OGH 9ObA23/07h

OGH9ObA23/07h2.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Klaus-Peter K*****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Georg Bauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 4.294,98 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 2006, GZ 11 Ra 96/06a-23, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Dem seit August 2001 bei der Beklagten als LKW-Fahrer beschäftigten Kläger wurde im Juni 2005 wegen einer verschwundenen Palette mit Ware im Wert von EUR 30.000,-- eine Klage in dieser Höhe angedroht. Nach Auskunft der Arbeiterkammer stand dafür der Beklagten noch eine Frist von zweieinhalb Monaten offen. Bedingt durch die Situation am Arbeitsplatz, insbesondere die drohende Klage, erreichten die psychischen Probleme beim Kläger Krankheitswert in Form einer depressiven Anpassungsstörung bzw einer reaktiven Depression. Er versuchte auch die Umstände des Verschwindens der Palette hundertfach zu klären und fürchtete um seine finanzielle Existenz. Der Kläger war vom 14. 6. bis 24. 6. und ab 15. 7. 2005 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchgehend in Krankenstand. Von seiner Fachärztin wurde ihm am 15. 7. 2005 gesagt, dass dann wenn sich ein Mensch am Arbeitsplatz nicht wohl fühle und die bemängelten Umstände nicht geändert werden, es dringend angezeigt sei, das Dienstverhältnis zu beenden, was sie ihm rate. Mit Schreiben vom 4. 8. 2005 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe zum 21. 8. 2005 auf.

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend seine Klage auf Zahlung der Abfertigung mangels Nachweises des Austrittsgrundes der Arbeitsunfähigkeit oder Gesundheitsgefährdung abgewiesen. Die außerordentliche Revision des Klägers vermag keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Zufolge des hier noch anzuwendenden § 2 Abs 1 ArbeiterabfertigungsG iVm § 23 Abs 7 AngG steht der Abfertigungsanspruch grundsätzlich dann nicht zu, wenn ein Arbeitnehmer selbst kündigt. Nach ständiger Rechtsprechung gilt dies aber nicht, wenn aus der Auflösungserklärung - wie hier - klar erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer einen wichtigen Lösungsgrund für sich in Anspruch nimmt, der ihn zum Austritt berechtigen würde (vgl dazu etwa RIS-Justiz RS0060132 mwN zuletzt 9 ObA 162/05x oder RIS-Justiz RS0031717 mwN; kritisch Friedrich AngG-Kommentar § 25 Rz 66 ff).

Nach § 82a lit a GewO liegt ein Austrittsgrund unter anderem dann vor, wenn der Arbeitnehmer ohne erweislichen Schaden für seine Gesundheit die Arbeit nicht fortsetzen kann. Nach ständiger Rechtsprechung wird darunter eine Arbeitsunfähigkeit oder Gesundheitsgefährdung verstanden, die dauernd oder von so langer Dauer sein muss, dass nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist (vgl RIS-Justiz RS0060144 mwN zuletzt 8 ObA 69/04m; allgemein zum AngG Friedrich im AngG-Kommentar § 26 Rz 27; ferner Wachter Bemerkungen zum Austrittsgrund der Arbeitsunfähigkeit und der Gesundheitsgefährdung, DRdA 1989, 179 ff). Nicht in Frage gestellt wird von der Revision im Ergebnis die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der Kläger infolge seiner Erkrankung gar nicht gehalten gewesen sei, weiterzuarbeiten. Tatsächlich war er ja auch die letzten Wochen vor der Kündigung und danach bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Krankenstand. Ausgehend davon vermag der Kläger aber auch durch den Hinweis auf die Rechtsansicht von Mosler (in der Entscheidungsbesprechung DRdA 1985, 215 ff) keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weil dieser seinen Ausführungen zur Unerheblichkeit der Dauer des Zustandes hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung offensichtlich auch zugrundelegt, dass die Gefährdung durch die konkret zu verrichtende Tätigkeit herbeigeführt wird, was hier nicht der Fall ist. Ist der Arbeitnehmer aufgrund der Beeinträchtigung überhaupt arbeitsunfähig, so hat es jedenfalls dabei zu bleiben, dass der Austrittsgrund nur verwirklicht ist, wenn es sich um eine dauernde Beeinträchtigung handelt oder diese von so langer Dauer ist, dass nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Anwendung dieser vom Obersten Gerichtshof bereits erarbeiteten Grundsätze auf den konkreten Einzelfall stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (Kodek in Rechberger ZPO3 § 502 Rz 26). Zu der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass hier konkret der Kläger eine derartige Arbeitsunfähigkeit nicht nachzuweisen vermochte, vermag der Kläger auch keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung nachzuweisen. Dass die Klagsdrohung schikanös gewesen wäre, wurde weder vorgebracht noch haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben.

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