OGH 8Ob123/06f

OGH8Ob123/06f23.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria Theres O*****, vertreten durch Gloss Pucher Leitner & Schweinzer, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagten Parteien 1. Peter O*****, 2. Josef O*****, beide vertreten durch Eckert & Fries Rechtsanwälte GmbH in Baden, wegen Aufhebung des Miteigentums an einer Liegenschaft (Streitwert 3.415,48 EUR), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 16. Februar 2006, GZ 21 R 52/06i-27, womit über Berufung der Beklagten das Urteil des Bezirksgerichtes Lilienfeld vom 25. November 2005, GZ 2 C 728/04y-22, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die Repliken der Klägerin zur Revisionsbeantwortung der Beklagten vom 25. 9. 2006 und vom 26. 9. 2006 werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Geschwister und jeweils Dritteleigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (Einheitswert: 3.415,48 EUR). Die 82-jährige Mutter der Streitteile, deren statistische Restlebenserwartung 7,35 Jahre beträgt, lebt seit 1954 in dem auf der Liegenschaft errichteten Haus.

Der Verkehrswert der Liegenschaft mit Berücksichtigung des Wohnrechtes der Mutter und der Wegedienstbarkeit beträgt 45.190 EUR; ohne Wohnrecht und Wegedienstbarkeit beträgt der Verkehrswert 55.920

EUR.

Das Erstgericht - das einen von der Klägerin gestellten Zwischenantrag auf Feststellung rechtskräftig zurückwies - gab dem Zivilteilungsbegehren der Klägerin statt.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil über Berufung der Beklagten im Sinne einer Abweisung des Zivilteilungsbegehrens ab. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstandes 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige (dreifacher Einheitswert gemäß § 60 Abs 2 JN iVm § 6 GrEStG; vgl 5 Ob 180/02k; 2 Ob 40/05d) und erklärte die ordentliche Revision zunächst für nicht zulässig.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass dem Unzeiteinwand der Beklagten im Hinblick auf das Alter der Mutter, die unstrittig ein Wohnrecht ersessen habe und ihrer statistischen Restlebenserwartung Berechtigung zukomme. Auch ohne Prüfung des konkreten Gesundheitszustandes der Mutter sei davon auszugehen, dass das Teilungshindernis in einer für die Klägerin absehbaren Zeit wegfalle.

Über Antrag der Klägerin änderte das Berufungsgericht seinen Zulässigkeitsausspruch dahin ab, dass es die Revision für zulässig erklärte: Die Rechtsprechung des OGH dazu, ob der konkrete Gesundheitszustand des Wohnberechtigten zur Beurteilung des Vorliegens des Teilungshindernisses zu erheben sei, sei nicht einheitlich. Zur Frage, ob der Teilungsbeklagte auch behaupten und beweisen müsse, dass der festgestellte Verkehrswert ohne das eingewendete Teilungshindernis (Verkehrswert der Liegenschaft ohne Wohnrecht) in Zukunft erhalten bliebe, fehle ebenso Rechtsprechung. Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision der Klägerin ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beantwortung der Frage, ob der Wegfall der Liegenschaftsentwertung durch das (ersessene) Wohnrecht eines Hochbetagten absehbar ist (Unzeiteinwand), hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (8 Ob 571/83; 2 Ob 178/01t). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, bei einer statistischen Restlebenserwartung einer 82-Jährigen von 7,35 Jahren sei der Unzeiteinwand zu bejahen, hält sich im Rahmen der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0013292).

2. Der in den Entscheidungen 8 Ob 580/90 und 2 Ob 178/01t enthaltene Hinweis auf das jeweilige Alter und den konkreten Gesundheitszustand des Ausgedings- oder Fruchtgenussberechtigten lässt nicht den von der Revisionswerberin gezogenen Schluss zu, dass das Alter des Berechtigten allein niemals zur Begründung des Unzeiteinwandes ausreiche: Alter und statistische Restlebenserwartung des Berechtigten bilden ein taugliches Tatsachensubstrat, das eingewendete Teilungshindernis dahin zu überprüfen, ob sein Wegfall im Sinne der Rechtsprechung als absehbar oder unabsehbar zu qualifizieren ist. Ohne (hier in erster Instanz nicht erstattetes) Tatsachenvorbringen dahin, dass der tatsächliche Gesundheitszustand des Berechtigten eine andere Beurteilung rechtfertige, besteht keine Verpflichtung des Gerichtes, den konkreten Gesundheitszustand einer Überprüfung zu unterziehen.

3. Hat der behauptungs- und beweispflichtige Teilungsbeklagte (RIS-Justiz RS0013249-T 2) nachgewiesen, dass die Teilung wegen eines an der Liegenschaft lastenden Rechtes eines Dritten nur zu einem unverhältnismäßig geringeren Erlös führt, liegt es am Teilungskläger zu behaupten und zu beweisen, dass der Erlös bei Wegfall des Teilungshindernisses geringer sein werde als der (hier festgestellte) derzeitige Verkehrswert der Liegenschaft. Ein entsprechendes Tatsachenvorbringen hat die Klägerin nicht erstattet. Sie hat erst im Revisionsverfahren erstmals einen in Zukunft eintretenden Wertverlust durch weitere Abnutzung des Wohnhauses behauptet.

4. Warum der Umstand, dass sämtliche Eigentümer ihrer Mutter „bewusst" ein Wohnrecht einräumten, zu einer anderen Beurteilung führen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Belastung sämtlicher Liegenschaftsanteile mit dem Recht eines Dritten setzt die Zustimmung der Eigentümer gerade voraus.

Da somit die Revision der Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, war sie als unzulässig zurückzuweisen.

Die Revisionsbeantwortung der Beklagten ist verspätet: Gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO ist die Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht einzubringen, wenn dieses - wie hier - dem Revisionsgegner nach § 508 Abs 5 freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen. Die Mitteilung des Berufungsgerichtes, dass den Beklagten die Beantwortung der Revision freigestellt werde (§ 507a Abs 2 Z 2 ZPO) wurde dem Beklagtenvertreter am 24. 8. 2006 zugestellt. Die irrtümlich zunächst beim Erstgericht eingebrachte Revisionsbeantwortung langte beim Berufungsgericht am 26. 9. 2006 ein. Die somit erst nach Fristablauf beim Berufungsgericht eingelangte Revisionsbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen (1 Ob 71/01z ua).

Die als unzulässige Repliken zur Revisionsbeantwortung aufzufassenden Schriftsätze der Klägerin im Revisionsverfahren (RIS-Justiz RS0043697) waren als unzulässig zurückzuweisen.

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