OGH 4Ob128/06m

OGH4Ob128/06m28.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** OEG, *****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei O***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Mag. Martin Wolf, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zahlung von 45.347,85 EUR und Feststellung (Gesamtstreitwert 48.981,49 EUR, Revisionsinteresse 45.347,85 EUR), über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 26. Jänner 2006, GZ 5 R 145/05s-100, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. Juli 2005, GZ 20 Cg 123/01t-96, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 1.781,82 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 494,95 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hatte vor dem Jahr 1999 ein Verfahren zur Sauerstoffanreicherung von Getränken entwickelt. Die wesentliche verfahrenstechnische Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik lag in der Ermittlung des notwendigen Sauerstoffvordrucks für eine bestimmte Sauerstoffkonzentration und in der Minimierung des „Kopfvolumens" (des nicht mit Flüssigkeit gefüllten Teils des Flascheninhalts), die erforderlich sind, um ein Ausgasen des Sauerstoffs zu verhindern. Weiters hatte sie eine Gasmischanlage entwickelt, die eine überwachende, kontrollierende und prozessabsichernde Funktion hatte. Der Mindestvordruck des Sauerstoffs konnte aber aus technischer Sicht auch durch andere Einrichtungen überwacht werden.

Die Klägerin ließ sich das sauerstoffangereicherte Getränk - nicht das Verfahren zu dessen Herstellung - als Gebrauchsmuster schützen. Der Geschäftsführer der Beklagten wollte das Produkt der Klägerin vermarkten. Sein Ziel war es, sauerstoffangereicherte Getränke mit einer Konzentration von mehr als 150 mg/l herzustellen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es zwar auch andere Anbieter, die Sauerstoff in gelöster Form in Getränke einbringen konnten, jedoch nur bis zu einer Konzentration von etwa 80 mg/l.

Noch vor den Vertragsverhandlungen wurde bei einem von der Beklagten vorgeschlagenen Abfüller eine Probeabfüllung vorgenommen, bei der die Gasmischanlage der Klägerin nicht verwendet wurde. Dennoch konnte dabei ein Sauerstoffwert von 150 mg/l erreicht werden. Dem Geschäftsführer der Beklagten war daher bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass eine zusätzliche Gasmischanlage für die Herstellung des gewünschten Produkts nicht erforderlich war.

Nach Vertragsverhandlungen, die sich über 1 ½ Jahre zogen, schlossen die Parteien im Sommer 1999 eine Vereinbarung, deren Präambel wie folgt lautete:

"Zweck dieser Vereinbarung ist die Abfüllung und Herstellung der in Anlage 1 beschriebenen Getränke, allerdings eingeschränkt auf solche alkoholfreier Art, wobei [die Beklagte] Verträge mit geeigneten Abfüllern abschließen wird und die Vermarktung auf eigenes Risiko und Kosten übernimmt, während [die Klägerin] geeignete Geräte (Gasmischanlagen) und das technische Know-how zur Herstellung der in Anlage 1 genannten Getränke nach den weiteren Bestimmungen dieses Vertrages zur Verfügung stellen wird."

Anlage 1 war die der Gebrauchsmusterurkunde entnommene Beschreibung von sauerstoffangereicherten Getränken.

Die Beklagte hatte nach der Vereinbarung die Gasmischanlage zu einem bestimmten Preis zu erwerben und ein Lizenzentgelt pro abgefüllter Verpackungseinheit zu zahlen. Die Mengenkontrolle war über die Gasmischanlage möglich. Für die ersten Jahre war ein Mindestentgelt vorgesehen. Die Klägerin hatte das Know-how für die Erzeugung zur Verfügung zu stellen und die Gasmischanlage zu liefern. Weiters räumte sie der Beklagten das Recht ein, die vom Gebrauchsmuster geschützten Getränke exklusiv zu vertreiben. Der Vertrag wurde auf die Dauer von acht Jahren geschlossen, „längstens aber bis zum Erlöschen des in 1.2. beschriebenen Gebrauchsmusterrechts (laut Anlage 1)."

In einer mit „Nichtangriffspflicht" überschriebenen Vertragsbestimmung verpflichtete sich die Beklagte, weder das „Know-how" der Klägerin noch allfällige „Schutzrechte" selbst anzugreifen oder einen Angriff Dritter in irgendeiner Form zu unterstützen. Eine Aufrechnung mit Gegenansprüchen wurde ausgeschlossen; die Vertragsteile verzichteten auf die Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums, Zwangs oder einer allfälligen Verkürzung über die Hälfte.

Nach Abschluss des Vertrags baute die Klägerin die Gasmischanlage beim Abfüller der Beklagten ein und behob einen beim Transport aufgetretenen Ventilschaden. Daraufhin bestätigte die Beklagte, dass die Anlage sämtliche Funktionen erfülle und als abgenommen gelte. In weiterer Folge gab es aber Probleme mit der Gasmischanlage. Es wäre erforderlich gewesen, sie nach den Vorgaben der Klägerin zu adaptieren. Die Beklagte sagte das der Klägerin zwar zu, wählte dann aber eine andere technische Lösung. Der Abfüllerin der Beklagten war es nämlich durch Nachfrage bei Technikern eines deutschen Unternehmens gelungen, ihre Abfüllanlage so einzustellen, dass die gewünschte Sauerstoffkonzentration auch ohne die Gasmischanlage der Klägerin erreicht werden konnte.

Da die Gasmischanlage nicht mehr in den Produktionskreislauf eingebunden war, hatte die Klägerin keine Möglichkeit, die Abfüllmengen zu kontrollieren. Sie forderte die Beklagte daher auf, den früheren Zustand wieder herzustellen. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, die Gasmischanlage sei aus technischer Sicht zur Abfüllung nicht notwendig; die Qualität des Produkts könne auch so erreicht werden.

In weiterer Folge gab es Besprechungen über die Neufassung der Vereinbarung, die jedoch scheiterten. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 9. 5. 2001 mit, dass sie den Vertrag mit sofortiger Wirkung auflöse. Zur Begründung führte sie an, dass das Know-how der Klägerin entgegen deren Zusicherung nicht einzigartig sei. Das Gebrauchsmuster sei wertlos, da die darin genannte Sauerstoffkonzentration bereits in einer Patentschrift aus dem Jahr 1940 bekannt gewesen sei.

Die Klägerin bestand demgegenüber auf der Einhaltung des Vertrags. Da die Gasmischanlage nicht eingebaut war, konnte sie nicht feststellen, wie viele Flaschen tatsächlich abgefüllt wurden. Sie verrechnete der Beklagten daher das Mindestentgelt für das zweite Jahr abzüglich bereits geleisteter Zahlungen. Die Höhe dieses Betrags (45.347,85 EUR) ist unstrittig.

Die Klägerin begehrt (soweit noch relevant) die Zahlung dieses Betrags. Die Beklagte sei auf Grund der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung dazu verpflichtet. Die Klägerin hatte nichts getan, was die Beklagte zur Vertragsauflösung berechtigt hätte. Die Beklagte hätte wegen des Gebrauchsmusters der Klägerin die von der Vereinbarung erfassten Getränke nicht ohne deren Zustimmung abfüllen und vertreiben können. Die Gasmischanlage sei zur Kontrolle des Produktionsprozesses, und zwar für eine Qualitäts- und Mengenkontrolle, zweckmäßig und notwendig. Letzteres sei für die Klägerin von Bedeutung, weil die von der Beklagten zu entrichtende Gebühr von der Produktionsleistung abhänge. Die Beklagte sei erst durch den Kontakt mit der Klägerin und auf Grund der von ihr durchgeführten Maßnahmen und Einstellungen in der Lage gewesen, die von der Vereinbarung erfassten Getränke herzustellen und zu vertreiben.

Die Beklagte wandte ein, dass das Gebrauchsmuster der Klägerin mangels Neuheitswert nichtig sei. Es sei (auch) nicht notwendig, auf das Verfahren der Klägerin zurückzugreifen, um Wasser mit hohem Sauerstoffgehalt herzustellen. Das Getränk werde mit einer handelsüblichen Abfüllanlage ohne das von der Klägerin behauptete Know-how abgefüllt. Die Gasmischanlage sei zur Abfüllung weder zweckmäßig noch notwendig gewesen. Der Vertrag zwischen den Streitteilen sei nichtig, da die Klägerin den Leichtsinn und die technische Unerfahrenheit der Beklagten ausgenutzt habe, indem sie sich für ihre Leistung eine Gegenleistung habe versprechen lassen, deren Wert dazu in einem auffallenden Missverhältnis stehe. Die Klägerin habe auch den Zeitdruck der in Gründung befindlichen Beklagten ausgenützt. Es lägen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vor, da das von der Klägerin zur Verfügung gestellte Know-how und die Gasmischanlage wertlos seien. Entgegen der ausdrücklichen Zusicherung der Klägerin, dass es nur mit der Gasmischanlage möglich sei, Wasser mit erhöhter Sauerstoffkonzentration herzustellen, habe sich herausgestellt, dass das Know-how der Klägerin in der Praxis nicht benötigt werde. Auf Grund dieser erheblichen Änderung sei eine weitere Aufrechterhaltung der vertraglichen Bindungen unzumutbar. Diese Umstände seien der Klägerin schon bei Vertragsabschluss bekannt gewesen, sie habe sie aber verschwiegen. Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung sei daher auch mit Willensmängeln behaftet. Die Klägerin habe auf Grund des Vertrags bereits 89.096,90 EUR erhalten. Diesbezügliche Rückforderungsansprüche würden gegenüber der allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als zu Recht bestehend fest, sprach aus, dass eine Aufrechnung nicht stattfinde, und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des geforderten Betrags. Die Beklagte habe von Anfang an gewusst, dass die Gasmischanlage aus technischer Sicht nicht erforderlich sei; sie sei aber im Interesse der Klägerin verpflichtet gewesen, diese Gasmischanlage einzubauen, damit die genaue Abfüllmenge ermittelt werden konnte. Da sie das nicht getan habe, stehe der Klägerin jedenfalls die Mindestgebühr zu. Die Beklagte sei nicht in Irrtum geführt worden, auch sei die Geschäftsgrundlage nicht weggefallen. Zudem habe die Beklagte auf die Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums verzichtet. Eine Aufrechnung finde wegen des in der Vereinbarung enthaltenen Aufrechnungsverbots nicht statt. Ein Feststellungsbegehren der Klägerin wies das Erstgericht unangefochten ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Nichtigerklärung eines Gebrauchsmusters wirke für Ansprüche aus einem Lizenzvertrag nur für die Zukunft; weder könnten bereits geleistete Lizenzentgelte zurückgefordert werden, noch falle der Anspruch auf noch offene Entgelte bis zur Nichtigerklärung weg. Der Einwand der Beklagten, die Voraussetzungen für eine Nichtigerklärung des Gebrauchsmusters lägen vor und ein diesbezügliches Verfahren sei bereits anhängig, sei daher unbeachtlich. Auf die Irrtumsanfechtung habe die Beklagte verzichtet, was nicht sittenwidrig sei. Aus der Tatsache, dass der Abfüller der Beklagten in der Lage sei, die Aufgaben der Gasmischanlage durch Veränderungen bei den Einstellungen der Abfüllanlage zu substituieren, könne kein Wegfall der Geschäftsgrundlage abgeleitet werden. Die Beklagte habe Neuerungen für den Prozess der Anreicherung von Wasser mit Sauerstoff beigesteuert, die über den Stand der Technik hinausgegangen seien. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil es keine neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage gebe, welche Auswirkungen die (behauptete) Nichtigkeit eines Immaterialgüterrechts auf Pflichten aus einem Lizenzvertrag habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass die bloße Vernichtbarkeit des von der Vereinbarung erfassten Gebrauchsmusters zu einem rückwirkenden Wegfall des Entgeltanspruchs führt; zumindest sei das Verfahren aber nach § 41 GMG iVm § 156 Abs 3 PatG bis zur Entscheidung über die Nichtigerklärung zu unterbrechen. Diese Auffassung steht, wie das Berufungsgericht richtig aufzeigt, im Widerspruch zur bisherigen Lehre und Rechtsprechung (4 Ob 320/87; Friebel/Pulitzer, Österreichisches Patentrecht2 313 mwN zur älteren Rsp; Weiser, Österreichisches Patentgesetz 187; vgl auch Geppert, RdA 2001, 313 f, und Kucsko, ZAS 2001, 30).

2. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, von dieser Rsp abzugehen:

Die Klägerin macht vertragliche Ansprüche geltend. Daher ist durch - allenfalls ergänzende - Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zu klären, welche Auswirkungen eine (bereits erfolgte oder bloß mögliche) Nichtigerklärung des Gebrauchsmusters auf die Pflicht zur Zahlung des Lizenzentgelts hat. Diese Auslegung wird im Regelfall zu keinem rückwirkenden Wegfall der Zahlungspflicht führen. Denn der Lizenznehmer genießt bis zur Nichtigerklärung tatsächlich den Schutz der Lizenz. Er kann gegenüber Dritten Unterlassungsansprüche geltend machen (oder zumindest durch den Lizenzgeber geltend machen lassen); weiters ist er nicht Unterlassungsansprüchen des Lizenzgebers ausgesetzt. Dieser faktische Zustand, der nicht durch die bloß juristisch ex tunc wirkende Nichtigerklärung als Vermögenswert aus der Welt geschafft werden kann, rechtfertigt eine Auslegung des Vertrags dahin, dass das Entgelt bis zur Nichtigerklärung geschuldet wird.

Die Entscheidung 4 Ob 59, 60/80 (= RdA 1981, 307 [Geppert] = ZAS 1981, 27 [Kucsko]; im Ergebnis ähnlich 4 Ob 403/86) steht dem nicht entgegen. Dort hat der erkennende Senat zwar den Vergütungsanspruch für eine Diensterfindung bei Vorliegen eines Nichtigkeitsgrunds verneint. Dabei nahm er aber an, dass der geltend gemachte Anspruch ausschließlich auf Gesetz (§ 8 PatG) gegründet sei (dazu krit Geppert aaO 313), weswegen sich die hier zu beantwortende Frage der Vertragsauslegung nicht stellte. Dennoch wurde in Entscheidungsbesprechungen kritisch auf das Spannungsverhältnis zwischen dieser Entscheidung und der Rechtslage bei Lizenzverträgen hingewiesen (Geppert aaO 313 f; Kucsko aaO 30).

Auch nach der deutschen Rechtsprechung wird die Verpflichtung zur

Zahlung vereinbarter Lizenzentgelte durch das Fehlen von

Schutzvoraussetzungen so lange nicht berührt, wie das

Immaterialgüterrecht formell in Geltung steht; zur Begründung wird

ebenfalls auf den bis zur Nichtigerklärung tatsächlich bestehenden

Schutz hingewiesen (BGH X ZR 52/66 = GRUR 1969, 677 -

Rübenverladeeinrichtung, X ZR 22/75 = GRUR 1977, 107 - Werbespiegel

[Gebrauchsmuster]; X ZR 47/82 = BGHZ 86, 330 - Brückenlegepanzer;

zuletzt etwa X ZR 167/03 - Vergleichsempfehlung II; zusammenfassend und mwN Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren2 [2005] Rz 261, und Bartenbach/Gennen, Patentlizenz und Know-how-Vertrag5 (2001) Rz 1237 ff).

3. Die Umstände des Einzelfalls gebieten keine Auslegung des Vertrags, die - abweichend vom oben dargestellten Regelfall - zu einer Relevanz der (möglichen) Nichtigkeit des Gebrauchsmusters führte. Denn das Gebrauchsmuster ist hier nur einer von mehreren Vertragsgegenständen. Es bezieht sich nur auf sauerstoffangereicherte Getränke als solche; die technischen Verfahren zu dessen Herstellung sind davon nicht erfasst. Das dafür erforderliche Know-how ist vielmehr ein eigenständiger Vertragspunkt.

Entgegen den Ausführungen der Revision steht auch fest, dass dieses Know-how (erforderlicher Abfülldruck, Minimierung des „Kopfvolumens") im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich einen Fortschritt gegenüber dem Stand der Technik bedeutet hatte. Dieses Know-how hatte daher auch abgesehen von der Gasmischanlage und vom Gebrauchsmuster einen wirtschaftlichen Wert.

Wieder ein anderes Problem ist es, dass das verfahrenstechnische Know-how auch ohne die Gasmischanlage der Klägerin umgesetzt werden konnte. Hier steht aber fest, dass dieser Umstand dem Geschäftsführer der Beklagten auf Grund der Probeabfüllung bekannt war. Der von der Beklagten behauptete Irrtum liegt daher nicht vor. Dass die Beklagte die Gasmischanlage dann nicht nutzte, war ihre eigene wirtschaftliche Entscheidung und kann nicht zum Wegfall der Zahlungspflicht führen. Auch Pkt 8.2. des Vertrags, wonach dieser längstens bis zum „Erlöschen" des Gebrauchsmusters abgeschlossen wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Bestimmung kann auch so gedeutet werden, dass die Bindung an den Vertrag erst dann wegfallen soll, wenn der Gebrauchsmusterschutz faktisch erlischt. Eine (bloß fiktive) Rückwirkung der Nichtigerklärung kann, wie bereits ausgeführt, bei ergänzender Vertragsauslegung dem faktischen Erlöschen nicht gleichgehalten werden.

4. Selbst die tatsächliche Nichtigerklärung des Gebrauchsmusters wäre daher bei richtiger Auslegung des Vertrags kein Grund für die Nichtzahlung der bis dahin angefallenen Lizenzgebühr. Um so weniger kann die bloße Möglichkeit einer Nichtigerklärung diese Wirkung haben.

Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob die Nichtigkeit bei ausnahmsweiser Relevanz im Streit über die Lizenzgebühr auch vorfrageweise bejaht werden könnte oder ob das Verfahren gemäß § 41 GMG iVm § 156 Abs 3 PatG zwingend unterbrochen werden müsste. Diese Bestimmungen erfassen zwar unmittelbar nur Verletzungsverfahren. Eine entsprechende Anwendung auf andere Verfahren, in denen die Nichtigkeit als Vorfrage zu beurteilen ist, liegt aber wegen des Regelungszwecks nahe. Denn durch § 156 Abs 3 PatG sollen einander widersprechende Entscheidungen von Gerichten und Patentbehörden vermieden werden, was auch außerhalb von Verletzungsverfahren von Bedeutung sein kann (vgl 15 Os 78/03 = EvBl 2003/191 für Strafverfahren). Für (gesetzliche) Ansprüche aus Diensterfindungen hat der Senat die Anwendung von § 156 Abs 3 PatG bereits obiter bejaht (4 Ob 59, 60/80; vgl auch die Ausführungen zu § 41 GMG in 8 ObA 19/03g = Arb 12.371).

Offen kann auch bleiben, ob nicht die in der Vereinbarung enthaltene Nichtangriffsabrede eine Berufung auf die Nichtigkeit verhinderte (vgl dazu die Darstellung der deutschen Rechtslage bei Busse, Patentgesetz6 [2003] § 81 Rz 68 ff mwN).

5. Aus den angeführten Gründen war nur der aufrechte Bestand des Gebrauchsmusters Vertragsinhalt, nicht das tatsächliche Vorliegen der Schutzvoraussetzungen. Denn was bei richtiger Auslegung eines Vertrags für die daraus folgenden Pflichten unerheblich ist, gehört nicht zu dessen Inhalt. Damit scheitert aber auch die auf das Fehlen der Schutzvoraussetzungen gestützte Irrtumsanfechtung: Ein diesbezüglicher Irrtum beträfe nicht den Inhalt des Vertrags, sondern wäre nur ein grundsätzlich unbeachtlicher Motivirrtum (vgl RIS-Justiz RS0014910, RS0014901 T2; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 150 f). Hinweise für eine arglistige Irreführung gibt es nicht. Der Oberste Gerichtshof hat zwar entschieden, dass ein Lizenzvertrag bei "Wertlosigkeit" eines Patents wegen Irrtums angefochten werden kann (1 Ob 63/58 = ÖBl 1965, 139). Dort ging es aber um die fehlende praktische Verwertbarkeit der Erfindung. Hier kann aus den oben angeführten Gründen - Produktion des geschützten Getränks, zumindest faktische Abwehrmöglichkeit gegenüber Dritten, Schutz vor Untersagungsansprüchen des Rechteinhabers - gerade nicht von Wertlosigkeit gesprochen werden (vgl 3 Ob 891/34 Rsp 1936/127: die bloße Möglichkeit eines Nichtigkeitsverfahrens rechtfertigt noch keine Irrtumsanfechtung des Lizenzvertrags; eine Anfechtung könnte jedenfalls nur ex nunc wirken).

Der Irrtumseinwand ist daher auch insofern unbeachtlich. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, unter welchen Umständen darauf wirksam verzichtet werden kann (vgl dazu 1 Ob 144/04i = SZ 2004/123 mwN).

6. Auch sonst zeigt die Revision keinen Grund für das Nichtbestehen der Klagsforderung auf. Insbesondere bekämpft sie nicht die (zutreffende) Abweisung der Aufrechnungseinrede. Die in der Revision gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

7. Aus diesen Gründen war der Revision nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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