OGH 6Ob100/07k

OGH6Ob100/07k13.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Heinrich M*****, 2. Maria M*****, beide *****, vertreten durch Dr. Barbara Jantscher, Rechtsanwältin in Feldbach, gegen die beklagte Partei Gertraud P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Stockerau, wegen 29.550,86 EUR sA (Revisionsinteresse 24.350,86 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2007, GZ 11 R 111/06h-64, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verkaufte die Beklagte im September 1996 den Klägern eine Liegenschaft, die sie selbst 1987 von ihrem Vater geerbt und auf der sie sich seitdem insgesamt nicht länger als fünf Wochen aufgehalten hatte. Der Kaufvertrag enthielt die Verpflichtung der Beklagten zur lastenfreien Übertragung der Liegenschaft. Dennoch stellte das Bezirksgericht Feldbach im April 2001 das Bestehen eines Geh- und Fahrtrechts mit landwirtschaftlichen Fuhren auf einem entlang der Grundgrenze der verkauften Liegenschaft führenden Feldweg zugunsten der Eigentümer zweier Nachbargrundstücke fest. Die Beklagte hatte sich diesem Verfahren auf Seiten der (nunmehrigen) Kläger als Nebenintervenientin angeschlossen und das Vorliegen der Dienstbarkeit bestritten; sie habe von der Benützung des Feldwegs durch die Nachbarn keine Kenntnis gehabt und auch von ihrem Vater keine derartigen Informationen erhalten. Unmittelbar vor dem Servitutsprozess hatte sie den Klägern gegenüber erklärt, weder sie noch ihr Ehemann noch die Nachbarn benützten den Feldweg; die Nachbarn beanspruchten auch kein Fahrrecht, von einem Wegerecht habe sie keine Kenntnis.

Durch das Geh- und Fahrtrecht trat eine Wertminderung der Liegenschaft in Höhe von 5.183,06 EUR ein; den Klägern erwuchs im Servitutsprozess ein Aufwand in Höhe von insgesamt 24.350,86 EUR an eigenen und gegnerischen Kosten.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte nur - dies ist auch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens - zum Ersatz der Wertminderung, das Berufungsgericht außerdem zum Ersatz der Kosten des Servitutsprozesses; es stützte sich dabei sowohl auf schadenersatzrechtliche als auch auf Überlegungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beklagte meint in ihrer außerordentlichen Revision, ein Schadenersatzanspruch der Kläger scheide aus, weil die Schlechterfüllung des Kaufvertrags nicht kausal für den eingetretenen Kostenschaden der Kläger gewesen sei; im Übrigen mangle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Schlechterfüllung und dem Kostenschaden; schließlich habe sie keine Aufklärungspflichten gegenüber den Klägern getroffen, sie habe die Unrichtigkeit ihres Rechtsstandpunkts nicht erkennen können; jedenfalls treffe die Kläger aber ein Mitverschulden.

1.1. Der Oberste Gerichtshof ging bis vor etwa 10 Jahren grundsätzlich davon aus, dass hinsichtlich Prozesskosten ein Rückgriffsanspruch nicht möglich sei (RIS-Justiz RS0017364). Seitdem führte er zunächst aus, die Schlechterfüllung eines Vertrags für sich allein genommen könne zwar die Haftung (auch) für Prozesskosten nicht begründen, weil Gerichtsverfahren keine typische Folge von Gewährleistungsansprüchen sind; ein Regresspflichtiger müsse für Prozesskosten aber aufkommen, wenn er über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzte, wie etwa die (Neben-)Pflicht der wahrheitsgemäßen Information über die Vertragsabwicklung, und wenn diese Pflichtverletzung für das Gerichtsverfahren kausal war (4 Ob 513/95; 6 Ob 324/97h = ZVR 1998/120; RIS-Justiz RS0045850, RS0017531). In jüngerer Zeit vertritt der Oberste Gerichtshof zur Kausalitätsfrage jedoch die Auffassung, die Prozesskosten seien eine kausale Folge der Schlechterfüllung; sie seien auch adäquate Schäden, wenn sie nicht bloß durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen bedingt waren (2 Ob 168/01x = SZ 74/119; 1 Ob 40/02t = JBl 2002, 658; 3 Ob 313/01b = bbl 2003/86).

Damit spielt die Frage einer (weiteren) Pflichtverletzung nach der jüngeren Rechtsprechung keine Rolle (vgl in diesem Sinn auch Pochmarski/Strauss, Die Rechtsprechung des OGH zum Regress von Prozesskosten, JBl 2002, 353), abgesehen davon, dass das Berufungsgericht der Beklagten ohnehin vorgeworfen hat, keine geeigneten Nachforschungen angestellt zu haben, um die von den Nachbarn an der Liegenschaft geltend gemachten Rechte auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen. Ob dieser Vorwurf zu Recht oder zu Unrecht erhoben wurde, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls - wie die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision selbst erkennt - und übersteigt in ihrer Bedeutung nicht das vorliegende Verfahren (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen wiederum, die letztlich zum Kostenschaden der Kläger geführt hat, ist nicht ersichtlich.

1.2. Der Oberste Gerichtshof hat die Ersatzpflicht weiters davon abhängig gemacht, dass der eingetretene Schaden im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht steht; dies sei nur dann der Fall, wenn die Verpflichtung, mangelfrei zu erfüllen, gerade auch derartige Schäden wie den zu beurteilenden,

also den Kostenschaden, verhindern sollte (1 Ob 40/02t; 3 Ob 53/02v =

bbl 2002/168; 9 Ob 140/03h = RdW 2004/246). Allerdings ist es auch

ständige Rechtsprechung, dass der in den Kosten eines Passivprozesses bestehende Schaden grundsätzlich in den Schutzzweck jener Vertragsnormen einzubeziehen ist, die den Vertragspartner dazu verpflichten, seine vertraglich geschuldete Leistung ordnungsgemäß zu erbringen (1 Ob 218/04x = RdW 2005/448; 10 Ob 79/05y). Nur die Kosten eines erkennbar aussichtslosen Vorprozesses sind nicht zu ersetzen, weil es insofern dann am Rechtswidrigkeitszusammenhang mangelt (10 Ob 79/05y mwN; 4 Ob 5/07z; 7 Ob 18/06g).

Die Kläger waren im Servitutsprozess beklagt. Dass dieser aus ihrer Sicht aussichtslos gewesen wäre, behauptet die Beklagte nicht; sie verweist demgegenüber sogar darauf, dass das Bestehen der Dienstbarkeit erst nach „Durchführung eines aufwändigen Servitutsprozesses mit mehreren Rechtsgängen" festgestellt worden ist.

1.3. Ob die Kläger allenfalls ein Mitverschulden an dem von ihnen erlittenen Kostenschaden trifft, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0087606).

2. Soweit sich die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision damit auseinandersetzt, dass die Kläger den Servitutsprozess in ihrem eigenen Interesse geführt hätten, greift sie eine Frage auf, welche die Anspruchsgrundlage Geschäftsführung ohne Auftrag betrifft (s etwa 3 Ob 53/02v). Auf diese braucht jedoch nicht eingegangen zu werden, weil die Beklagte ohnehin bereits aufgrund schadenersatzrechtlicher Überlegungen haftet.

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