OGH 1Ob71/01z

OGH1Ob71/01z27.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** a.s., ***** vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei Gemeinde H*****, vertreten durch Dr. Manfred Moser, Rechtsanwalt in Pöttsching, wegen Unterlassung (Streitwert S 145.000,- -) und Beseitigung (Streitwert S 7.500,- -) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2000, GZ 16 R 41/00t-23, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 7. Februar 2000, GZ 4 Cg 113/98m-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Inhaberin der internationalen Marke K*****. Die beklagte Partei änderte mit Gemeinderatsbeschluss vom 21. 10. 1997 die Bezeichnung einer in ihrem Gemeindegebiet liegenden Verkehrsfläche auf "K*****-Platz".

Die klagende Partei begehrte die Unterlassung dieser Bezeichnung durch die beklagte Partei dermaßen, dass dabei der Name oder Teile des Namens der klagenden Partei, insbesondere in der Wortkombination K*****, Verwendung fänden, sowie die Beseitigung sämtlicher Namensbezeichnungen dieser Verkehrsfläche, deren Umbenennung und die Entfernung der Beschilderung. Die beklagte Partei habe in das Namensrecht der klagenden Partei unbefugt und rechtswidrig eingegriffen. Dadurch, dass eine im direkten Konkurrenzverhältnis stehende Bleistiftfabrik ihren Sitz im Bereich der umbenannten Verkehrsfläche habe und damit in deren Geschäftsanschrift der Markenname der klagenden Partei aufscheine, werde in vermögensrechtliche und ideelle Interessen der klagenden Partei eingegriffen. Es werde in Anbetracht der Wettbewerbssituation der unrichtige Eindruck erweckt, dass eine wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen der klagenden Partei und dem Konkurrenzunternehmen bestünde.

Die beklagte Partei wendete ein, die Umbenennung der Verkehrsfläche sei auf Grund eines einstimmigen Gemeinderatsbeschlusses erfolgt; Grund dafür sei gewesen, dass die "Firma K*****" von 1970 bis 1996 den Gemeindebürgern der beklagten Partei gute Arbeitsplätze geboten habe und die Erinnerung an diesen Betrieb durch die Namensgebung aufrecht erhalten werden sollte. In der Umbenennung der öffentlichen Verkehrsfläche sei kein wettbewerbsrechtlich relevantes Verhalten zu erblicken. Eine Verwechslungsgefahr bestünde nicht, weil ein durchschnittlicher Betrachter zwischen einer Adressenangabe und dem Firmenwortlaut unterscheiden könne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, die Umbenennung sei allein vom Bürgermeister der beklagten Partei ausgegangen; als Grund hiefür seien die von der beklagten Partei genannten Motive ausschlaggebend gewesen. Das Konkurrenzunternehmen der klagenden Partei habe nicht auf die Umbenennung gedrängt. Die beklagte Partei selbst stehe nicht im Wettbewerb zur klagenden Partei, ein wie immer geartetes Abhängigkeits- oder Gefälligkeitsverhältnis zu deren Konkurrenzunternehmen sei nicht gegeben. Der Gemeinderat der beklagten Partei habe nicht in der Absicht gehandelt, diesem Konkurrenzunternehmen einen wettbewerbsrechtlichen Vorteil zu verschaffen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Markenname der klagenden Partei werde nicht unbefugt gebraucht, zumal die "Gefahr einer Zuordnungsverwirrung" nicht gegeben sei. Der Beschluss auf Umbenennung der Verkehrsfläche sei im autonomen Wirkungsbereich der Gemeinde erfolgt, er könne vor den ordentlichen Gerichten nicht angefochten werden. Die Klage hätte sich gegen das beschlussfassende Organ (den Gemeinderat) richten müssen, die beklagte Partei sei nicht passiv klagslegitimiert. Der ordentliche Rechtsweg sei unzulässig, weil die Benennung der Verkehrsfläche einen Beschluss in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde darstelle.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 52.000, nicht jedoch S 260.000 übersteige; die ordentliche Revision erklärte es letztlich als zulässig. Es bejahte die Passivlegitimation der beklagten Partei, weil deren Gemeinderat lediglich als Organ tätig geworden sei. Die Benennung von Verkehrsflächen sei dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugewiesen. Sie könne nicht als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung qualifiziert werden, weil sie auf Grund gesetzlicher Ermächtigung einseitig und für einen unbestimmten Adressatenkreis stattfinde. Der Akt der Straßenbenennung sei als Verordnung zu qualifizieren. Die klagende Partei leite ihre Ansprüche somit aus hoheitlichem Handeln der beklagten Partei ab, was aber nur im Amtshaftungsverfahren möglich sei. Hoheitsakte könnten niemals Wettbewerbshandlungen sein und seien daher auch nicht nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen. Der Rechtsweg sei zulässig, weil die klagende Partei einen privatrechtlichen und damit von den ordentlichen Gerichten zu entscheidenden Anspruch geltend mache, denn sie stütze ihren Unterlassungs- bzw Beseitigungsanspruch auf ihr Namensrecht nach § 43 ABGB sowie auf die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch stünde ihr aber wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Umbenennung der Verkehrsfläche nicht zu. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob der von der beklagten Partei gesetzte Hoheitsakt nachteilige Wirkungen in Bezug auf die Wettbewerbssituation entfalte.

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungswesentlich ist die Frage, ob die beklagte Partei die Umbenennung der Verkehrsfläche im Rahmen der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung vorgenommen hat. Hiezu ist auszuführen:

Ein Rechtsträger wird auf dem Gebiet der Hoheitsverwaltung tätig, wenn er zur Erreichung der Verwaltungsziele Hoheitsakte setzt, auf dem Gebiet der Privatwirtschaftsverwaltung hingegen, wenn er sich zur Erreichung dieser Ziele der gleichen Mittel bedient, die die Rechtsordnung jedermann, also auch Privaten, zur Verfügung stellt. Hoheitsverwaltung ist anzunehmen, wenn ein Rechtsträger dem Staatsbürger mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet gegenübertritt. Entscheidend ist somit, welche rechtstechnischen Mittel der Gesetzgeber zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereit hält. Hat der Gesetzgeber den Rechtsträger mit keinen Zwangsbefugnissen ausgestattet, dann liegt nicht Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor. Auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit kommt es bei der Frage, ob im Rahmen der Privatwirtschafts- oder der Hoheitsverwaltung gehandelt wird, nicht an (SZ 69/59; SZ 68/60; SZ 66/84; SZ 65/40; SZ 60/156; SZ 55/173; SZ 51/184 uva).

Die klagende Partei bestreitet gar nicht, dass die Aufgabe, die im Ortsgebiet der Gemeinden befindlichen Verkehrsflächen zu benennen, in deren Wirkungsbereich fällt. Dass derartige Benennungen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fallen, ergibt sich für das Land Burgenland und damit auch für die beklagte Partei aus § 51 Abs 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl 1965/37. Danach umfasst der eigene Wirkungsbereich neben den im § 51 Abs 2 (demonstrativ: arg. "insbesondere") angeführten Angelegenheiten alle Agenden, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Unter diesen "Generaltatbestand" ist auch die Benennung von Verkehrsflächen zu subsumieren, erfolgt diese doch im überwiegenden Interesse der örtlichen Gemeinschaft. Fraglich ist allerdings, ob diese Aufgabe im Wege der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung besorgt wird.

Die Verwaltung von Verkehrsflächen ("Straßenverwaltung") ist grundsätzlich dem privatwirtschaftlichen Aufgabenbereich des Rechtsträgers zu unterstellen, auch wenn die Herstellung und Instandhaltung in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht geschieht (Schragel, AHG2 Rz 93). Die Benennung einer Verkehrsfläche fällt aber nicht unter den Begriff der Straßenverwaltung, denn unter diesem werden lediglich die auf den Bau und die Instandhaltung öffentlicher Straßen abzielenden Verwaltungstätigkeiten zusammengefasst (Schragel aaO). Wenn auch im Zweifel beim Tätigwerden eines Rechtsträgers Privatwirtschaftsverwaltung anzunehmen ist (EvBl 1992/105 uva), ist doch die Straßenbenennung und damit auch die Umbenennung von Verkehrsflächen als hoheitlicher Akt zu qualifizieren:

Die Straßenbenennung beruht auf einem Beschluss des Gemeinderats, der Rechtsträger bedient sich also einer Rechtsform, die einem Rechtsunterworfenen nicht zur Verfügung steht (vgl SZ 66/84; SZ 65/40). Der Wille des Verwaltungsorgans, einen Bescheid oder eine Verordnung zu erlassen, spricht eher für das Vorliegen von Hoheitsverwaltung (SZ 65/40). Die beklagte Partei tritt allen von der Benennung einer Verkehrsfläche betroffenen Personen nicht als Gleichberechtigte, sondern in hoheitlicher Funktion gegenüber (vgl SZ 60/156), und der Akt der Straßenbenennung richtet sich an einen unbestimmten Personenkreis, dem nicht die Möglichkeit eingeräumt ist, entgegen der von einer Gemeinde vorgenommenen Benennung eine andere Bezeichnng für die Verkehrsfläche zu wählen; insoweit ist an einer Befehls- und Zwangsgewalt der beklagten Partei im strittigen Tätigkeitsbereich nicht zu zweifeln.

Die NÖ Gemeindeordnung, LGBl 1000-3, sieht in § 35 auch nur vor, dass die Benennung von Verkehrsflächen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt. In welcher Form (Privatwirtschafts- oder Hoheitsverwaltung) die Benennung stattfindet, ist auch der NÖ Gemeindeordnung nicht ausdrücklich zu entnehmen. Dennoch hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, § 35 Abs 1 und Abs 2 Z 7 der NÖ Gemeindeordnung enthalte eine Verordnungsermächtigung, von der der Gemeinderat durch die Erlassung einer Umbenennungsverordnung tatsächlich Gebrauch gemacht habe (VfSlg 11.824). Auch der Verfassungsgerichtshof vertritt also die Ansicht, dass die Benennung einer Verkehrsfläche - obwohl gesetzlich nicht ausdrücklich determiniert - im Verordnungswege, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung, zu erfolgen habe.

Geht man im Sinne dieser Überlegungen davon aus, dass die beklagte Partei mit der Umbenennung der Verkehrsfläche einen Hoheitsakt setzte, so erweist sich das Klagebegehren als nicht berechtigt. Hoheitsakte sind niemals Wettbewerbshandlungen und können daher auch nicht nach dem UWG beurteilt werden. Nur soweit die Rechtsobjekte des öffentlichen Rechts privatwirtschaftlich tätig werden, unterliegen sie den Vorschriften des Wettbewerbsrechts (SZ 66/84). Ansprüche, die sich aus hoheitlichem Handeln ableiten, können nur im Amtshaftungsverfahren geltend gemacht werden. Abgesehen davon, dass die klagende Partei den Rechtsgrund der Amtshaftung gar nicht releviert, ja vielmehr sogar ausdrücklich die privatwirtschaftliche Haftung der beklagten Partei als Klagegrund anführt, schließt es § 1 Abs 1 AHG aus, dass das Gericht dem Rechtsträger die Unterlassung hoheitlichen Handelns aufträgt (JBl 1992, 532; SZ 60/156).

Die Vorinstanzen haben (teils im Ergebnis) auch richtigerweise das Klagebegehren ab- und nicht zurückgewiesen, weil es an der materiellen Berechtigung des Klagebegehrens mangelt (JBl 1992, 532; MUR 1991, 66; ecolex 1990, 607; ÖBl 1956, 32; vgl Michel Walter, Urheberrechtsverletzungen durch die öffentliche Hand, in MUR 1992, 138 [140]).

Der Revision der klagenden Partei ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ist verspätet und daher zurückzuweisen. Gemäß § 507a Abs 1 ZPO steht es dem Revisionsgegner frei, binnen vier Wochen ab Zustellung der Revisionsschrift eine Revisionsbeantwortung zu überreichen. Nach § 507a Abs 2 Z 2 ZPO beginnt die Frist nach § 507a Abs 1 ZPO im Falle eines Antrags nach § 508 Abs 1 ZPO, verbunden mit einer ordentlichen Revision, mit der Zustellung der Mitteilung des Berufungsgerichts, dass dem Revisionsgegner die Beantwortung der Revision freigestellt wird. In einem solchen Fall ist die Revisionsbeantwortung gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen. Die Mitteilung, dass der beklagten Partei die Beantwortung der Revision frei stehe, wurde dieser am 25. 1. 2001 zugestellt. Die Revisionsbeantwortung wurde zwar am 22. 2. 2001 - also am letzten Tag der Frist - zur Post gegeben, doch wurde sie an das Erstgericht und nicht an das Berufungsgericht adressiert, weshalb der Schriftsatz erst nach Ablauf der Frist zur Erstattung einer Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht einlangte. Da die Tage des Postlaufs in einem solchen Fall der Fristwahrung entgegenstehen (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 7 zu vor § 461 mwN), ist die Revisionsbeantwortung als verspätet zurückzuweisen.

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