OGH 1Ob40/02t

OGH1Ob40/02t26.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Vertriebsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Frank Kalmann und Dr. Karlheinz De Cillia, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei G***** Bau GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Mosing, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wegen EUR 6.187,18 sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 17. Oktober 2001, GZ 2 R 393/01y-14, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 1. August 2001, GZ 2 C 677/01b-9 bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin EUR 83,23 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei verpflichtete sich gegenüber privaten Auftraggebern, im Rohbau eines Einfamilienhauses den Fußboden herzustellen. Mit der Herstellung des Estrichs beauftragte sie die beklagte Partei, die die Arbeiten auch durchführte und nach Fertigstellung von der klagenden Partei den vereinbarten Werklohn erhielt.

Nachdem die Auftraggeber in einem Teil des Hauses den Bodenbelag aufgebracht hatten, teilten sie der klagenden Partei mit, dass der Estrich schwere Mängel, nämlich Höhenunterschiede von 0,5 bis 2 cm auf 2 m, aufweise und dass die Kosten für die Mängelbehebung den Rechnungsbetrag bei weitem überstiegen. Bei einer Besichtigung des noch nicht mit Bodenplatten versehenen Estrichs im Frühjahr 1997 stellte ein Mitarbeiter der klagenden Partei fest, dass Mängel vorliegen, die durch Spachteln und Nachschleifen des Bodens zu beheben wären.

Dennoch erhob die klagende Partei gegen ihre Auftraggeber zu 2 C 751/99d des Bezirksgerichts Feldkirchen/Kärnten (im Folgenden: Vorprozess) die Werklohnklage über S 116.790 samt Zinsen. Nachdem die dort beklagten Auftraggeber unter anderem eingewendet hatten, dass der Estrich im gesamten Haus erhebliche Niveauunterschiede aufweise, dass die beklagte Partei zugesagt habe, für die Mängelbehebung Sorge zu tragen und dass der Werklohnanspruch mangels Behebung nicht fällig sei, verkündete die klagende Partei der beklagten Partei den Streit.

Diese trat dem Verfahren als Nebenintervenientin bei und behauptete, ihr sei bisher nicht bekannt gewesen, dass jemand Mängel am Estrich gerügt habe. Der Estrich sei in einwandfreiem Zustand hergestellt und der klagenden Partei übergeben worden. Wären Mängelrügen angebracht worden, hätte sich die Beklagte um diese "gekümmert".

Das Erstgericht holte daraufhin ein Sachverständigengutachten ein, in dem ausgeführt wurde, dass in Niveauunterschieden bestehende Mängel am Estrich vorlägen. Die Behebung der Mängel koste insgesamt S 20.000; jener Bereich, der noch nicht mit dem Bodenbelag versehen ist, erfordere einen Behebungsaufwand von S 7.000. Die klagende Partei behob in der Folge die Mängel nicht; sie unternahm, obwohl sie ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt hatte, dazu auch keine konkreten Schritte und bot insbesondere keinen Termin dafür an.

Das Klagebegehren wurde abgewiesen, weil der Werklohnanspruch vor der gehörigen Erbringung der zugesagten Leistung noch nicht fällig sei; das Leistungsverweigerungsrecht bestehe auch im vorliegenden Fall, weil die Behebungskosten in keinem krassen Missverhältnis zum zurückbehaltenen Werklohn stünden.

Die klagende Partei begehrte nun von der beklagten Partei den Ersatz der Hälfte der im Vorprozess von ihr getragenen bzw den Prozessgegnern ersetzten Prozesskosten. Die beklagte Partei habe diesen Schaden durch ihre Schlechterfüllung verschuldet; die klagende Partei lasse sich ein Mitverschulden von 50 % anrechnen, weil auch ihr die Mängel hätten auffallen müssen. Die beklagte Partei wäre einerseits verpflichtet gewesen, die bestehenden Mängel zu beheben, worüber bereits im Frühjahr 1997 gesprochen worden sei, andererseits habe sie in ihrem Beitrittsschriftsatz im Vorverfahren behauptet, sie habe den Estrich in mängelfreiem Zustand hergestellt.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, sie sei erstmals durch die Streitverkündung im Vorverfahren mit einer Mängelbehauptung konfrontiert worden. Sie habe keinen objektiven Anhaltspunkt dafür gehabt, dass tatsächlich Mängel vorhanden sind. Der klagenden Partei, der das Vorliegen der Mängel bekannt gewesen sei, wäre es ein Leichtes gewesen, die beklagte Partei zu verständigen und sie zu veranlassen, die Mängel zu beheben. Einer solchen Aufforderung wäre die beklagte Partei nachgekommen. Sie habe im Vorverfahren auch keine Möglichkeit gehabt, die Liegenschaft der Auftraggeber zu betreten. Das Alleinverschulden am Auflaufen der Kosten treffe die klagende Partei; die von der klagenden Partei im Vorverfahren eingebrachte Berufung sei von vornherein aussichtslos gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte unter anderem fest, dass es in den noch nicht verfliesten Räumen (Badezimmer im Obergeschoss und Kellerraum) Niveauunterschiede von 3,5 mm bis zu 6 cm gegeben habe. Die Mängel seien trotz Aufforderung durch die Bauherren von der klagenden Partei nicht behoben worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, eine Haftung der beklagten Partei für die Prozesskosten der klagenden Partei käme nur in Betracht, wenn über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt worden wären. Es liege auch keine Prozessführung zum überwiegenden Vorteil der beklagten Partei im Sinne des § 1037 ABGB vor, weil die beklagte Partei bereits zu Beginn des Vorverfahrens auf Grund der erhaltenen Zahlung keine Forderung gegenüber der klagenden Partei gehabt hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Die Klägerin habe in Kenntnis der Mängel gegen ihren Werkbesteller die Klage im Vorprozess eingebracht, wobei das Verhalten der beklagten Partei bedeutungslos sei, weil es im Vorprozess ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Werkunternehmer und Besteller angekommen sei. Um mit der Klage durchzudringen, wäre es an der Klägerin gelegen gewesen, sich um die Mängelbehebung zu kümmern. Angesichts der klaren Judikatur zum Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers sei es der Klägerin allein anzulasten, den von Anfang an aussichtslosen Vorprozess geführt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit die klagende Partei ihr auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses gerichtetes Klagebegehren auf schadenersatzrechtlicher Grundlage verficht, übersieht sie, dass auch für den Ersatz eines in (im Verfahren gegen einen Dritten aufgelaufenen) Prozesskosten bestehenden Schadens die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Auch wenn man mit der überwiegenden Judikatur davon ausgeht, dass Gewährleistungsansprüche und damit zusammenhängende Prozesse keine untypischen Folgen einer Schlechterfüllung durch den Subunternehmer sind (so etwa 2 Ob 168/01x = RdW 2002, 18 = ecolex, 906 [Helmich] mwN), wird damit nur der Adäquanzzusammenhang zwischen der Schlechterfüllung und dem beim Hauptunternehmer auf Grund des verlorenen Prozesses eingetretenen Kostenschaden bejaht. Für die Ersatzpflicht des Subunternehmers wäre es darüber hinaus aber noch erforderlich, dass der eingetretene Schaden auch im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht steht, was dann der Fall wäre, wenn die Verpflichtung, mangelfrei zu erfüllen, gerade auch derartige Schäden wie die zu beurteilenden verhindern sollte (siehe dazu nur Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 8/49 ff).

Dies ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die klagende Partei hat selbst dargelegt (AS 16 f), sie habe von den vorliegenden Mängeln, die durch Verspachteln und Nachschleifen des Estrichs zu beheben gewesen wären, bereits vor Klageerhebung Kenntnis erlangt. Soweit sie dennoch die Werklohnklage einbrachte, deren Begehren schließlich (erwartungsgemäß) mit der Begründung abgewiesen wurde, dass die Auftraggeber der klagenden Partei vor Behebung der Mängel den Werklohn nicht zahlen müssten, fehlt der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Schlechterfüllung durch die beklagte Partei und dem in den Kosten des verlorenen Prozesses bestehenden Schaden der klagenden Partei. Diese hat vielmehr - entgegen der erkennbaren Sach- und Rechtslage - aus eigenem Entschluss die Ursache des Schadens herbeigeführt, was von der beklagten Partei weder beeinflusst war, noch beeinflusst werden konnte. Unerheblich ist es auch, ob die beklagte Partei - was bis zuletzt strittig blieb - von der klagenden Partei zur Mängelbehebung aufgefordert wurde. Solange die Mängel nicht tatsächlich behoben waren, musste der Klägerin bei Einhaltung der geringsten Sorgfalt eine Werklohnklage ohne weiteres als aussichtslos erkennbar sein. Die klagende Partei hätte im Falle einer Weigerung der beklagten Partei, die Mängel zu beheben, die notwendigen Maßnahmen selbst vornehmen oder durch einen Dritten vornehmen lassen können, wobei die beklagte Partei den damit verbundenen Aufwand (auch) aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen gehabt hätte. Dieser wird im vorliegenden Verfahren aber gar nicht begehrt. Die Kosten eines ersichtlich aussichtslosen Aktivprozesses hat aber auch ein Subunternehmer, der das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers aufgrund seiner mangelhaften Arbeit verschuldet hat, nicht zu ersetzen, weil ein solcher Schaden außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhangs bzw des Schutzzwecks der verletzten Vertragsnorm liegt.

Da der klagenden Partei die Mängel nach ihrem eigenen Prozessvorbringen bekannt waren, kommt es auch nicht darauf an, dass die beklagte Partei im Vorprozess als Nebenintervenientin formell den Prozessstandpunkt der klagenden Partei teilte, die Leistung sei mangelfrei erbracht worden. Im Übrigen war durchaus erkennbar, dass die beklagte Partei zwar primär die Mangelhaftigkeit bestritt, vor allem aber den Standpunkt vertrat, sie habe durch die Streitverkündung erstmals von angeblichen Mängeln erfahren und die Berechtigung einer solchen Mängelrüge daher nicht überprüfen können. Da der klagenden Partei die Mängel aber ohnehin bei Klagserhebung bekannt waren, hatte der Inhalt der (zeitlich späteren) Prozesserklärungen der beklagten Partei als Nebenintervenientin im Vorprozess keine Auswirkungen auf die entstandenen Prozesskosten. Darin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu dem kürzlich zu 1 Ob 170/01h (= RdW 2002, 82) entschiedenen Fall, in dem ein Werkunternehmer durch das Leugnen einer Vertragsverletzung (Warnpflichtverletzung) die Einlassung seines Vertragspartners in den Rechtsstreit - als Beklagten - erst provoziert hat.

Die erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobene Behauptung, die klagende Partei habe aufgrund der Geringfügigkeit der Mängel mit einem weitgehenden Prozesserfolg rechnen können, ist als unzulässige Neuerung (§ 482 ZPO) nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist ihre Annahme, die Behebung der Mängel hätte - bei einem Streitwert von rund S 117.000 - nur einen Aufwand von S 7.000 erfordert, unrichtig: Diese Behebungskosten bezogen sich nach dem im Vorprozess eingeholten Sachverständigengutachten lediglich auf jenen Teil des Estrichs (rund ein Drittel der Gesamtfläche), der durch einfache Maßnahmen saniert werden konnte, weil er sich noch im Urzustand befand; die darüber hinaus für jene Bereiche, die bereits mit einem Bodenbelag versehen waren, (allenfalls) erforderlichen Behebungskosten wurden nicht ermittelt, weil die Gerichte im Vorprozess davon ausgingen, dass bereits ein Behebungsaufwand von (zumindest) S 7.000 ein Leistungsverweigerungsrecht der Besteller rechtfertigte. (Hätte sich der gesamte Estrich noch im Urzustand befunden, so wären nach dem Sachverständigengutachten Behebungskosten von rund S 20.000 erforderlich gewesen.)

Angesichts der Tatsache, dass der klagenden Partei die Mängel - und darüber hinaus die erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung (Verspachteln und Abschleifen) - bekannt waren, kann auch keine Rede davon sein, dass der (von vornherein aussichtslose) Prozess auch im Interesse der beklagten Partei geführt worden wäre und der klagenden Partei Ansprüche nach § 1037 AGBG zustünden. Die Höhe der Behebungskosten hätte erheblich günstiger und zweckmäßiger auf andere Weise, etwa durch Einholung eines Privatgutachtens, ermittelt werden können, sofern sich die beklagte Partei trotz Aufforderung in der Tat geweigert haben sollte, den vertraglich geschuldeten Zustand des Estrichs herzustellen. Die mit der Führung des Vorprozesses verbundenen Kosten waren nicht erforderlich, um das Rechtsverhältnis zwischen den nunmehrigen Streitteilen zu klären, sodass kein zum Vorteil der beklagten Partei "geführtes Geschäft" vorliegt. Die von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung (6 Ob 324/97h = SZ 70/241; 4 Ob 313/00h) sind zu Passivprozessen ergangen und schon deshalb nicht auf den hier zu beurteilenden Fall eines (von vornherein als aussichtslos erkennbaren) Aktivprozesses zu übertragen; in SZ 70/241 ging es überdies in der Hauptsache um einen Regress zwischen Solidarschuldern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1 und 41 Abs 1 ZPO.

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