin lag, dass der Beklagte den Bus auf einer Gefällestrecke abstellte und die - schon an sich unzureichende - Haltestellenbremse ohne Stromversorgung ließ und weder die mechanische Feststellbremse betätigte noch einen Gang einlegte. Andere Schadensursachen wurden vom Erstgericht sogar ausdrücklich ausgeschlossen (AS 115).

Soweit die Vorinstanzen ein durchschnittliches Gefälle der Abstellfläche von 1-3 % annahmen, liegen darin Wertungen und Schlussfolgerungen aus den aufgenommenen Beweisen (insbes des Sachverständigen auf AS 89). Darin kann aber genauso wenig eine Aktenwidrigkeit iSd § 503 Z 3 ZPO gelegen sein (RIS-Justiz RS0043277; RS0043256) wie in dem Umstand, dass einzelne Beweisergebnisse andere tatsächliche Schlussfolgerungen zugelassen hätten (RIS-Justiz RS0043256 [T4]).

Bei der Beurteilung des Verschuldensgrades sind jeweils die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Wendet das Berufungsgericht dabei richtig dargestellte Grundsätze an, ohne wesentlich gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien zu verstoßen, kann diese Beurteilung wegen der Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage gewertet werden (RIS-Justiz RS0089215; RS0105331). So bedeuten Pflichtverletzungen, die das gewöhnliche Ausmaß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen übersteigen, ein grobes Verschulden. Als brauchbare Anhaltspunkte, von denen die Beurteilung im Einzelfall abhängig sein kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanpassung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen und die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht (RIS-Justiz RS0080275). Soweit das Berufungsgericht das Abstellen eines Autobusses auf einer - wenn auch nur leichten - Gefällestrecke durch den Kläger, der das Fahrzeug nur mit der Haltestellenbremse fixierte, über deren Wirkung er nur unzureichend Bescheid wusste, aber die naheliegende zusätzliche Sicherung mit der mechanischen Feststellbremse und/oder durch Einlegen eines Ganges unterließ, als grob fahrlässig einstufte, liegt darin eine die vorgenannten Kriterien berücksichtigende, vertretbare Rechtsauffassung. Auch im Rahmen der Mäßigung nach § 2 DHG ist dem Berufungsgericht, welches sich eingehend mit den vorhandenen Mäßigungskriterien auseinandersetzte, keine erkennbare Fehlbeurteilung unterlaufen.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erweisen sich daher beide Revisionen als unzulässig.

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